Stefan Sudmann - Dülmener Heimatblätter
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22 Günter Scholz<br />
zwar, wo es Not tut Neues an, aber die Auswahl und das besonnene Benutzen des<br />
Alten scheint ihr Freude zu machen.“ 16<br />
Ein anderes Beispiel für die Not der armen Leute beschreibt Brentano in einem Brief<br />
an die Geschwister Diepenbrock nach dem Tod ihrer Mutter, Dezember 1823:<br />
„Zur Zeit der Krankheit eurer guten Mutter starb auch hier eine uns liebe Frau<br />
auf dem Stroh beinah ohne alle Bedienung; ihre Krankheiten mit dem armen stets<br />
arbeitenden Mann und auf ihr herumkriechenden kleinen kranken Kindern teilend<br />
in Not und Elend.“ 17<br />
Wie knapp damals selbst Papier war, zeigt der Umgang des Paters Limberg (Beichtvater<br />
der Anna Katharina) mit an Anna Katharina Emmerick gerichteten Briefen, den<br />
sogenannten „Gebetsbriefen“. Der Pater gebraucht die zerschnittenen Briefe als Fidibusse.<br />
Da es damals noch keine Streichhölzer gab, konnte man Feuer nur von Feuer nehmen, das<br />
geschah mit solchen Papierstreifen. Pater Limberg gebraucht sie zum Anzünden seiner<br />
Pfeife.<br />
„Während solchen Äußerungen zerschneidet er (Limberg) die merkwürdigsten<br />
Briefe von allerlei frommen Leuten an die Emmerick, die weder Lambert noch<br />
er gelesen, und sie auch nicht hat, worunter vielleicht meine und Christians und<br />
Luisen zu Fidibus. Und er versteht mich nicht, so ich ihm sage, ich habe mehrere<br />
solche Briefe gesammelt, sie sind Dokumente zur Geschichte dieser Person – er<br />
schneidet zu.“ 18<br />
Wie stark sich Brentano damals mit Dülmen identifiziert, zeigt ein Brief Brentanos an<br />
Caspar Niesing in Dülmen von der Silberhochzeit seines Bruders Franz in Frankfurt im<br />
August 1823.<br />
„Die Ausführung gelang vollkommen. Ich kommandierte im blauen westfälischen<br />
Kittel alle vornehmen Gäste und selbst die hohe versammelte Geistlichkeit und<br />
Schuldeputationen an Ort und Stelle.“ 19<br />
Kommentar: Brentano ist also stolz in dem einfachen westfälischen Kittel die kirchlichen<br />
und politischen Würdenträger zu empfangen, die sicher nach der damaligen Mode<br />
prächtig gekleidet waren.