Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
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3<br />
1. Kapitel.<br />
Zur Fragestellung.<br />
In dem religiös zentrierten Denken des ausgehenden Altertums, in dem<br />
Neuplatonismus und in der <strong>von</strong> diesem beeinflußten Theologie der Kirchenväter des<br />
vierten und fünften Jahrhunderts treten die Betrachtungen über das „geistige“,<br />
„intelligible“ Schöne und über die göttliche „Urschönheit“ bedeutsam hervor. Da<br />
wird bald in vereinzelten Aussprüchen bald auch in weitausgesponnenen und<br />
tiefsinnigen Erörterungen immer wieder betont: Das „wahrhaft“ Schöne seien nicht<br />
die Dinge der vergänglichen Sinnenwelt und auch nicht die Seele der Menschen und<br />
der höheren Wesen, das sei vielmehr die „eine“, Erscheinungswelt und Geist weit<br />
überragende „unwandelbare“ Schönheit. Die Dinge seien nur schön durch die<br />
„Teilnahme“ an dieser Urschönheit. Auch die Seele sei schön, wenn sie sich hinordne<br />
und hinstrebe zu jenem Quell aller Schönheit, zu der „Idee“ des Schönen; und die<br />
Vereinigung mit ihr in der seligen Anschauung sei das sittliche Ziel alles geistigen<br />
Daseins, sei die höchste und ewige Glückseligkeit.<br />
Diese eigenartigen Gedanken stehen ohne Frage in engem Zusammenhange mit der<br />
stark gefühlsmäßigen Denkweise, welche die ganze Philosophie jener gärenden<br />
Übergangszeit kennzeichnet; und gerade sie lassen deutlich erkennen, wie sehr auch<br />
die abstraktesten Spekulationen jener Denker noch <strong>von</strong> einem warmen Gefühlsleben<br />
getragen und bestimmt sind. Denn jede