Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
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19<br />
nach ihm die innere, die seelische Schönheit. 1 „Alles aber, was schön ist an der Seele,<br />
ist Tugend“; 2 denn die Tugend ist die Gleichmäßigkeit des mit der Vernunft<br />
vollkommen übereinstimmenden Lebens (aequalitas vitae rationi undique<br />
consentientis). 3 Vor allem erstrahlt die Schönheit der Seele in der Gerechtigkeit; 4 sie<br />
ist eigentlich die höchste und wahre Schönheit. 5 Schon die zu seiner Zeit geltende<br />
Etymologie des Wortes ars weist Augustin auf den engen Zusammenhang der Kunst<br />
mit dem Ethischen, mit der Tugend hin: Ars quippe ipsa bene recteque vivendi virtus<br />
a veteribus definita est; unde ab eo, quod graece Âret® dicitur virtus, nomen artis<br />
Latinos traduxisse putaverunt. 6<br />
Diese Anlehnung Augustins an vorzeitliche Gedanken ist aber nicht allein aus der<br />
zähen Kraft altbewährter Formeln und Denkgewohnheiten zu erklären; sondern die<br />
enge Verbindung und gegenseitige Durchdringung des Ästhetischen und Ethischen<br />
hat bei ihm wie bei den Neuplatonikern noch eine eigenartige, tieferliegende<br />
Ursache. Der klassischen Philosophie der Vorzeit nämlich berührten und vereinigten<br />
sich die Begriffe „schön“ und „gut“ vornehmlich, weil beide in gleicherweise unter<br />
dem Gesichtspunkte des Zweckentsprechenden gefaßt wurden; es war also hier mehr<br />
eine gedankliche Überlegung, ein Vernunftgrund maßgebend. Dieses teleologische<br />
Moment war wohl auch in dem neuplatonischen Denken wirksam; der eigentliche<br />
Grund für die Verschmelzung ästhetischer und ethischer Elemente bei den<br />
Neuplatonikern und,<br />
1<br />
epist. 3, n. 4; de vera rel c. 40, n. 74.<br />
2<br />
enar. in ps. 58, n. 18.<br />
3<br />
de quant. an. c. 14, n. 27.<br />
4<br />
epist. 120, c. 3, n. 20; sermo 9, c. 10, n. 16; en. in ps. 4 1 , n. 7; de trin. l. 8, c. 6, n. 9.<br />
5<br />
en. in ps. 44, n. 3: Summa et vera pulchritudo justitia est.<br />
6<br />
de civ. Dei l. 4, c. 21; – vgl. ib. l. 19, c. 3, n. l und l. 22, c. 24, n. 3.