Heideblatt Nr.42 (Page 1) - Klotzscher Heideblatt
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Klotzsche erhielt eine Perle zurück<br />
Die wohl schönste Villa unseres Heimatortes<br />
wurde vor dem Verfall gerettet. Sie erwachte<br />
dank der Firma Gamma Immobilien aus ihrem<br />
schmerzhaften Dornröschenschlaf. Nun wollen<br />
wir unseren Lesern letztmalig gründlich<br />
erklären, dass der Name „Villa Ananas“ völlig<br />
falsch ist!<br />
Ein Herr Max Bruno Harzer wanderte gegen<br />
Ende des 19. Jahrhunderts mit etwa 25 Lebensjahren<br />
und als gelernter Landwirt nach<br />
Mexiko aus. Dort erwarb er schließlich in<br />
Torrion eine Baumwollfarm, welche mustergültig<br />
funktionierte. Dort lernte er auch seine<br />
Frau Elena kennen, die mit ihrer Familie deutscher<br />
Abstammung ebenfalls in Mexiko lebte.<br />
Der Wunsch, seinen Kindern eine gediegene<br />
Schulausbildung zuteil werden zu lassen, veranlasste<br />
ihn, in Deutschland einen zweiten<br />
Wohnsitz zu errichten. Dazu erwarb er Land,<br />
gleich mehrere Parzellen in Klotzsche, Goethestraße<br />
17 und ließ bis 1907 eine parkartige<br />
Anlage errichten. Ein namhafter Dresdner Architekt,<br />
Richard Schleinitz (1861–1916), gestaltete<br />
die Häuser. Die ersten Bewohner waren<br />
das Ehepaar Harzer mit den Kindern Maria,<br />
Hermann, Hans, Walter, Margaritha und Leonore.<br />
Mit dem Erwachsenwerden der Kinder wurde<br />
die Familie immer kleiner und so zog man in<br />
den ersten Stock. Die Räume im Parterre<br />
konnten vermietet werden, es zog die immer<br />
zahlreicher werdende katholische Gemeinde<br />
von Klotzsche ein. Sie „logierten“ bisher im<br />
Kurhaus, neben dem Saal, und suchten mehr<br />
Raum. Den bot auch nicht das nahegelegene<br />
Clarissenkloster in der Richard-Wagner-, jetzt<br />
Darwinstraße, mit der Hauskapelle.<br />
Also wurde umgebaut. Der Empfangssaal wurde<br />
zum Kirchenraum und am 1. Oktober 1938<br />
erfolgte die Weihe und Erhebung zur Pfarrvikarie<br />
durch Bischof Petrus Legge. Dem Pfarrvikar,<br />
Herrn Prof. Wilhelm Heinen, und seinen<br />
Gemeindemitgliedern gefiel die Inneneinrichtung<br />
vom Altar bis zu den Sitzbänken vorzüglich,<br />
waren sie doch durch die Deutschen Werkstätten<br />
Hellerau entstanden.<br />
Nach dem Ableben von Herrn Bruno Harzer<br />
im Jahr 1940 und dem Tod von Frau von Blücher,<br />
die das Dachgeschoss des Anwesens<br />
bewohnte, entschloss sich der Rest der Familie<br />
in das Dachgeschoss zu ziehen. Frau<br />
Elena Harzer vermietete die erste Etage des<br />
Hauses an die Mathilde-Zimmer-Stiftung, eine<br />
Haushaltschule.<br />
Nun begannen sehr verworrene Zeiten, die<br />
heute noch schwer nachvollziehbar sind. Zugunsten<br />
des Deutschen Roten Kreuzes wurde<br />
das Anwesen 1943 enteignet, eine Frauenabteilung<br />
der Wirbeltuberkulose-Station des gegenüberliegenden<br />
Krankenhauses zog ein.<br />
(Hier ist der Name des aus Livland stammenden<br />
Arztes Prof. Dr. Julius von Finck zu erwähnen,<br />
eine Straße unseres Ortes wurde nach<br />
ihm benannt).<br />
Am 04. Mai 1945 zogen die letzten Familienmitglieder<br />
der Harzers aus.<br />
1946 wurde das Land Sachsen, Landesverwaltung<br />
Sachsen, Gesundheitswesen, zum Eigentümer<br />
erklärt, 1952 ging das ehemalige Eigentum<br />
der Familie Harzer in Eigentum des<br />
Volkes über. Leider waren keine Verkaufsurkunden<br />
auffindbar, denn diese Entwicklung war<br />
keinesfalls Wunsch des Max Bruno Harzer und<br />
seiner Angehörigen.<br />
Das Rote Kreuz war in den 50er Jahren präsent.<br />
Ich selbst kenne das Anwesen seit den<br />
70er Jahren als Lehrlingswohnheim des Betriebes<br />
„Maschinelles Rechnen“, also für Berufe<br />
des Finanzwesens und der Datenverarbeitung.<br />
Seit 1989 stand das Haupthaus jahrelang leer<br />
und verfiel. Zahlreiche Artikel erschienen im<br />
<strong>Heideblatt</strong>, doch es mussten fast 20 Jahre vergehen.<br />
Dank Gamma Immobilien ist das denkmalgeschützte<br />
Ensemble in alter Schönheit<br />
wiederhergestellt worden. Exklusives Wohnen<br />
selbst im Gärtnerhaus bzw. der Garage ist nun<br />
möglich geworden. Schauen Sie vorbei und<br />
überzeugen Sie sich von der Schönheit „unserer<br />
alten Ananas-Villa“!<br />
Franz-Josef Fischer<br />
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