26.10.2012 Aufrufe

Stefan Sudmann - Dülmener Heimatblätter

Stefan Sudmann - Dülmener Heimatblätter

Stefan Sudmann - Dülmener Heimatblätter

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Clemens Brentano in Dülmen 17<br />

viel besser, der Feind aber säe für diese erweiterte Fähigkeit täglich mehr Unkraut<br />

in den Weg und die Frömmigkeit und Tugend werde täglich geringer.<br />

Ich fand die Quelle der noch lebenden Sitteneinfalt und Andacht weit mehr in<br />

treuem Festhalten an dem überlieferten Glauben und der Tugend von frommen<br />

Voreltern her, in großer Achtung vor den Priestern und ihrem Segen, im fleißigen<br />

Kirchenbesuch und Gebrauch der Sakramente als in erweitertem Unterricht. Ich<br />

kann nicht vergessen, wie ich morgens ganz frühe neben einem Zaun hergehend,<br />

Kinderworte hörte und stillstehend lauschend ein zerlumptes Hirtenmädchen von<br />

etwa sieben Jahren hinter einigen Gänsen auf einer Wiese gehend sah mit einer<br />

Weidenrute in der Hand; es sagte mit unnachahmlicher Andacht und Wahrheit:<br />

‚Guten Morgen, lieber Herr Gott! Gelobt sei Jesus Christus und lieber Vater im<br />

Himmel! Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnaden: Ich will gut sein, ich will fromm<br />

sein. Alle liebe Heilige, alle heilige Engel: ich will gut sein. Ich habe ein Stück Brot,<br />

das esse ich; für das liebe Brot danke ich. Ach, helft mir auch, dass mir die Gänse<br />

nicht ins Getreide laufen und dass kein böser Junge eine tot wirft. Helft mir doch,<br />

ich will ein gutes Kind sein, lieber Vater im Himmel!‘ Dieses Gebet hatte gewiss<br />

aus alter, überlieferter Hausandacht das arme Kind sich selbst zusammengesucht;<br />

schwerlich würde ein neuer Schullehrer sein Gebet gewürdigt haben.<br />

Wenn ich die häufig geringe Wissenschaftlichkeit und bäurische Sitte der Priester<br />

bei ihrer gewissenhaften Frömmigkeit, wenn ich die große Vernachlässigung der<br />

Ordnung, Zierde und Reinlichkeit in vielen Kirchen und manche Nachlässigkeit im<br />

Anstande des Gottesdienstes erwäge, wenn ich bedenke, dass alles Volk plattdeutsch<br />

redet und dass Unterricht und Predigt hochdeutsch gehalten werden und darum<br />

schwer ganz zu Herzen gehen, wenn ich die sehr einfältige, rohe Erziehung der<br />

meisten Kinder betrachte und bei allem diesem die Reinheit, Unschuld, Tüchtigkeit,<br />

den frommen Glauben und geraden verstehenden Sinn der geringsten dieser Leute<br />

für manche tieferen Dinge täglich erfahre, so fühle ich recht lebhaft, dass der<br />

Herr und seine Gnade, mehr als in Wort und Schrift, lebendig bei seiner Kirche<br />

ist, nämlich wesentlich und lebendig mit schöpferischer Kraft in seinen Heiligen<br />

Sakramenten, die fortgesetzt ewig neu da sind durch die von ihm aus von Hand<br />

zu Hand übergebene wundervolle heilige Kraft der Priesterweihe. Die Kirche, ihr<br />

Segen, ihre Heil-, Heiligungs- und Wunderkraft ist da und besteht fest wie die<br />

Natur und wird die Natur überleben, denn sie ist eine Kraft und keine Schöpfung<br />

Gottes, und davon empfangen alle, die an Jesu und seiner Kirche Wort glauben.“ 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!