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sie die Fantasie von Prudent über Themen aus der Jüdin vorgetragen habe. Bei diesem<br />
Stück habe es ihr an Nerven, Schärfe und an dem Schwung, der das Publikum<br />
bis zur letzten Kadenz begleiten müsse, gefehlt. „Il nous a semblé aussi que dans les<br />
passages de simple accompagnement, la main gauche ne relevait pas assez la note<br />
forte de la mesure.“ 96<br />
Kurze Zeit später kommt es in Frankreich zu politischen Unruhen, die zur Februarrevolution<br />
führen. Ein Konzert von Marie Pleyel, das nach den Kämpfen zwischen<br />
Aufständischen und königlichen Truppen zugunsten der Verwundeten stattfinden<br />
soll, wird aufgrund der Ereignisse von Ende Februar auf Anfang März 1848 verschoben.<br />
97 Zum wiederholten Mal wird sie mit den großen Pianisten ihrer Zeit verglichen.<br />
Das Klavier würde unter ihren Fingern eine andere Sprache sprechen, die<br />
von ihr vorgetragenen Stücke bekämen durch sie einen neuen Sinn.<br />
« Madame Pleyel a un style, et le style, comme chacun sait, est le résultat<br />
direct de la pensée, du sentiment et du mécanisme. Qui possède l’un des<br />
ces trois agents merveilleux ne possède pas toujours les autres ; jamais artiste<br />
ne les a réunis à un plus haut degré d’énergie que madame Pleyel. » 98<br />
Auf einem weiteren Wohltätigkeitskonzert zugunsten der Verwundeten tritt Marie<br />
Pleyel gemeinsam mit dem norwegischen Violinisten Ole Bull auf. Dies sei ein<br />
Konzert gewesen, so der Berichterstatter der Neuen Zeitschrift für Musik,<br />
„in welchem das Programm kleinlicher Koketterien auf der einen Seite<br />
und beabsichtigter genialer Lächerlichkeiten auf der anderen recht grell<br />
und widerlich abstachen gegen den Ernst des Augenblicks, und in hohem<br />
Grade die Würde der Kunst verletzten. Wie lange es gedauert, weiß ich<br />
nicht: ich konnte es nicht lange darin aushalten und ging mit empörtem<br />
Gefühl tief betrübt nach Haus.“ 99<br />
Deutlich wird, dass aus Sicht des Kritikers das Programm nicht zum Anlass gepasst<br />
habe. Er fügt hinzu, dass ein Eroica-Trauermarsch oder ein Requiem bezogen auf<br />
die jüngsten Ereignisse die „einzig mögliche und erträgliche Musik“ 100 gewesen<br />
wäre.<br />
Etwa ein Jahr nach den revolutionären Aufständen konzertiert Marie Pleyel in<br />
Brüssel. Auf ihrem Programm stehen neben dem Septett in d-Moll von Hummel<br />
und Webers Konzertstück in f-Moll auch der zweite Satz (Larghetto) aus dem zweiten<br />
Klavierkonzert in f-Moll op. 21 von Chopin. Obwohl selten vorgetragen, so<br />
96 Ebd., S. 60f.; „Es erschien uns auch, dass die linke Hand in den Passagen leichter Begleitung die<br />
betonte Note des Taktes nicht genug hervorhob“ (Übersetzung J. K.).<br />
97 Revue et Gazette musicale (1848), S. 68.<br />
98 Revue et Gazette musicale (1848), S. 77; „Madame Pleyel hat eine ganz bestimmte Ausdrucksweise<br />
und diese, wie jeder weiß, ist das direkte Ergebnis des Gedankens, des Gefühls und der<br />
Technik. Wer eine dieser drei wundervollen Eigenschaften besitzt, besitzt nicht immer die anderen;<br />
niemals hat ein Künstler sie mit größerer Energie vereint als Madame Pleyel“ (Übersetzung J. K.).<br />
99 Neue Zeitschrift für Musik (1849), S. 114.<br />
100 Ebd.<br />
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