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Dass Marie Pleyel es offensichtlich versteht, ihren musikalischen Ausdruck zu<br />
dosieren, zeigt sich auch in der Rezension der Revue et Gazette musicale nach dem<br />
gemeinsamen Konzert mit Liszt, in der sie für ihre kontrollierte Leidenschaft gelobt<br />
wird. 23 Während ihrer Konzerte scheint sie somit das richtige Maß an „männlicher“<br />
Kraft und „weiblicher“ Grazie und Koketterie einzusetzen. Wie sie dabei auf ihr<br />
Publikum wirkt, so Katharine Ellis, sei ihr dabei bewusst:<br />
“Pleyel had her effect on the audience in mind, but not to the detriment of<br />
poetic interpretation, which she understood and felt sincerely. As a performer,<br />
her “manly” qualities of control were thus multiple, extending to<br />
her own emotion, her technique, and her listeners (including her critics).” 24<br />
Ihre „Kontrolle“ geht auch deutlich aus einem Eintrag in Le Ménestrel hervor, in<br />
dem es heißt: „Rien de plus beau à voir et à entendre que M me Pleyel dominant<br />
l’orchestre des Italiens“. 25 Henri Blanchard betont in einem seiner Berichte, dass<br />
sie das Publikum gewinne, in dem sie es erobere. „Elle n’est pas péniblement<br />
affectée, elle ne fait pas d’agréables minauderies pour capter les suffrages; elle les<br />
conquiert“. 26<br />
Auffallend ist, dass eine Vielzahl der in den Zeitungen veröffentlichten Rezensionen<br />
Äußerungen über diese „Verschmelzung“ aus weiblichen und männlichen<br />
Charakterzügen beinhalten. So schreibt Henri Blanchard in der Revue et Gazette<br />
musicale: „Son talent est suave et doux en même temps qu’énergique“ 27 und an<br />
anderer Stelle: „Elle unit la force à la grâce“. 28 K. B. Miltitz berichtet in der Allgemeinen<br />
Musikalischen Zeitung, dass ihr „Vortrag ausdrucksvoll, obgleich mehr<br />
kräftig als weiblich zart und schmelzend“ 29 gewesen sei. Die Zeitung L’Écho du<br />
Nord betont ihren ergreifenden musikalischen Ausdruck sowie die Kraft und gleichzeitige<br />
Feinheit ihres Klavierspiels: „Sentiment profond de la phraséologie musicale,<br />
expression vraie et pathétique, vigueur et délicatesse“. 30 Ein weiteres Beispiel<br />
liefert François-Joseph Fétis, als er von ihrer energischen und dramatischen Spielweise<br />
spricht und von ihrem schlichten Reiz, mit dem sie die Werke vorgetragen<br />
habe.<br />
23 Revue et Gazette musicale (1839), S. 574.<br />
24 Ellis (1997), S. 374f.; „Pleyel wusste, wie sie auf das Publikum wirkte. Dies hatte allerdings keinerlei<br />
Auswirkung auf die poetische Interpretation, die sie spürte und mit der sie es verstand zu<br />
spielen. Als Künstlerin waren ihre ‚männlichen’ Fähigkeiten so vielfach, dass diese sich auf ihre<br />
eigenen Gefühle, ihre Technik und ihre Zuhörer (ihre Kritiker mit eingeschlossen) erstreckten“<br />
(Übersetzung J. K.).<br />
25 Le Ménestrel (1845), zit. nach: Ebd., S. 375; „Es gibt nichts Schöneres anzusehen und zu hören,<br />
wie M me Pleyel das Orchester der Italiener beherrscht“ (Übersetzung J. K.).<br />
26 Revue et Gazette musicale (1845), S. 38; „Sie ist nicht zwanghaft unnatürlich, nicht auf Effekthascherei<br />
aus, um Stimmen zu gewinnen; sie erobert diese“ (Übersetzung J. K.).<br />
27 Revue et Gazette musicale (1845), S. 105; „Ihr Talent ist lieblich, sanft und energisch zugleich“<br />
(Übersetzung J. K.).<br />
28 Ebd., S. 121; „Sie vereint Kraft und Anmut“ (Übersetzung J. K.).<br />
29 Allgemeine Musikalische Zeitung (1839), Sp. 985f.<br />
30 L’Écho du Nord, zit. nach: Revue et Gazette musicale (1848), S. 37; „Tiefes Gefühl der musikalischen<br />
Phraseologie, wahrer und ergreifender Ausdruck, Kraft und Feinfühligkeit“ (Übersetzung<br />
J. K.).<br />
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