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Stefan Sudmann - Dülmener Heimatblätter

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16 Günter Scholz<br />

die Kühe nach Haus gehen zu sehen, welche mit großer Freude von dem Kinde<br />

begrüßt werden. Ich esse auch mit diesen lieben Menschen und befinde mich in<br />

dieser Hinsicht besser als je.“ 8<br />

Über Bildung und Sittlichkeit schreibt Brentano:<br />

„Im allgemeinen ist die Frömmigkeit und Sittenreinheit im Münsterlande noch so<br />

groß, dass mir ein Priester beteuerte, höchst selten komme ihm eine Versündigung<br />

zwischen den beiden Geschlechtern im Beichtstuhl vor, und wenn es der Fall sei,<br />

wäre wohl schon geschehen, dass die Schuldigen laut weinend in den Beichtstuhl<br />

gestürzt seien und sich im Eifer der Reue so laut angeklagt hätten, dass Gefahr<br />

gewesen sei, alle Umstehenden vernähmen ihr Vergehen.<br />

Die guten Leute haben diese Treue gegen Gott und seine Heilsanstalt nicht sowohl<br />

dem Wissen als dem Gewissen und der gläubigen Teilnahme an den Heilsmitteln<br />

der katholischen Kirche zu verdanken. Ich habe die heilige Schrift bei keinem Laien<br />

gefunden, man hört keine Bibelsprüche sprechen, aber man sieht ihre Lehre üben.<br />

Die frommen Bauern und ihr treues katholisches Kirchenleben sind die Bibelstellen<br />

selbst. Ein den Anforderungen der Zeit mehr entsprechender Volksunterricht<br />

begann erst in der lebenden Generation durch die Bildung der Schullehrer und<br />

-lehrerinnen in Overbergs Schule, der im ganzen Lande wie ein Vater und Heiliger<br />

verehrt wird. Ich bin niemand begegnet, der nicht für die Arbeiten Overbergs<br />

höchst dankbar gewesen wäre, aber auch niemand, der mir beteuert hätte, die<br />

Leute seien frömmer dadurch geworden als ihre Voreltern. Alle waren durch seine<br />

große Einfalt und heiligmäßige Andacht und Menschenfreundlichkeit weit mehr<br />

gerührt als für seine Werke begeistert; der fromme Mann gab seinen Werken den<br />

Segen. Die Kranke selbst (Anna Katharina), deren höchstes Priester- und Freundesideal<br />

Overberg ist, hat mir öfter geäußert, dass sie oft fühle und in Gesichten<br />

sehe, wie die alten, armen, mühseligen Dorfschullehrer, welche, um zu leben, dabei<br />

schneidern mussten, mehr Segen zu frommer Kinderzucht gehabt hätten als die<br />

neuen abgerichteten Lehrer und Schuljuffern, die sehr häufig durch das bestandene<br />

Examen eine kleine Eitelkeit gewönnen. Ein jedes Werk besitze ein gewisses Maß<br />

des Fruchtens; sobald aber der Lehrer einen Wohlgeschmack, ein Selbstgefühl an<br />

seinem Werk genieße, so verzehre er einen Teil von dessen Segen für sich selbst<br />

und so sei es oft jetzt der Fall, ohne dass man es äußerlich gerade merke. Die<br />

Lehrerinnen fühlten: ‚Wir lehren gut‘, die Kinder: ‚Wir lernen gut‘, die Eltern<br />

freuten sich über die gelehrten, klugen Kinder, in allen entstehe ein Streben, noch<br />

mehr nach außen zu glänzen und um sich zu greifen. Lesen und Schreiben gehe

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