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Gemeinschaften abzielen, was unter anderem Entscheidungen über Glaubwürdigkeit in nicht-offiziellen Quellen, Kommunikationsstrategien, Partizipationsfähigkeit und Empowerment beinhaltet (vgl. Bennett, Wells, Rank 2009: 112). Grundprinzipien der demokratischen Aushandlung sowie universaler Rechte werden durch eine Erweiterung des Citizenship Prinzips nicht angegriffen. Citizenship Education im Sinne von Bennett et al. ist eine geeignete Grundlage für Spatial Citizenship, da es einen dezidiert medienorientierten Ansatz enthält und zahlreiche web2.0-Anwendungen darüber hinaus räumliche Repräsentationen einschließen. Auf dieser Basis können wir einen Spatial Citizen beschreiben, der Geoinformation mündig konsumiert und produziert, um damit in gesellschaftlichen Diskursen zu partizipieren. Mit diesen Fähigkeiten und Fertigkeiten können Planungs-, Entscheidungsund Deutungsprozesse als diskursiv gewürdigt werden. Durch die Befähigung des Bürgers im Sinne eines Spatial Citizenship wird auch Macht umverteilt. Im alltagsweltlichen Fall werden Machtungleichheiten freilich unvermeidbar bleiben, zumal auch noch so offene Instrumente der Aushandlung regulatorische Rahmungen setzen werden – wie dies jeder Institutionalisierung von Entscheidungsprozessen eigen ist. Sich dieser Ungleichheiten und ihres Einflusses auf Aushandlungsprozesse bewusst zu sein, erscheint im Rahmen eines reflexiven Konzeptes aber wünschenswert. Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilhabe ist die zweckdienliche Handhabung der Kommunikationsmittel. Am effektivsten ist es, eine etablierte „Sprache“ und frequentierte Informationswege zu nutzen. Alltagsweltlich gesprochen bedeutet dies einerseits, dass räumliche Repräsentationen professionell aussehen sollen, um auf Basis einer ästhetischen Entscheidung gewohnten Deutungsangeboten als ebenbürtig zu gelten und andererseits, dass sie eine weite Verbreitung erfahren müssen, wie dies das web2.0 bietet. Auf diese Weise können jene Gruppen, denen ansonsten im gesellschaftlichen Machtgefüge wenige Gestaltungsfreiräume zukommen (insbesondere nicht mit Wahlrecht versehene Kinder und Jugendliche), partizipativ tätig werden, wenn ihnen die Werkzeuge zur Verfügung gestellt und der Umgang mit diesen nahe gebracht wird. 129

4.2 Raumaneignung und Geomedien Die Bezeichnung Spatial Citizenship weist auf den dezidierten Raumbezug einer adäquaten politischen Bildung hin. Ausgangspunkt der Einbindung von Raum in die politische Bildung ist ein relationales Raumkonzept. Hierbei werden Bedeutungen nicht als universal angesehen und nicht als aus einer bestimmten physischen Konstellation zwingend folgend, sondern als variabel und aushandelbar. Aus Bedeutungszuweisungen wiederum folgen handlungsleitende Regeln. Eine gepflegte Rasenfläche beispielsweise kann als unbetretbar markiert werden. Sie entfaltet für den geneigten Betrachter eine ästhetische Bedeutung, sofern man die durch andere gesetzte und auf Schildern kommunizierte Bedeutungszuweisung versteht. Andererseits kann sie auch als Picknickfläche verstanden und auf diese Weise in Wert gesetzt werden. Geographien werden durch Sinngebung über menschliches Handeln gemacht (vgl. Werlen 1995: 189–190). Bedeutungszuweisung an das Physisch-Materielle ist Raumaneignung. Die soziale Durchsetzung von Bedeutungen wird über deren Kommunikation, insbesondere über Kommunikation mittels Geomedien, erleichtert und gesichert (vgl. Lefebvre 1993: 32–33). Räumliche Repräsentationen suggerieren so nicht nur die Machbarkeit einer potentiellen Ausgestaltung, sie hauchen dieser als Grundlage des umsetzenden Handelns durch ihren dezidierten Ortsbezug Realität ein. Sinngebungen und daran gebundene Regeln werden reifiziert, scheinbar natürlicherweise mit dem physisch-materiellen Ding verwoben und in der Wahrnehmung selbst zu einem Ding, einem unumstößlichen Fakt. Aus relationalen, subjektiven und sozial konstruierten Räumen werden absolute Räume mit eindeutigen Bedeutungen. Reifikationspotential haben meist solche Deutungen, die von ohnehin schon als glaubwürdig eingestuften Institutionen produziert werden. Diese Glaubwürdigkeit überträgt sich auf die von ihnen gesetzten Deutungen. Beispielsweise wirken von der Stadtverwaltung bereitgestellte Planungskarten dank der politischen Legitimation der Institution und der professionellen Glaubwürdigkeit des Planungsbüros vertrauenswürdig und wahr. Nach de Certeau wird solcherart Bedeutungsproduktion als strategische Praktik bezeichnet (vgl. De Certeau 1988: 87). Finden Umdeutungen spontan, intuitiv, punktuell und nicht bewusst kommuniziert statt, so spricht man von taktischen Praktiken (vgl. De Certeau 1988: 89). Die Produziertheit der dominanten Regeln wird nicht hinterfragt, man- 130

4.2 Raumaneignung und Geomedien<br />

Die Bezeichnung Spatial Citizenship weist auf den dezidierten Raumbezug<br />

einer adäquaten politischen Bildung hin. Ausgangspunkt der Einbindung von<br />

Raum in die politische Bildung ist ein relationales Raumkonzept. Hierbei<br />

werden Bedeutungen nicht als universal angesehen und nicht als aus einer<br />

bestimmten physischen Konstellation zwingend folgend, sondern als variabel<br />

und aushandelbar. Aus Bedeutungszuweisungen wiederum folgen handlungsleitende<br />

Regeln. Eine gepflegte Rasenfläche beispielsweise kann als unbetretbar<br />

markiert werden. Sie entfaltet für den geneigten Betrachter eine ästhetische<br />

Bedeutung, sofern man die durch andere gesetzte und auf Schildern<br />

kommunizierte Bedeutungszuweisung versteht. Andererseits kann sie auch<br />

als Picknickfläche verstanden und auf diese Weise in Wert gesetzt werden.<br />

Geographien werden durch Sinngebung über menschliches Handeln gemacht<br />

(vgl. Werlen 1995: 189–190). Bedeutungszuweisung an das Physisch-Materielle<br />

ist Raumaneignung.<br />

Die soziale Durchsetzung von Bedeutungen wird über deren Kommunikation,<br />

insbesondere über Kommunikation mittels Geomedien, erleichtert und<br />

gesichert (vgl. Lefebvre 1993: 32–33). Räumliche Repräsentationen suggerieren<br />

so nicht nur die Machbarkeit einer potentiellen Ausgestaltung, sie hauchen<br />

dieser als Grundlage des umsetzenden Handelns durch ihren dezidierten<br />

Ortsbezug Realität ein. Sinngebungen und daran gebundene Regeln werden<br />

reifiziert, scheinbar natürlicherweise mit dem physisch-materiellen Ding verwoben<br />

und in der Wahrnehmung selbst zu einem Ding, einem unumstößlichen<br />

Fakt. Aus relationalen, subjektiven und sozial konstruierten Räumen<br />

werden absolute Räume mit eindeutigen Bedeutungen.<br />

Reifikationspotential haben meist solche Deutungen, die von ohnehin schon<br />

als glaubwürdig eingestuften Institutionen produziert werden. Diese Glaubwürdigkeit<br />

überträgt sich auf die von ihnen gesetzten Deutungen. Beispielsweise<br />

wirken von der Stadtverwaltung bereitgestellte Planungskarten dank<br />

der politischen Legitimation der Institution und der professionellen Glaubwürdigkeit<br />

des Planungsbüros vertrauenswürdig und wahr. Nach de Certeau<br />

wird solcherart Bedeutungsproduktion als strategische Praktik bezeichnet<br />

(vgl. De Certeau 1988: 87).<br />

Finden Umdeutungen spontan, intuitiv, punktuell und nicht bewusst kommuniziert<br />

statt, so spricht man von taktischen Praktiken (vgl. De Certeau 1988:<br />

89). Die Produziertheit der dominanten Regeln wird nicht hinterfragt, man-<br />

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