Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
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17<br />
3. Kapitel.<br />
Die Bedeutung der Vorstellung des Schönen für die ethische Grundrichtung des<br />
augustinischen Denkens.<br />
Aus dem Vorhergehenden ist zu erkennen, daß dem hl. Augustin eine ausgeprägte<br />
Fähigkeit zum ästhetischen Fühlen eignete. Infolgedessen war natürlich auch die<br />
Vorstellung des Schönen in seiner Seele eine besonders lebhafte und geläufige. Bei<br />
dem primitiven Zustande der damaligen Ästhetik konnte aber Augustin die<br />
ästhetischen Erlebnisse nicht in ihrer strengen Eigenart erfassen; sondern die<br />
Vorstellung des Schönen vermischte sich in seinem Denken fast immer mit anderen,<br />
vor allem mit den naheliegenden und verwandten ethischen Vorstellungen. Und<br />
diese Vermischung war gerade in dem Geiste Augustins um so stärker, weil sein<br />
Denken, der allgemeinen Zeitlage entsprechend, im Grunde subjektiv ethisch<br />
gerichtet war, d. h. letzthin alles, was ihm entgegentrat, auf den Gemütszustand und<br />
die sittlichen Bedürfnisse des Subjekts bezog. Dazu tritt noch das historische<br />
Moment.<br />
Dem klassisch-antiken Geiste nämlich standen schon die Begriffe „schön“ und „gut“<br />
so nahe, daß er sie zu einem Worte, zur kalokagajía verschmolz. Sokrates<br />
entnahm zuerst diese Wortbildung der Volkssprache und führte sie in die<br />
Philosophie ein. 1 In der philosophischen Fassung verlor aber der Begriff der<br />
kalokagajía seine offenbar ursprüngliche Bedeutung als innere Güte verbunden<br />
mit äußerer körperlicher Schönheit. Sein ästhetischer Bestandteil ging in den<br />
ethischen ein: Die<br />
1<br />
s. J u l . W a l t e r , Die Geschichte der Aesthetik im Altertum, Leipzig 1893, S. 122 ff.