Stefan Sudmann - Dülmener Heimatblätter
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Seide für den König – Seide für den Führer: Die erfolglosen Bestrebungen zur . . . 41<br />
Nationalsozialismus: Fallschirmseide im Zweiten Weltkrieg<br />
Fast 80 Jahre später, zur Zeit des Nationalsozialismus, wurde der Seidenbau jedoch wieder<br />
Thema für die Kommunalverwaltung, als es galt, Fallschirmseide für die Luftwaffe zu<br />
produzieren. 4 Wie im Jahrhundert zuvor spielten auch nun erneut die Schulen eine wichtige<br />
Rolle. Die Seidenraupenzucht sollte eingebettet in die gesamte – nationalsozialistische –<br />
Erziehung und Kriegspropaganda: Der „Rohstoff Seide“, so hieß es, sei „für unsere<br />
Wehrmacht nicht zu ersetzen“; es gelte, „den Seidenbau im Interesse unserer Luftwaffe zu<br />
fördern“. Das Interesse der Schulkinder an diesem Thema sollte durch die Darstellung<br />
der Fallschirmjäger als „schneidige Truppe“ geweckt werden. Das Gesamtziel unter<br />
dem Slogan „Wir wollen unserer Luftwaffe helfen“ sollte durch mehrere im Lehrplan<br />
aufgeführte Teilziele erreicht werden, die darin bestanden, dass die Schulkinder lernen<br />
sollten, wie sie durch den Seidenbau die preiswertere Herstellung der teuren Fallschirme<br />
für die Luftwaffe unterstützen konnten. 5<br />
Anfang März 1939 rief im Zuge dieser Bestrebungen das Landratsamt in Coesfeld über<br />
die Lokalpresse die hiesigen Schulen zur Mitarbeit an dem großen Projekt des Seidenbaus<br />
auf, das – so die Darstellung in der <strong>Dülmener</strong> Zeitung – in anderen Regionen bereits<br />
Erfolge verzeichnen konnte. 6 Im <strong>Dülmener</strong> Raum blieben in den kommenden Jahren die<br />
Erfolge allerdings wie bereits im Jahrhundert zuvor aus.<br />
Beteiligung der Schulen im Amt Dülmen<br />
Anfang Juli 1939 wies der Regierungspräsident die Landräte zur verstärkten Durchführung<br />
von Maulbeerpflanzungen als Voraussetzung des Seidenbaus an, da die „Ausdehnung des<br />
Seidenbaues“ als „eine zwingende Notwendigkeit“ angesehen wurde. Gut zwei Monate<br />
später, kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde ausdrücklich betont, es sei aus<br />
„wehrwirtschaftlichen Gründen“ dringend geboten, „in grösserem Ausmaße als bisher<br />
Seidenbau zu treiben“. Der Coesfelder Landrat ersuchte deshalb im September 1939<br />
angesichts des Rückgangs des Seidenbaus und trotz der fehlenden Eignung der hiesigen<br />
Bodenverhältnisse zum Anbau von Maulbeerbäumen die Bürgermeister seines Kreises,<br />
„in jeder Weise den Anbau von Maulbeerbäumen zu fördern.“ Wie in anderen Teilen des<br />
Landes und bereits 1833 wurde hierbei vor allem den Schulen eine entscheidende Rolle<br />
zugewiesen.<br />
Im März bestellte die Schule in Börnste 100 Maulbeerpflanzen, die Schulen in Daldrup<br />
Dernekamp, Rödder, Visbeck und Welte sogar jeweils 150 Stück. Wie gut hundert Jahre<br />
zuvor war Hausdülmen am Seidenbau-Projekt nicht beteiligt. Als Grund wurde jetzt allerdings<br />
nicht das Fehlen einer entsprechenden Eignung des Lehrers, sondern des Fehlen von