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ACP Diskussion 206 / 369 lichkeitsmerkmale der Patienten eine Rolle spielen. Denn Abbrecher können schlechter mit Ärger umgehen, unterdrücken diesen Ärger und folgen ihm später, wenn der Druck zu groß wird, impulsiv. Sie sind wenig kooperationsfähig, gehemmt und pessimistisch. In keiner Beziehung zum Therapieabbruch standen soziodemographische Daten und die Schwere der Krankheit. Fassini sagt über Therapieabbrecher: „Der Patiententyp ist nicht fähig, eine stabile Beziehung zum Therapeuten aufzubauen.“ Dies führe dazu, dass die Patienten aus der Therapie flüchteten (Fasseni, 2003, S. 34). Die Ergebnisse dieser Studie verweisen auf einen therapieexternen Faktor, der helfen kann, das Abbruchrisiko von Psychotherapien zu senken – das ‚Image der Psychotherapie’. Um diesem Faktor Rechnung zu tragen, bietet sich der ACPa als probates Hilfsmittel an. Mit ihm kann noch vor Beginn der Behandlung geprüft werden, ob die Einstellung des Patienten zur Psychotherapie das Skalenniveau der ‚Imagepositiven’ erreicht oder ob eine negative Therapieeinstellung, den Erkenntnissen dieser Studie gemäß, einen schwierigeren Therapieprozess erwarten lässt, mit der hohen Wahrscheinlichkeit eines geringen Behandlungserfolges bzw. einer Verschlechterung und erhöhtem Abbruchrisiko. Aus der Perspektive der Therapeuten macht es Sinn, frühzeitig zu klären, ob es gelingt den ‚Patienten bei der Stange’ zu halten und die Wahrscheinlichkeit eines Therapieabbruches auf ein Minimum zu begrenzen. Behandlungsabbrüche sind in vielerlei Hinsicht mit ‚Kosten’ auf der Mikroebene verbunden. In einem Ausbildungsinstitut für psychologische Psychotherapeuten benötigen die Ausbildungsteilnehmer für ihr Staatsexamen eine ausreichende Anzahl gut dokumentierbarer Fälle. Ein Abbruch bedeutet, dass ihre in diesen Fall investierte Zeit aus ökonomischer Perspektive gesehen verloren ist, denn ein abgebrochener Fall ist keine brauchbare Dokumentationsgrundlage und eignet sich damit nicht für das Abschlussexamen. Weiterhin müssen Therapeuten neben den Therapiesitzungen sehr viel Verwaltungsarbeit für jeden Fall leisten, was vergleichsweise gering vergütet wird. Insbesondere bei den ersten Patienten, die ein Therapeut während seiner Ausbildung behandelt, dürften Abbrüche durchaus auch an seinem Selbstwertgefühl ‚kratzen’. Abgesehen von dem erhöhten Risiko eines Therapieabbruches, beeinflusset ein positives ‚Therapieimage’ der Patienten auch die Motivation der Therapeuten. Die Therapiearbeit fällt leichter, wenn der Patient motiviert mitarbeitet. Wie die Ergebnisse bezüglich der Therapieprozesse in dieser Studie zeigen, nehmen die ‚Imagepositiven’ die Therapiedosis deutlich leichter auf und profitieren somit stärker von der Therapie als ‚Imagenegative’. Der Therapeut wiederum profitiert vom Erfolg des Patienten, denn es ist ‚sein Patient’. Erfolg motiviert / Misserfolg demotiviert beide Seiten. Es gilt, Misserfolge möglichst zu vermeiden. Ob Institutsteilnehmer oder niedergelassene Therapeuten – beide sind daran interessiert, Therapieabbrüche zu vermeiden. Bei niedergelassenen Therapeuten kommt hinzu, dass sie die probatorischen Sitzungen im Vergleich zu den Therapiesitzungen vergleichsweise gering

ACP Diskussion 207 / 369 vergütet bekommen. Die probatorischen Sitzungen sind somit aus Sicht der Niedergelassenen, im Vergleich zur standesgemäß vergüteten Therapiesitzung, gering vergütete Vorleistungen. Bricht der Patient die Therapie verfrüht ab, z.B. nach der zweiten Therapiestunde, erscheinen aus Sicht einer Kosten-Nutzen-Rechnung fünf erbrachte gering bezahlte Probesitzungen gegenüber nur zwei regulär abrechenbaren Therapiesitzungen als ein Minusgeschäft. Aus den oben genannten Gründen könnten aus der Perspektive der Therapeuten – ob noch in der Ausbildung oder bereits niedergelassen – Therapieabbrüche als ‚Verluste’ gesehen werden. Darüber hinaus darf dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Abbruch nicht gleichbedeutend mit einem Misserfolg sein muss. Es gibt plausible Gründe für einen Abbruch der Psychotherapie, z.B. ein Ortswechsel bzw. eine Veränderung der Lebenssituation des Patienten. Weiterhin kann nicht generell bei Therapieabbruch davon ausgegangen werden, dass diese Behandlung ‚erfolglos’ war, obwohl die Therapie nicht regulär beendet wurde. In der Reha-Forschung gibt es Untersuchungen über Abbrüche stationärer Psychotherapien. Hier wird deutlich dass es schwierig ist, Behandlungsabbrüche eindeutig zu definieren. Lang, Koch und Schulz (2006) kommen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass es „beim aktuellen Forschungsstand offen gelassen werden muss, ob Behandlungsabbrüche überhaupt als therapeutische Misserfolge zu betrachten sind“ (S. 273). Es fällt jedoch schwer, diese Betrachtungsweise ungeprüft zu übernehmen. Würde es doch bedeuten, dass jede abgebrochene Therapie zumindest als eine Art Teilerfolg zu sehen wäre. Keiner der in dieser Studie befragten Therapeuten bewertete Therapieabbrüche (unter 11 Sitzungen) als Therapieerfolg, sondern eindeutig als Misserfolg im Sinne der angestrebten Therapieziele. Bei den ‚späten’ Therapieabbrüchen (nach 20 Sitzungen) gab es Fälle, die von den Therapeuten als Teilerfolg gewertet wurden bzw. nicht klar interpretiert werden konnten. Die Abbruchquote liegt in dieser Studie zum jetzigen Datenstand bei 22.3% (62). Berücksichtigt man in den Berechnungen ausschließlich Abbrüche bis zur 10. Sitzung, dann sind es noch immerhin 19.4% (54). In der Regel dürften 10 Therapiesitzungen (5 probatorische + 5 Therapiesitzungen) nicht ausreichen, damit die Therapiedosis wirksam wird bzw. Veränderungen zu erwarten wären. Die Erkenntnisse dieser Studie könnten helfen, Behandlungen durch geeignete Voreinstellung des Patienten zur Psychotherapie zu optimieren und so Misserfolge durch ergänzende Testungen vor dem bereits etablierten Auswahlverfahren zu minimieren. Das sollte jedoch nicht dazu verführen, nur noch ‚Imagepositive’ zu behandeln, damit die begrenzte Anzahl der zur Verfügung stehenden Therapieplätze besser genutzt werden könnte, oder dass die Therapeuten eines Ausbildungsinstitutes möglichst schnell zu dokumentierbaren Fälle kommen könnten, und in einer erfolgsorientierten Gesellschaft mit hohem Kostendruck ‚Misserfolge’ niedrig zu halten. Denn einerseits lässt sich aus den Ergebnissen dieser Studie ersehen, dass auch ‚Imagenegative’ von der Therapie profitieren. Auch sie berichten über den

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vergütet bekommen. Die probatorischen Sitzungen sind somit aus Sicht der Niedergelassenen,<br />

im Vergleich zur standesgemäß vergüteten Therapiesitzung, gering vergütete Vorleistungen.<br />

Bricht der Patient die Therapie verfrüht ab, z.B. nach der zweiten Therapiestunde, erscheinen<br />

aus Sicht einer Kosten-Nutzen-Rechnung fünf erbrachte gering bezahlte Probesitzungen<br />

gegenüber nur zwei regulär abrechenbaren Therapiesitzungen als ein Minusgeschäft. Aus den<br />

oben genannten Gründen könnten aus der Perspektive der Therapeuten – ob noch in der Ausbildung<br />

oder bereits niedergelassen – Therapieabbrüche als ‚Verluste’ gesehen werden. Darüber<br />

hinaus darf dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Abbruch nicht<br />

gleichbedeutend mit einem Misserfolg sein muss. Es gibt plausible Gründe für einen Abbruch<br />

der Psychotherapie, z.B. ein Ortswechsel bzw. eine Veränderung der Lebenssituation des<br />

Patienten. Weiterhin kann nicht generell bei Therapieabbruch davon ausgegangen werden,<br />

dass diese Behandlung ‚erfolglos’ war, obwohl die Therapie nicht regulär beendet wurde. In<br />

der Reha-Forschung gibt es Untersuchungen über Abbrüche stationärer Psychotherapien. Hier<br />

wird deutlich dass es schwierig ist, Behandlungsabbrüche eindeutig zu definieren. Lang, Koch<br />

und Schulz (2006) kommen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass es „beim aktuellen<br />

Forschungsstand offen gelassen werden muss, ob Behandlungsabbrüche überhaupt als<br />

therapeutische Misserfolge zu betrachten sind“ (S. 273). Es fällt jedoch schwer, diese<br />

Betrachtungsweise ungeprüft zu übernehmen. Würde es doch bedeuten, dass jede abgebrochene<br />

Therapie zumindest als eine Art Teilerfolg zu sehen wäre. Keiner der in dieser<br />

Studie befragten Therapeuten bewertete Therapieabbrüche (unter 11 Sitzungen) als Therapieerfolg,<br />

sondern eindeutig als Misserfolg im Sinne der angestrebten Therapieziele. Bei den<br />

‚späten’ Therapieabbrüchen (nach 20 Sitzungen) gab es Fälle, die von den Therapeuten als<br />

Teilerfolg gewertet wurden bzw. nicht klar interpretiert werden konnten. Die Abbruchquote<br />

liegt in dieser Studie zum jetzigen Datenstand bei 22.3% (62). Berücksichtigt man in den<br />

Berechnungen ausschließlich Abbrüche bis zur 10. Sitzung, dann sind es noch immerhin<br />

19.4% (54). In der Regel dürften 10 Therapiesitzungen (5 probatorische + 5 Therapiesitzungen)<br />

nicht ausreichen, damit die Therapiedosis wirksam wird bzw. Veränderungen zu<br />

erwarten wären. Die Erkenntnisse dieser Studie könnten helfen, Behandlungen durch geeignete<br />

Voreinstellung des Patienten zur Psychotherapie zu optimieren und so Misserfolge<br />

durch ergänzende Testungen vor dem bereits etablierten Auswahlverfahren zu minimieren.<br />

Das sollte jedoch nicht dazu verführen, nur noch ‚Imagepositive’ zu behandeln, damit die begrenzte<br />

Anzahl der zur Verfügung stehenden Therapieplätze besser genutzt werden könnte,<br />

oder dass die Therapeuten eines Ausbildungsinstitutes möglichst schnell zu dokumentierbaren<br />

Fälle kommen könnten, und in einer erfolgsorientierten Gesellschaft mit hohem Kostendruck<br />

‚Misserfolge’ niedrig zu halten. Denn einerseits lässt sich aus den Ergebnissen dieser Studie<br />

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