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Ergebniszusammenfassung - aufschwungalt.de

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Mo<strong>de</strong>llprojekte<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes<br />

in Bayern<br />

Fachlich-wissenschaftliche Begleitung im Auftrag<br />

<strong>de</strong>s Bayerischen Staatsministeriums<br />

für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen sowie<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft <strong>de</strong>r Pflegekassenverbän<strong>de</strong> in Bayern<br />

Mo<strong>de</strong>llprojekte 2004-2007: <strong>Ergebniszusammenfassung</strong><br />

Sabine Tschainer<br />

<strong>aufschwungalt</strong><br />

<strong>aufschwungalt</strong> � Sabine Tschainer �� Auenstraße 60 �� 80469 München �<br />

Tel: 089 / 500 80 401 � Fax: 089 / 500 80 402 ��www.<strong>aufschwungalt</strong>.<strong>de</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung 3<br />

1. Überblick zu allen Projekten 4<br />

2. Ziele <strong>de</strong>r Projekte 6<br />

3. Verbesserung <strong>de</strong>r Versorgungsstrukturen 6<br />

3.1. Entlastungsbedarf <strong>de</strong>r Angehörigen 6<br />

3.2. Tätigkeiten zur Strukturverbesserung und weiterer Bedarf 7<br />

4. Vernetzungsprozesse 12<br />

5. Kompetenzen <strong>de</strong>r Projektleitungen 13<br />

6. Abschluss 14<br />

Seite<br />

2


Einleitung<br />

Der Aufbau lebendiger Vernetzung und praktisch wirksamer Kooperationen ist eine<br />

<strong>de</strong>r wichtigsten Aufgaben von fünfzehn Mo<strong>de</strong>llprojekten, die vom Bayerischen<br />

Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen sowie <strong>de</strong>r<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>de</strong>r Pflegekassenverbän<strong>de</strong> in Bayern finanziell geför<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n<br />

bzw. wer<strong>de</strong>n. Hintergrund dieser Mo<strong>de</strong>lle ist das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz<br />

(§ 45c SGB XI), das u.a. die „Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Versorgungsstrukturen und<br />

Versorgungskonzepte insbeson<strong>de</strong>re für <strong>de</strong>menzkranke Pflegebedürftige“ empfiehlt.<br />

Als eines <strong>de</strong>r ersten Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r hat Bayern mit <strong>de</strong>r Verordnung zur Ausführung<br />

<strong>de</strong>s Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes (AVPflEG vom 8. April 2003) die<br />

Grundlagen zur entsprechen<strong>de</strong>n Umsetzung gelegt.<br />

Ein Schwerpunkt <strong>de</strong>r geför<strong>de</strong>rten Projekte liegt auf <strong>de</strong>r Weiterentwicklung <strong>de</strong>r<br />

Versorgungsstrukturen, insbeson<strong>de</strong>re für <strong>de</strong>menzerkrankte Menschen und ihre<br />

Angehörigen sowie <strong>de</strong>m flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Auf- und Ausbau niedrigschwelliger<br />

Betreuungsangebote. Daneben ist ein weiteres Ziel <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llarbeit, eine<br />

praxiswirksame träger- und berufsgruppenübergreifen<strong>de</strong> Vernetzung zu realisieren.<br />

Die fachlich-wissenschaftliche Begleitung (<strong>aufschwungalt</strong>, München) legt mit diesem<br />

Bericht eine Zusammenfassung <strong>de</strong>r Ergebnisse von inzwischen sechs<br />

abgeschlossenen Projekten - unter Einbeziehung von Erkenntnissen noch laufen<strong>de</strong>r<br />

Mo<strong>de</strong>lle - vor. Details zu <strong>de</strong>n einzelnen Projekten fin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>n jeweiligen<br />

Zwischen- und Abschlussberichten. (Diese können als pdf-Dateien unter:<br />

www.stmas.bayern.<strong>de</strong>/pflege/mo<strong>de</strong>ll-pfl-ergaenz-0406.pdf sowie bei<br />

www.<strong>aufschwungalt</strong>.<strong>de</strong>: Versorgungsforschung, Projekte nach PflEG abgerufen<br />

wer<strong>de</strong>n.) Die Mo<strong>de</strong>llprojekte zur Erprobung innovativer Wohnformen (ambulant<br />

betreute Wohngemeinschaften für Demenzkranke) wer<strong>de</strong>n aufgrund <strong>de</strong>r<br />

eigenständigen Thematik, die an an<strong>de</strong>rer Stelle ausführlich diskutiert wird (siehe z.B.<br />

www.ambulant-betreute-wohngemeinschaften.<strong>de</strong> unter „downloads“), hier nicht mit<br />

einbezogen. Ergebnisse fin<strong>de</strong>n sich ebenfalls in <strong>de</strong>n diesbezüglichen Berichten<br />

(http://ambulant-betreute-wohngemeinschaften.<strong>de</strong>/05/berichte.php5).<br />

München im Juni 2008<br />

<strong>aufschwungalt</strong>, Sabine Tschainer<br />

3


Zusammenfassen<strong>de</strong> Schlussfolgerungen aus <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llprojekten 2004-2007<br />

1. Überblick zu allen Projekten<br />

Mit <strong>de</strong>m Entschluss <strong>de</strong>s Freistaates Bayern, Mo<strong>de</strong>llprojekte zur Umsetzung <strong>de</strong>s<br />

Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes (PflEG) zu för<strong>de</strong>rn, wur<strong>de</strong> ein<br />

zukunftsweisen<strong>de</strong>r Weg beschritten. Seit 01.01.2004 wur<strong>de</strong>n bzw. wer<strong>de</strong>n insgesamt<br />

sechszehn Projekte geför<strong>de</strong>rt. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die fünfzehn<br />

Mo<strong>de</strong>lle, die von <strong>aufschwungalt</strong> fachlich-wissenschaftlich (f/w) begleitet wur<strong>de</strong>n und<br />

<strong>de</strong>ren Ergebnisse in diesem Bericht diskutiert wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r anschließen<strong>de</strong>n Tabelle<br />

(Abb.2) fin<strong>de</strong>n sich Details zu diesen einzelnen Projekten.<br />

Desweiteren wur<strong>de</strong> im Rahmen <strong>de</strong>s PflEG das Mo<strong>de</strong>llprojekt „Musik mit<br />

Demenzerkrankten: Handlungsmöglichkeiten für <strong>de</strong>n Lebensalltag“ in <strong>de</strong>n Jahren<br />

2004-2005 geför<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>ssen f/w Begleitung nicht bei <strong>aufschwungalt</strong> lag. Von daher<br />

wird an dieser Stelle nicht darauf eingegangen. Ergebnisse dieses Mo<strong>de</strong>ll fin<strong>de</strong>n sich<br />

z.B. in folgen<strong>de</strong>r Veröffentlichung: Musizieren mit <strong>de</strong>menten Menschen. Ratgeber für<br />

Angehörige und Pflegen<strong>de</strong>. Reinhardt-Verlag. München, 2006.<br />

10<br />

Überblick über die Mo<strong>de</strong>llstandorte in Bayern<br />

Abb. 1: Standorte <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llprojekte nach PflEG in Bayern<br />

11<br />

12<br />

6<br />

3<br />

13<br />

9<br />

15<br />

5<br />

1<br />

4<br />

8<br />

7+14<br />

2<br />

4


5<br />

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Nr. Mo<strong>de</strong>ll-Träger Mo<strong>de</strong>ll-Titel Laufzeit Ausstattung<br />

1 Alzheimer Gesellschaft München e.V. „Helfer-Verbund“ 01.02.2004 - Soz.-päd.<br />

31.01.2007 (½ Stelle)<br />

2 Caritasverband Straubing-Bogen e.V. „Senioren zu Hause - Netzwerke im Lkr. Straubing- 01.01.2004 - Soz.-päd. (1 Stelle plus<br />

Bogen insbeson<strong>de</strong>re für Menschen mit Demenz“ 31.12.2006 10h Verwaltung<br />

3 Evangelischer Krankenverein<br />

„Zentrale Verbundstelle im Landkreis Weißenburg- 01.01.2004 - Gerontopsychiatrische<br />

Gunzenhausen e.V.<br />

Gunzenhausen zur Vernetzung ambulanter, teil-/<br />

stationärer Einrichtungen“<br />

31.12.2006 Fachkraft (1 Stelle)<br />

4 PIA e.V., Haar „Hilfe vor Ort“ 01.03.2004 - Multiprofessionell<br />

28.02.2007 (1 Stelle)<br />

5 Rummelsberger Dienste für Menschen im „GERDA - Gerontopsychiatrische Reaktivierung 01.01.2005 - Multiprofessionell<br />

Alter gGmbH, Schwarzenbruck<br />

Daheim““<br />

30.06.2006 (1 Stelle plus 10h plus<br />

Honorarkräfte)<br />

6 För<strong>de</strong>rkreis Steigerwald e. V.,<br />

Ambulante Wohngemeinschaft für <strong>de</strong>menzkranke 01.01.2005 - Fachkraft<br />

Obersteinbach<br />

Mitmenschen<br />

31.12.2006 (½ Stelle)<br />

7 Ambulante sozialpflegerische<br />

„DIE INSEL“ 01.01.2004 - Multiprofessionell<br />

Dienste e. V., Hof<br />

31.12.2007 (1 Stelle plus<br />

½ Stelle für 2Jahre)<br />

8 Diakonisches Werk <strong>de</strong>s ev.-luth.<br />

„Gerontopsychiatrische Koordinierungsstelle“ 01.01.2004 - Soz.-päd. (1 Stelle plus 10h<br />

Dekanatsbezirks<br />

Sulzbach-Rosenberg e.V.<br />

31.12.2007 Verwaltung)<br />

9 Diakonisches Werk Bamberg-Forchheim „KLAR – Kreative Lösungen im Alter“ 01.03.2004 - Fachkraft<br />

e.V./ Caritasverband f. d. Landkreis<br />

31.12.2008 (1 Stelle<br />

Forchheim e.V.<br />

plus 10hVerwaltung)<br />

10 „Gemeinsam statt Einsam“ e.V.,<br />

„Haus Louise von Marillac – ambulante<br />

01.01.2006 - Soz.-päd.<br />

Kleinostheim<br />

Wohngemeinschaft für alte Menschen“<br />

31.12.2008 (½ Stelle)<br />

11 Juliusspitalstiftung Münnerstadt „DEMENZZENTRUM LICHTBLICK “ 01.01.2006 - Gerontopsychiatrische<br />

31.12.2007 Fachkraft<br />

(½ Stelle plus<br />

10h Verwaltung)<br />

12 Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren „Betreutes Wohnen in Familien für Menschen mit 01.01.2007 - Soz.-päd. (1 Stelle<br />

psychischen Erkrankungen im Alter„<br />

31.12.2009 plus 1,25h Verwaltung)<br />

13 SIC-GmbH in Kooperation<br />

„KompetenzNetz Demenz: Integration <strong>de</strong>r<br />

01.04.2007 - Multiprofessionell<br />

mit <strong>de</strong>r Stadt Augsburg<br />

Bevölkerungsgruppe <strong>de</strong>menzkranker Menschen und<br />

ihrer Angehörigen in Augsburg“<br />

31.03.2010 (1½ Stellen)<br />

14 Ambulante sozialpflegerische<br />

Psychiatrische Familienpflege für psychisch kranke seit 01.03.2008 Multiprofessionell<br />

Dienste e. V., Hof<br />

und gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen in<br />

(30h-Stelle und 30h-Stelle<br />

Gastfamilien<br />

für 2 Jahre)<br />

15 Angehörigenberatung e.V. Nürnberg Netzwerk Demenz Nürnberg ab 01.05.2008 Soz.-päd. (1 Stelle)


2. Ziele <strong>de</strong>r Projekte<br />

Die Zielsetzungen <strong>de</strong>r geför<strong>de</strong>rten Konzeptionen lassen sich in drei Gruppierungen<br />

unterteilen:<br />

• Mo<strong>de</strong>llprojekte zur allgemeinen Strukturverbesserung mit <strong>de</strong>n Schwerpunkten<br />

o Aufbau niedrigschwelliger Angebote sowie<br />

o Aufbau praxiswirksamer Netzwerke<br />

• Mo<strong>de</strong>llprojekte zur Verwirklichung innovativer Wohnformen, insbeson<strong>de</strong>re<br />

ambulant betreuter Wohngemeinschaften für Demenzkranke sowie<br />

• Mo<strong>de</strong>llprojekte mit spezialisierten Anliegen (z.B. das Konzept <strong>de</strong>r Familienpflege<br />

für gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen; die Implementierung <strong>de</strong>r<br />

psychobiografischen Pflege nach Böhm im häuslichen Umfeld o<strong>de</strong>r die Erprobung<br />

bürgerschaftlichen Engagements im gerontopsychiatrischen Assessment).<br />

3. Verbesserung <strong>de</strong>r Versorgungsstrukturen<br />

Mit einer Ausnahme 1 ist allen Mo<strong>de</strong>llen zur Strukturverbesserung zu bescheinigen,<br />

dass sie eine sehr wirksame und erfolgreiche Arbeit geleistet haben bzw. dies noch<br />

tun. Nach wie vor stellt <strong>de</strong>r Aufbau bedürfnisorientierter (passgenauer)<br />

Entlastungsangebote für Angehörige eine Priorität sowohl im Han<strong>de</strong>ln vor Ort als<br />

auch in fachlichen Diskussionen dar. Die Arbeit und Begleitung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>lle lieferte<br />

dazu einige wertvolle Erkenntnisse.<br />

3.1. Entlastungsbedarf <strong>de</strong>r Angehörigen - ausgewählte Ergebnisse <strong>de</strong>r<br />

Evaluation in <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llregionen<br />

Als Ergebnisse einer qualitativen Anfangserhebung in <strong>de</strong>n Regionen <strong>de</strong>r<br />

Mo<strong>de</strong>llprojekte liegen Rückmeldungen von 197 Angehörigen, 126 Institutionen<br />

(schriftliche, standardisierte Befragung) sowie 37 Multiplikatoren (leitfa<strong>de</strong>ngestützten<br />

Experteninterviews) vor. Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die wesentlichen Resultate<br />

zusammengefasst:<br />

• Übereinstimmend benannten die befragten Angehörigen die Notwendigkeit <strong>de</strong>r<br />

Verbesserung einer zeitlichen Entlastung <strong>de</strong>r Angehörigen <strong>de</strong>menzkranker<br />

Menschen. Der Wunsch nach „freier Zeit für sich“ im Sinne einer stun<strong>de</strong>nweisen<br />

Entlastung war weitaus höher als <strong>de</strong>r Bedarf nach kontinuierlicher, dauerhafter<br />

Entlastung.<br />

1 Das Mo<strong>de</strong>llprojekt „GERDA“ in Schwarzenbruck wur<strong>de</strong> vorzeitig been<strong>de</strong>t. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r 18monatigen<br />

Laufzeit fin<strong>de</strong>n sich im Abschlussbericht aus <strong>de</strong>m Jahre 2006.<br />

6


• Auffallend in allen Mo<strong>de</strong>llregionen war das unterschiedliche Belastungs-<br />

empfin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Hauptpflegegruppen (Ehe-)Partner und (Schwieger-)<br />

Kin<strong>de</strong>r. Für viele Ehepartner war das Thema <strong>de</strong>r sozialen Isolation schwerer zu<br />

ertragen, wogegen (Schwieger-)Kin<strong>de</strong>r häufiger Probleme im Alltag bei <strong>de</strong>r<br />

Anleitung <strong>de</strong>r Erkrankten erlebten. So differierten auch in manchem die<br />

Unterstützungswünsche. (Ehe-)Partner wünschen sich häufiger eine Anerkennung<br />

ihrer Leistungen, (Schwieger-)Kin<strong>de</strong>r äußern mehr Beratungs- und<br />

Informationsbedarf.<br />

• Hinsichtlich <strong>de</strong>r Angebotsformen, die vorrangig zur Entlastung <strong>de</strong>r Angehörigen<br />

aufgebaut wer<strong>de</strong>n sollten, ergaben sich teilweise erhebliche Differenzen<br />

zwischen <strong>de</strong>n Angaben <strong>de</strong>r Angehörigen und <strong>de</strong>n Auffassungen <strong>de</strong>r<br />

Institutionen. Angehörige wünschen sich vorrangig „stun<strong>de</strong>nweise Entlastung“<br />

o<strong>de</strong>r „freie Zeit“. Institutionen sehen vorrangig <strong>de</strong>n Aufbau von<br />

Gesprächskreisen/Angehörigengruppen als wichtig an.<br />

• Weiterhin bedarf <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>r Leistungen <strong>de</strong>r pflegen<strong>de</strong>n<br />

Angehörigen <strong>de</strong>r vermehrten Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r professionellen Akteure.<br />

Keiner <strong>de</strong>r Evaluationsteilnehmer in <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r Institutionen benannte die<br />

Notwendigkeit dieser Form <strong>de</strong>r psychosozialen Unterstützung, obwohl<br />

Angehörige diese sich vielfach wünschen.<br />

3.2. Tätigkeiten zur Strukturverbesserung und weiterer Bedarf<br />

Der Aufbau niedrigschwelliger Angebote wur<strong>de</strong> in allen Mo<strong>de</strong>llregionen von <strong>de</strong>n<br />

Projektleitungen vorangebracht. Diese erfolgreiche Tätigkeit wird durch eine<br />

qualitative Multiplikatorenbefragung anlässlich <strong>de</strong>r Beendigung <strong>de</strong>r jeweiligen<br />

Mo<strong>de</strong>lle (Rücklauf N=54) bestätigt. Die Daten belegen, dass die<br />

Versorgungssituation für Angehörige, die ihre Demenzkranken zu Hause begleiten,<br />

sich bemerkbar verbessert hat. Aus Sicht <strong>de</strong>r Experten sind die niedrigschwelligen<br />

Versorgungsstrukturen, Beratungs- und Gruppenangebote sehr erfolgreiche und<br />

wichtige Versorgungsbausteine. Insbeson<strong>de</strong>re wird <strong>de</strong>r Einsatz geschulter Helfer<br />

nach <strong>de</strong>m PflEG im häuslichen Umfeld von fast 88% <strong>de</strong>r Befragten begrüßt und<br />

befürwortet, über 75% bewerten so die Schulung <strong>de</strong>r Helfer und über 63% die<br />

Beratungsangebote für Angehörige.<br />

7


Die Frage "Welche Dienstleistungen/Versorgungsangebote sollten in Ihrer Region für<br />

(alleinstehen<strong>de</strong>) Demenzkranke und für <strong>de</strong>ren Angehörige dringend noch aufgebaut<br />

wer<strong>de</strong>n?" ergab ein<strong>de</strong>utig, dass im Bereich <strong>de</strong>r "Tagesstrukturierung /<br />

Alltagsbegleitung für Demenzkranke" weiterhin ein dringen<strong>de</strong>r Bedarf zur<br />

Verbesserung <strong>de</strong>r Versorgungsstrukturen besteht. Die Fel<strong>de</strong>rfahrung, dass im<br />

Bereich <strong>de</strong>r alleinstehen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r alleinleben<strong>de</strong>n Demenzkranken (bzw. aller<br />

gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen) eine Erweiterung <strong>de</strong>r<br />

Versorgungsstrukturen mit innovativen Angeboten akut nötig ist, wird damit<br />

bestätigt. Ergänzend sei hinzugefügt, dass die befragten Experten daneben auch im<br />

Bereich <strong>de</strong>r Entlastung <strong>de</strong>r Angehörigen weiterhin zu schließen<strong>de</strong> Lücken sehen.<br />

Nach wie vor ist das Thema "Akzeptanz vorhan<strong>de</strong>ner Entlastungsangebote" ein<br />

gravieren<strong>de</strong>r Faktor. Immer wie<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>ne o<strong>de</strong>r neu initiierte<br />

niedrigschwellige Angebote aufgrund mangeln<strong>de</strong>r Inanspruchnahme durch<br />

Angehörige eingestellt o<strong>de</strong>r müssen "pausieren". Dies ist auch eine Erfahrung aus<br />

<strong>de</strong>r Begleitung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llprojekte. Zwei Aspekte scheinen hier von Be<strong>de</strong>utung zu<br />

sein:<br />

a) Öffentlichkeitsarbeit;<br />

b) Analyse <strong>de</strong>r tatsächlich vorhan<strong>de</strong>nen Bedürfnisse und Gestaltung eines<br />

modularen Systems von Entlastungsangeboten unter Einbeziehung regionaler<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten.<br />

Des Weiteren verdient auch die Frage <strong>de</strong>r finanziellen Kosten stärkere und<br />

differenziertere Beachtung. Niedrigschwellige Angebote, die mit hohen Gebühren für<br />

die Pflegebedürftigen bzw. für <strong>de</strong>ren Angehörige verbun<strong>de</strong>n sind, wi<strong>de</strong>rsprechen<br />

<strong>de</strong>m Grundsatz <strong>de</strong>r Niedrigschwelligkeit. Vielfach wer<strong>de</strong>n diese von <strong>de</strong>n<br />

Pflegebedürftigen / Angehörigen – aus berechtigten Grün<strong>de</strong>n – nicht in Anspruch<br />

genommen. Es gilt jedoch auch zu beachten, dass niedrigschwellige<br />

Betreuungsangebote, die gar keine Gebühren verlangen, auch auf Probleme bei <strong>de</strong>r<br />

Akzeptanz treffen. Manche Pflegebedürftige und Angehörige geraten ungern in die<br />

Rolle von „Almosenempfängern“ und vermögen Unterstützungsangebote besser zu<br />

akzeptieren, wenn sie in Form von Entgelt bzw. Aufwandsentschädigungen einen<br />

Gegenwert zur Verfügung stellen können.<br />

8


a) Öffentlichkeitsarbeit<br />

In allen Mo<strong>de</strong>llregionen konnte das immer noch vielfach tabuisierte Thema<br />

Demenz mit einer breit angelegten und i<strong>de</strong>enreichen Öffentlichkeitsarbeit verstärkt<br />

ins Bewusstsein <strong>de</strong>r Fach-/Öffentlichkeit getragen wer<strong>de</strong>n. Dies gelang auch in<br />

ländlichen Gebieten. Nach allen Erfahrungen ist die Reduzierung <strong>de</strong>s Tabus als<br />

unerlässliche Voraussetzung zur leichteren Inanspruchnahme von<br />

Entlastungsangeboten durch Angehörige einzuschätzen. Als beson<strong>de</strong>rs wirksam<br />

erwiesen sich hier beispielsweise Veranstaltungsreihen, die <strong>de</strong>zentral in <strong>de</strong>n<br />

Gemein<strong>de</strong>n durchgeführt wur<strong>de</strong>n. Der Erfolg <strong>de</strong>r wohnortnahen Angebote wur<strong>de</strong><br />

verstärkt durch <strong>de</strong>n Grundsatz <strong>de</strong>r Kooperation mit jeweiligen - öffentlich/informell<br />

anerkannten - Multiplikatoren. Prinzipiell führte - auch nach übereinstimmen<strong>de</strong>n<br />

Aussagen <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llmitarbeiter - eine kontinuierliche, i<strong>de</strong>enreiche und beharrliche<br />

Öffentlichkeitsarbeit zu einer Entstigmatisierung („Die Leute trauen sich nun eher,<br />

darüber zu re<strong>de</strong>n.“). Allem Anschein nach wird damit für Angehörige die<br />

Hemmschwelle zur Annahme von Hilfe und Entlastung geringer. Nach allen<br />

Aussagen ist es jedoch auch unabdingbar, dass dann niedrigschwellige Angebote<br />

mit anerkannter Qualität vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />

b) Analyse <strong>de</strong>r tatsächlich vorhan<strong>de</strong>nen Bedürfnisse und entsprechen<strong>de</strong>s<br />

Reagieren: Gestaltung eines modularen Systems von Entlastungsangeboten<br />

unter Einbeziehung regionaler Beson<strong>de</strong>rheiten.<br />

Wie oben beschrieben ergab die Anfangsevaluation Differenzen zwischen<br />

Angehörigen und Institutionen zur Art <strong>de</strong>r aufzubauen<strong>de</strong>n Entlastungsangebote. Alle<br />

Mo<strong>de</strong>lle versuchten <strong>de</strong>nnoch auch, neue Angehörigengruppen zu initiieren. Vielfach<br />

konnten die Projekte hinsichtlich dieses Tätigkeitsbereiches die an sich selber<br />

gestellten Erwartungen nicht durchgängig erfüllen. Viele <strong>de</strong>r angestoßenen Gruppen<br />

waren nicht stabil implementierbar. Trotz<strong>de</strong>m for<strong>de</strong>rten in <strong>de</strong>n Abschlussbefragungen<br />

die regionalen Akteure weiterhin, dass als notwendigstes Entlastungsangebot genau<br />

diese Gruppenangebote in ihren Regionen aufgebaut wer<strong>de</strong>n müssten. Die<br />

abschließen<strong>de</strong>n Evaluationen <strong>de</strong>r Angehörigen ergaben einerseits, dass diese<br />

diesen Wunsch nicht in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund stellten und ihrerseits <strong>de</strong>utlich<br />

weitergehen<strong>de</strong> stun<strong>de</strong>nweise Entlastung wünschen. Außer<strong>de</strong>m war in manchen<br />

Regionen das Informationsbedürfnis <strong>de</strong>r Angehörigen größer als <strong>de</strong>r Wunsch<br />

nach Erfahrungsaustausch in Gruppen.<br />

9


Die fachlich-wissenschaftliche Begleitung 2 stellt als Hypothese auf, dass die<br />

vorhan<strong>de</strong>nen Angebote von <strong>de</strong>n Angehörigen besser akzeptiert wer<strong>de</strong>n könnten,<br />

wenn <strong>de</strong>r Entlastungsbedarf <strong>de</strong>r Angehörigen hierarchisch bedient wür<strong>de</strong>. Das<br />

heißt, dass primär <strong>de</strong>r Wunsch nach stun<strong>de</strong>nweiser Entlastung (resp. „freier Zeit für<br />

sich“) subjektiv befriedigend eingelöst sein muss, damit Angehörige an<strong>de</strong>re<br />

Angebote (die sie u.U. als "problembela<strong>de</strong>n" assoziieren) für sich nutzen können. In<br />

<strong>de</strong>r konkreten Umsetzung wür<strong>de</strong> dies be<strong>de</strong>uten, dass vorrangig und verbreitet<br />

Betreuungsgruppen und Helferkreise für die stun<strong>de</strong>nweise Entlastung zu<br />

Hause initiiert wer<strong>de</strong>n müssen. Nach Ab<strong>de</strong>ckung dieses primären Bedürfnisses<br />

<strong>de</strong>r Angehörigen sollten gezielte Gruppenangebote offeriert wer<strong>de</strong>n. Die parallele<br />

Einrichtung von Angehörigengruppen zu bereits erfolgreich aufgebauten<br />

Betreuungsgruppen könnte dabei ein hilfreicher Weg sein. Ebenso die obligatorische<br />

Durchführung von Pflegekursen für Demenzkranke als Auftakt für daran<br />

anschließen<strong>de</strong> angeleitete (klassische) Gesprächsgruppen für Angehörige. (Der im<br />

Abschlussbericht, Teil 2 diskutierte Einfluss <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Situation <strong>de</strong>r<br />

Familien [insbeson<strong>de</strong>re in strukturschwachen Regionen] auf die Inanspruchnahme<br />

von Entlastungsangeboten könnte dieser Hypothese wi<strong>de</strong>rsprechen. Dies kann hier<br />

nicht ausführlich dargestellt wer<strong>de</strong>n. Als Hinweis sei angefügt, dass z.B. bei<br />

Arbeitslosigkeit die „familiären Lösungen“ [„Da springt dann mein Sohn ein.“] von<br />

pflegen<strong>de</strong>n Angehörigen vielfach bevorzugt wer<strong>de</strong>n. So verständlich diese<br />

ökonomischen Zwänge sind, bleibt offen, ob diese Lösung für die Lebensqualität aller<br />

Beteiligten immer von Vorteil ist.)<br />

Neben dieser Rangfolge <strong>de</strong>s Aufbaus niedrigschwelliger Angebote zur<br />

Verbesserung ihrer Akzeptanz:<br />

• zuerst stun<strong>de</strong>nweise Entlastung;<br />

• gefolgt von Information;<br />

• danach gruppenbezogener Erfahrungsaustausch<br />

könnte ebenso die Reflektion und Berücksichtigung regionaler Beson<strong>de</strong>rheiten<br />

die Akzeptanz niedrigschwelliger Betreuungsangebote steigern. Die Erkenntnis, dass<br />

Betreuungsgruppen in ländlichen Regionen aufgrund <strong>de</strong>r weiteren Wege sehr<br />

wohnortnah (und damit kleinräumig und mit wenigen Besuchern) angeboten wer<strong>de</strong>n<br />

2 künftig: f/w Begleitung<br />

10


müssten, ist inzwischen geläufig. Ebenso, dass alternativ <strong>de</strong>r Besuch durch<br />

(kostengünstige) Fahrtdienste und längere zeitliche Dauer <strong>de</strong>r Betreuungsgruppen<br />

gesteigert wer<strong>de</strong>n kann. Aus <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r f/w Begleitung ergibt sich ein<br />

weiterer Aspekt: in ländlichen Regionen o<strong>de</strong>r in Gebieten mit altgewachsenen,<br />

traditionellen Strukturen sollte in <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>s Pflegeleistungs-Ergänzungs-<br />

Gesetzes die Priorität auf <strong>de</strong>n Aufbau von Helferkreisen zum stun<strong>de</strong>nweisen<br />

Einsatz in <strong>de</strong>r häuslichen Umgebung gesetzt wer<strong>de</strong>n. Der Hintergrund dieser<br />

These bezieht sich auf das Bedürfnis nach Sicherheit und Privatheit seitens <strong>de</strong>r<br />

Angehörigen. Die in Fachkreisen <strong>de</strong>r Angehörigenarbeit inzwischen integrierten<br />

Themen <strong>de</strong>r Scham und Schuldgefühle könnten hier eine Rolle spielen.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r „beschützen<strong>de</strong>n Scham“ im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n<br />

komplexen Auswirkungen <strong>de</strong>r Demenzerkrankung bei einem nahestehen<strong>de</strong>n<br />

Menschen sei hier betont. (Scham will etwas Nicht-sein-Sollen<strong>de</strong>s, etwas Nicht-<br />

Akzeptiertes, aber auch etwas zu sehr „ans-Herz-Gewachsenes“, das zu intim ist, um<br />

öffentlich zu wer<strong>de</strong>n, verbergen.)<br />

Überlieferte soziale Strukturen und traditionelle Beziehungsmuster för<strong>de</strong>rn die<br />

Verhaltensten<strong>de</strong>nzen, die Demenzerkrankung in "<strong>de</strong>n eigenen vier Wän<strong>de</strong>n" zu<br />

belassen. Der Besuch von Betreuungsgruppen erfor<strong>de</strong>rt das Verlassen <strong>de</strong>s privaten<br />

Raumes. Die stun<strong>de</strong>nweise Entlastung durch Helfer zu Hause eliminiert diese<br />

subjektive Hemmschwelle. Erst wenn sich die stun<strong>de</strong>nweise Entlastung im<br />

häuslichen Umfeld - begleitet von oben beschriebener intensiver Öffentlichkeitsarbeit<br />

- etabliert hat und im allgemeinen Bewusstsein zu einer Selbstverständlichkeit<br />

gewor<strong>de</strong>n ist, sollten im nächsten Schritt personelle und finanzielle Kapazitäten zum<br />

Aufbau von Betreuungsgruppen eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Unabdingbar in diesem Themenbereich ist das Angebot zugehen<strong>de</strong>r Beratung.<br />

Zum Tätigkeitsbereich <strong>de</strong>r Anbieter niedrigschwelliger Betreuungsangebote ist<br />

unerlässlich die Durchführung von Hausbesuchen zu zählen. Diese haben sich in <strong>de</strong>r<br />

Praxis als bewährtes Mittel, um <strong>de</strong>n Angehörigen Zugang zu Hilfe und im weiteren<br />

eben auch zu niedrigschwelligen Betreuungsangebote zu erleichtern, bewährt.<br />

Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Einführung <strong>de</strong>s hier vorgestellten<br />

modularen Systems von Entlastungsangeboten unter Einbeziehung regionaler<br />

11


Beson<strong>de</strong>rheiten auch wirtschaftliche Aspekte hat. Nach allen bisherigen<br />

Erfahrungen <strong>de</strong>r f/w Begleitung wer<strong>de</strong>n viele ökonomische und personelle<br />

Kapazitäten durch die Organisation und das Vorhalten zu wenig genutzter<br />

Entlastungsangebote gebun<strong>de</strong>n. Der Abbruch initiierter Betreuungs- und<br />

Angehörigengruppen aufgrund mangeln<strong>de</strong>r Akzeptanz sollte als vermeidbarer<br />

Kostenfaktor von allen Beteiligten wahrgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />

4. Vernetzungsprozesse<br />

In <strong>de</strong>r Zusammenfassung <strong>de</strong>r komplexen Ergebnisse <strong>de</strong>r Projekte lässt sich<br />

folgen<strong>de</strong>s festhalten: Vernetzungsarbeit<br />

• braucht Zeit;<br />

• erfor<strong>de</strong>rt neben fachlichen Kompetenzen die Geduld und Bereitwilligkeit aller<br />

Beteiligten;<br />

• bedarf <strong>de</strong>r Bereitschaft, Umwege zu gehen (Strategiewechsel);<br />

• benötigt eine Person / Institution als Impulsgeber ("Vernetzungsmotor");<br />

• muss als kontinuierliche Detailarbeit verstan<strong>de</strong>n und umgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Aus <strong>de</strong>n Erfahrungen aller Mo<strong>de</strong>llprojekte beim Aufbau praxiswirksamer Netzwerke<br />

kann abgeleitet wer<strong>de</strong>n, dass für diese Anliegen ein Zeitrahmen von drei Jahren<br />

eingerechnet wer<strong>de</strong>n muss. Insbeson<strong>de</strong>re zu Beginn von Vernetzungsaktivitäten<br />

sind vertrauensaufbauen<strong>de</strong> Prozesse zu empfehlen. Die Absicht, mit gutge-<br />

meintem Aktivismus rasche Ergebnisse vorlegen zu können, wirkt sich nach allen<br />

Erfahrungen zwingend kontraproduktiv aus. För<strong>de</strong>rlich für Vernetzungsprozesse hat<br />

sich die Einrichtung von Arbeitskreisen mit konkreten Arbeitsaufträgen (z.B.<br />

Erstellung eines Demenz-Führers für die Region) erwiesen. Dies sollten zeitlich<br />

begrenzte Gruppen von Akteuren sein, die sich zur Lösung einer konkreten<br />

Aufgabe zusammenfin<strong>de</strong>n und danach wie<strong>de</strong>r auseinan<strong>de</strong>rgehen. Bei Bedarf trifft<br />

sich eine neue Konstellation zur Bearbeitung eines an<strong>de</strong>ren Auftrages wie<strong>de</strong>r.<br />

Des Weiteren belegen die Erfahrungen, dass erfolgreiche Vernetzungsprozesse für<br />

alle Beteiligten einen - von ihnen - erkennbaren Vorteil o<strong>de</strong>r Nutzen bieten muss.<br />

Dies ist von herausragen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung. Die Abschluss-Evaluationen <strong>de</strong>r regionalen<br />

Akteure und <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llleitungen (-Träger) ergab, dass über 59% <strong>de</strong>r Befragten <strong>de</strong>r<br />

Überzeugung sind, dass Trägerinteressen praxiswirksamen Vernetzungsprozessen<br />

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entgegenstehen. Initiatoren von Netzwerken müssen also <strong>de</strong>utlich erkennbar<br />

machen, dass die Beteiligung an Vernetzung für die Akteure einen realen<br />

Nutzen für <strong>de</strong>ren eigene Arbeit bzw. Institution mit sich bringt. Künftige Netzwerk-<br />

Initiatoren sollten diesen Faktor ("potentielle Netzwerkpartner müssen <strong>de</strong>n eigenen<br />

Vorteil erkennen können, um am Aufbau von Netzwerken wirksam mitzuarbeiten"),<br />

als unumgängliche Bedingung kennen und beachten.<br />

„Vernetzung und Kooperationsaufbau“ sind in <strong>de</strong>r Altenpflege und im speziellen<br />

Bereich <strong>de</strong>r Versorgung Demenzkranker bereits seit längerem herausragen<strong>de</strong><br />

Begriffe und in aller Mun<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r Praxis wird <strong>de</strong>n dahinter stehen<strong>de</strong>n Anliegen<br />

jedoch noch zu häufig mit Zurückhaltung, Interesselosigkeit, Resignation o<strong>de</strong>r auch<br />

Ablehnung begegnet. Die Mo<strong>de</strong>llprojekte han<strong>de</strong>lten teilweise in vergleichbaren<br />

Bezugsrahmen. Ihre Arbeit belegt, dass Zusammenarbeit und Vernetzung auch unter<br />

Wettbewerbern "machbar" ist. Es bedarf dazu persönlicher Kompetenzen, finanzieller<br />

und persönlicher Ressourcen und <strong>de</strong>s guten Willens aller Beteiligten. Mit <strong>de</strong>m<br />

Resümee einer Projektleitung sei ein diesbezüglicher Schlusssatz gesetzt:<br />

"Vernetzung ist, wenn alle wollen."<br />

5. Kompetenzen <strong>de</strong>r Projektleitungen<br />

Für die Umsetzung <strong>de</strong>r innovativen Konzeption von Mo<strong>de</strong>llprojekten sollten die<br />

Projektleitungen über Kenntnisse und Fähigkeiten bezüglich <strong>de</strong>s<br />

Projektmanagements verfügen. Wünschenswert sind Erfahrungen hinsichtlich<br />

eines strategischen Vorgehens sowie in Mo<strong>de</strong>rationsprozessen.<br />

Ebenfalls von Vorteil für diese Tätigkeit ist, wenn die Projektleitungen verfügen über:<br />

• fachliche Kompetenzen und Berufserfahrung in <strong>de</strong>r Thematik sowie<br />

• Kenntnisse <strong>de</strong>r örtlichen Strukturen und Rahmenbedingungen.<br />

Als beson<strong>de</strong>rs för<strong>de</strong>rliche Qualifikation und Schlüsselkompetenz zur Umsetzung <strong>de</strong>r<br />

Projekti<strong>de</strong>en bezeichneten die Projektleitungen in <strong>de</strong>r Abschlussevaluation <strong>de</strong>n<br />

Aspekt <strong>de</strong>r Glaubwürdigkeit: "Man müsse wissen, wovon man re<strong>de</strong>t." Dazu ist auch<br />

ein Arbeitsansatz <strong>de</strong>r Projektleitungen zu zählen, <strong>de</strong>r erkennen lässt, dass sie<br />

erkennbar im Interesse <strong>de</strong>r Betroffenen und ihrer Angehörigen han<strong>de</strong>ln. Diese<br />

wahrnehmbare uneigennützige Neutralität im Interesse <strong>de</strong>r Zielgruppe ist als<br />

Voraussetzung und Erfolgsmerkmal praxiswirksamer Netzwerkarbeit zu <strong>de</strong>finieren.<br />

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Insbeson<strong>de</strong>re für Netzwerkarbeit sind adäquate soziale Kompetenzen und<br />

persönliches Engagement vonnöten. Beruhend auf <strong>de</strong>n Evaluationsergebnissen<br />

(Abschlussbefragung <strong>de</strong>r Multiplikatoren) zählen dazu:<br />

• Offenheit, Sachlichkeit; hohes Engagement, gute integrative Fähigkeiten;<br />

• Schaffen einer offenen Atmosphäre mit Möglichkeit zum kritischen Austausch;<br />

• strukturieren<strong>de</strong> Kompetenzen, gelungene mo<strong>de</strong>rieren<strong>de</strong> Gesprächsführung;<br />

• themenzentriertes, zielorientiertes Arbeiten sowie eine<br />

• sehr gute Hintergrundarbeit und Koordination (z.B. gute Vor- und Nachbereitung<br />

von Vernetzungstreffen).<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Erfahrungen regt die f/w Begleitung <strong>de</strong>s Weiteren an,<br />

Projekten zu <strong>de</strong>n Themen Strukturverbesserung / regionale Vernetzung<br />

grundsätzlich die Installation einer Steuerungsgruppe zur Optimierung <strong>de</strong>r<br />

Konzeptumsetzung nahezulegen. Das Vorhan<strong>de</strong>nsein einer Steuerungsgruppe o<strong>de</strong>r<br />

zumin<strong>de</strong>st eines Projektteams zur Unterstützung <strong>de</strong>r Projektleitungen (fachlicher<br />

Austausch, I<strong>de</strong>enfindung, Reflektion <strong>de</strong>s eigenen Han<strong>de</strong>lns) erwies sich bei <strong>de</strong>n<br />

Mo<strong>de</strong>llprojekten durchgängig als vorteilhaft. Ebenso ist bei diesen Projekten<br />

aufgrund <strong>de</strong>r bisherigen Beobachtungen eine angemessene personelle<br />

Ausstattung zu empfehlen. Diese sollte in <strong>de</strong>n ersten drei Jahren von Projekten zur<br />

Strukturverbesserung und Vernetzung im Sinne einer mo<strong>de</strong>llhaften Ausstattung<br />

höher sein. Im weiteren Verlauf kann die Personalkapazität durchaus reduziert<br />

wer<strong>de</strong>n, sollte jedoch nicht vollständig reduziert wer<strong>de</strong>n. Es wird darauf<br />

hingewiesen, dass die Projektleitungen, die mit 50% <strong>de</strong>r regulären Arbeitszeit die<br />

Konzeptionen (Strukturverbesserung/Vernetzung) umzusetzen hatten (haben), zur<br />

Erfüllung <strong>de</strong>s komplexen Auftrages <strong>de</strong>r Projekte regelmäßig und durchgehend einen<br />

hohen Satz an Überstun<strong>de</strong>n aufbauen.<br />

6. Abschluss<br />

Nach <strong>de</strong>n bisherigen Erfahrungen aus <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llprojekte lässt sich<br />

zusammenfassend feststellen, dass die Einrichtung gerontopsychiatrischer<br />

Koordinationsstellen o<strong>de</strong>r regionaler Demenzzentren als för<strong>de</strong>rlich für die<br />

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Verbesserung <strong>de</strong>r regionalen Strukturen und damit <strong>de</strong>r Versorgung von<br />

Demenzkranken (resp. gerontopsychiatrisch Erkrankter) und ihrer Angehörigen zu<br />

bezeichnen ist.<br />

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