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anzukündigen. Zudem lädt sie ihn zu einer privaten Aufführung ein, um ihre Werkwahl<br />
zu präsentieren.<br />
“Mardi 6 janvier<br />
« Monsieur<br />
‘J’attendais la bonne visite que vous aviez bien voulu me promettre, pour<br />
vous remercier de votre très gracieuse [sic] souvenir dans le feuilleton de<br />
Samedi. Vous seriez bien bon de ne pas oublier que je demeure hôtel des<br />
Italiens rue du Choiseul et que j’y suis toujours à 4h.<br />
‘Mon concert aura lieu Samedi 17, chez Erard voulez vous avoir l’extrême<br />
obligeance de l’annoncer comme vous seul savez annoncer les artistes ? Je<br />
voudrais bien vous jouer pour vous ce que je compte jouer dans mon<br />
concert.<br />
‘Pourrez vous trouver un long moment pour m’écouter ?<br />
‘Je vous salue Monsieur avec une affectueuse sympathie.<br />
M. Pleyel » 36<br />
Über die Frage, ob sie dem Adressaten durch ihre Einladung, die von ihr mit<br />
„un long moment“ beschrieben wird, dabei eventuell mehr Aufmerksamkeit<br />
geschenkt habe, oder ob es tatsächlich ausschließlich um ihr Programm gegangen<br />
sei, das sie elf Tage später vorhat, zu spielen, könne nur spekuliert werden. Sicher<br />
zeige der Brief aber, dass sie sich über die Notwendigkeit, die männlichen Kritiker<br />
„auf ihrer Seite zu haben“, bewusst gewesen sei. 37<br />
Diese seien beeindruckt darüber, dass sie das scheinbar Unmögliche möglich<br />
mache, indem sie männliche Charakterzüge annehme und gleichzeitig mit ihrem<br />
weiblichen Charme deutlich zeige, dass es irrelevant für die Musik sei, ob ein Mann<br />
oder eine Frau auf der Bühne am Klavier sitze. Während der Eintrag in Le Monde<br />
musicale 38 deutlich das Augenmerk auf ihre „maskuline verführerische Kraft“ legt<br />
und diese „Männlichkeit“ stärker betont, als es der männliche Artikel „un“ ausdrücken<br />
könne, benutze Henri Blanchard bewusst die weibliche Form, in dem er dem<br />
Wort „pianiste“ den bestimmten weiblichen Artikel „la“ voranstellt und sie als<br />
„la reine des pianistes séduisantes“ bezeichnet. 39<br />
Die Tatsache, dass Marie Pleyel männliche Charakterzüge zeige, ohne aufzuhören,<br />
mit ihrem weiblichen Charme zu reizen, sei – so Katharine Ellis – jedoch nicht im<br />
Sinne einer hermaphroditischen Darstellung zu verstehen, wie es beispielsweise von<br />
36 Marie Pleyel, zit. nach: Ellis (1997), S. 375f.; „Mein Herr, ich erwartete den netten Besuch, den<br />
Sie mir abstatten wollten, um Ihnen für Ihre freundliche Erwähnung im Feuilleton von Samstag zu<br />
danken. Sie werden sicher nicht vergessen, dass ich im Hôtel des Italiens rue du Choiseul wohne<br />
und dass ich dort immer um 4 Uhr bin. Mein Konzert findet am Samstag, dem 17. in der Salle<br />
Erard statt. Hätten Sie die außerordentliche Freundlichkeit, das Konzert so anzukündigen, wie nur<br />
Sie Künstler ankündigen können? Ich würde Ihnen gerne vorspielen, was ich auf meinem Konzert<br />
zu spielen gedenke. Werden Sie einen ‚ausgiebigen Moment’ finden können, um mir zuzuhören?<br />
Ich grüße Sie mit der größten Sympathie“ (Übersetzung J. K.).<br />
37 Ellis (1997), S. 376.<br />
38 Siehe S. 51.<br />
39 Ebd., S. 377.<br />
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