Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
25<br />
Stellt man nun diese eigenartige Denkweise Augustins in den lebendigen seelischen<br />
Zusammenhang mit seiner im vorhergehenden Kapitel geschilderten ausgeprägten<br />
Billigkeit zum ästhetischen Fühlen, so wird es erklärlich und natürlich, daß Augustin<br />
jenes Ergötzende und Beseligende, worauf nach ihm letzthin das ganze menschliche<br />
Sein hingerichtet ist, sich gerne als ästhetisches Lustgefühl verdeutlichte. Das<br />
Lustvolle und das Schöne sind für ihn zusammengehörige und fast immer als<br />
identisch gebrauchte Begriffe: Etwas ist lustvoll, weil es schön ist, und umgekehrt ist<br />
auch der wesentliche Inhalt des Begriffes „schön“ in dem Lustvollen erschöpft. 1<br />
Infolgedessen wendet Augustin seinen Leitgedanken: das Lustvolle sei das<br />
notwendige Ziel aller Liebe (non enim amatur, nisi quod delectat), auch dahin, daß<br />
das<br />
1<br />
In conf. I. 10, c. 35, n. 55 findet Augustin den Unterschied zwischen voluptas und curiositas darin:<br />
quod v o l u p t a s p u l c h r a , c a n o r a , suavia, sapida, lenia sectatur, curiositas autem etiam his<br />
contraria tentandi causa, non ad subeundam molestiam sed experiendi noscendique libidine. Die<br />
altüberlieferten, formelhaften Schönheitsbestimmungen convenientia und aequalitas sucht er dadurch<br />
zu beleben und psychologisch zu begründen, daß er sie auf das Lustgefühl zurückführt, welches die<br />
schönen Dinge erregen; vgl. de vera relig. c 39, n. 72: Quaere in corporis voluptate quid teneat. Nihil<br />
aliud invenies quam convenientiam; nam si resistentia pariant dolorem, convenientia pariunt<br />
voluptatem; – vgl. de mus. l. 6, c. 13, n. 38; ib. c. 10, n. 26–28; de lib. arb. l. 2, c. 5, n. 12; de trin. l. 4,<br />
c. 2, n. 4. Allerdings entscheidet Augustin in der bekannten Stelle de vera relig. c. 32, n. 59 (Et prius<br />
quaeram, utrum ideo pulchra sint, quia delectant, an ideo delectent, quia pulchra sunt etc.), daß das<br />
Schöne mit dem Lustvollen nicht zusammenfalle; aber das ist, soweit wir sehen können, das einzige<br />
Mal, daß er sich über das Verhältnis des Schönen zum Lustvollen Rechenschaft gibt, und gerade an<br />
dieser Stelle zeigt er sich in besonderem Maße <strong>von</strong> der damaligen abstrakt metaphysischen<br />
Behandlungsweise des ästhetischen Problems abhängig (vgl. die Hervorhebung der u n i t a s als<br />
höchstes Schönheitsprinzip a. a. O.).