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Gebirgszug im Osten vom südlichen Teil der Insel getrennt. Dort liegen Plantagen, deren Produkte in einer „Verarbeitungsfabrik“ veredelt und über „Verkaufsstände“ auf den (insularen) Markt gelangen. Für den Schüler konstituiert sich in dem dargestellten Illusionsraum eine andere Welt. In welcher Weise sie als „ökologische“ Vision zu deuten ist, kann bestenfalls aus dem Namen, dem er ihr gegeben hat, geschlossen werden: „Biostadt“. 4 Schlussfolgerungen Gerade die letzten Karten illusionierter Räume weisen auf die Notwendigkeit hin, subjektive Karten in einen didaktischen Zusammenhang einzubetten, in dem die Imagination eines Raumes in der Spannung zwischen alltäglichem Erleben und projektivem Wunsch thematisch im Zentrum steht. Nur dann kann gewährleistet werden, dass Sinnverknüpfungen zu den nur psychologisch deutbaren Chiffren der Karten auch hergestellt werden können. Wenn sich schon jede subjektive Karte nur als Spiegel der Vergesellschaftung verstehen lässt, so erfordert die Interpretation solcher Ausdrucksgestalten auch den Rückbezug zur gesellschaftlichen Produktion von Subjektivität, die ihre affektiven Ressourcen aus den Hauptströmungen kultureller, politischer und ökonomischer Bedeutungsordnungen bezieht. Schließlich ist die subjektive Karte nicht nur ein Forschungsobjekt, sondern auch und vor allem ein didaktisches Medium zur Gestaltung von Bildungsprozessen. Indem sie von vornherein die kognitivistischen Präliminarien herrschender Bildungspolitik unterläuft, eröffnen sich Perspektiven der Reflexion persönlicher wie gesellschaftlich vermittelter Deutungsmuster und Wunschvorstellungen eigenen Lebens im Raum der Stadt, des Dorfes, der Region etc. Die an die Interpretation subjektiver Karten zu stellenden Ansprüche wiegen im didaktischen Einsatz der Methode »subjektive Kartographie« noch schwerer: ohne differenziertes Wissen um die subjektiven Assoziations- und situativen Bedeutungswelten von Kindern und Jugendlichen kann das Gespräch über subjektive Weltsichten allzu leicht in Unterströmungen geraten, die unbewusst in psychoanalytische Abgründe führen. Wenn die sinnlichhandwerkliche Zeichnung einer subjektiven Karte – ganz nebenbei und unbewusst – aber zu einer traumatischen Reaktualisierung führen kann, so ist hohe pädagogische Professionalität gefordert. Subjektive Karten taugen nicht als Stoff für Vertretungsstunden. 85

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Gebirgszug im Osten vom südlichen Teil der Insel getrennt. Dort liegen<br />

Plantagen, deren Produkte in einer „Verarbeitungsfabrik“ veredelt und über<br />

„Verkaufsstände“ auf den (insularen) Markt gelangen. Für den Schüler<br />

konstituiert sich in dem dargestellten Illusionsraum eine andere Welt. In welcher<br />

Weise sie als „ökologische“ Vision zu deuten ist, kann bestenfalls aus<br />

dem Namen, dem er ihr gegeben hat, geschlossen werden: „Biostadt“.<br />

4 Schlussfolgerungen<br />

Gerade die letzten Karten illusionierter Räume weisen auf die Notwendigkeit<br />

hin, subjektive Karten in einen didaktischen Zusammenhang einzubetten, in<br />

dem die Imagination eines Raumes in der Spannung zwischen alltäglichem<br />

Erleben und projektivem Wunsch thematisch im Zentrum steht. Nur dann<br />

kann gewährleistet werden, dass Sinnverknüpfungen zu den nur psychologisch<br />

deutbaren Chiffren der Karten auch hergestellt werden können. Wenn<br />

sich schon jede subjektive Karte nur als Spiegel der Vergesellschaftung verstehen<br />

lässt, so erfordert die Interpretation solcher Ausdrucksgestalten auch<br />

den Rückbezug zur gesellschaftlichen Produktion von Subjektivität, die ihre<br />

affektiven Ressourcen aus den Hauptströmungen kultureller, politischer und<br />

ökonomischer Bedeutungsordnungen bezieht.<br />

Schließlich ist die subjektive Karte nicht nur ein Forschungsobjekt, sondern<br />

auch und vor allem ein didaktisches Medium zur Gestaltung von Bildungsprozessen.<br />

Indem sie von vornherein die kognitivistischen Präliminarien herrschender<br />

Bildungspolitik unterläuft, eröffnen sich Perspektiven der Reflexion<br />

persönlicher wie gesellschaftlich vermittelter Deutungsmuster und Wunschvorstellungen<br />

eigenen Lebens im Raum der Stadt, des Dorfes, der Region etc.<br />

Die an die Interpretation subjektiver Karten zu stellenden Ansprüche wiegen<br />

im didaktischen Einsatz der Methode »subjektive Kartographie« noch<br />

schwerer: ohne differenziertes Wissen um die subjektiven Assoziations- und<br />

situativen Bedeutungswelten von Kindern und Jugendlichen kann das Gespräch<br />

über subjektive Weltsichten allzu leicht in Unterströmungen geraten,<br />

die unbewusst in psychoanalytische Abgründe führen. Wenn die sinnlichhandwerkliche<br />

Zeichnung einer subjektiven Karte – ganz nebenbei und unbewusst<br />

– aber zu einer traumatischen Reaktualisierung führen kann, so ist hohe<br />

pädagogische Professionalität gefordert. Subjektive Karten taugen nicht als<br />

Stoff für Vertretungsstunden.<br />

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