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Egbert Daum Subjektive Kartographien und Subjektives Kartographieren – Ein Überblick Karten stellen modellhafte Repräsentationen der umgebenden Realität dar. Indem sie komplexe Wirklichkeit erfassen und reduzieren, sind Karten ein bedeutsames Medium der Orientierung und Kommunikation. Für Geographen und den Geographieunterricht bedeuten sie das Leitmedium schlechthin – eine Quelle unverzichtbarer, scheinbar verlässlicher Information über das Aussehen der Welt. Inzwischen jedoch haben Karten ihre Aura des „Objektiven“ eingebüßt, und zwar auf dem Hintergrund von kartographischen Praxen, die einerseits Karten kritischer als bislang üblich analysieren bzw. „dekonstruieren“ (vgl. z. B. Crampton, Krygier 2006, Harley 1989, Gryl 2009) und die anderseits durch eigenes konstruktives Tun „subjektive“ Landkarten hervorbringen (vgl. etwa Lutz, Behnken, Zinnecker 1997; Deinet, Krisch 2002: 141, Daum 2010). Für eine subjektorientierte Kartographie ergeben sich infolge dessen in Schule und Unterricht zahlreiche Chancen, vor allem hinsichtlich einer stärker individualisierenden, auf sozialräumlichen Alltagspraxen beruhenden Lernkultur. Auch die Konkretisierung von geographischen Bildungsstandards und Kompetenzen könnte hiervon profitieren. 1 Verfremdung, Satire, Propaganda und Fälschung The Great Bear ist eine im Internet leicht auffindbare Lithographie des Künstlers Simon Patterson aus dem Jahr 1992. Auf den ersten Blick erkennt man den allseits bekannten Plan der Londoner U-Bahn, auf den zweiten Blick erfährt man, dass jede U-Bahnlinie eine bestimmte Gruppe von Leuten repräsentiert, so z. B. Filmschauspieler, Komponisten, Fußballer, Heilige, Philosophen, Entdecker und Erfinder. Indem Patterson eine seriöse Karte ironisch 11

umdeutet und verfremdet, stellt er den Anspruch von Karten als Quelle seriöser Information in Frage. Ähnlich krempelte 1970 der zwölfjährigere Australier Stuart McArthur etablierte Sehgewohnheiten um, indem er die Weltkarte einfach auf den Kopf stellte, sein Heimatland ganz oben in die Mitte positionierte und es so aus seiner stigmatisierten Randlage befreite. Australien gilt scherzhaft als „down under“. McArthur’s Universal Corrective Map of the World wurde auch ein kommerzieller Erfolg (vgl. Schneider 2006: 64 sowie weitere Beispiele unter http://flourish.org/upsidedownmap/mcarthur-large.jpg). Abb. 1 Katastrophenkontinent Afrika (Luis Murschetz, Die Zeit, Nr. 33, 1992, S. 5) In Karikaturen werden topographische Elemente gern satirisch benutzt. Wegen seiner Einprägsamkeit kommt der italienische Stiefel, oft mit humorvollem Akzent versehen, mit am häufigsten zum Zuge. Düstere Perspektiven zeigen sich dagegen in einer Afrikadarstellung (Abb. 1). Nach der Wiedervereinigung Deutschlands fürchteten viele Briten, dass ein politisches Gleichgewicht in Europa ins Wanken geraten und die eigene Position in Europa 12

umdeutet und verfremdet, stellt er den Anspruch von Karten als Quelle seriöser<br />

Information in Frage.<br />

Ähnlich krempelte 1970 der zwölfjährigere Australier Stuart McArthur etablierte<br />

Sehgewohnheiten um, indem er die Weltkarte einfach auf den Kopf<br />

stellte, sein Heimatland ganz oben in die Mitte positionierte und es so aus<br />

seiner stigmatisierten Randlage befreite. Australien gilt scherzhaft als „down<br />

under“. McArthur’s Universal Corrective Map of the World wurde auch ein<br />

kommerzieller Erfolg (vgl. Schneider 2006: 64 sowie weitere Beispiele unter<br />

http://flourish.org/upsidedownmap/mcarthur-large.jpg).<br />

Abb. 1 Katastrophenkontinent Afrika (Luis Murschetz, Die Zeit, Nr. 33, 1992, S. 5)<br />

In Karikaturen werden topographische Elemente gern satirisch benutzt. Wegen<br />

seiner Einprägsamkeit kommt der italienische Stiefel, oft mit humorvollem<br />

Akzent versehen, mit am häufigsten zum Zuge. Düstere Perspektiven zeigen<br />

sich dagegen in einer Afrikadarstellung (Abb. 1). Nach der Wiedervereinigung<br />

Deutschlands fürchteten viele Briten, dass ein politisches Gleichgewicht<br />

in Europa ins Wanken geraten und die eigene Position in Europa<br />

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