Fall: „Der hilfsbereite Spaziergänger“ Spaziergänger T beobachtet ...
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BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />
11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 5 von 8<br />
Voraussetzungen an das Wollen des „Verteidigers“ stellen würde 1 , so<br />
wären auch diese hier erfüllt.<br />
Zwischenergebnis: Ein Erlaubnistatumstandsirrtum liegt vor, da – legt man<br />
T´s Vorstellung und Zwecke zugrunde – T gem. § 32 gerechtfertigt wäre.<br />
[Nachdem festgestellt ist, dass ein Erlaubnistatumstandsirrtum vorliegt, müssen die einzelnen<br />
Theorien 2 erörtert werden. Wesentlich ist dabei insbesondere, den Kernpunkt der<br />
Auseinandersetzung herauszuarbeiten: Ist § 16 StGB (direkt oder analog) oder § 17 StGB auf<br />
den Erlaubnistatumstandsirrtum anzuwenden? <strong>Fall</strong>s man sich für eine Theorie entscheidet,<br />
die in irgendeiner Weise § 16 anwendet, darf keinesfalls die Prüfung der entsprechenden<br />
Fahrlässigkeitstat vergessen werden (falls diese existiert!) ]<br />
2. Behandlung des Erlaubnistatbestandsirrtums<br />
Es ist umstritten, wie der Erlaubnistatbestandsirrtum zu behandeln ist.<br />
a) Strenge Schuldtheorie<br />
Der Erlaubnistatumstandsirrtum ist kein Irrtum über<br />
Tatbestandsmerkmale und auch nicht wie dieser zu behandeln. Es handelt<br />
sich vielmehr um einen Verbotsirrtum; § 17 StGB kommt zur Anwendung.<br />
Nur bei Unvermeidbarkeit des Erlaubnistatumstandsirrtums entfällt daher<br />
die Schuld.<br />
Hier: T handelte wegen Vermeidbarkeit seines Irrtums schuldhaft, da er<br />
nach Lage der Dinge nicht von einem Überfall ausgehen konnte (Arg.:<br />
Fernsehkamera und Team o.ä. für T sichtbar, anders ev. bei „Privatprobe“).<br />
Hiernach wäre T grundsätzlich aus § 224 I StGB strafbar (Strafrahmen von<br />
6 Monaten bis 10 Jahren).<br />
[Im Rahmen der Strafzumessung müsste das Gericht allerdings abwägen, ob wegen des<br />
Erlaubnistatbestandsirrums ein minder schwere <strong>Fall</strong> im Sinne des § 224 2.Hs. StGB<br />
vorliegt oder von der fakultativen Strafmilderung nach §§ 17 S. 2, 49 Gebrauch<br />
gemacht wird. 3 ]<br />
b) Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen<br />
Die Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe sind negative<br />
Bestandteile des objektiven Tatbestandes. Der Vorsatz des Täters<br />
muss sich auf ihr Nichtvorliegen erstrecken. Bei einem Irrtum über<br />
Erlaubnistatumstände kommt § 16 I 1 StGB direkt zur Anwendung<br />
mit der Folge, dass der Tatbestandsvorsatz entfällt.<br />
1 Vergleiche hierzu den Meinungsüberblick bei Lackner/Kühl § 32 Rn. 7.<br />
2 Zu den wichtigsten Argumenten für und wider die Theorien vgl. die gesonderte Übersicht.<br />
3 Vgl. BGHR StGB vor § 1 Minder schwerer <strong>Fall</strong> - Strafrahmenwahl 4 – Az: 3 StR 341/87 vom 11.8.1987.