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Blick auf diese Welt zu verändern: Mehr aufbrechen statt zukleistern! Mehr<br />
verfremden statt kopieren! Mal selbst die Welt- oder Europakarte auf den<br />
Kopf stellen! Mal selbst eine propagandistische Karte anfertigen! Durch die<br />
Aufhebung von Sehgewohnheiten kann der Charakter der Konstruiertheit der<br />
sozial-kulturellen Wirklichkeit schlaglichtartig verdeutlicht werden. Subjektive<br />
Karten zeigen die bekannte Welt aus Perspektiven, die sie irritierend<br />
fremd und gleichzeitig erstaunlich durchsichtig machen können.<br />
3 Raumaneignung durch subjektives Kartographieren<br />
Wie komme ich von A nach B? Das ist heutzutage mit Hilfe eines Navigationsgeräts<br />
eine relativ einfach zu lösende Aufgabe. Tiefgreifender und komplexer<br />
jedoch stehen fast täglich raumbezogene Verhaltensentscheidungen<br />
an, von denen die Gestaltung der Lebenszusammenhänge jedes einzelnen<br />
Subjekts wie auch der räumlichen Infrastruktur abhängt. Konkret und schon<br />
für Kinder erfahrbar betrifft dies z. B. die Wahl des Wohnstandortes, das Einkaufsverhalten<br />
oder die Vorliebe für einen bestimmten Urlaubsort. Allerdings<br />
werden Entschlüsse von solcher Tragweite nicht immer überlegt oder nach<br />
„objektiven“ Gegebenheiten gefasst, sondern eher in Wertschätzung eines<br />
bestimmten Images, das kognitiv verankert einer Wohngegend, einem Einkaufszentrum<br />
oder einem Urlaubsziel anhaftet. Was davon aussuchen? In<br />
dieser Hinsicht hilft kaum ein Navigationsgerät oder Handy, mag es noch so<br />
viele applications haben. Es geht um die Welt und ihre Aneignung in den<br />
Köpfen.<br />
Was sich genau in den Köpfen abspielt, ist noch weitgehend ungeklärt und<br />
harrt der intensiveren Forschung. Doch soviel steht fest: Wenn das Subjekt<br />
seinen physisch-materiellen Aktionsraum mit den Augen nicht mehr vollständig<br />
überblicken kann, sieht es sich förmlich genötigt, den unsichtbaren<br />
Raum in seinem Kopf kognitiv zu strukturieren. Ob bewusst oder unbewusst<br />
– dies ist selbstverständliche Alltagspraxis. Ohne diese Fähigkeit wären wir<br />
vollkommen handlungsunfähig. Visualisiert das Subjekt diese kognitiven<br />
Vorgänge, so schlagen sich die Ergebnisse in subjektiven Kartographien nieder.<br />
Subjektives Kartographieren ist – je nach Maßstabsebene – eine intensive<br />
Form der Raum- bzw. Weltaneignung.<br />
Schon Kinder im Vorschulalter malen spontan ihre Welt mit Kreide direkt<br />
auf die Straße, z. B. den Grundriss ihrer Wohnung. Der Raum bzw. die Welt<br />
werden auf materielle Weise angeeignet. Charakteristisch für derlei hybride<br />
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