Unternehmen Thunderstorm, Band 1 - Demo - Buch.de
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Impressum<br />
Wolfgang Schreyer<br />
<strong>Unternehmen</strong> <strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>, <strong>Band</strong> 1<br />
Roman<br />
ISBN 978-3-86394-083-6 (E-Book)<br />
Die Druckausgabe erschien erstmals 1954 beim Verlag Das Neue Berlin.<br />
Gestaltung <strong>de</strong>s Titelbil<strong>de</strong>s: Ernst Franta<br />
© 2012 EDITION digital®<br />
Pekrul & Sohn GbR<br />
Alte Dorfstraße 2 b<br />
19065 Go<strong>de</strong>rn<br />
Tel.: 03860-505 788<br />
E-Mail: verlag@edition-digital.com<br />
Internet: http://www.ddrautoren.<strong>de</strong>
Erstes <strong>Buch</strong><br />
Kurs auf Warschau<br />
1. Tausend Gallonen Benzin<br />
Die bei<strong>de</strong>n Männer zuckten kaum merklich zusammen.<br />
Irgendwo in <strong>de</strong>r Ferne rollte ein dumpfer, Unheil verkün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Donner. Die Fenster klirrten<br />
leise. Es waren mehrere schwere Detonationen; wie viel genau, ließ sich nicht feststellen.<br />
Captain Roberts versuchte auch nicht, mitzuzählen. Er wusste, und alle wussten es, dass<br />
die fliegen<strong>de</strong>n Bomben seit kurzem in Ru<strong>de</strong>ln heranjagten und wahllos in das riesige<br />
Häusermeer Londons stürzten, stru<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Wolken rötlichen Ziegelstaubs und<br />
schmutziggraue Rauchpilze aufwerfend. Fünfunddreißig Tage dauerte <strong>de</strong>r Beschuss schon<br />
an; <strong>de</strong>nn die Deutschen hatten zehn Tage nach D-Day (<strong>de</strong>r Landung in <strong>de</strong>r Normandie)<br />
begonnen, die Stadt auf diese ebenso neuartige wie nervtöten<strong>de</strong> Weise zu bombardieren.<br />
Bis heute war es noch nicht gelungen, eine wirksame Abwehr gegen ihre so genannte V 1<br />
zu fin<strong>de</strong>n...<br />
"Schauen wir uns doch mal die Karte an, Captain!", rief Colonel Hayes. Er erhob sich<br />
unvermittelt und trat zu <strong>de</strong>r zwei bis drei Quadratmeter großen Europakarte, die einen Teil<br />
<strong>de</strong>r Längswand <strong>de</strong>s kargen Raumes be<strong>de</strong>ckte.<br />
Wahrscheinlich, überlegte Roberts, wird er jetzt sagen, was er von dir will. Bisher waren<br />
nur belanglose Re<strong>de</strong>nsarten ausgetauscht wor<strong>de</strong>n. Es kam zwar vor, dass <strong>de</strong>r Oberst in<br />
späten Nachmittagsstun<strong>de</strong>n unterstellte Offiziere nur <strong>de</strong>shalb zu sich rief, um zu plau<strong>de</strong>rn;<br />
o<strong>de</strong>r genauer gesagt, um ihnen eine seiner allbekannten arabischen Geschichten zu<br />
erzählen. Doch geschah dies in letzter Zeit immer seltener. Außer<strong>de</strong>m lag da das<br />
Aktenstück auf <strong>de</strong>m Schreibtisch; einer <strong>de</strong>r üblichen hellbraunen Schnellhefter, in <strong>de</strong>nen<br />
Nachrichten und Agentenmaterial, bestimmte Einzelobjekte betreffend, gesammelt wur<strong>de</strong>n.<br />
Roberts warf einen verstohlenen Blick auf <strong>de</strong>n Deckel, vermochte aber die Beschriftung<br />
nicht zu erkennen. Sie schien nur aus einem kurzen Wort zu bestehen. Nun, du erfährst es<br />
schon noch.<br />
"Sehen Sie, hier!", brüllte Hayes, <strong>de</strong>m es nicht möglich war, leise zu re<strong>de</strong>n, es sei <strong>de</strong>nn, er<br />
flüsterte. Seine überraschend große, blond behaarte Hand beschrieb einen Halbkreis, <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n gesamten östlichen Frontbereich einschloss.<br />
Captain Fred Roberts betrachtete die Karte, die er übrigens genau kannte, mit höflicher<br />
Aufmerksamkeit. An drei Stellen steckten Fähnchen. Es gab drei Sorten: rote, blaue und<br />
grüne. Die roten Fähnchen hatte Major Fawcett, <strong>de</strong>r die Markierung <strong>de</strong>r Frontlinien<br />
persönlich vornahm, für die britischen Truppen reserviert; wahrscheinlich, weil auf <strong>de</strong>n<br />
Landkarten das britische Territorium gewöhnlich rot dargestellt ist. Vielleicht auch, weil die<br />
englischen Musketiere vor hun<strong>de</strong>rtfünfzig Jahren rote Waffenröcke trugen. Fawcett war die<br />
rechte Hand <strong>de</strong>s Komman<strong>de</strong>urs und im Zivilleben Rechtsanwalt. Für alles, was er tat, gab<br />
es gute Grün<strong>de</strong>.<br />
Die roten Fähnchen steckten im Ostabschnitt <strong>de</strong>r Invasionsfront in <strong>de</strong>r Mündung <strong>de</strong>s
Flüsschens Orne, dann unterhalb Caen und in <strong>de</strong>n Orten Villiers Bocage, Caumont und<br />
Torigny. Darüber stand: "1. kanadische Armee" und "2. britische Armee". Von St. Lô an<br />
wur<strong>de</strong>n die Fähnchen blau; sie zogen sich über Coutances bis zur Küste <strong>de</strong>s Golfe <strong>de</strong> St.<br />
Malo, <strong>de</strong>n sie bei Granville, zehn Kilometer nördlich Avranches, erreichten. "1. US-Armee"<br />
und "3. US-Armee" war hier eingetragen.<br />
Ein ähnliches Bild bot Italien, wo die blauen Standarten <strong>de</strong>r 5. US-Armee <strong>de</strong>n linken Flügel<br />
<strong>de</strong>r Front beherrschten. Sie steckten fünfzig Kilometer südlich Florenz und am<br />
Trasimenischen See, während die Kennzeichen <strong>de</strong>r ruhmreichen 8. britischen Armee (<strong>de</strong>r<br />
Besiegerin Rommels) sich bis Ancona am Stran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Adria hinzogen.<br />
Vollkommen an<strong>de</strong>rs sah es im Osten aus, über <strong>de</strong>n die behaarte Hand <strong>de</strong>s Komman<strong>de</strong>urs<br />
jetzt hinwegstrich. Hier spießten grüne Fähnchen. Doch bil<strong>de</strong>ten sie keine schöne,<br />
übersichtliche Linie. Jene Klarheit <strong>de</strong>s Frontverlaufs, die allein das Herz <strong>de</strong>s<br />
Militärtheoretikers erfreuen kann, vermisste man hier.<br />
Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Mittelabschnitt bot einen chaotischen Anblick. Sämtliche<br />
Armeebezeichnungen fehlten. Statt<strong>de</strong>ssen fan<strong>de</strong>n sich hier und da son<strong>de</strong>rbare Ausdrücke<br />
wie "Zweite ukrainische Front" o<strong>de</strong>r "Erste belorussische Front". Fähnchen steckten fast nur<br />
in größeren Orten: Newel, Witebsk, Wilna, Grodno, Minsk, Baranowitschi, ostwärts Lublin<br />
und bei Lwow.<br />
Captain Roberts hatte <strong>de</strong>n Eindruck, dass Fawcett die dortigen Ereignisse über <strong>de</strong>n Kopf<br />
gewachsen waren. Auch schien er mit seinem Vorrat an grünen Fähnchen nicht<br />
zurechtzukommen: sie waren dünn gesät, und ab und zu hatte er ersatzweise papierne<br />
Angriffspfeile eingeschoben. Sie wiesen auf Pskow, Daugarpils, Kowno und Brest-Litowsk.<br />
Eine gewaltige Offensive war dort auf zwölfhun<strong>de</strong>rt Kilometer Frontbreite im Gange.<br />
"Vor 'nem halben Jahr schrieben unsere Zeitungen", erklärte Hayes lärmend, "die Nazi-<br />
Festung Europa hätte vielleicht stabile Mauern, aber kein Dach. Heute zeigt sich, dass auch<br />
die Mauern abbröckeln. Monty hat sich in die linke Schulter dieser Burschen verbissen,<br />
Alexan<strong>de</strong>r frisst ihren Stiefel auf, die Russen erteilen von rechts einen verdammten<br />
Rippenstoß, und wir klopfen ihnen auf <strong>de</strong>n Schä<strong>de</strong>l..."<br />
Mit 'wir', dachte Roberts, meint er offenbar die Royal Air Force im Allgemeinen. Hätte er<br />
'wir' in engerem Sinne gebraucht, so wäre eher von 'Na<strong>de</strong>lstichen in <strong>de</strong>n Rücken' zu re<strong>de</strong>n<br />
gewesen. Denn schließlich ist Hayes <strong>de</strong>r Chef eines Son<strong>de</strong>rkommandos <strong>de</strong>r britischen<br />
Luftwaffe, das die Aufgabe hat, Fallschirmagenten im feindlichen Hinterland abzusetzen.<br />
Dabei war es mit <strong>de</strong>m Absetzen allein nicht getan. Man musste mit diesen Männern in<br />
ständiger Funkverbindung bleiben, musste sie teilweise sogar, wie die Franzosen in<br />
Hochsavoyen o<strong>de</strong>r die Tito-Leute, mit Waffen und Nahrungsmitteln versorgen, Weisungen<br />
durchgeben und Meldungen in Empfang nehmen. Diese Meldungen gingen zur weiteren<br />
Auswertung an die Nachrichtenoffiziere <strong>de</strong>s Empiregeneralstabs o<strong>de</strong>r (über ein<br />
Koordinierungsbüro) an die Amerikaner, die im Austausch eigenes Agentenmaterial dafür<br />
lieferten. In bestimmten Fällen fan<strong>de</strong>n sie auch ihren Nie<strong>de</strong>rschlag in jenen hellbraunen<br />
Schnellheftern, die gewöhnlich im Safe verwahrt wur<strong>de</strong>n und von <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r eine – wüsstest<br />
du nur, welcher! – jetzt auf <strong>de</strong>m Schreibtisch <strong>de</strong>s Komman<strong>de</strong>urs lag...
Inzwischen war <strong>de</strong>r Colonel dazu übergegangen, an Hand <strong>de</strong>r Karte einen längeren,<br />
optimistisch gefärbten Vortrag über die Kriegslage zu halten.<br />
"Die Aufmarschmassierung <strong>de</strong>r Russen", führte er gera<strong>de</strong> aus, "war enorm. Hier –", er<br />
<strong>de</strong>utete auf <strong>de</strong>n Raum zwischen Witebsk und Bobruisk, "stan<strong>de</strong>n vor vier Wochen 125<br />
Schützendivisionen und acht bis neun Panzerkorps, das sind an<strong>de</strong>rthalb Millionen Mann und<br />
fast viertausend Panzer. Heute stehen sie 450 Kilometer weiter westlich, am Njemen und<br />
am Bug. Die Weichsel wird bei <strong>de</strong>m augenblicklichen Tempo in acht o<strong>de</strong>r zehn Tagen<br />
erreicht sein. Übrigens, sie scheinen Sinn für historische Daten zu haben, sie starteten ihre<br />
Offensive am dritten Jahrestag <strong>de</strong>s Überfalls <strong>de</strong>r Deutschen; exactly."<br />
Roberts gefiel das alles nicht. Warum erzählt er dir das, fragte er sich. Es muss etwas<br />
dahinterstecken. Irgen<strong>de</strong>in unangenehmer Auftrag wahrscheinlich. John Hayes war zwar<br />
nicht dafür bekannt, dass er lange Umschweife liebte. Doch beschloss <strong>de</strong>r Captain, auf <strong>de</strong>r<br />
Hut zu bleiben. Seit er vor etwa zehn Minuten diesen Raum betreten hatte, wur<strong>de</strong> er das<br />
Gefühl nicht los, dass von irgen<strong>de</strong>iner Seite her ein Schlag gegen ihn fallen wür<strong>de</strong>. Von Zeit<br />
zu Zeit, wenn <strong>de</strong>r Oberst eine Pause einschob, um Atem zu schöpfen, sagte er: "Jawohl,<br />
Sir", o<strong>de</strong>r: "Auch meine Ansicht." Er war nicht bei <strong>de</strong>r Sache.<br />
Hayes bemerkte das nicht. Er schwatzte weiter. Doch einmal erschöpfte sich das Thema.<br />
"Weihnachten sind wir endgültig zu Hause", schloss er, "bei Weib und Kind. Auch Sie,<br />
Roberts..." – – Er brach ab, einen Fluch unterdrückend. "Beg pardon. Das war sehr<br />
ungeschickt..."<br />
Fred Roberts sah zur Seite. Er hatte keine Familie mehr. Barbara und <strong>de</strong>r kleine Ted waren<br />
bei einem <strong>de</strong>r ersten Angriffe umgekommen, damals, im Herbst 1940...<br />
In diesem Augenblick trat Major Fawcett ein.<br />
Er war ein hochgewachsener, sehr blasser und magerer Mann von fünfundvierzig; gut zehn<br />
Jahre älter als Roberts. Er gehörte Brats' Club an und war vor <strong>de</strong>m Kriege Mitglied einer<br />
Gruppe gewesen, die sich für <strong>de</strong>n Genuss fleischloser Kost einsetzte. Gleichwohl konnte er<br />
sich jetzt nicht mehr dazu entschließen, auf seine Ration zu verzichten.<br />
"Was bringen Sie uns, Major?", fragte Hayes.<br />
"Nichts Beson<strong>de</strong>res", winkte Fawcett ab und öffnete seine Mappe. "Die 8. Luftflotte will<br />
wissen, ob es zutrifft, dass sich am Nordrand von Mag<strong>de</strong>burg eine Fabrik für synthetisches<br />
Benzin befin<strong>de</strong>t. Wenn es sich lohnt, wollen sie das Werk auf ihre August-Liste setzen.<br />
Dann eine Anfrage, die die Befestigungen an <strong>de</strong>r Riviera betrifft. Der Interessent ist<br />
wahrscheinlich Devers."<br />
"Generalleutnant Jacob L. Devers, <strong>de</strong>r jetzt auf Korsika sitzt?"<br />
"Jawohl. Die Amerikaner bezeichnen ihn als Spezialisten für offensive Panzerkriegsführung."<br />
"Haben Sie schon mal etwas von <strong>de</strong>fensiver Panzerkriegsführung gehört?"<br />
Hayes liebte es bisweilen, die "Zivilisten" aus <strong>de</strong>r Schar seiner Untergebenen in<br />
Verlegenheit zu setzen. Fawcett erwi<strong>de</strong>rte irgen<strong>de</strong>twas; <strong>de</strong>r Captain hörte nicht hin.
Fawcett fiel es niemals schwer, eine geschickte Antwort zu geben. Und das war, im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s Stabsbetriebes gesehen, eine be<strong>de</strong>utsame Fähigkeit. Roberts dachte sich,<br />
dass er für <strong>de</strong>n Komman<strong>de</strong>ur unentbehrlich sein musste.<br />
Ein seltsames Paar, überlegte er flüchtig. Eine französische Emigrantin hatte ihm einmal<br />
erklärt, im Grun<strong>de</strong> könne man alle Englän<strong>de</strong>r, ihrer äußeren Erscheinung nach, in zwei<br />
Kategorien einteilen; es gäbe <strong>de</strong>n Gentleman-Typ und <strong>de</strong>n John-Bull-Typ. "Wozu wür<strong>de</strong>n<br />
Sie mich dann rechnen?", hatte Roberts gefragt. Doch die Französin wollte es offenbar mit<br />
ihm nicht ver<strong>de</strong>rben. "Sie sind eine gute Mischung", lachte sie, "zwei Drittel Gentleman, ja?"<br />
Möglich, dass bei ihm eine Mischung vorlag; die bei<strong>de</strong>n Vorgesetzten in<strong>de</strong>s verkörperten die<br />
Typen ziemlich rein. Fawcett war zweifellos <strong>de</strong>r klügere, gebil<strong>de</strong>tere von bei<strong>de</strong>n; er klei<strong>de</strong>te<br />
sich korrekt, und das Tuch seiner ausgezeichnet sitzen<strong>de</strong>n Uniform war von bester Qualität.<br />
Er sprach stets gedämpft, sorgfältig artikulierend und sehr <strong>de</strong>utlich. Er war unverheiratet,<br />
machte sich nichts aus Alkohol und rauchte kaum. Niemals hätte man ihn an einem<br />
Vorkriegssonntag in Brighton treffen können, wenn halb London hinausfuhr, um <strong>de</strong>n Rennen<br />
zuzusehen und Wetten abzuschließen. Gentleman mit Hang zum Puritanismus, überlegte<br />
Roberts spöttisch.<br />
Hayes dagegen hatte unzweifelhaft etwas von einem Textilfabrikanten um die Mitte <strong>de</strong>s<br />
vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rts, <strong>de</strong>r Frauen und Kin<strong>de</strong>r unter menschenunwürdigen Bedingungen<br />
beschäftigte und <strong>de</strong>m das nichts ausmachte... o<strong>de</strong>r von einem Freibeuter aus <strong>de</strong>r Zeit<br />
Queen Elizabeths. Hayes liebte Burgun<strong>de</strong>rwein und gab, da er die südafrikanische<br />
Ersatzware verschmähte, viel Geld dafür aus, sich Originalerzeugnisse zu verschaffen. Er<br />
hatte in <strong>de</strong>n dreißiger Jahren in Transjordanien schnell Karriere gemacht, wo er sich im<br />
Kampf mit unbotmäßigen Araberstämmen hervortat, eines Tages mit seiner "Gladiator"-<br />
Maschine notlan<strong>de</strong>n musste und sich in abenteuerlicher Flucht, über die viele Geschichten<br />
im Umlauf waren, nach A<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>n eigenen Leuten durchschlug: John Bull mit exotischer<br />
Beigabe. – Selbst jetzt, da Unruhe ihn erfüllte, konnte Roberts sich solche Betrachtungen<br />
nicht versagen. Warum schließlich auch; die an<strong>de</strong>ren erfuhren ja nichts davon...<br />
"Und dann wäre noch eine innerdienstliche Angelegenheit", bemerkte Fawcett abschließend,<br />
wobei er <strong>de</strong>n Captain mit missbilligen<strong>de</strong>m Blick streifte.<br />
Nun wer<strong>de</strong>n sie dich hinausschicken, vermutete Roberts. Die RAF folgt in diesen Dingen<br />
<strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>r Geheimdiplomatie; worin sie sich übrigens we<strong>de</strong>r von Army und Navy,<br />
noch von einer beliebigen an<strong>de</strong>ren Streitmacht auf <strong>de</strong>r Welt unterschei<strong>de</strong>t. Überall, wo es<br />
Heerwesen und Bürokratismus gibt...<br />
"Worum han<strong>de</strong>lt es sich?", fragte <strong>de</strong>r Oberst.<br />
Fawcett war damit beschäftigt, eins <strong>de</strong>r grünen Fähnchen aus "Minsk" herauszuziehen, um<br />
es ostwärts Bialystok neu einzuspießen. "Um einen Tatbericht von Captain Roberts,<br />
Colonel. Er bezieht sich auf die Fehlmenge von tausend Gallonen Flugbenzin."<br />
"Aha", machte Hayes, "bleiben Sie hier, Captain. Ich hörte bereits davon. Wir wer<strong>de</strong>n diese<br />
Sache klären. Es ist gut, dass Sie gera<strong>de</strong> anwesend sind."<br />
"In seinem Bericht", bemerkte Fawcett, "bezichtigt er so halb und halb Lieutenant Gregory
<strong>de</strong>r Täterschaft."<br />
"So – –", knurrte <strong>de</strong>r Komman<strong>de</strong>ur, seine buschigen blon<strong>de</strong>n Brauen hebend.<br />
Roberts wur<strong>de</strong> es warm.<br />
"Sie verzeihen, Major", sagte er heiser, "so habe ich mich nicht ausgedrückt. Lieutenant<br />
Gregory ist für das Spritlager <strong>de</strong>r Geschwa<strong>de</strong>rreserve verantwortlich, er besitzt <strong>de</strong>n<br />
Schlüssel. Die Vermutung, dass er ihn nicht sorgfältig verwahrte, liegt nahe, und etwas<br />
an<strong>de</strong>res steht nicht in meinem Bericht."<br />
"Das läuft auf dasselbe hinaus", entgegnete Fawcett.<br />
"Nicht ganz..."<br />
"Ruhe!", befahl <strong>de</strong>r Colonel. "Wir wer<strong>de</strong>n diesen verdammten Dingen auf <strong>de</strong>n Grund gehen.<br />
Setzen Sie sich, Roberts, und auch Sie, Fawcett, nehmen Platz."<br />
Fred Roberts setzte sich. Er hielt die zur Schau getragene Entschlossenheit <strong>de</strong>s<br />
Komman<strong>de</strong>urs nicht für echt. Seit sie hier in Westham lagen, waren bereits zwei<br />
Unterschlagungen vorgekommen, die gleichfalls ungeklärt blieben. Es han<strong>de</strong>lte sich um<br />
amerikanische Fleischkonserven und um Zigaretten. In bei<strong>de</strong>n Fällen hatte Roberts die<br />
Beschwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mannschaft <strong>de</strong>m Oberst vorgetragen und damit nur erreicht, dass er<br />
unangenehm auffiel.<br />
Diesmal nun glaubte er, einige Beweise zu haben: Aussagen <strong>de</strong>r Flugplatzwache, die<br />
seinem Bericht beilagen. Die Schwierigkeit war jedoch, dass Lieutenant Gregory, gegen<br />
<strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>r Verdacht vorwiegend richtete, in irgen<strong>de</strong>inem verwandtschaftlichen Verhältnis<br />
zu Hayes stehen sollte...<br />
Roberts wur<strong>de</strong> sich in dieser Sekun<strong>de</strong> bewusst, dass dies die wahre Ursache seiner<br />
Unsicherheit, seiner heimlichen Befürchtungen war, die ihn befallen, seit er <strong>de</strong>n Raum<br />
betreten hatte. Hm –; das war natürlich lächerlich. Nun, da er wusste, woran es lag, wur<strong>de</strong><br />
er ruhiger. Er beschloss, in <strong>de</strong>r Benzinaffäre nach Möglichkeit je<strong>de</strong>n Vertuschungsversuch<br />
zu vereiteln. Die Schuldigen mussten ermittelt und entsprechend bestraft wer<strong>de</strong>n, nur so<br />
konnte man diesen Vorfällen, die berechtigte Empörung bei <strong>de</strong>n Mannschaften zur Folge<br />
hatten, ein En<strong>de</strong> setzen.<br />
"Während ich Ihren Bericht durchsehe", sagte <strong>de</strong>r Colonel, "können Sie sich mit <strong>de</strong>m da<br />
einmal befassen..."<br />
Er reichte ihm <strong>de</strong>n hellbraunen Schnellhefter hinüber, <strong>de</strong>r die ganze Zeit auf seinem<br />
Schreibtisch gelegen hatte. Roberts sah nun, was auf <strong>de</strong>m Deckel stand. Es war nur ein<br />
Wort: "WARSCHAU". Die Mappe erschien ihm ziemlich dünn; das Material konnte nicht<br />
beson<strong>de</strong>rs umfangreich sein. Der Captain schlug sie auf.<br />
"Warschau", las er, "Größe 141,5 qkm, Einwohnerzahl (1939) 1,2 Mill., auf <strong>de</strong>m linken, 25<br />
m über Mittelwasser liegen<strong>de</strong>n Diluvialufer <strong>de</strong>r schiffbaren Weichsel, dort, wo eine<br />
Moränewelle mit tonigem Untergrund unmittelbar an <strong>de</strong>n Fluss herantritt, 80 m über<br />
Meeresspiegel. Die Flussnie<strong>de</strong>rung ist hier nur 1100 m breit. Seit langem lag hier eine<br />
Verkehrskreuzung: aus <strong>de</strong>m Balkanraum zur Ostsee, und aus <strong>de</strong>m Wartheland nach
Russland. So wur<strong>de</strong> Warschau später zum be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Eisenbahnknotenpunkt. (Bahnen:<br />
W.–Wilna, W.–Kowel, W.–Siedlce, W.–Czenstochau, W.–Kalisch, W.–Lodz, W.–Kutno,<br />
W.–Danzig, W.-Posen, W.-Laskowitz.) Diesen Verkehr bewältigen fünf Bahnhöfe....<br />
Der Flugplatz Okecie liegt im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Stadt..."<br />
Die üblichen einleiten<strong>de</strong>n Bemerkungen, dachte Roberts. Entstammen vermutlich <strong>de</strong>m<br />
Oxford-Lexikon o<strong>de</strong>r einem <strong>Band</strong> <strong>de</strong>r Geographischen Jahrbücher. Diluvialufer und<br />
Moränewelle, schöner Unsinn. Das hätten sie sich sparen können. Schließlich sind wir hier<br />
kein Institut, das die Eiszeitphasen erforschen will.<br />
Das nächste Blatt brachte <strong>de</strong>n Stadtplan, in <strong>de</strong>m es von schwer aussprechbaren<br />
Straßenbezeichnungen wimmelte: Nowy Swiat, Marszalowska, Kierbedz-Brücke, Plac<br />
Zbawiciela, Aleja Ujazdowska, Plac Napoleona. Die wichtigsten öffentlichen Gebäu<strong>de</strong> und<br />
Werke (Metall- und Maschinenindustrie, graphische Betriebe, Chemie, Sei<strong>de</strong>, Jute,<br />
Elektrizität) waren rot umran<strong>de</strong>t.<br />
Er blätterte um. Das hier war eine Aufstellung aller <strong>de</strong>utschen Dienststellen, die sich<br />
gegenwärtig in Warschau befan<strong>de</strong>n: Etappenstäbe, Stadtkommandant,<br />
Nachschubformationen, Arbeitsamt, Soldatenheim, die Reichsbahn, Lazarette. Nicht einmal<br />
die Entlausungsanstalt war vergessen wor<strong>de</strong>n.<br />
Roberts hielt diese Liste für ziemlich wertlos, da sich mit <strong>de</strong>m Herannahen <strong>de</strong>r Front<br />
dauernd Verän<strong>de</strong>rungen ergeben mussten. Dasselbe galt in noch stärkerem Maße für die<br />
nun folgen<strong>de</strong>n Berichte über Art und Anzahl <strong>de</strong>r dort stationierten <strong>de</strong>utschen Truppen. Aber<br />
vielleicht wur<strong>de</strong>n diese Angaben durch Funkspruch laufend ergänzt?<br />
"Erklären Sie ihm das", brummte Hayes, ohne aufzusehen.<br />
"Bevor ich Ihnen Näheres mitteile", begann Major Fawcett, "weise ich beson<strong>de</strong>rs darauf hin,<br />
dass es sich um eine Angelegenheit han<strong>de</strong>lt, die über <strong>de</strong>n normalen Rahmen hinaus aufs<br />
strengste geheim zu halten ist. – – Wie Sie wahrscheinlich wissen, überschreiten Teile <strong>de</strong>r<br />
I. weißrussischen Heeresgruppe unter Marschall Rokossowski im Augenblick bereits <strong>de</strong>n<br />
Bug. Sie dürften die Weichsel..."<br />
"Hab' <strong>de</strong>m Captain das vorhin an Ihrer Karte erläutert", unterbrach ihn <strong>de</strong>r Komman<strong>de</strong>ur.<br />
"Jawohl, Sir. Ich kann mich also kurz fassen. Angesichts dieser Lage sieht die polnische<br />
Exilregierung in London nunmehr die Möglichkeit, aktiv in <strong>de</strong>n Kampf zur Vertreibung <strong>de</strong>r<br />
Deutschen einzugreifen. Die Zahl <strong>de</strong>r polnischen Wi<strong>de</strong>rstandskämpfer übertrifft die <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Streitkräfte, die zu ihrer Bekämpfung abgezogen wer<strong>de</strong>n können, um ein<br />
Mehrfaches. Sie warten nur auf das Signal, das ihnen die Regierung Mikolajczyk gibt, um<br />
sich im Rücken <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Heeres zu erheben. Der Schwerpunkt <strong>de</strong>s Aufstan<strong>de</strong>s wird<br />
in Warschau liegen. Die Operation trägt <strong>de</strong>n Decknamen '<strong>Unternehmen</strong> <strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>'.<br />
Unsere Aufgabe ist es dabei, <strong>de</strong>n polnischen Verbün<strong>de</strong>ten die Hilfe zu geben, die wir ihnen<br />
im September 39 aus bekannten Grün<strong>de</strong>n nicht leisten konnten. Verstehen Sie <strong>de</strong>n<br />
Zusammenhang?"<br />
"Durchaus..."
"Gut. Ich komme jetzt zu <strong>de</strong>n Einzelheiten. Im Rahmen dieses Projekts, das eins <strong>de</strong>r<br />
be<strong>de</strong>utendsten seiner Art im Verlauf <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges sein dürfte, fällt unserer<br />
Einheit eine wichtige Aufgabe zu: Das Absetzen polnischer Patrioten und an<strong>de</strong>rer<br />
geeigneter Personen, die die Führung <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstandskämpfer übernehmen wer<strong>de</strong>n, im<br />
Raum von Warschau..."<br />
Trotz <strong>de</strong>r dürren, unpathetisch und leise gesprochenen Worte <strong>de</strong>s Majors erfasste Roberts<br />
sofort die ungeheure Tragweite <strong>de</strong>s Planes. Er erschien ihm kühn und großartig. Die von<br />
<strong>de</strong>n Russen zertrümmerten Bruchstücke <strong>de</strong>r Wehrmacht wür<strong>de</strong>n über die Weichsel<br />
zurückfluten, vielleicht schon in halber o<strong>de</strong>r vollständiger Auflösung, wie einst die Große<br />
Armee Napoleons über die Beresina. Eine offene Erhebung <strong>de</strong>s polnischen Volkes in<br />
diesem Augenblick musste <strong>de</strong>n völligen Zusammenbruch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Ostarmee und<br />
damit ein baldiges Kriegsen<strong>de</strong> zur Folge haben! Schluss mit <strong>de</strong>n Nazis! Hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong><br />
britischer, amerikanischer und russischer Männer brauchten ihr Blut nicht mehr zu<br />
vergießen! Der Sieg schien in greifbare Nähe gerückt...<br />
"Die Organisierung <strong>de</strong>r Fallschirmabsprünge, von <strong>de</strong>nen ich sprach", sagte Fawcett<br />
gedämpft, "überträgt <strong>de</strong>r Komman<strong>de</strong>ur Ihnen."<br />
Roberts blickte verwirrt auf.<br />
"Ja..., aber ich habe keine Ahnung von Polen..."<br />
"Sie wissen, dass unser Polenspezialist, Captain Goldman, sich zurzeit in Italien befin<strong>de</strong>t.<br />
Die Aktion muss aber von hier aus, in enger Zusammenarbeit mit Sosnkowskis Stab,<br />
eingeleitet wer<strong>de</strong>n."<br />
"Captain Goldman könnte mit <strong>de</strong>m Flugzeug in zehn Stun<strong>de</strong>n hier sein..."<br />
"Kaum. Er brauchte, mit Zwischenlandung in Gibraltar, min<strong>de</strong>stens vierzehn Stun<strong>de</strong>n. Die<br />
Aktion muss aber sofort gestartet wer<strong>de</strong>n. Sie haben Goldmans Leute."<br />
Roberts gab es auf, zu wi<strong>de</strong>rsprechen. Zwar war er für die gegenwärtig mit Aufträgen<br />
vollkommen überlastete Deutschlandabteilung verantwortlich; doch hoffte er zu beweisen,<br />
dass er in zwei Jahren Dienst im Heimatgebiet das Wichtigste noch nicht verlernt hatte:<br />
einzuspringen, wenn es sein musste, und zu improvisieren. "Selbstverständlich wer<strong>de</strong> ich<br />
tun, was ich kann."<br />
Der Colonel hob die Hand.<br />
"Wir wollen auf das da", er klopfte auf Roberts Bericht, <strong>de</strong>r in seinen kräftigen Fingern<br />
knisterte, "noch einmal zurückkommen. Fünfundzwanzig Fässer Gasolin..., eine<br />
unangenehme Geschichte. Sie taten gut, Captain, sich <strong>de</strong>r Sache anzunehmen."<br />
"Ich hielt es für meine Pflicht, Sir."<br />
"Fünfundzwanzig Fässer", bemerkte Hayes kummervoll. "Man kann es nicht gera<strong>de</strong> eine<br />
Kleinigkeit nennen."<br />
"Diese tausend Gallonen bringen im Schwarzhan<strong>de</strong>l acht- bis zehntausend Schilling,<br />
Colonel", stellte Roberts fest. "Man kann sich einen Wagen dafür kaufen."
"Einen gebrauchten höchstens", versetzte Fawcett. "Mit tausend Gallonen übrigens kommt<br />
ein einziger 'Lancaster'-Bomber knapp bis nach Berlin. Aber nicht zurück. Es empfiehlt sich<br />
nicht immer, Geschrei zu erheben. Wir wer<strong>de</strong>n die Posten verstärken, um künftighin..."<br />
"Aber unsere Jungs fragen, wo <strong>de</strong>r Sprit geblieben ist! Sie wissen, dass tausend Gallonen<br />
fehlen..."<br />
"In zwei Wochen <strong>de</strong>nken sie nicht mehr daran."<br />
"Major, sie erwarten im Gegenteil eine Untersuchung <strong>de</strong>r Vorgänge..."<br />
"Wer sagt Ihnen, dass diese Untersuchung nicht stattfin<strong>de</strong>n soll?", fragte Fawcett sanft,<br />
"nur wird man kaum so vorgehen können, wie Sie es sich vorstellen. Erwägen wir einmal<br />
objektiv, in welcher Richtung sich unsere Ermittlungen bewegen müssten. Da sind zunächst<br />
die vielen ausländischen Emigranten, die hier im Umkreis wohnen und mit <strong>de</strong>nen wir<br />
zusammenarbeiten: Franzosen, Hollän<strong>de</strong>r, Tschechen, Jugoslawen, Norweger, Dänen und<br />
so weiter. Sie leben bei uns im Allgemeinen unter schwierigen materiellen Bedingungen, und<br />
es ist möglich, dass in ihren Reihen die Täter zu suchen sind. Aber wäre es wohl klug,<br />
unsere Verbün<strong>de</strong>ten durch Verhöre zu verärgern? Wegen eines Benzin<strong>de</strong>fizits, das <strong>de</strong>m<br />
halben Verbrauch einer 'Lancaster' entspricht? Können wir es uns leisten, die Militärpolizei<br />
auf unsere Helfer zu hetzen?"<br />
"Zweifellos wäre es besser, wenn wir zuerst bei uns selbst anfingen."<br />
Fawcett lächelte dünn.<br />
"Captain Roberts", sagte er leise, "kennen Sie eine Miss Harald? Sie ist eine Bekannte von<br />
Lieutenant Gregory und, wie ich glaube, auch von Ihnen..."<br />
Roberts hatte das Empfin<strong>de</strong>n, alles Blut schieße ihm ins Gesicht. Fawcetts Behauptung traf<br />
zu, er pflegte niemals etwas offenbar Falsches zu sagen, und doch war es eine beispiellose<br />
Gemeinheit, sie in diesem Zusammenhang vorzutragen! Und <strong>de</strong>r Colonel? Warum dul<strong>de</strong>t er,<br />
dass man dich in seiner Gegenwart beleidigt? Er schien in diesem Spiel die Rolle <strong>de</strong>s<br />
unbeteiligten Zuhörers zu beanspruchen, <strong>de</strong>r über <strong>de</strong>n Parteien steht. – Zum zweiten Mal<br />
dachte Roberts, dass <strong>de</strong>r ehemalige Anwalt für <strong>de</strong>n Komman<strong>de</strong>ur gera<strong>de</strong>zu unentbehrlich<br />
sein musste.<br />
"Sehen Sie", fuhr Fawcett beinahe flüsternd fort, "wir könnten, gesetzt <strong>de</strong>n Fall, Ihr<br />
Verdacht bewahrheitete sich, Lieutenant Gregory einsperren lassen. Sei es auch nur wegen<br />
Fahrlässigkeit. Jedoch, was hätten wir davon? Er fehlte uns. Sie wissen, wie dringend wir<br />
je<strong>de</strong>n einzelnen Mann, je<strong>de</strong>n Offizier brauchen. Wir je<strong>de</strong>nfalls haben kein Interesse..."<br />
Hayes schaltete ihn durch eine Handbewegung aus. Wahrscheinlich hielt er die Metho<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s persönlichen Angriffs, <strong>de</strong>ren sich <strong>de</strong>r Major bediente, nicht für wirksam.<br />
"Wir wollen offen re<strong>de</strong>n!", rief er. "Captain, Sie müssen begreifen, dass ich jetzt keinen<br />
Kriminalfall gebrauchen kann. Selbstverständlich soll <strong>de</strong>r Vorgang genau geprüft wer<strong>de</strong>n,<br />
aber die Form Ihres Berichts wür<strong>de</strong> mich zwingen, ihn an übergeordnete Stellen<br />
weiterzuleiten. Verstehen Sie das? Ich habe ihn Satz für Satz gelesen. So, wie Sie ihn<br />
aufgemacht haben, ist es eine Angelegenheit für das Kriegsgericht."
"Ich habe einfach das nie<strong>de</strong>rgeschrieben, was ich in Erfahrung bringen konnte."<br />
"Gut", sagte <strong>de</strong>r Oberst, "das ist klar. Sie han<strong>de</strong>lten in bester Absicht. Die Frage ist nun,<br />
sind Sie bereit, mit Rücksicht auf <strong>de</strong>n Ruf unseres Geschwa<strong>de</strong>rs und das Ansehen <strong>de</strong>r<br />
ausländischen Helfer, Ihren Bericht zurückzuziehen und ihn in gemäßigter Form neu<br />
einzureichen?"<br />
Roberts zögerte. Das ganze Gere<strong>de</strong> über die Form <strong>de</strong>s Berichts war Unsinn, da es um <strong>de</strong>n<br />
Inhalt ging. Ihn in "gemäßigter Form" neu vorzulegen, hieß nichts an<strong>de</strong>res, als die Aussagen<br />
<strong>de</strong>r Flugplatzwache zu unterschlagen; aus <strong>de</strong>m "Ermittlungsverfahren gegen Lieutenant<br />
Gregory" wur<strong>de</strong> dadurch ein "Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt", das von Fawcett mit<br />
Hinweis auf die Emigranten, die man keinesfalls verärgern dürfe, leicht nie<strong>de</strong>rgeschlagen<br />
wer<strong>de</strong>n konnte. Stimmte er jetzt zu, so be<strong>de</strong>utete dies das En<strong>de</strong> aller Untersuchung. Seine<br />
abgemil<strong>de</strong>rte Eingabe wür<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>rjenigen gelegt wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>r er im April auf die<br />
niemals ausgeteilten amerikanischen Konserven hingewiesen hatte, – und eines Tages<br />
verschwun<strong>de</strong>n sein. Weigerte er sich aber, so mochte das für ihn selbst einige<br />
unangenehme Folgen haben. Doch wur<strong>de</strong> dann einmal gründlich reiner Tisch gemacht; er<br />
konnte seinen Jungs wie<strong>de</strong>r in die Augen sehen...<br />
"Überlegen Sie es sich in Ruhe", riet Fawcett, "Sie müssen nicht gleich antworten."<br />
"Colonel", sagte Roberts, "ich möchte <strong>de</strong>n Bericht lieber so aufrechterhalten, wie er jetzt ist.<br />
Er entspricht <strong>de</strong>n Tatsachen, soweit sie mir bekannt gewor<strong>de</strong>n sind."<br />
Colonel Hayes nickte schwerfällig. Sein rötliches Antlitz färbte sich um eine Spur dunkler,<br />
doch beherrschte er sich ausgezeichnet. "Wir dürfen und wollen keinerlei Druck auf Sie<br />
ausüben", stellte er fest. Er versah <strong>de</strong>n Bericht mit seinem Sichtvermerk und reichte ihn<br />
Fawcett zu.<br />
"Heute ist es schon zu spät", bemerkte <strong>de</strong>r Major, "morgen geht er <strong>de</strong>r Militärpolizei zu.<br />
Sollten Sie, Captain Roberts, in <strong>de</strong>r Zwischenzeit Ihren Entschluss än<strong>de</strong>rn, so lassen Sie es<br />
mich wissen."<br />
"Wir müssen uns", sagte <strong>de</strong>r Komman<strong>de</strong>ur, "noch einmal mit <strong>de</strong>r polnischen Frage<br />
beschäftigen. Ich glaube, <strong>de</strong>r Major ist vorhin nicht dazu gekommen, Ihnen alles richtig zu<br />
erklären. In erster Linie setzen wir natürlich polnische Emigranten in <strong>de</strong>r Nähe Warschaus<br />
ab. Aber da später auch Ausrüstungsstücke britischen o<strong>de</strong>r amerikanischen Ursprungs<br />
abgeworfen wer<strong>de</strong>n, müssen die Aufständischen jeman<strong>de</strong>n haben, <strong>de</strong>r ihnen <strong>de</strong>n Gebrauch<br />
dieser alliierten Erzeugnisse erklärt. Was die Waffen betrifft, so habe ich keine Sorge. Es<br />
sind jedoch auch kompliziertere Dinge dabei, Funkgeräte, Radiosen<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>rgleichen.<br />
Kurz, wir haben uns entschlossen, einen eigenen Mann zu schicken, <strong>de</strong>r die Polen berät.<br />
Auch in taktischer und operativer Hinsicht. Begreifen Sie die Notwendigkeit, Captain?"<br />
"Jawohl, Sir."<br />
"Nun gut. Dieser Mann wer<strong>de</strong>n Sie sein."<br />
Roberts konnte nicht antworten. Die Zunge lag ihm wie ein dicker, schwerer Kloß im Mund.
Der Schlag ist gefallen, dachte er. Sein Blick irrte über die fast kahlen Wän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Raumes,<br />
blieb an <strong>de</strong>m breiten, schartigen Beduinensäbel hängen, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Griff einer Nilpferdpeitsche<br />
und <strong>de</strong>r rostige Lauf eines unendlich langen arabischen Vor<strong>de</strong>rla<strong>de</strong>rs kreuzten. Die<br />
Trophäen <strong>de</strong>s Colonels verschwammen ihm vor <strong>de</strong>n Augen.<br />
"Ich spreche nicht polnisch...", hörte er sich sagen.<br />
"Sie sprechen <strong>de</strong>utsch", erinnerte Fawcett leise. Etwas wie Mitleid schwang in seiner<br />
Stimme.<br />
"Und das genügt", ergänzte Hayes.<br />
"Ich verstehe kein Wort polnisch...", wie<strong>de</strong>rholte <strong>de</strong>r Captain sinnlos. Ev, dachte er<br />
verzweifelt. Du siehst sie nicht wie<strong>de</strong>r...<br />
"Es gibt bei uns kaum Leute, die polnisch und <strong>de</strong>utsch sprechen", erwähnte Fawcett.<br />
"Je<strong>de</strong>r zweite Pole versteht <strong>de</strong>utsch", behauptete <strong>de</strong>r Colonel, "nach fünf Jahren<br />
Okkupation!"<br />
"Wir haben an Sie gedacht", flüsterte Fawcett, "weil Sie damals in Tobruk mit dabei waren,<br />
als Rommel die Festung einschloss. Sie haben Erfahrung in solchen Dingen."<br />
"Wäre ich in Ihrem Alter", rief Hayes, "ich wür<strong>de</strong> selbst fliegen!"<br />
"Sie brauchen nicht einmal Ihren Namen zu än<strong>de</strong>rn", sagte <strong>de</strong>r Major ohne <strong>de</strong>n leisesten<br />
Anflug von Spott, "Alfred Roberts – ein <strong>de</strong>utscher Name."<br />
"Nun, Captain, wie <strong>de</strong>nken Sie darüber?"<br />
"Denn, wer sollte es sonst übernehmen? Schließlich – Sie haben keine Angehörigen..."<br />
Roberts hörte ihre Worte, doch verstand er nicht, was sie sagten. Bald sprach <strong>de</strong>r eine,<br />
bald <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re. Er begriff nur, dass sie ihn um je<strong>de</strong>n Preis nach Warschau schicken<br />
wollten. Alles Übrige schien ihnen nebensächlich zu sein. Warschau, jagte es ihm durch <strong>de</strong>n<br />
Kopf, Moränewelle und Diluvialufer – Ev Harald – Lieutenant Gregory – tausend Gallonen<br />
Sprit – <strong>de</strong>r halbe Bedarf einer "Lancaster" – <strong>de</strong>in alberner Tatbericht – Aufstand im Rücken<br />
<strong>de</strong>r Deutschen – Warschau – Warschau – Warschau...<br />
Bist du ein Feigling? Hast du nicht vorhin... <strong>de</strong>n Plan gutgeheißen... ihn kühn und großartig<br />
genannt... und nun, da du selbst...<br />
"Colonel, ich gehe nach Warschau."<br />
"Ich danke Ihnen. Ich kann natürlich keinen <strong>de</strong>rartigen Befehl aussprechen; Sie gehen<br />
freiwillig. Sie wer<strong>de</strong>n Ihre Uniform zurücklassen müssen, und Sie wissen, was das<br />
be<strong>de</strong>utet."<br />
"Sie stehen dann außerhalb <strong>de</strong>r Genfer Konvention", erklärte Fawcett (ganz überflüssig,<br />
wie Roberts fand, und in ekelerregend besorgtem Ton), "die Deutschen können Sie ohne<br />
weiteres erschießen lassen."<br />
"Sie müssten mich erst haben, Major. Wann starte ich?"<br />
"Nicht vor morgen Abend. Zunächst müssen Sie die Gesamtaktion organisieren. – Sollten
Sie Ihren freiwilligen Entschluss eventuell än<strong>de</strong>rn, so lassen Sie es <strong>de</strong>n Komman<strong>de</strong>ur<br />
wissen."<br />
"Ich <strong>de</strong>nke, es bleibt dabei."<br />
"Es wird gewiss alles klargehen, alter Junge", brüllte Hayes, "ich wusste, dass ich mich auf<br />
Sie verlassen kann. Wir drücken Ihnen bei<strong>de</strong> Daumen!"<br />
Plötzlich stan<strong>de</strong>n Kognakgläser auf <strong>de</strong>m Tisch.<br />
"Für mich nur halb voll, Sir", bat Fawcett.<br />
"Sie wer<strong>de</strong>n die Siegesfeier in Warschau erleben!", rief <strong>de</strong>r Colonel. Er schenkte ein.<br />
"Die polnischen Mädchen sollen nicht ohne sein", ergänzte Major Fawcett lächelnd.<br />
"Sie wer<strong>de</strong>n echten Slibowitz trinken, Captain!" Hayes hob sein Glas, <strong>de</strong>ssen Inhalt, eine<br />
farblose Flüssigkeit, überzuschwappen drohte.<br />
In diesem Augenblick schnarrte <strong>de</strong>r Fernsprecher.<br />
Fawcett nahm <strong>de</strong>n Hörer ab. Eine scharfe Stimme quakte in <strong>de</strong>r Membrane.<br />
"Sind Sie sicher?", erkundigte sich <strong>de</strong>r Major zweimal. Dann hängte er ein.<br />
"Vor einer halben Stun<strong>de</strong> ist auf Hitler ein Attentat verübt wor<strong>de</strong>n. Anscheinend nicht ohne<br />
Erfolg. Zurzeit weiß niemand, wer in Deutschland die Macht hat: die Nazis, die Generäle<br />
o<strong>de</strong>r wer sonst."<br />
"Eine gute Nachricht!", sagte Roberts. Er ertappte sich dabei, dass wie ein leuchten<strong>de</strong>r<br />
Funke ihn die Hoffnung durchzuckte: du fliegst nicht nach Warschau... jetzt ist das vielleicht<br />
überflüssig gewor<strong>de</strong>n...<br />
"Eine Nachricht, die erst bestätigt wer<strong>de</strong>n muss", bemerkte Fawcett. "Wir haben keine<br />
Einzelheiten."<br />
"Ich... glaube nicht daran...", versetzte <strong>de</strong>r Komman<strong>de</strong>ur schwerfällig. Er wollte trinken;<br />
doch er hatte das Glas umgestoßen.<br />
Irgendwo in <strong>de</strong>r Ferne rollte ein dumpfer, Unheil verkün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Donner. Im Herzen Londons<br />
barsten Mauern; brachen Häuser auseinan<strong>de</strong>r.<br />
Die Fenster klirrten leise...
2. Der Abschuss<br />
"Und darum müssen wir <strong>de</strong>r Vorsehung danken, Kamera<strong>de</strong>n, dass sie diesmal wie<strong>de</strong>r, wie<br />
schon vor sechs Jahren bei <strong>de</strong>m ruchlosen jüdischen Zeitzün<strong>de</strong>r-Attentat im Münchener<br />
Bürgerbräukeller und bei unzähligen an<strong>de</strong>ren Gelegenheiten, von <strong>de</strong>nen wir gar nichts<br />
wissen, ihre schützen<strong>de</strong> Hand über unseren Führer gehalten hat. Die feigen Mordbanditen –<br />
es sind zumeist <strong>de</strong>generierte Adlige, von <strong>de</strong>nen glücklicherweise niemand unserer<br />
Waffengattung, <strong>de</strong>r Luftwaffe, angehörte –, haben sich verrechnet! Unser Führer lebt!!"<br />
Jemand rülpste.<br />
Oberwachtmeister Störtebecker spähte vom Rednerpodium hinab suchend in die Menge,<br />
vermochte aber nicht festzustellen, welches Schwein das gewesen sei. Manchmal verrieten<br />
die Banknachbarn durch ihr Grinsen <strong>de</strong>n Täter. Aber diesmal – nichts.<br />
Mü<strong>de</strong>r Haufen heute, dachte Störtebecker zornig. Na ja, die Hitze. Aber schließlich: Dienst<br />
ist Dienst.<br />
"Reißt euch mal ein bisschen zusammen, Männer", mahnte er, "ich schwitze auch. Denkt<br />
mal an die Afrikakämpfer, die braten Spiegeleier auf ihren Panzern, da herrschen ganz<br />
an<strong>de</strong>re Hitzegra<strong>de</strong>... Was haben Sie da zu murmeln, Faber? Stehen Sie auf!"<br />
Der neunzehnjährige Gefreite Jürgen Faber schnellte hoch; ein langaufgeschossener Junge<br />
mit welligem blon<strong>de</strong>m Haar und spöttischen Augen. "Bitte Herrn Oberwachtmeister darauf<br />
aufmerksam machen zu dürfen, dass seit Mai 43 in Afrika keinerlei Kampfhandlungen mehr<br />
stattfin<strong>de</strong>n."<br />
Wi<strong>de</strong>r Erwarten lächelte Störtebecker diplomatisch. "Gut", brummte er, "ich wollte nur mal<br />
feststellen, ob hier eigentlich noch zugehört wird. Setzen."<br />
Der Gefreite Faber klappte augenblicklich zusammen und nahm, die Hän<strong>de</strong> flach auf <strong>de</strong>n<br />
Knien, eine so starre Sitzhaltung an, wie sie nicht einmal die Heeresdienstvorschrift von<br />
Rekruten verlangte.<br />
Warte, Bürschchen, dachte Störtebecker. Dir versaue ich <strong>de</strong>n nächsten Wochenendurlaub;<br />
<strong>de</strong>ine Frechheiten habe ich satt. Wenn du <strong>de</strong>nkst, weil du das Abitur hast, kannst du einen<br />
Portepeeträger verarschen, dann sollst du mich kennenlernen. Beim nächsten<br />
Stubendurchgang nehme ich mir <strong>de</strong>in Spind vor, und dann wollen wir mal sehen, was mit<br />
Afrika ist, du grüner Lümmel...<br />
Dies alles brüllte <strong>de</strong>r Oberwachtmeister nicht laut heraus; ganz gegen seine Gewohnheit<br />
dachte er es nur. Denn es waren in <strong>de</strong>r Kantinenbaracke (<strong>de</strong>r ständigen Stätte seiner<br />
weltanschaulichen Schulungen) nicht nur die Unteroffiziere und Mannschaften <strong>de</strong>r schweren<br />
Flakbatterie 1./539 zugegen, son<strong>de</strong>rn auch ihre zwei Offiziere. Darauf musste Rücksicht<br />
genommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Batteriechef allerdings, <strong>de</strong>r glatzköpfige und klapprige Hauptmann Stodte, zählte nicht<br />
recht. Das war ein verkalkter Sechziger, pensionierter Regierungsrat <strong>de</strong>r Berliner<br />
Wasserstraßendirektion, <strong>de</strong>r die maßlose Torheit begangen hatte, sich als alter<br />
Weltkriegsoffizier freiwillig zum Wehrdienst zu mel<strong>de</strong>n. Über ihn ging das Gerücht, er sei
lei<strong>de</strong>nschaftlicher Käfersammler und habe außer<strong>de</strong>m eine wissenschaftliche Abhandlung<br />
über Regulierung und Erschließung einiger südafrikanischer Flüsse geschrieben.<br />
Verschrobener Gelehrtentyp, urteilte Störtebecker, litt natürlich auch unter <strong>de</strong>m – wie <strong>de</strong>r<br />
Führer es prägnant ausgedrückt hatte – <strong>de</strong>utschen Objektivitätsfimmel. Seinen Spitznamen<br />
"Onkel Sambesi", <strong>de</strong>r ihn als vertrottelten, sich von <strong>de</strong>r Volksgemeinschaft abson<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />
Einzelgänger kennzeichnete, trug er zu Recht. Jetzt übrigens war sein Glatzkopf be<strong>de</strong>nklich<br />
weit vornüber gesunken: Hauptmann Sambesi schien zu schlafen. Ein gewohntes Bild und<br />
zugleich ein Schandfleck für die Batterie. Stets kämpfte er während <strong>de</strong>r Schulungsvorträge<br />
eine Zeitlang gegen bleierne Müdigkeit an, schreckte wohl noch ein paar Mal hoch, um dann<br />
endgültig unter leisem Röcheln einzupennen. Sollte er doch auf seiner Bu<strong>de</strong> bleiben! Als<br />
Offizier war er keineswegs verpflichtet, an diesem Unterricht teilzunehmen. Wollte<br />
wahrscheinlich 'nen guten Eindruck schin<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r alte Ziegenbock. So aber nicht, mein<br />
Lieber, so nicht...!<br />
Oberwachtmeister Störtebecker überflog kurz seinen Re<strong>de</strong>entwurf. Er hatte eingangs über<br />
das gestrige Hitlerattentat gesprochen und kam nun erst zum eigentlichen Thema. Es war<br />
nicht eins <strong>de</strong>r üblichen, wie etwa "Um Blut und Bo<strong>de</strong>n", "Nie wie<strong>de</strong>r Versailles", "Systemzeit<br />
– 15 Jahre Schmach und Schan<strong>de</strong>", "Der Bolschewismus ohne Maske", "Deutschland –<br />
Wesen, Wer<strong>de</strong>n, Wirken", "Volk und Rasse", o<strong>de</strong>r "1918 – unbesiegt verraten"; Dinge, die<br />
man als ehemaliger SA-Scharführer, Kreispropagandaleiter und Träger <strong>de</strong>s Gol<strong>de</strong>nen<br />
Ehrenzeichens ohne weiteres aus <strong>de</strong>m Ärmel schüttelte. Son<strong>de</strong>rn etwas ziemlich Kniffliges.<br />
Aber auch das musste sein, <strong>de</strong>nn es stand ja auf <strong>de</strong>m Dienstplan.<br />
"Kamera<strong>de</strong>n", begann er, "an <strong>de</strong>r Spitze meines Vortrags soll wie stets ein Wort Adolf<br />
Hitlers stehen. Der Führer sprach es am 19. Oktober 1935 aus: 'Nur wer dauernd nach<br />
Höchstleistungen strebt, kann sich in dieser Welt durchsetzen.' Unser heutiges Thema heißt:<br />
Lohn und Leistung. Es befasst sich mit <strong>de</strong>r nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik."<br />
Schon während Störtebecker dies sprach, war ihm nicht beson<strong>de</strong>rs wohl zumute. Er sollte<br />
über die Wirtschaft re<strong>de</strong>n, und das war ein Gegenstand, von <strong>de</strong>m auch an<strong>de</strong>re<br />
möglicherweise etwas wussten und über <strong>de</strong>n man nicht irgendwelche Sprüche machen<br />
konnte. Zwar hatte er sich gründlich vorbereitet, Stichpunkte notiert und hoffte, es wer<strong>de</strong><br />
ihm gelingen, allen Klippen auszuweichen. Doch wusste man, was für Zwischenfragen<br />
kamen? Zu<strong>de</strong>m störte ihn die Anwesenheit <strong>de</strong>s Leutnants Tolkemit, <strong>de</strong>r (im Gegensatz zu<br />
Sambesi) auf <strong>de</strong>r letzten Bank hockte und aufmerksam lauschte.<br />
Auch Tolkemit hatte hier eigentlich nichts zu suchen. Aber während <strong>de</strong>r greise Batteriechef<br />
mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r aus Angst gekommen war, man möge an seiner politischen<br />
Zuverlässigkeit zweifeln, saß Tolkemit hier, weil er anschließend einen Vortrag über<br />
Flakschießlehre halten wollte. Der Leutnant, ein vierzigjähriger Mann, <strong>de</strong>r eine scharfe Brille<br />
trug, war im Zivilleben Lehrer in einer märkischen Kleinstadt. Solange ihm nicht zu Ohren<br />
kam, dass man hinter seinem Rücken seinen Namen umdrehte und ihn etwa als Molketitt<br />
aussprach, pflegte er verträglich zu sein. Er war als Meisterpädagoge in allen Berliner<br />
Flakbatterien bekannt, die er mit <strong>de</strong>r Hartnäckigkeit eines Wan<strong>de</strong>rpredigers bereiste, um<br />
auch <strong>de</strong>m allerdümmsten Kanonier die Grundbegriffe <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Flakschießlehre<br />
einzutrichtern. Da Störtebecker ebenfalls im Regimentsbereich überall umherfuhr und vor
je<strong>de</strong>r Einheit sprach, hatte sich zwischen ihnen ein gewisser Konkurrenzneid entwickelt.<br />
Dieser Arschpauker, dachte <strong>de</strong>r Oberwachtmeister, soll sich nur nicht einbil<strong>de</strong>n, er könne<br />
bessere Vorträge halten als ein alter Kämpfer, <strong>de</strong>r mit seinen Re<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Führer zur Macht<br />
verholfen hat. Freilich, seien wir ehrlich: nicht immer mit Re<strong>de</strong>n allein. Auch Stuhlbeine und<br />
Biersei<strong>de</strong>l spielten manchmal eine Rolle. Das fiel lei<strong>de</strong>r hier weg. Aber wir stehen auch so<br />
unseren Mann.<br />
"In <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>r schlimmsten Arbeitslosigkeit", eröffnete Störtebecker nunmehr sein<br />
Referat, "konnte man auf <strong>de</strong>n Berliner Arbeitsämtern gelegentlich einen sehr<br />
charakteristischen Vorgang beobachten. Ein Mann sprang auf eine Bank und rief <strong>de</strong>n rings<br />
warten<strong>de</strong>n Arbeitslosen mit lauter Stimme zu: 'Alles mal herhören! Ich bin Schuhmacher und<br />
suche einen Tapezierer, <strong>de</strong>r mir meine Stube tapeziert. Ich besohle ihm dafür seine Stiefel.<br />
Ist einer da, <strong>de</strong>r tapezieren kann und ein Paar Schuhsohlen braucht?' Nun, Kamera<strong>de</strong>n,<br />
vielleicht fand sich einer, vielleicht auch nicht. Das Schwierige war dabei, dass einer, <strong>de</strong>r<br />
tapezieren konnte, auch gera<strong>de</strong> Schuhsohlen brauchte und nicht zum Beispiel ein paar<br />
Zentner Kohlen. Das Problem <strong>de</strong>r Arbeitsbeschaffung wur<strong>de</strong> aber durch diesen Vorgang in<br />
ganz ein<strong>de</strong>utiger Weise umschrieben: Auf <strong>de</strong>r einen Seite stan<strong>de</strong>n die arbeitsbereiten<br />
Menschen und auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite die Konsumenten. (Er unterbrach sich und spähte<br />
lauernd umher.)<br />
Stabsgefreiter Sieverle, was sind Konsumenten? Sitzen bleiben! Also, was sind<br />
Konsumenten?"<br />
Sieverle glotzte.<br />
"Sie wissen nicht, was Konsumenten sind? Warum wird dann nicht gefragt? Hier braucht<br />
sich keiner zu genieren!"<br />
"Ich... ich hab' das mal gewusst, Herr Oberwachtmeister", verteidigte sich Sieverle hilflos.<br />
"Dann <strong>de</strong>nken Sie mal nach, Mann. Schließlich sind das die elementarsten<br />
volkswirtschaftlichen Grundtatsachen."<br />
"Konsumenten", sagte Sieverle, <strong>de</strong>r sich besann, worauf Störtebeckers Unterricht meist<br />
hinauslief, "sind Ju<strong>de</strong>n."<br />
"Ruhe!", gebot Störtebecker. "Es ist unkameradschaftlich, darüber zu lachen. Konsumenten<br />
sind Verbraucher, merken Sie sich das. Die Leute, die Ihre Milchsuppe essen, sind die<br />
Konsumenten, während Sie <strong>de</strong>r Produzent sind, weil Sie <strong>de</strong>n Pamps gekocht haben. Haben<br />
Sie das verstan<strong>de</strong>n?"<br />
"Jawohl, Herr Oberwachtmeister."<br />
"Ich komme zurück zur Wirtschaftskrise. Die arbeitsbereiten Menschen stellten nun – in<br />
ihrer Gesamtheit – gleichzeitig wie<strong>de</strong>r die Konsumenten dar. Die erste Aufgabe <strong>de</strong>r<br />
Arbeitsbeschaffung war, diese bei<strong>de</strong>n Menschengruppen wie<strong>de</strong>r zueinan<strong>de</strong>r in natürliche<br />
wirtschaftliche Beziehungen zu bringen."<br />
Jürgen Faber neigte sich zu seinem Nachbarn, einem breitschultrigen, dunkelhaarigen<br />
Kanonier gleichen Alters. "Bis jetzt spricht er halbwegs vernünftig", kommentierte er
flüsternd.<br />
"Pass auf, wie es weitergeht", raunte <strong>de</strong>r zurück und lächelte unmerklich.<br />
"Der oben geschil<strong>de</strong>rte Vorgang", rief Störtebecker, <strong>de</strong>r dadurch verriet, dass er ablas,<br />
"beruhte auf <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>s Naturalaustausches! Dabei war es natürlich schwer, <strong>de</strong>n<br />
Bedarf <strong>de</strong>s einen mit <strong>de</strong>r Leistung <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren zusammenzubringen. Fand <strong>de</strong>r<br />
Schuhmacher seinen Tapezierer, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> Schuhe brauchte, so war die gelähmte<br />
<strong>de</strong>utsche Wirtschaft hier zu einem ganz kleinen Teil in Gang gebracht. Dieser Teil <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaftsbelebung war gar keine Arbeitsbeschaffung im eigentlichen Sinne – <strong>de</strong>nn die<br />
Arbeit war ja da, weil <strong>de</strong>r Bedarf da war! – er war nur Arbeitsorganisation,<br />
Arbeitsausgleich, Ausgleich zwischen Arbeit und vorhan<strong>de</strong>nem Bedarf. Weiter nichts..."<br />
Leutnant Tolkemit erhob sich mit einem Ruck und schritt, um Störtebecker nervös zu<br />
machen, im Mittelgang zwischen <strong>de</strong>n Bankreihen auf und ab. Seine Stiefel knarrten<br />
vernehmlich. Der Kerl hat nicht übel begonnen, stellte er fest; seine Geschichte vom<br />
arbeitslosen Schuster interessiert sie. Waren wohl auch schon mal arbeitslos gewesen, die<br />
meisten...<br />
Bloß Türpe passt nicht auf, puhlt mit <strong>de</strong>m Taschenmesser unter <strong>de</strong>n Fingernägeln. Denkt<br />
wohl, weil er Unteroffizier ist, hm? (Was sich jetzt schon so Unteroffizier nennt; mein Gott –<br />
na ja.) Der war bloß einmal zackig in seinem Leben, nämlich als Obergefreiter, kurz bevor<br />
er beför<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>. Die Mannschaft nennt ihn Gartenzwerg, und so sieht er auch aus:<br />
schlecht gewachsen, große Hän<strong>de</strong> und Füße, immer etwas schmud<strong>de</strong>lig. Übrigens braucht<br />
er sich nicht zu wun<strong>de</strong>rn, dass er keine Autorität genießt: Haben wir doch selbst<br />
beobachtet, wie er vor seinem letzten Heimaturlaub von Baracke zu Baracke gezogen ist,<br />
mit 'nem Sack in <strong>de</strong>r Hand, kaum zu glauben. Hat doch <strong>de</strong>r Kerl in je<strong>de</strong>r Stube nachgefragt,<br />
ob noch alte Brotkanten herumlägen; die wollte er seinen Karnickeln mitnehmen! Er puhlt<br />
immer noch, dieser kleine Kretin...<br />
Eine Reihe dahinter sitzt <strong>de</strong>r Küchenbulle Sieverle. Auch so ein Blindgänger. Ist das nicht<br />
überhaupt <strong>de</strong>r Bursche, <strong>de</strong>r neulich <strong>de</strong>n Skandal verursacht hat, als die Mannschaften sich<br />
weigerten, Mittagessen zu fassen? Weil dieser Pflaumenheini beim Wasserpumpen seine<br />
Zahnprothese herausrutschen und in <strong>de</strong>n Kübel mit Salzkartoffeln fallen ließ? Derselbe, <strong>de</strong>r<br />
auch seinerzeit auf <strong>de</strong>m Transport zum Schießplatz Stolpmün<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Gulaschkanone<br />
nicht zurechtkam und Nu<strong>de</strong>lsuppe mit Pfefferminztee kochte, in welcher schließlich noch ein<br />
Zigarrenstummel gefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>? Natürlich Sieverle! Jetzt sitzt er da, schwitzt und glotzt<br />
mit seinen wasserblauen Augen immer in die Ecke. Ach so, da steht das Fass mit<br />
Fliegerbier, wie das Zeug heißt. Vollkommen unlogisch übrigens, <strong>de</strong>nn die Trinken<strong>de</strong>n sind<br />
keine Flieger, und das Getränk ist nicht Bier, son<strong>de</strong>rn Brause. Abscheulich, solche<br />
unzutreffen<strong>de</strong>n Bezeichnungen. Könnte man es nicht beispielsweise "Wehrmachtsgetränk<br />
44" nennen, wie es ja auch "MG 34" o<strong>de</strong>r "Karabiner 98" hieß...<br />
Neben Sieverle hockt noch so eine unsoldatische Erscheinung: <strong>de</strong>r Schreibstubenhengst<br />
Sperling, <strong>de</strong>r erst kürzlich wegen Wachvergehens mit geschärftem Arrest belegt wer<strong>de</strong>n<br />
musste. Er selbst, Tolkemit, hatte ihm <strong>de</strong>n Karabiner unter <strong>de</strong>m Vorwand abverlangt, er<br />
wolle prüfen, ob sich die Waffe in schussfertigem Zustand befän<strong>de</strong>. Offenbar wusste
Sperling, dass er als Posten das Gewehr nicht aus <strong>de</strong>r Hand geben durfte. Doch als wir ihn<br />
ein bisschen anbliesen, da schlotterten <strong>de</strong>m schlappen Sack die Knie, und er ließ sich<br />
entwaffnen. Am nächsten Morgen wur<strong>de</strong> er, mit Kommissbrot und Decke unterm Arm, in<br />
Richtung <strong>de</strong>s Abteilungsbunkers in Marsch gesetzt. Etwas blasser, aber sicher nicht<br />
gebessert, kehrte er nach drei Tagen zurück. – Ist wahrhaftig kein Vergnügen, diese<br />
Trauergestalten anzusehen. Setzen wir uns also wie<strong>de</strong>r!<br />
"Die Voraussetzung dafür", fuhr Störtebecker fort, <strong>de</strong>n das Umherstelzen seines Rivalen ein<br />
wenig aus <strong>de</strong>r Ruhe gebracht hatte, "die Voraussetzung dafür, dass dieser primitive<br />
Leistungsaustausch zustan<strong>de</strong> kam, war unter an<strong>de</strong>rem, dass die bei<strong>de</strong>n Wirtschaftspartner<br />
noch Le<strong>de</strong>r und Tapeten zur Verfügung hatten. Diese Materialien wer<strong>de</strong>n heute unter<br />
Einsatz eines komplizierten Apparates mo<strong>de</strong>rner Maschinen hergestellt. Trotz<strong>de</strong>m bleibt die<br />
Fragestellung im Grundprinzip die gleiche: Warum sollte es nicht möglich sein, das<br />
Zusammenwirken <strong>de</strong>r Kräfte so zu organisieren, dass auch verschie<strong>de</strong>ne Großbetriebe –<br />
mit ihren Schaffen<strong>de</strong>n – untereinan<strong>de</strong>r in Leistungsaustausch gebracht wur<strong>de</strong>n? Dies war, in<br />
allgemeinen Zügen dargestellt, diejenige Frage, mit <strong>de</strong>r wir Nationalsozialisten uns im ersten<br />
Stadium <strong>de</strong>r Arbeitsbeschaffung zu beschäftigen hatten. Kamera<strong>de</strong>n, wie hat unser Führer<br />
nun diese Frage gelöst? Wie konnte er die Wirtschaftskrise in Deutschland überwin<strong>de</strong>n?"<br />
"Es wird langweilig", flüsterte Jürgen Faber seinem Nebenmann ins Ohr. Die bei<strong>de</strong>n saßen<br />
nahe <strong>de</strong>r Wand. "Wollen wir?", fragte er. Der an<strong>de</strong>re schüttelte <strong>de</strong>n Kopf; trotz<strong>de</strong>m hob<br />
Faber vorsichtig zwei dünne Drähte auf, die unsichtbar an <strong>de</strong>r Scheuerleiste entlangliefen.<br />
An ihren En<strong>de</strong>n war die Isolierung abgeschabt wor<strong>de</strong>n. Sollte er damit noch warten?<br />
Ja, wie hat er das eigentlich gemacht? Der Oberwachtmeister gestand sich, dass er das<br />
ganz genau auch nicht wusste. Sein Re<strong>de</strong>entwurf ging an dieser Stelle in<br />
zusammenhanglose Stichworte über: "Autobahn, Reichsarbeitsdienst, sozialer<br />
Wohnungsbau, Arbeitsfront, Kraft durch Freu<strong>de</strong>"...<br />
"Obergefreiter Sperling", fragte er, "wissen Sie eigentlich, wie unser Führer das<br />
angefangen hat?"<br />
"Jawohl. Die Autobahn", antwortete <strong>de</strong>r Schreiber einsilbig. Er war ein kleiner Berliner<br />
Geschäftsmann, <strong>de</strong>r bei je<strong>de</strong>m Bombenangriff um seinen La<strong>de</strong>n bangte. Politik hatte ihn nie<br />
interessiert. Nur dass die Nazis ihr Versprechen brachen, die erdrücken<strong>de</strong> Konkurrenz <strong>de</strong>r<br />
großen Warenhäuser zu beseitigen, hatte sich ihm eingeprägt.<br />
"Richtig. Aber weiter. Weiß noch jemand etwas darüber?", drängte Störtebecker.<br />
Fabers dunkelhaariger Nachbar hob die Hand.<br />
"Na, Kanonier Huse?"<br />
"Die Rüstungsindustrie, Herr Oberwachtmeister. So haben viele wie<strong>de</strong>r einen Arbeitsplatz<br />
gefun<strong>de</strong>n."<br />
"Ganz falsch! Die Rüstungsproduktion war eine sekundäre Erscheinung, die uns durch das<br />
feindliche Verhalten <strong>de</strong>s Auslands aufgezwungen wur<strong>de</strong>, das unserem Aufstieg mit<br />
neidischen Augen zusah! Von <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Abrüstungsvorschlägen Adolf Hitlers haben<br />
Sie wohl nie etwas gehört? Ja, was wollen Sie, Faber?"
"Ich verstehe jetzt nach Ihren Ausführungen, Herr Oberwachtmeister, wie unsere<br />
Arbeitslosen zu Lohn und Brot kamen, nämlich durch die Autobahn, die wir jetzt im Kriege<br />
sogar gut gebrauchen können, und durch an<strong>de</strong>re Bauvorhaben, wie zum Beispiel <strong>de</strong>n<br />
Westwall, <strong>de</strong>n Mittellandkanal, schöne neue Gebäu<strong>de</strong>, Kasernen und so weiter. Ein Teil<br />
rückte wohl auch zum Arbeitsdienst ein, an<strong>de</strong>re kamen zur Wehrmacht. Dann kam die uns<br />
durch <strong>de</strong>n Hass <strong>de</strong>s Weltju<strong>de</strong>ntums aufgezwungene Rüstungsproduktion dazu. Das war<br />
natürlich ein vielseitiges und bestimmt sehr erfolgreiches Arbeitsbeschaffungsprogramm.<br />
Aber eigentlich... das heißt, ich verstehe natürlich nicht viel davon..."<br />
"Nun re<strong>de</strong>n Sie schon, Mensch!"<br />
"Ja, also finanziert wer<strong>de</strong>n musste doch das alles von <strong>de</strong>n Steuergel<strong>de</strong>rn. Damit kann man<br />
also nicht angefangen haben, bei sieben Millionen Arbeitslosen, die gar keine Steuern<br />
zahlten. Sie sagten auch vorhin, Herr Oberwachtmeister, wenn <strong>de</strong>r Schuhmacher und <strong>de</strong>r<br />
Tapezierer zueinan<strong>de</strong>r in Beziehungen traten, das sei eigentlich gar keine<br />
Arbeitsbeschaffung – <strong>de</strong>nn die Arbeit war ja da, weil <strong>de</strong>r Bedarf da war –, das sei nur<br />
Arbeitsorganisation o<strong>de</strong>r Arbeitsausgleich, Ausgleich zwischen Arbeit und vorhan<strong>de</strong>nem<br />
Bedarf, weiter nichts..."<br />
"Was wollen Sie <strong>de</strong>nn eigentlich!", rief Störtebecker gereizt. Er lief allmählich rot an.<br />
Es war nicht das erste Mal, dass ihm dieser Lümmel alles durcheinan<strong>de</strong>r brachte und die<br />
ohnehin trüben Geister <strong>de</strong>r Zuhörer vollends verwirrte...<br />
"Ich bitte fragen zu dürfen, womit <strong>de</strong>r Führer <strong>de</strong>nn angefangen hat, mit <strong>de</strong>r<br />
Arbeitsbeschaffung o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Arbeitsorganisation?"<br />
"Darauf komme ich später zu sprechen", entschied <strong>de</strong>r Oberwachtmeister wütend, "das ist<br />
ungefähr dasselbe, als wenn Sie wissen wollen, was war eher da, das Ei o<strong>de</strong>r die Henne.<br />
Der geniale nationalsozialistische Plan kann selbstverständlich nur von Leuten begriffen<br />
wer<strong>de</strong>n, die ein Min<strong>de</strong>stmaß an Intelligenz besitzen. – Vor allen Dingen, ehe direkte<br />
Eingriffe in das Wirtschaftsgefüge vorgenommen wur<strong>de</strong>n, musste ein gegenseitiges<br />
Vertrauensverhältnis geschaffen wer<strong>de</strong>n. Nicht länger mehr durften Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer einan<strong>de</strong>r feindlich gegenüberstehen. Die Kräfte <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Nation sollten<br />
nicht in kleinlichem Lohngezänk zersplittert o<strong>de</strong>r gar durch Streik lahm gelegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Manche Volksgenossen begriffen das anfangs nicht, sie sahen auf <strong>de</strong>n Gewinn <strong>de</strong>s so<br />
genannten Unternehmers, ohne zu berücksichtigen, dass dieser seine Einkünfte immer nur<br />
zum kleinen Teil für sich selbst verbrauchte. Nach außen hin sah es vielfach so aus, dass<br />
ein 'Unternehmer' beispielsweise hun<strong>de</strong>rtmal soviel verdiente wie einer seiner Arbeiter.<br />
Aber, wenn <strong>de</strong>r Arbeiter drei Paar Schuhe besitzt, glaubt ihr dann, Kamera<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />
Unternehmer kauft sich dreihun<strong>de</strong>rt? Wenn er viel hatte, waren es ein Dutzend. Und wenn<br />
beim Arbeiter vier Anzüge im Schrank hängen, glaubt ihr wirklich, bei seinem Chef hingen<br />
vierhun<strong>de</strong>rt?"<br />
"Unser Chef, <strong>de</strong>r Hermann", murmelte Sperling seinem Nachbarn zu, "hat min<strong>de</strong>stens<br />
viertausend."<br />
"Das ist natürlich Unsinn", fuhr Störtebecker fort. "Was tat also <strong>de</strong>r 'Kapitalist' mit seinem
Geld? Er steckte es wie<strong>de</strong>r ins Geschäft. Viel Geld ließ er stets zum Nutzen <strong>de</strong>r<br />
Volksgemeinschaft wie<strong>de</strong>r in das Werk zurückfließen..."<br />
"O<strong>de</strong>r", mutmaßte Huse leise, "er überwies es <strong>de</strong>r NSDAP."<br />
"Wenn er nicht bald aufhört, gebe ich Alarm", flüsterte Faber zurück, die blanken<br />
Drahten<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Hand verbergend.<br />
"Bloß vorsichtig, Jürgen. Der Leutnant sitzt hinter uns."<br />
"Jetzt aber", rief Störtebecker, "ist wohl inzwischen allen klar gewor<strong>de</strong>n, dass wir Deutsche<br />
eine Schicksalsgemeinschaft bil<strong>de</strong>n. Wir sitzen alle in einem Boot, wie Dr. Goebbels das<br />
letzthin sehr anschaulich in <strong>de</strong>r Zeitschrift 'Das Reich' umschrieb. Der <strong>de</strong>utsche Arbeiter ist<br />
<strong>de</strong>r beste <strong>de</strong>r Welt. Seinen absoluten Gegensatz haben wir im Ju<strong>de</strong>n. Es gibt übrigens<br />
keine Rasse, die <strong>de</strong>rart willenlos einer Maschine gegenübersteht wie <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>. Sein Erbgut<br />
versagt ihm die souveräne Stellung eines Beherrschers <strong>de</strong>r Maschine. Ähnlich verhält es<br />
sich mit <strong>de</strong>n Bolschewisten. Es gibt in Russland keine Arbeiterschaft, die die Garantie <strong>de</strong>r<br />
gefor<strong>de</strong>rten Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r russischen Industrie unter <strong>de</strong>n gegebenen Verhältnissen<br />
erfüllen könnte. Das Problem <strong>de</strong>r russischen Unterbilanz ist das Problem <strong>de</strong>r russischen<br />
Erbmasse <strong>de</strong>s russischen Arbeiters. Eine Maschine, die aus Stücken besteht, wo das<br />
hun<strong>de</strong>rtstel Millimeter, das das exakte Arbeiten verbürgt, nicht mehr gesehen, son<strong>de</strong>rn<br />
nunmehr gefühlt wird, bedingt ein Verhältnis, das ein Beherrschen <strong>de</strong>r Maschine darstellt<br />
und sich zusammensetzt aus <strong>de</strong>m faustischen Wollen, <strong>de</strong>m Instinkt und <strong>de</strong>r<br />
Selbstverständlichkeit fachlichen Könnens, das wie<strong>de</strong>rum gebun<strong>de</strong>n ist an die Rasse. Denn<br />
Rasse ist die Gestalterin <strong>de</strong>r Dinge, nicht aber, wie lebensfrem<strong>de</strong> jüdische Intellektuelle<br />
glauben, die Umwelt, die angeblich <strong>de</strong>n Menschen formt. Von <strong>de</strong>r Existenz solcher Urkräfte,<br />
<strong>de</strong>n eigentlichen Garanten unseres Endsieges..."<br />
In diesem Augenblick schrillte die Alarmglocke: gellend, abgehackt, in nervenpeitschen<strong>de</strong>m<br />
Rhythmus.<br />
Mit einem Schlage war alles wach. Hauptmann Stodte taumelte hoch, schwenkte <strong>de</strong>n<br />
Leibriemen wild umher (er pflegte ihn abzulegen, da er seine Verdauung beeinträchtigte)<br />
und schrie mit zittern<strong>de</strong>r Kinnla<strong>de</strong> ein heiseres: "Flieee-ger-aaa-laaarm!"<br />
Im Türrahmen entstand heftiges Gedränge. Einige sprangen aus <strong>de</strong>m Fenster.<br />
Stabsgefreiter Sieverle versuchte, rasch noch einen Becher Fliegerbier abzuzapfen, wur<strong>de</strong><br />
aber von Störtebecker daran gehin<strong>de</strong>rt. Türpe knüpfte fieberhaft an seinem linken Schuh,<br />
<strong>de</strong>n er einiger Druckstellen wegen ausgezogen hatte. Bänke stürzten um; eine Scheibe<br />
splitterte.<br />
Das Durcheinan<strong>de</strong>r nutzend, riss Jürgen Faber die bei<strong>de</strong>n Drähte, über die er <strong>de</strong>n<br />
Stromkreis <strong>de</strong>r Alarmklingel geschlossen hatte, unbemerkt aus <strong>de</strong>r Hauptleitung heraus.<br />
Das musste geschehen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Fernsprech-Unteroffizier wür<strong>de</strong> später das Kabel peinlich<br />
genau absuchen, um <strong>de</strong>n Täter zu ermitteln...<br />
*** En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r <strong>Demo</strong>-Version, siehe auch<br />
http://www.ddrautoren.<strong>de</strong>/Schreyer/<strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>/thun<strong>de</strong>rstorm.htm ***
Wolfgang Schreyer<br />
Wolfgang Schreyer, geboren 1927 in Mag<strong>de</strong>burg. Oberschule, Flakhelfer, Soldat, US-<br />
Kriegsgefangenschaft bis 1946. Debütierte mit <strong>de</strong>m Kriminalroman "Großgarage Südwest"<br />
(1952), seit<strong>de</strong>m freischaffend, lebt in Ahrenshoop. 1956 erhielt er <strong>de</strong>n Heinrich-Mann-Preis<br />
für <strong>de</strong>n Kriegsroman "<strong>Unternehmen</strong> <strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>". Schreyer zählt zu <strong>de</strong>n produktivsten und<br />
erfolgreichsten Autoren spannen<strong>de</strong>r Unterhaltungsliteratur in <strong>de</strong>r DDR, schrieb Sachbücher,<br />
Szenarien für Funk und mehr als zwanzig Romane mit einer Gesamtauflage von 6 Millionen<br />
Exemplaren.<br />
Bibliographie:<br />
Großgarage Südwest, Das Neue Berlin, Berlin 1952<br />
Mit Kräuterschnaps und Gottvertrauen, Das Neue Berlin, Berlin 1953<br />
<strong>Unternehmen</strong> „<strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>“, Das Neue Berlin, Berlin 1954
Die Banknote, Das Neue Berlin, Berlin 1955<br />
Schüsse über <strong>de</strong>r Ostsee, Verlag Neues Leben, Berlin 1956<br />
Der Traum <strong>de</strong>s Hauptmann Loy, Das Neue Berlin, Berlin 1956<br />
Das Attentat, Verlag <strong>de</strong>s Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin 1957<br />
Der Spion von Akrotiri, Verlag <strong>de</strong>s Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin 1957<br />
Alaskafüchse, Verlag <strong>de</strong>s Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin 1959 (verfilmt:<br />
DEFA 1964, Regie: Werner W. Wallroth)<br />
Das grüne Ungeheuer, Das Neue Berlin, Berlin 1959 (verfilmt: DFF 1961/62, Regie: Rudi<br />
Kurz)<br />
Entscheidung an <strong>de</strong>r Weichsel, Verlag <strong>de</strong>s Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin<br />
1960<br />
Tempel <strong>de</strong>s Satans, Verlag <strong>de</strong>s Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin 1960<br />
Die Piratenchronik, Kongress-Verlag, Berlin 1961<br />
Vampire, Tyrannen, Rebellen, Deutscher Militärverlag, Berlin 1963 (zusammen mit<br />
Günter Schumacher)<br />
Preludio 11, Militärverlag <strong>de</strong>r DDR, Berlin 1964 (verfilmt: DEFA 1963, Regie: Kurt Maetzig)<br />
Frem<strong>de</strong>r im Paradies, Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (Saale)<br />
Augen am Himmel, Deutscher Militärverlag, Berlin 1967<br />
Aufstand <strong>de</strong>s Sisyphos, Deutscher Militärverlag, Berlin 1969 (zusammen mit Jürgen Hell)<br />
Der gelbe Hai, Das Neue Berlin, Berlin 1969<br />
Bananengangster, Militärverlag <strong>de</strong>r DDR, Berlin 1970<br />
Der Adjutant (Die dominikanische Tragödie 1. <strong>Band</strong>), Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (S.)<br />
1971<br />
Der Resi<strong>de</strong>nt (Die dominikanische Tragödie 2. <strong>Band</strong>), Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle<br />
(Saale) 1973<br />
Tod <strong>de</strong>s Chefs o<strong>de</strong>r Die Liebe zur Opposition, Eulenspiegel-Verlag, Berlin 1975<br />
Schwarzer Dezember, Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (Saale) 1977<br />
Die Entführung, Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (Saale) 1979<br />
Der Reporter (Die dominikanische Tragödie 3. <strong>Band</strong>), Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle<br />
(Saale) 1980<br />
Die Suche o<strong>de</strong>r Die Abenteuer <strong>de</strong>s Uwe Reuss, Das Neue Berlin, Berlin 1981<br />
Eiskalt im Paradies, Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (Saale) 1982<br />
Die fünf Leben <strong>de</strong>s Dr. Gundlach, Militärverlag <strong>de</strong>r DDR, Berlin 1982<br />
Der Fund o<strong>de</strong>r Die Abenteuer <strong>de</strong>s Uwe Reuss, Das Neue Berlin, Berlin 1987<br />
Der Mann auf <strong>de</strong>n Klippen, Militärverlag <strong>de</strong>r DDR, Berlin 1987<br />
Der sechste Sinn, Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (Saale) 1987<br />
Unabwendbar, Das Neue Berlin, Berlin 1988
Die Beute, Hinstorff Verlag, Rostock 1989<br />
Endzeit <strong>de</strong>r Sieger, Mittel<strong>de</strong>utscher Verlag, Halle (Saale) 1989<br />
Alpträume, Verlag Harry Ziethen, Oschersleben 1991<br />
Nebel, Eulenspiegel Das Neue Berlin, Berlin 1991<br />
Das Quartett, Eulenspiegel Das Neue Berlin, Berlin 1994<br />
Der zweite Mann, Das Neue Berlin, Berlin 2000<br />
Der Verlust o<strong>de</strong>r Die Abenteuer <strong>de</strong>s Uwe Reuss, BS-Verlag, Rostock 2001<br />
Das Kurhaus, BS-Verlag, Rostock 2002<br />
Die Legen<strong>de</strong>, Das Neue Berlin, Berlin 2006 (zusammen mit Paul Schreyer)<br />
Ahrenshooper Begegnungen, BS-Verlag, Rostock 2008<br />
Der Leuchtturm, Scheunen-Verlag, Kückenshagen 2009<br />
Die Verführung (Erzählungen), Das Neue Berlin, Berlin 2010<br />
Der Feind im Haus, Das Neue Berlin, Berlin 2011
E-Books von Wolfgang Schreyer<br />
Großgarage Südwest<br />
Der erste DDR-Krimi von 1952 bie tet <strong>de</strong>m Leser <strong>de</strong>r Gegenwart noch immer atemberauben<strong>de</strong> Spannung und erinnert an<br />
die Zeit, als die Westberliner und Ostberliner Kri minlapolizei sich bei <strong>de</strong>r Gangster jagd noch gegenseitig unterstützte.<br />
Mit Kräuterschnaps und Gottvertrauen<br />
Mit Humor, beißen<strong>de</strong>r Satire und <strong>de</strong>r Spannung eines Kriminalromans nimmt Schreyer die Schiebungen seines Chefs<br />
genauso aufs Korn wie <strong>de</strong>n vom Chef mit Likören ge schmierten Gewerkschaftsfunktionär. Der Roman spielt Anfang <strong>de</strong>r<br />
1950er Jahre in einer Klein stadt.<br />
<strong>Unternehmen</strong> "<strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>", Teil 1<br />
Dies ist ein Tatsachenbuch über <strong>de</strong>n Warschauer Aufstand. Es schil<strong>de</strong>rt die Dinge, wie sie waren; es verschweigt nichts.<br />
Schreyer schrieb nach gründ lichem Materialstudium diesen pa cken<strong>de</strong>n Bericht eines von <strong>de</strong>n Eng län<strong>de</strong>rn geplanten<br />
militärischen Großunternehmens. Der 1. Teil schil <strong>de</strong>rt die Vorbereitung <strong>de</strong>s Aufstan<strong>de</strong>s.<br />
<strong>Unternehmen</strong> "<strong>Thun<strong>de</strong>rstorm</strong>", Teil 2<br />
Wir erleben das Schicksal einer <strong>de</strong>ut schen Flakbatterie, verfolgen <strong>de</strong>n Weg einer kleinen Gruppe britisch-amerikanischer<br />
Fallschirmspringer und das Ringen polnischer Unter grundkämpfer. Der Autor enthüllt die Metho<strong>de</strong>n internationaler<br />
Spionage dienste. Der 2. Teil schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Aufstand und seine blutige Nie<strong>de</strong>r schlagung.<br />
Die Banknote<br />
Halle 1954. Inge fährt mit ihren Er sparnissen nach Westberlin. Der Geldschein wan<strong>de</strong>rt, von einem flot ten Callgirlring zur<br />
KgU, einem <strong>de</strong>r vier Dutzend Geheimdienste vor Ort … Spannend liefert die Spur <strong>de</strong>r Banknote das Panorama einer<br />
"Front stadt" aus längst versunkener Zeit.<br />
Schüsse über <strong>de</strong>r Ostsee<br />
Dieses in <strong>de</strong>r Reihe „Das neue Abenteuer“ 1956 erschienene Büchlein beschreibt einen Spionageflug vom USA-Stützpunkt<br />
in Wiesba<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r bei einem Flottenmanöver <strong>de</strong>r sowjetischen Seestreitkräfte im Jahre 1950 <strong>de</strong>ren Stand <strong>de</strong>r Technik<br />
erkun<strong>de</strong>n soll. Was Wolfgang Reston wirklich mit seiner Crew tun soll, erfährt er aus einem geheimen Dokument, das er<br />
erst öffnen darf, wenn ihm das absolute Funkverbot keine Rückfrage mehr erlaubt.<br />
Der Traum <strong>de</strong>s Hauptmann Loy<br />
Der Pilot erhält <strong>de</strong>n Befehl, in Frank furt am Main zwischenzulan<strong>de</strong>n, um einen lettischen Emigranten aufzu nehmen, <strong>de</strong>r<br />
später über einer sowje tischen Insel mit <strong>de</strong>m Fallschirm abspringen soll. Als die übrigen Pas sagiere dies erfahren, kommt<br />
es zum Streit und einem Schusswechsel, bei <strong>de</strong>m Doris Graves getroffen wird.<br />
Das Attentat<br />
Das eBook schil<strong>de</strong>rt Stauffenbergs hel<strong>de</strong>nhaftes Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Spannend wird die kurze Zeitspanne<br />
vom Attentat bis zur Erschießung von Stauffenberg, Haeften, Olbricht und Merz geschil <strong>de</strong>rt. Rückblen<strong>de</strong>n zeigen die<br />
Haltung und Ziele <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Putsch verwi ckelten Offiziere.<br />
Der Spion von Akrotiri
Im Morgengrauen <strong>de</strong>s 5. November stiegen von Zyperns Flugplätzen in rascher Folge schwere Transport flugzeuge auf.<br />
An<strong>de</strong>rson und seine Kamera<strong>de</strong>n sollten <strong>de</strong>n Flugplatz Gamil nordwestlich von Port Said erobern. Nach <strong>de</strong>m<br />
hun<strong>de</strong>rtstündi gen, pausenlosen Luftbombar<strong>de</strong>ment auf Ägypten ein Kin<strong>de</strong>rspiel?<br />
Alaskafüchse<br />
Captain Leslie fängt die Maschine noch ab und kann auf einer driften<strong>de</strong>n Eisscholle notlan<strong>de</strong>n. Aber sein Co pilot Bob Harris<br />
hat sich lebensge fährlich verletzt. Sowjetische Polar stationen sind in <strong>de</strong>r Nähe, doch Les lie darf sie nicht rufen, das kann<br />
für Harris das To<strong>de</strong>surteil sein.<br />
Das grüne Ungeheuer (Der grüne Papst)<br />
Ein junger Deutscher gerät in Not und schließt sich Männern an, <strong>de</strong>ren Geschäfte er nicht kennt. Er lebt zwischen<br />
Gangstern und Lands knechten, trifft aufrechte Männer und Laffen, dient einem windigen Gene ral, dann einem frommen<br />
Obersten.<br />
Entscheidung an <strong>de</strong>r Weichsel. Dokumentarbericht über Vorge schichte und Verlauf<br />
<strong>de</strong>s War schauer Aufstan<strong>de</strong>s<br />
Der Autor enthüllt die Metho<strong>de</strong>n internationaler Spionagedienste, die Rolle <strong>de</strong>r Gene rale, Konzerndirekto ren und<br />
Diplo maten, die Gräueltaten <strong>de</strong>r SS, Ver handlungen in Moskau, Operationen <strong>de</strong>r Roten Armee.<br />
Tempel <strong>de</strong>s Satans<br />
Der Autor enthüllt die Metho<strong>de</strong>n internationaler Spionagedienste, die Rolle <strong>de</strong>r Gene rale, Konzerndirekto ren und<br />
Diplo maten, die Gräueltaten <strong>de</strong>r SS, Ver handlungen in Moskau, Operationen <strong>de</strong>r Roten Armee.<br />
Augen am Himmel – Eine Piraten chronik<br />
Nach jahrelangem Materialstudium schrieb Wolfgang Schreyer die fes seln<strong>de</strong> Geschichte <strong>de</strong>r Luftaufklä rung und<br />
Luftspionage von Alaska bis Israel, von Nicaragua bis Sibi rien, vom ersten Spähballon im Jahre 1794 bis zum mo<strong>de</strong>rnen<br />
Foto-Satel liten.<br />
Preludio 11<br />
Preludio 11 ist <strong>de</strong>r Deckname eines Kommandounternehmens zur Vorbe reitung <strong>de</strong>r Intervention an <strong>de</strong>r Süd küste Kubas<br />
Anfang <strong>de</strong>r sechziger Jahre. Eine Gruppe Emigranten, Abenteurer und Fein<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Revolu tion wird in einer abgelegenen,<br />
ge birgigen Gegend, abgesetzt.<br />
Frem<strong>de</strong>r im Paradies<br />
Ein englischer Froschmann lan<strong>de</strong>t in geheimer Mission auf <strong>de</strong>r Paradies insel. Er taucht durch nachtschwarze Algenfel<strong>de</strong>r,<br />
kommt auf eine Millio närsjacht und in <strong>de</strong>n Gefechtsstand <strong>de</strong>r Marinebasis Berenice, wo sich ihm die Wun<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnster<br />
Militär technik enthüllen.<br />
Aufstand <strong>de</strong>s Sisyphos. Dominikanische Tragödie<br />
Eine zählebige, brutal herrschen<strong>de</strong> Drillingsmacht ruiniert die lateiname rikanischen Völker: Feudaloligarchie, kreolisches<br />
Großbürgertum und Dol lar-Imperialismus. Die bitteren Erfah rungen <strong>de</strong>s lateinischen Amerika im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt, immer<br />
noch ein brennend aktuelles Thema.
Der gelbe Hai<br />
Dies ist die tragische Geschichte eines Aufstan<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r Dominikani schen Republik. Die Zerrissenheit <strong>de</strong>r Rebellen steht<br />
für das buntsche ckige Gefüge <strong>de</strong>r oppositionellen Bewegung in Lateinamerika. Schreyer zeigt ihren schwierigen, manchmal<br />
verzweifelten Kampf.<br />
Bananengangster<br />
Akribisch genau recherchiert und fesselnd geschrieben informiert das <strong>Buch</strong> über Guatemala und einen Vorgang scheinbar<br />
am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Weltgeschehens, <strong>de</strong>r nicht länger als zwölf Tage im Jahre 1954 Schlag zeilen machte (<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r CIA<br />
or ganisierte Sturz von Jacobo Arbenz Guzmán).<br />
Der Adjutant. Die Dominikanische Tragödie, 1. <strong>Band</strong><br />
Das <strong>Buch</strong> schil<strong>de</strong>rt die Verschwörung gegen Trujillo, <strong>de</strong>ren Ursachen und Folgen. Es führt in die bizarre Welt einer<br />
Bananenrepublik: vom Natio nalpalast, in Armeestäbe, in die US-Botschaft und das Haus <strong>de</strong>r Mätres sen bis zum Ort <strong>de</strong>s<br />
historischen Attentats.<br />
Tod <strong>de</strong>s Chefs o<strong>de</strong>r Die Liebe zur Opposition. Schauspiel<br />
Das Bühnenstück behan<strong>de</strong>lt die Liai son faschistischer Diktatur und bür gerlicher Schein<strong>de</strong>mokratie. Sein Stück beruht auf<br />
historischen Vor gängen in <strong>de</strong>r Dominikanischen Republik in <strong>de</strong>n Jahren 1961 bis 1965 (siehe auch "Der Adjutant").<br />
Der Resi<strong>de</strong>nt. Die Dominikanische Tragödie, 2. <strong>Band</strong><br />
Santo Domingo, 1962: Nur drei <strong>de</strong>r Trujillo-Attentäter haben <strong>de</strong>n Unter gang <strong>de</strong>s barbarischen Regimes er lebt. Sie schicken<br />
sich an, auch <strong>de</strong>n alten Familien die Macht zu entrei ßen - kühn, um <strong>de</strong>m Land zu dienen, o<strong>de</strong>r selbstsüchtig, skrupellos.<br />
Schwarzer Dezember<br />
Vier Filmleute fin<strong>de</strong>n sich zusam men, um irgendwo in <strong>de</strong>r Dritten Welt einen ehrlichen, nichtkommer ziellen Fernsehfilm zu<br />
drehen. In <strong>de</strong>r Gefahr zerbricht das Team, doch außer <strong>de</strong>m Regisseur hält noch je mand - wenn auch an<strong>de</strong>rs als er - <strong>de</strong>r<br />
unerhörten Drohung stand.<br />
Die Entführung<br />
Lateinamerika, 1966: Eine Handvoll Stu<strong>de</strong>nten führt seit Jahren Krieg gegen das Militärregime in Uruguay. Legendäre<br />
Guerilleros leiten to<strong>de</strong>s mutig Aktionen <strong>de</strong>r Gruppe, gestützt auf Rat und Tat <strong>de</strong>r kleinen kommu nistischen Partei ihres<br />
Lan<strong>de</strong>s - aber auch notfalls auf eigene Faust han <strong>de</strong>lnd.<br />
Der Reporter. Die Dominikanische Tragödie, 3. <strong>Band</strong><br />
Ein US-Auslandskor respon<strong>de</strong>nt fin<strong>de</strong>t sich jäh an <strong>de</strong>r Nachrichten front <strong>de</strong>s Kriegsschau platzes Num mer eins wie<strong>de</strong>r. Er<br />
scheint <strong>de</strong>m Zwang zum Erfolg, <strong>de</strong>m Tem podruck und schließlich Drohungen berufli cher und physischer Vernich tung zu<br />
erliegen.<br />
Die Suche o<strong>de</strong>r Die Abenteuer <strong>de</strong>s Uwe Reuss, 1. <strong>Buch</strong><br />
Uwe Reuss, als Chef einer Nordsee-Bohrinsel kürzlich entlassen, nimmt die Suche nach <strong>de</strong>r Tochter seines besten
Freun<strong>de</strong>s auf: Gina Dahlmann ist mit einem verheirateten Grund stücksmakler angeblich nach Über see geflogen und dort<br />
verschollen.<br />
Eiskalt im Paradies<br />
Auf Paradise Island trifft ein engli scher Ziviltaucher für extreme Tiefen ein. Für die Royal Navy soll er einen Froschmann<br />
jagen, <strong>de</strong>r - wohlgerüstet und mit bestem Alibi - <strong>de</strong>n Sperrkreis <strong>de</strong>s Marine-Stützpunktes durchbricht. Wolfe steht im<br />
Schnittpunkt von Machtinteressen und erfährt nicht einmal, worum es wirklich geht.<br />
Die fünf Leben <strong>de</strong>s Dr. Gundlach<br />
Hans Gundlach, Werbemann <strong>de</strong>r Rheinischen Industriebau AG, fliegt 1980 nach El Salvador, um die Aus lösung <strong>de</strong>s dort<br />
entführten Filiallei ters zu überwachen. Gundlach schaltet aus, was ihn stört, han<strong>de</strong>lt ganz auf eigene Faust. Im Dschungel<br />
<strong>de</strong>s Machtkamps setzt er alles aufs Spiel und verliert die Existenz.<br />
Der Fund o<strong>de</strong>r Die Abenteuer <strong>de</strong>s Uwe Reuss, 2. <strong>Buch</strong><br />
Liegt da nicht an einem verlassenen Ort im Pazifik das Beutegut eines <strong>de</strong>utschen Hilfskreuzers, <strong>de</strong>r hier im April 1916 nach<br />
erbitterter Gegen wehr sank? Ist die Karte von Isla <strong>de</strong>l Coco authentisch, die das Versteck <strong>de</strong>s Prisenguts nennt?<br />
Der Mann auf <strong>de</strong>n Klippen<br />
Ihren Auftrag, auf Grenada nach einem kubanischen bzw. sowjetischen Militärflugplatz und U-Boot-Hafen zu suchen, erfüllt<br />
sie schnell. Sie zieht in ein Haus, herrlich einsam auf einem Hügel direkt am Meer gelegen. Von <strong>de</strong>r Terrasse <strong>de</strong>s Hauses<br />
sieht sie die amerikanischen Kriegsschiffe, die sich Grenada nähern.<br />
Der sechste Sinn<br />
Um die Jahrtausendwen<strong>de</strong> entwerfen drei Männer ein diskret tragbares Gerät zur elektronischen Partnersu che. Sie, die<br />
selbst nach <strong>de</strong>r Richtigen suchen und sie in Vera bald zu fin<strong>de</strong>n glauben, wagen viel für diese I<strong>de</strong>e. Und die attraktive Vera<br />
tut ein Übri ges, die Situation und die drei Män ner zu verwirren.<br />
Unabwendbar<br />
In einem Dorf an <strong>de</strong>r Ostsee wird innerhalb kurzer Zeit in Datschen wohlhaben<strong>de</strong>r Leute eingebrochen; kostbare Antiquitäten<br />
und technische Ausstattungen wer<strong>de</strong>n entwen<strong>de</strong>t.<br />
Bis ein Mensch zu To<strong>de</strong> kommt. Und - bis Hauptmann Wendt sich in die schöne und selbstbewusste Jenny verliebt.<br />
Die Beute<br />
Nach Tatsachenberichten aus <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg schrieb Wolfgang Schreyer diese fiktive Odyssee, einen Roman über<br />
militärisches Piraten tum, die reguläre Seeräuberei unseres Jahrhun<strong>de</strong>rts. Kampf, Raub, Ver senkungen, Stürme, Flucht<br />
und Täu schung; eine Kette von Seeabenteu ern in <strong>de</strong>n Weiten zweier Ozeane.<br />
Endzeit <strong>de</strong>r Sieger<br />
Am 1. September 1983 schießt Major Wassilij Kasmin nachts über <strong>de</strong>r Insel Sachalin einen Jumbo <strong>de</strong>r süd koreanischen<br />
Fluglinie KAL ab. Die sowjetische Luftabwehr glaubt, ein amerikanisches Spionageflugzeug dringe bei ihr ein, doch<br />
Unbeteiligte fin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Tod.
Alpträume. 13 erotische Geschichten mit kriminellem Hauch<br />
Ekstase sei machbar, sagt man uns: genital, klitoral, phänomenal – ganz egal; <strong>de</strong>m Autor dieser dreizehn Sto rys ist das<br />
schnurz. Statt Orgasmen vorzuführen, spürt er dunklen Süch ten nach, <strong>de</strong>r rätselhaften Chemie <strong>de</strong>s Eros. Wonach dürsten<br />
seine Figuren?<br />
Nebel<br />
Kriminalkommissar Christian Wendt hat Zweifel an einem Unfalltod Ne bels und mit einem Mal <strong>de</strong>n Ver dacht, dass in <strong>de</strong>m<br />
Land, <strong>de</strong>m er mit Leib und Seele dient, das staatlich organisierte Verbrechen längst eine feste Größe ist.<br />
Das Quartett<br />
Mehr als zwanzig Jahre nach <strong>de</strong>m Abitur muss er gegen seine früheren Schulfreun<strong>de</strong> ermitteln. Der gewalt same Tod <strong>de</strong>s<br />
ehemaligen Zeichen lehrers hat aus <strong>de</strong>m Quartett von damals ein Trio gemacht, und je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r ist auf seine Art in<br />
<strong>de</strong>n Mordfall verwickelt. Kommissar Wendt wittert ein Wirtschafts<strong>de</strong>likt im ganz großen Stil ...<br />
Der zweite Mann<br />
Wolfgang Schreyer erinnert sich seiner literarischen Anfänge. Der Autor bekannter Erfolgstitel über rascht das Publikum<br />
jetzt mit <strong>de</strong>r schwungvollen Schil<strong>de</strong>rung seines eigenen Lebens.<br />
Ausführliche Informationen unter http://www.ddrautoren.<strong>de</strong>