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Fall: „Der hilfsbereite Spaziergänger“ Spaziergänger T beobachtet ...

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BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 1 von 8<br />

<strong>Fall</strong>: <strong>„Der</strong> <strong>hilfsbereite</strong> <strong><strong>Spaziergänger</strong>“</strong><br />

<strong>Spaziergänger</strong> T <strong>beobachtet</strong> in der Parkanlage einer Großstadt den<br />

maskierten O, der sich mit gezogenem Messer von hinten an die<br />

Passantin P anschleicht. Um den vermeintlichen Überfall abzuwehren,<br />

schlägt T den O mit einem Ast nieder. O erleidet eine<br />

Gehirnerschütterung. Anschließend stellt sich heraus, dass es sich bei<br />

P und O um Schauspieler handelt, die mit Dreharbeiten zum neuen<br />

Tatort beschäftigt waren. Das nahe Kamerateam hatte T in der Eile<br />

übersehen.<br />

Strafbarkeit des T?<br />

Abwandlung:<br />

Wie ist der <strong>Fall</strong> zu beurteilen, wenn es sich bei P und O um arbeitslose<br />

Schauspieler handelte, die – ohne Kamerateam – sich für das nächste<br />

Casting einer Vorabendserie vorbereiten wollten?


BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 2 von 8<br />

Lösungsskizze Grundfall<br />

[Die rechtliche Behandlung des Erlaubnistatumstandsirrtums ist umstritten. Hinzu kommt,<br />

dass sich bei der gutachterlichen Bearbeitung die Frage stellt, an welchem Ort im<br />

Prüfungsaufbau die entsprechenden Ausführungen untergebracht werden sollen. ]<br />

A. Strafbarkeit des T wegen gefährlicher Körperverletzung nach §§ 223 I<br />

[224 I Nrn. 2, 3 ] StGB<br />

[Hier können die Merkmale der gefährlichen Körperverletzung zusammen mit denen des<br />

Grunddelikts geprüft werden, da aufgrund der (wie zu zeigen sein wird) fehlenden Schuld des<br />

T sonst gar keine Ausführungen zu § 224 StGB gemacht werden könnten, wenn der Bearbeiter<br />

meint, genügend Zeit zu haben und ansonsten Punkte zu verschenken. Zudem wird nur so der<br />

eklatante Unterschied in den möglichen Rechtsfolgen deutlich.<br />

Ein anderer Aufbau ist aber ebenso gut vertretbar, zeigt Übersicht und Effizienzdenken und<br />

spart eventuell wertvolle Zeit.]<br />

I. Tatbestandsmäßigkeit<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Andere Person (+)<br />

b) Körperliche Misshandlung (+)<br />

c) Gesundheitsschädigung (Gehirnerschütterung; +)<br />

[d) Gefährliches Werkzeug (§ 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB; +)<br />

e) Hinterlistiger Überfall (§ 224 I Nr. 3 StGB)<br />

Überfall ist ein unvorhergesehener Angriff, auf den sich der<br />

Angegriffene nicht rechtzeitig einstellen kann; hier (+).<br />

Hinterlistig ist der Überfall, wenn der Täter planmäßig in einer auf die<br />

Verdeckung seiner wahren Absichten berechneten Weise vorgeht (im<br />

Gegensatz zu der Definition der h. M. beim Mord, wo keine vorhergehende<br />

Planung erforderlich ist!). Die bloße Ausnutzung eines<br />

Überraschungsmoments genügt dafür nicht; hier daher(-).]<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

a) hinsichtlich § 223 I StGB (+)


BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 3 von 8<br />

[b) hinsichtlich § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB (+)]<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

1. Nothilfe, § 32 StGB<br />

(-), bereits kein Angriff, da durch das Schauspiel tatsächlich keine<br />

Verletzung rechtlich geschützter Güter drohte.<br />

2. Notstandshilfe, § 34 StGB<br />

(-), es lag auch keine Gefahr durch die Dreharbeiten vor.<br />

III. Erlaubnistatbestandsirrtum<br />

[Ehe die Frage der rechtlichen Behandlung des Erlaubnistatumstandsirrtums angegangen<br />

werden kann, muss natürlich zunächst sein Vorliegen geklärt sein. Das heißt: Auf der<br />

Grundlage der Fehlvorstellung des Täters muss gutachtlich geprüft werden, ob er<br />

gerechtfertigt wäre, träfe seine Vorstellung zu.]<br />

Hier könnte ein Erlaubnistatbestandsirrtum vorliegen, dessen rechtliche<br />

Beurteilung umstritten ist.<br />

1. Vorliegen eines Erlaubnistatumstandsirrtums (hier: Putativnotwehr)<br />

Hierzu müssten, wenn man die Vorstellung des T zugrunde legt, die<br />

Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes gegeben sein. In Betracht<br />

kommt hier auf der Grundlage der Vorstellung des T Notwehr bzw. Nothilfe<br />

(§ 32 StGB)<br />

[Zu beachten ist, dass die Voraussetzungen hier alle subjektiv geprüft<br />

werden müssen!!!!!!!!]<br />

a) (Putativ-)Notwehrlage<br />

aa) Angriff<br />

Aus der Sicht des T müßte ein Angriff gegeben sein. Unter einem<br />

Angriff ist jede unmittelbare Bedrohung rechtliche geschützter Güter zu<br />

verstehen. T sieht wie sich O an die P mit einem Messer heranschleicht,<br />

um diese zu überfallen. Nach seiner Vorstellung liegt ein Angriff auf P´s<br />

Rechtsgüter – körperliche Integrität bzw. Eigentum – vor.<br />

bb) Gegenwärtigkeit


BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 4 von 8<br />

Gegenwärtigkeit des Angriffs liegt vor, wenn der Angriff unmittelbar<br />

bevorsteht, begonnen hat oder noch fortdauert. T sieht, wie sich O<br />

anschleicht; nach seiner Vorstellung steht der Überfall unmittelbar<br />

bevor.<br />

cc) Rechtswidrigkeit<br />

T geht nicht davon aus, daß O gerechtfertigt sein könnte. Nach seiner<br />

Vorstellung liegt ein rechtswidriger Angriff vor.<br />

Legt man T´s Sichtweise zugrunde, so kann eine Nothilfelage bejaht<br />

werden.<br />

b) (Putativ-)Notwehrhandlung<br />

aa) Verteidigung<br />

T schlägt den O mit einem Ast nieder, seine Handlung richtet sich gegen<br />

den vermeintlichen Angreifer.<br />

bb) Erforderlichkeit<br />

Die Verteidigungshandlung müßte erforderlich sein. Dies ist jedes<br />

geeignete, relativ mildeste Mittel zur Abwehr des Angriffes. Für T stellt<br />

sich die Situation so dar, daß nur ein schnelles Handeln den Angriff<br />

abwehren kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, daß O mit einem<br />

Messer bewaffnet ist, stellt sich für T die Verwendung eines Astes als<br />

Werkzeug als ein Mittel dar, welches den Angriff sofort und wirksam<br />

beenden kann. Die Verteidigungshandlung ist, legt man T´s Vorstellung<br />

zugrunde, erforderlich.<br />

Anhaltspunkte für eine Einschränkung des Nothilferechts aufgrund<br />

mangelnder Gebotenheit, beispielsweise aufgrund eines<br />

entgegenstehenden Willens der P, sind – aus Sicht des T – nicht<br />

ersichtlich. Denn T ging wohl davon aus, daß sich die P verteidigen<br />

lassen wollte.<br />

c) Verteidigungswille<br />

T handelte aufgrund seiner irrtümlichen Annahme der Nothilfelage. Zudem<br />

war sein Ziel offensichtlich auch, das „Opfer“ P zu verteidigen und somit<br />

den Angriff abzuwehren. Soweit man also (mit der h. M.) über die bloße<br />

„Kenntnis“ der rechtfertigenden Umstände hinaus besondere


BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 5 von 8<br />

Voraussetzungen an das Wollen des „Verteidigers“ stellen würde 1 , so<br />

wären auch diese hier erfüllt.<br />

Zwischenergebnis: Ein Erlaubnistatumstandsirrtum liegt vor, da – legt man<br />

T´s Vorstellung und Zwecke zugrunde – T gem. § 32 gerechtfertigt wäre.<br />

[Nachdem festgestellt ist, dass ein Erlaubnistatumstandsirrtum vorliegt, müssen die einzelnen<br />

Theorien 2 erörtert werden. Wesentlich ist dabei insbesondere, den Kernpunkt der<br />

Auseinandersetzung herauszuarbeiten: Ist § 16 StGB (direkt oder analog) oder § 17 StGB auf<br />

den Erlaubnistatumstandsirrtum anzuwenden? <strong>Fall</strong>s man sich für eine Theorie entscheidet,<br />

die in irgendeiner Weise § 16 anwendet, darf keinesfalls die Prüfung der entsprechenden<br />

Fahrlässigkeitstat vergessen werden (falls diese existiert!) ]<br />

2. Behandlung des Erlaubnistatbestandsirrtums<br />

Es ist umstritten, wie der Erlaubnistatbestandsirrtum zu behandeln ist.<br />

a) Strenge Schuldtheorie<br />

Der Erlaubnistatumstandsirrtum ist kein Irrtum über<br />

Tatbestandsmerkmale und auch nicht wie dieser zu behandeln. Es handelt<br />

sich vielmehr um einen Verbotsirrtum; § 17 StGB kommt zur Anwendung.<br />

Nur bei Unvermeidbarkeit des Erlaubnistatumstandsirrtums entfällt daher<br />

die Schuld.<br />

Hier: T handelte wegen Vermeidbarkeit seines Irrtums schuldhaft, da er<br />

nach Lage der Dinge nicht von einem Überfall ausgehen konnte (Arg.:<br />

Fernsehkamera und Team o.ä. für T sichtbar, anders ev. bei „Privatprobe“).<br />

Hiernach wäre T grundsätzlich aus § 224 I StGB strafbar (Strafrahmen von<br />

6 Monaten bis 10 Jahren).<br />

[Im Rahmen der Strafzumessung müsste das Gericht allerdings abwägen, ob wegen des<br />

Erlaubnistatbestandsirrums ein minder schwere <strong>Fall</strong> im Sinne des § 224 2.Hs. StGB<br />

vorliegt oder von der fakultativen Strafmilderung nach §§ 17 S. 2, 49 Gebrauch<br />

gemacht wird. 3 ]<br />

b) Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen<br />

Die Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe sind negative<br />

Bestandteile des objektiven Tatbestandes. Der Vorsatz des Täters<br />

muss sich auf ihr Nichtvorliegen erstrecken. Bei einem Irrtum über<br />

Erlaubnistatumstände kommt § 16 I 1 StGB direkt zur Anwendung<br />

mit der Folge, dass der Tatbestandsvorsatz entfällt.<br />

1 Vergleiche hierzu den Meinungsüberblick bei Lackner/Kühl § 32 Rn. 7.<br />

2 Zu den wichtigsten Argumenten für und wider die Theorien vgl. die gesonderte Übersicht.<br />

3 Vgl. BGHR StGB vor § 1 Minder schwerer <strong>Fall</strong> - Strafrahmenwahl 4 – Az: 3 StR 341/87 vom 11.8.1987.


BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 6 von 8<br />

Hier: T handelte ohne Tatbestandsvorsatz, somit wäre er nicht<br />

wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung strafbar.<br />

c) Eingeschränkte Schuldtheorie<br />

Zwischen Tatbestandsmerkmalen und Rechtfertigungsgründen besteht<br />

unter dem Blickwinkel der Unrechtsvoraussetzung kein qualitativer<br />

Unterschied. Daher muss der Erlaubnistatumstandsirrtum rechtlich gleich<br />

bewertet werden. § 16 I 1 StGB ist analog anzuwenden.<br />

Hier: Das Verhalten des T stellt kein Vorsatzunrecht dar, T handelt gem.<br />

§ 16 I 1 StGB analog ohne Vorsatz.<br />

d) Rechtsfolgeneinschränkende Schuldtheorie<br />

§ 16 I 1 StGB wird auf den Erlaubnistatumstandsirrtum nur<br />

hinsichtlich seiner Rechtsfolgen analog angewendet. Es entfällt<br />

daher (lediglich) die Vorsatzschuld.<br />

Hier: Bei T entfällt die Vorsatzschuld, er handelte somit nicht<br />

schuldhaft im Sinne einer vorsätzlichen Körperverletzung.<br />

e) Diskussion / Ergebnis<br />

Die Theorien gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine<br />

Entscheidung ist daher erforderlich.<br />

Für die strenge Schuldtheorie spricht zunächst, dass der Täter beim<br />

Erlaubnistatumstandsirrtum im Gegensatz zum Tatbestandsirrtum<br />

weiß, dass er ein Strafgesetz verletzt. Aufgrund der Appellfunktion<br />

des Tatbestandes können ihm daher besondere Prüfungspflichten<br />

zugebilligt werden. Allerdings berücksichtigt die strenge<br />

Schuldtheorie zu wenig, dass es sich beim<br />

Erlaubnistatumstandsirrtum ebenso wie beim Tatumstandsirrtum um<br />

einen Irrtum über Tatsachen handelt. Ähnlich wie in der Situation<br />

des § 16 ist der Täter an sich rechtstreu. § 17 StGB kann daher hier<br />

nicht greifen. Die strenge Schuldtheorie ist somit abzulehnen.<br />

[Für solche, die meinen, es sei auch entscheidend, für die Lösung, ob nun<br />

Vorsatz oder Vorsatzschuld (und somit die Schuld) entfielen, ist die Diskussion<br />

noch fortzusetzen: Gegen die eingeschränkte Schuldtheorie spricht hingegen,<br />

dass sie zu widersinnigen Ergebnissen führt, wenn sie gleichsam rückwirkend<br />

wegen eines Irrtums über die tatsächlichen Voraussetzungen eines<br />

Rechtfertigungsgrundes den Tatbestandsvorsatz entfallen lässt. Der Lehre von<br />

den negativen Tatbestandsmerkmalen ist schließlich entgegen zu halten, dass<br />

zwischen Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit einer Tat sehr<br />

grundlegende, auch gesetzlich anerkannte Unterschiede bestehen, die sich auch<br />

in einer getrennten Prüfung dieser Elemente im Verbrechensaufbau<br />

niederschlagen müssen. Daher ist der rechtsfolgeneinschränkenden<br />

Schuldtheorie zu folgen.]


BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 7 von 8<br />

Eine Entscheidung zwischen den verbleibenden Theorien kann im<br />

<strong>Fall</strong>e eines Alleintäters wie hier offen bleiben, da sie hinsichtlich der<br />

Strafbarkeit zu dem gleichen Ergebnis führen.<br />

T ist weder gem. § 223 I noch nach §§ 223 I, 224 StGB strafbar,<br />

da er zumindest ohne Vorsatzschuld, wenn nicht sogar ohne Vorsatz<br />

handelte.<br />

B. Strafbarkeit des T wegen fahrlässiger Körperverletzung nach<br />

§ 229 StGB<br />

[Bei der Formulierung des Subsumtionssatzes ist zu beachten, daß sich der<br />

Fahrlässigkeitsvorwurf nicht allein auf die Verletzung des O bezog, denn diesen wollte<br />

T verletzen, d. h. er handelte diesbezüglich vorsätzlich.]<br />

T könnte sich wegen fahrlässiger Körperverletzung gem. § 229 dadurch strafbar<br />

gemacht haben, das er die tatsächliche Situation verkannte, irrig eine Nothilfelage<br />

annahm und daher den O mit einem Ast auf den Kopf schlug.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Erfolg – Handlung – Kausalität (+)<br />

T hat den O mit dem Ast auf den Kopf geschlagen und damit eine<br />

Gehirnerschütterung hervorgerufen, was sowohl eine körperliche<br />

Misshandlung, als auch eine Gesundheitsbeschädigung darstellt (s. o.).<br />

2. Generelle Sorgfaltswidrigkeit<br />

(Vermeidbarkeit/Pflichtwidrigkeit/<br />

Objektive Vorhersehbarkeit)<br />

Wegen des nahen Kamerateams ist die Situationsverkennung durch<br />

T als vermeidbar und somit als objektiv pflichtwidrig zu werten<br />

3. Objektive Zurechnung inkl. Pflichtwidigkeitszusammenhang<br />

In der Gehirnerschütterung hat sich auch gerade die Gefahr<br />

verwirklicht, die durch einen Schlag mit einem Ast auf den Kopf<br />

infolge der irrtümlichen Annahme einer Notwehrsituation entsteht.<br />

Hätte A sich pflichtgemäß vor dem Zuschlagen umgeschaut und das<br />

Kamerateam gesehen, so hätte er nicht zugeschlagen und es wäre nicht<br />

zur Gehirnerschütterung gekommen.<br />

II.<br />

Rechtwidrigkeit<br />

Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor (s.o.).


III.<br />

BK Strafrecht WS 04/05 - 11. Woche<br />

11_a: Irrtumslehre - Erlaubnistatbestandsirrtum (<strong>Fall</strong>) - S. 8 von 8<br />

Schuld<br />

1. Individuelle Sorgfaltswidrigkeit<br />

Es sind auch keine Umstände erkennbar, dass T in seiner<br />

Erkenntnisfähigkeit generell eingeschränkt wäre, so dass der<br />

Pflichtverstoß ihm auch individuell vorwerfbar ist.<br />

2. Fehlen von Schuldausschließungs- und<br />

Entschuldigungsgründen<br />

Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht<br />

erkennbar.<br />

T ist im Ergebnis daher gem. § 229 StGB wegen fahrlässiger Körperverletzung<br />

strafbar.<br />

[Bei der Lösung eines „Erlaubnistatumstandsirrtumsfalls“ darf nie übersehen werden, dass<br />

auf der Grundlage der Theorien, die § 16 StGB zumindest analog anwenden, entsprechend<br />

§ 16 I S. 2 StGB Raum für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit bleibt. Ist also – wie hier –<br />

(analog) § 16 I S. 1 StGB mangels Vorsatzschuld / Vorsatz eine Körperverletzung verneint<br />

worden, so muss anschließend eine mögliche Strafbarkeit wegen fahrlässiger<br />

Körperverletzung erörtert werden. Dabei wird es dann der Sache nach darum gehen, ob es<br />

(für den T) erkennbar gewesen wäre, dass kein „richtiger“ Überfall stattfindet, ob also die<br />

Situationsverkennung das Vorgehen des T gegen O objektiv und subjektiv pflichtwidrig sein<br />

lässt.]

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