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Pianistinnen, die ausschließlich „professionelles, männliches“ Repertoire spielten,<br />

würden dadurch selbst schnell als zu maskulin bezeichnet werden. Diejenigen, die<br />

sich lediglich auf „weibliches“ Repertoire beschränkten, würden niemals dieselbe<br />

Anerkennung, wie sie Marie Pleyel oder Wilhelmine Szarvády genießen, erfahren.<br />

18 Männliche Kritiker, die hingegen bestimmte Pianistinnen lobend erwähnen,<br />

würden dies tun, indem sie weniger deren Weiblichkeit betonten, sondern stattdessen<br />

versuchten, deren Status dem eines ehrenvollen und beruflich respektierten<br />

Mannes gleichzusetzen. 19<br />

Wie bereits auf S. 47 erwähnt, ist die Bewertung des Konzertauftritts von Pianistinnen<br />

im 19. Jahrhundert stark an ihre Körperhaltung am Klavier, ihren Gesichtsausdruck<br />

und ihre Körpersprache gebunden. Angemessene Haltung und Bewegungen<br />

während des Klavierspiels reichen zwischen 1830 und dem französisch-preußischen<br />

Krieg 1870/71 vom Ideal einer ruhigen, zurückhaltenden Bewegung der Arme, so<br />

wie es Kalkbrenner lehrte, bis zu gestischen Freiheiten, von Liszt zunächst eingeführt,<br />

später jedoch von ihm wieder abgelehnt. 20<br />

Pianistinnen sehen sich zu der Zeit, in der auch Marie Pleyel konzertiert, vor die<br />

Herausforderung gestellt, ein gewisses Maß an Ausdrucksstärke zu zeigen, um den<br />

Anforderungen an die Interpretation nachkommen zu können. Um dem damaligen<br />

Ideal der zurückhaltenden Frau jedoch weiterhin zu entsprechen, sei es gleichzeitig<br />

notwendig, kraftvollere Bewegungen zu zügeln, um weibliche Grazie und Schlichtheit<br />

zu erhalten und um nicht, wie im Falle der englischen Pianistin Lucy Anderson,<br />

als „klavierspielende Amazone“ bezeichnet zu werden, „weil sie mit ihren nervigten<br />

Armen recht derb dreinschlägt“. 21<br />

3.2 Marie Pleyel im Spiegel der Rezensionen<br />

Bei Betrachtung der Gesamtheit der Rezensionen über das Klavierspiel von Marie<br />

Pleyel während ihrer Konzerte fällt auf, dass die Resonanz überwiegend positiv<br />

ausfällt. Sie scheint ihren musikalischen Ausdruck den Erwartungen ihrer Zeitgenossen<br />

entsprechend kontrollieren zu können, wie auch aus dem Bericht des Allgemeinen<br />

Musikalischen Anzeigers 1839 hervorgeht. Sie habe die Musik „geistreich,<br />

belebt und belebend, energisch und feurig“ vorgetragen, „ohne die dem zarten<br />

Geschlechte streng sondernd gezogenen Gränzmarken zu überschreiten“. 22<br />

Lächeln unterdrücken, wenn ich höre, wie all die eleganten ‚Proleten’ der Salongesellschaft die<br />

Tiefgründigkeit, die Originalität, die Genialität dieser Blumenhändlerinnen und Kleidermacherinnen<br />

darlegen, deren Stil sich wie ihre Nähte auflöst, deren Ausdruck gekünstelt ist und die sich<br />

selbst die Aura erweckter Propheten geben, wenn sie die Orakel der Götter wie Beethoven, Mendelssohn<br />

usw. übersetzen“ (Übersetzung J. K.).<br />

18 Ellis (1997), S. 383.<br />

19 Ellis (1997), S. 371f.<br />

20 Ellis (1997), S. 372.<br />

21 Allgemeine Musikalische Zeitung (1835), zit. nach: Hoffmann (1991), S. 111.<br />

22 Allgemeiner Musikalischer Anzeiger (1839), zit. nach: Hoffmann (1991), S. 111f.<br />

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