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Nr. 4/2012 - Magazin Humanité

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konkret<br />

Kurz befragt<br />

Christine<br />

Rutschmann<br />

Die Programmverantwortliche<br />

des SRK für Osteuropa ist<br />

ausgebildete Pflegefachfrau<br />

und hat einen Master in Public<br />

Health. Die 52-Jährige arbeitet<br />

seit 1990 fürs SRK und hat<br />

eine 15-jährige Tochter.<br />

Wie erleben Sie Weissrussland?<br />

Die Bevölkerung ist zurückhaltend,<br />

aber enorm gastfreundlich und stolz.<br />

Sogar die Ärmsten würden ihrem Gast<br />

eine Suppe kochen und niemals zugeben,<br />

dass sie zu wenig für sich haben.<br />

Nach der Wirtschaftskrise 2008 hat<br />

die Armut sehr stark zugenommen. Einige<br />

müssen sich im Winter sogar entscheiden<br />

zwischen Heizen oder Essen.<br />

Ihr Glaube, die Kolleginnen<br />

vom Roten Kreuz und<br />

Gutes tun für die Schwächsten<br />

– das alles gibt der<br />

Rotkreuz-Freiwilligen<br />

Nina Shumik Energie und<br />

Lebensfreude<br />

Jahre als Serviceangestellte im selben<br />

Restaurant, worauf sie besonders stolz<br />

ist. Als junge Frau verbrachte sie einige<br />

Jahre im benachbarten Polen, wo noch<br />

zwei ihrer Geschwister leben. Die Melodie<br />

in ihrer Stimme führt daher, dass<br />

ihre weissrussische Muttersprache noch<br />

«Wir verleihen unserem eigenen<br />

Leben einen tieferen Sinn.»<br />

heute mit polnischen Ausdrücken ausgeschmückt<br />

wird, wie uns die Übersetzerin<br />

verrät. Wie bei allen älteren Menschen<br />

hier ist der Zweite Weltkrieg, unter dem<br />

sowohl Weissrussland wie auch Polen<br />

besonders stark litten, in ihrer Erinnerung<br />

stark präsent.<br />

Letzter Sonnenstrahl<br />

Doch es ist nicht nur die Erinnerung an die<br />

schwere Kriegszeit, welche die beiden<br />

Frauen verbindet. Nina Shumik bringt<br />

auch die Welt und den Alltag von aussen<br />

in die Stube von Yva-Everina Yoch. Sie haben<br />

ein Vertrauensverhältnis aufgebaut.<br />

«Die langen Tage und schlaflosen Nächte<br />

sind einsam und der Besuch von Nina<br />

ist ein Lichtblick», sagt die hochbetagte<br />

Frau. Dazu gehören das Gespräch beim<br />

Tee ebenso wie die Handreichungen von<br />

Nina Shumik im Haushalt oder die Pflege<br />

des kleinen Blumengartens vor dem Fenster,<br />

an dessen Anblick sich Yva-Everina<br />

Yoch im Sommer täglich erfreut. Sie öffnet<br />

das Fenster ihrer Wohnung im ersten<br />

Stock und zeigt auf die blühenden Sonnenblumen.<br />

Schon bald werden sie verwelken<br />

und damit an die Vergänglichkeit<br />

des Lebens erinnern.<br />

Dank dem Einsatz von unermüdlichen<br />

Babuschkas wie Nina Shumik wird der<br />

letzte Lebensabschnitt von Yva-Everina<br />

Yoch und vielen anderen, die ein entbehrungsreiches<br />

Leben hinter sich haben,<br />

doch noch von einem Sonnenstrahl berührt.<br />

➥ redcross.ch/weissrussland<br />

Die politische Situation ist umstritten.<br />

Warum engagiert sich<br />

das SRK?<br />

Wir unterstützen das Weissrussische<br />

Rote Kreuz, das über zu wenig finanzielle<br />

Mittel verfügt und keine Spenden<br />

sammeln kann. Das SRK bringt sein<br />

Wissen ein. Nicht nur die Ausbildung<br />

von professionellen Pflegepersonen ist<br />

uns ein Anliegen, sondern auch die<br />

Freiwilligenschulung. Das ist dringend<br />

nötig. 20% der Bevölkerung wären auf<br />

Sozialhilfe angewiesen. Es gibt über<br />

eine halbe Million Behinderte und genau<br />

so viele alte Alleinstehende. Sie<br />

sind sich oft selbst überlassen.<br />

Erreichen Sie genug?<br />

Es ist kein Tropfen auf den heissen<br />

Stein, eher eine Lawine, die wir auslösen.<br />

Es geht darum, dem Staat zu<br />

beweisen, wie er mit einfachen Mitteln<br />

die Situation verbessern kann. Es gibt<br />

Dörfer, wo nur noch alte Menschen<br />

zurückgeblieben sind. Sie sind es sich<br />

nicht gewohnt, Unterstützung anzunehmen.<br />

Wir wollen zeigen, was Hilfe zur<br />

Selbsthilfe bewirkt. Vereinsamte Menschen<br />

werden häufiger krank, aber<br />

gegenseitige Unterstützung wirkt sich<br />

positiv auf die Gesundheit aus. Unser<br />

Ziel ist es, ein Netzwerk aufzubauen.<br />

<strong>Humanité</strong> 4/<strong>2012</strong> 27

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