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Im August desselben Jahres wird Marie Pleyel durch den Papst zum „außerordentlichen Mitglied der Academie der heiligen Cäcilie in Rom ernannt“. 109 Während einer weiteren Englandreise wählt sie für ihren ersten Auftritt in London mit der New Philharmonic Society unter der Leitung von H. Berlioz abermals Webers Konzertstück in f-Moll. Kritiker bezeichnen sie als “incontestably the best pianist in Europe […]. Her style is full of fire and impetuosity contrasted, when necessary, by the greatest delicacy and refinement […]. We have heard the majority of the renowned ‘virtuosi’, from Liszt and Litolff to the late Madame Dulcken, attempt the Concertstück of Weber, but not one of them ever entered into it heart and soul, and (without taking liberties with the text), executed it with such perfection as Madame Pleyel. She plays it, as she does everything else, from memory, and with so much ease and nonchalance that her performance but for the symmetrical beauty of the composition itself, would have all the appearance of a masterly improvisation.” 110 Die Reise führt sie weiter nach Edinburgh, wo sie mit großer Begeisterung empfangen wird, und nach New-Castle, wo sie vor „der zahlreich versammelten Aristokratie der hiesigen Nachbarschaft ein sehr besuchtes Concert“ 111 gibt. In den Jahren zwischen 1846 und 1855 besucht Marie Pleyel London insgesamt viermal. Bei ihrem Programm habe sie sich, so schreibt Therese Ellsworth, auf Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll, mit einer Kadenz ihres früheren Lehrers Moscheles, Mendelssohns Klavierkonzert Nr. 1 in g-Moll und Webers Konzertstück in f-Moll beschränkt. 112 Nach ihrer Englandreise 1852 kehrt sie nach Brüssel zurück, um ihre Arbeit am Konservatorium wieder aufzunehmen. Im März beteiligt sie sich an einem großen Konzert für eine religiöse Stiftung in Paris und beeindruckt unter anderem mit Les Souvenirs du Prophète von Liszt, Le Réveil des Fées op. 41 von Prudent und der Tarantella von Rossini. Das Publikum habe mit Begeisterung applaudiert. Es sei 109 Neue Zeitschrift für Musik (1852) II, S. 93. 110 Musical World (1852), S. 275f., zit. nach: Ellsworth (2003), S. 38f.; „unbestreitbar the best pianist Europas [das Geschlecht geht aus dem Englischen nicht hervor; denkbar ist aber, dass die männliche Form gemeint ist, wie der Kontext verdeutlicht] […]. Ihr Stil ist feurig und ungestüm, und, wenn nötig, auch das Gegenteil: filigran und raffiniert […]. Wir haben die meisten renommierten ‚virtuosi’ gehört, von Liszt und Litolff bis zur verstorbenen Madame Dulcken, wie sie sich an dem Concertstück von Weber versuchten, aber niemand von ihnen hat es je mit Herz und Seele durchdrungen und (ohne den ‚Text’ [das Original] zu verändern) es mit solcher Perfektion gespielt wie Madame Pleyel. Sie spielt es, wie sie auch alles andere tut, aus dem Gedächtnis, und mit soviel Leichtigkeit und nonchalance, dass ihr Spiel allein, von der symmetrischen Schönheit der Komposition selbst abgesehen, den Charakter meisterhaften Improvisation hatte“ (Übersetzung J. K.). Mit „Madame Dulcken“ ist Louise Dulcken geb. David (1811–1850) gemeint, seit 1837 Hofpianistin der Queen Victoria. 111 Neue Berliner Musikzeitung (1853), S. 87. 112 Ellsworth (2003), S. 39. 31

ergriffen gewesen von ihrer Spielweise, die sich durch einen hohen Grad an Poesie und einer glänzenden Technik ausgezeichnet habe. 113 Im September 1855 gibt Marie Pleyel ein Konzert in der Salle Herz in Paris, das sie mit Ausschnitten aus einem Klavierquartett von Mendelssohn eröffnet. Das Programm sei von ihr lediglich als „Klaviersolo in zwei Teilen“ angekündigt gewesen. Durch diese Bezeichnung habe sie sich völlig frei ausleben und durch den Moment und die Erinnerung inspirieren lassen können. Das Andante aus dem Klavierkonzert Nr. 5 op. 180 von Henri Herz mit einem „halben“ Orchester und einem zweiten Klavier, das anstelle der Blasinstrumente eingesetzt wurde, habe Marie Pleyel die Möglichkeit gegeben, zu zeigen, dass sie auch diese Art von Musik, „la musique écrite sagement“, 114 vorzutragen wisse; eine Ausführung, die sich durch einen ruhigen, sanften, klaren und feierlichen Stil beschreiben ließe. Während desselben Konzerts tritt auch ihre Tochter als Sängerin auf. Mademoiselle Marie Pleyel, wie sie Henri Blanchard in der Revue et Gazette musicale nennt, habe eine schöne Sopranstimme, die sie als herausragende Musikerin einzusetzen wisse. 115 Hinweise auf mögliche weitere gemeinsame Konzerte von Tochter und Mutter lassen sich nicht finden. Am 6. Januar 1856 meldet die Zeitung La France musicale den unerwarteten Tod von Marie Pleyels Tochter im Alter von nur 24 Jahren. 116 Aufgrund dieses Trauerfalls sei Marie Pleyel gezwungen gewesen, ihre für denselben Monat geplante Tournee für einige Zeit zu verschieben. 117 Marie Pleyel nimmt ihre Konzerttätigkeit wieder auf, wie aus La France musicale im April 1856 hervorgeht. Ihre viermonatige Reise, die Marie Pleyel in der westfranzösischen Stadt Angoulème beginnen wolle, werde sie weiter nach Bordeaux, Bayonne, Toulouse und weitere Städte in Südfrankreich führen. Auch in Genf, Aixles-Bains, Lyon, Dijon und anschließend im Norden Frankreichs in Metz, Nancy und Strasbourg werde sie konzertieren. 118 Nach dieser Tournee begibt sich Marie Pleyel auf eine Kunstreise in die Schweiz, nach Italien und Deutschland und eröffnet diese mit einem Konzert in Genf. Anschließend ist sie in Vevey, Lausanne, Bern, Zürich, Luzern und Basel zu hören, wo sie große Erfolge feiert und mit stürmischem Beifall bejubelt wird. 119 Über die Konzerte, die sie in Zürich gibt, berichtet die Neue Berliner Musikzeitung: „Noch gab Frau Pleyel aus Paris hier zwei Concerte, nachdem sie schon in Bern Furore gemacht hatte. Die anmuthige Dame ist allerdings vollendete 113 Revue et Gazette musicale (1854), S. 84. 114 Revue et Gazette musicale (1855), S. 299. 115 Revue et Gazette musicale (1855), S. 299. 116 Über das Geburtsjahr scheint keine Klarheit zu bestehen; die Revue et Gazette musicale spricht in dem Bericht über das gemeinsame Konzert von der 16- oder 17-jährigen Tochter, nach Kammertöns Eintrag müsste sie zum Zeitpunkt des Konzerts bereits 22 Jahre alt sein; diese Altersangabe würde mit der Altersangabe, die La France musicale zum Zeitpunkt ihres Todes ein Jahr später nennt, in etwa übereinstimmen. 117 La France musicale (1856), S. 7. 118 Ebd., S. 119. 119 Revue et Gazette musicale (1856), S. 402. 32

Im August desselben Jahres wird Marie Pleyel durch den Papst zum „außerordentlichen<br />

Mitglied der Academie der heiligen Cäcilie in Rom ernannt“. 109<br />

Während einer weiteren Englandreise wählt sie für ihren ersten Auftritt in London<br />

mit der New Philharmonic Society unter der Leitung von H. Berlioz abermals<br />

Webers Konzertstück in f-Moll. Kritiker bezeichnen sie als<br />

“incontestably the best pianist in Europe […]. Her style is full of fire and<br />

impetuosity contrasted, when necessary, by the greatest delicacy and refinement<br />

[…]. We have heard the majority of the renowned ‘virtuosi’,<br />

from Liszt and Litolff to the late Madame Dulcken, attempt the Concertstück<br />

of Weber, but not one of them ever entered into it heart and soul, and<br />

(without taking liberties with the text), executed it with such perfection as<br />

Madame Pleyel. She plays it, as she does everything else, from memory,<br />

and with so much ease and nonchalance that her performance but for the<br />

symmetrical beauty of the composition itself, would have all the appearance<br />

of a masterly improvisation.” 110<br />

Die Reise führt sie weiter nach Edinburgh, wo sie mit großer Begeisterung empfangen<br />

wird, und nach New-Castle, wo sie vor „der zahlreich versammelten Aristokratie<br />

der hiesigen Nachbarschaft ein sehr besuchtes Concert“ 111 gibt. In den Jahren<br />

zwischen 1846 und 1855 besucht Marie Pleyel London insgesamt viermal. Bei<br />

ihrem Programm habe sie sich, so schreibt Therese Ellsworth, auf Beethovens Klavierkonzert<br />

Nr. 3 in c-Moll, mit einer Kadenz ihres früheren Lehrers Moscheles,<br />

Mendelssohns Klavierkonzert Nr. 1 in g-Moll und Webers Konzertstück in f-Moll<br />

beschränkt. 112<br />

Nach ihrer Englandreise 1852 kehrt sie nach Brüssel zurück, um ihre Arbeit am<br />

Konservatorium wieder aufzunehmen. Im März beteiligt sie sich an einem großen<br />

Konzert für eine religiöse Stiftung in Paris und beeindruckt unter anderem mit Les<br />

Souvenirs du Prophète von Liszt, Le Réveil des Fées op. 41 von Prudent und der<br />

Tarantella von Rossini. Das Publikum habe mit Begeisterung applaudiert. Es sei<br />

109 Neue Zeitschrift für Musik (1852) II, S. 93.<br />

110 Musical World (1852), S. 275f., zit. nach: Ellsworth (2003), S. 38f.; „unbestreitbar the best pianist<br />

Europas [das Geschlecht geht aus dem Englischen nicht hervor; denkbar ist aber, dass die männliche<br />

Form gemeint ist, wie der Kontext verdeutlicht] […]. Ihr Stil ist feurig und ungestüm, und,<br />

wenn nötig, auch das Gegenteil: filigran und raffiniert […]. Wir haben die meisten renommierten<br />

‚virtuosi’ gehört, von Liszt und Litolff bis zur verstorbenen Madame Dulcken, wie sie sich an dem<br />

Concertstück von Weber versuchten, aber niemand von ihnen hat es je mit Herz und Seele durchdrungen<br />

und (ohne den ‚Text’ [das Original] zu verändern) es mit solcher Perfektion gespielt wie<br />

Madame Pleyel. Sie spielt es, wie sie auch alles andere tut, aus dem Gedächtnis, und mit soviel<br />

Leichtigkeit und nonchalance, dass ihr Spiel allein, von der symmetrischen Schönheit der Komposition<br />

selbst abgesehen, den Charakter meisterhaften Improvisation hatte“ (Übersetzung J. K.). Mit<br />

„Madame Dulcken“ ist Louise Dulcken geb. David (1811–1850) gemeint, seit 1837 Hofpianistin<br />

der Queen Victoria.<br />

111 Neue Berliner Musikzeitung (1853), S. 87.<br />

112 Ellsworth (2003), S. 39.<br />

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