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FEODORA - Hochschule Bremen

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14<br />

TRAG MEIN HERZ SONNENWÄRTS<br />

<strong>FEODORA</strong><br />

Prinzessin zu Schleswig-Holstein (1874-1910)<br />

Prof. Dieter Leuthold


Als Manuskript gedruckt<br />

Prof. Dieter Leuthold (Bearb.):<br />

Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein (1874 - 1910)<br />

- Namensgeberin der <strong>FEODORA</strong>-Chocolade -<br />

Fakten und Facetten<br />

Mit einem Vorwort von Hasso G. Nauck


<strong>FEODORA</strong><br />

Prinzessin zu Schleswig-Holstein<br />

(1874 - 1910)<br />

„TRAG MEIN HERZ SONNENWÄRTS...“<br />

Materialien zu ihrem Lebensbild<br />

bearbeitet von<br />

Prof. Dieter Leuthold<br />

Institut für Unternehmensgeschichte<br />

der <strong>Hochschule</strong> <strong>Bremen</strong>


02<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort 5<br />

Vorbemerkung 6<br />

Feodoras Kindheit und Jugend 8<br />

Der Name „Feodora“ 8<br />

Die Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg 8<br />

Primkenau: Geburtsort und erste Heimat 12<br />

Aufenthalte an anderen Orten - nach den Erinnerungen von Anna Wagemann 16<br />

Tod der Mutter und die Jahre danach 18<br />

Feodoras Wappen 19<br />

Feodora in den Medien 20<br />

Begegnungen mit der Kunst – nach Anna Wagemann – 22<br />

Aufenthalte im Neuen Palais und im Stadtschloss in Potsdam 22<br />

Ihre künstlerische Arbeit als „Inhalt und Bedeutung ihres Lebens“ 23<br />

Ihr Bild im Spiegel der Anderen 26<br />

Anne Topham 26<br />

Anna Wagemann 28<br />

Mathilde Grafin von Keller 29<br />

Herzogin Viktoria Luise 31<br />

Adolf Bartels 33<br />

Max Lehrs 39<br />

Gustav Frenssen 46


03<br />

Feodora im Kontext der Auguste-Victoria-Biographie von Elizza Erbstößer 49<br />

Feodoras Krankheit 52<br />

Feodoras literarische Arbeiten 53<br />

Wald, Vier Erzählungen mit eigenem Buchschmuck 54<br />

Hahn Berta, Erzählung 55<br />

Durch den Nebel, Roman 56<br />

Gedichte von Feodora Prinzessin zu Schleswig-Holstein (F. Hugin),<br />

Aus dem Nachlaß herausgegeben 60<br />

Feodora als Namensgeberin der „<strong>FEODORA</strong>-Chocolade“ 63<br />

Das Feodora-Bild in der Kirche von Bornstedt 65<br />

Der Tod der Prinzessin Feodora 66<br />

Für den eiligen Leser: Fakten über Feodora 74<br />

Literaturverzeichnis (Auswahl) 76<br />

Archiv-Recherchen (Auswahl) 78<br />

Anhang / Illustrationen 79<br />

Impressum 81


04<br />

„HÖCHSTES GLÜCK: FERNESTE HÖHEN.<br />

TRAG MEIN HERZ SONNENWÄRTS...“<br />

Feodora<br />

Prinzessin zu Schleswig-Holstein<br />

geboren am 3. Juli 1874 in Primkenau / Schlesien;<br />

gestorben am 21. Juni 1910 in Obersasbach / Baden


05<br />

Vorwort<br />

Das 100-jährige Jubiläum unserer Marke <strong>FEODORA</strong> hat uns den Kontakt mit Herrn Professor<br />

Dieter Leuthold vom Institut für Unternehmensgeschichte (IFUG) der <strong>Hochschule</strong> <strong>Bremen</strong> suchen<br />

und ihm den Auftrag erteilen lassen, das Lebensbild der Prinzessin Feodora zu durchleuchten<br />

und zu dokumentieren.<br />

Wir sind sehr froh, dass dabei ein so vielseitiges Bild abgelichtet worden ist, von dem wir bis<br />

dato die ganze Vielschichtigkeit nur in Teilen zu ahnen wagen konnten. Umso mehr fühlen wir<br />

uns geehrt, den großartigen Namen Feodora für unsere edlen Produkte seit nunmehr 100 Jahren<br />

verwenden zu dürfen.<br />

Die Persönlichkeit von Feodora ist gerade auch in unserer heutigen Zeit von hohem Wert - einer<br />

Zeit, in der Leitbilder zunehmend zur Mangelware werden.<br />

Das vorliegende Werk dient zum einen der Dokumentation und zum anderen werden wir es als<br />

Grundlage für ein Feintuning der marketingtechnischen Positionierung unserer Marke verwenden.<br />

Der verstärkte Fokus auf den royalen Hintergrund unserer Marke in Verbindung mit dem handwerklichen<br />

Können unserer Confiseure lässt uns glaubhaft sagen, dass es sich in jederlei Hinsicht<br />

bei <strong>FEODORA</strong> um eine Chocolade edler Herkunft handelt.<br />

Wir wünschen deshalb eine genüssliche Lektüre.<br />

Hasso G. Nauck<br />

<strong>FEODORA</strong> Chocolade GmbH & Co. KG


06<br />

Vorbemerkung<br />

Unternehmensgeschichte beschäftigt sich mit vielen und unterschiedlichen<br />

Perspektiven. Im Vordergrund steht bei den<br />

meisten Arbeiten zur „Business History“ oder „Corporate<br />

History“ die Entwicklung des Unternehmens selbst, seiner<br />

betriebswirtschaftlichen wie technischen Aspekte. Corporate<br />

History ist – wie häufiger ausgeführt – „Kernelement der Unternehmenskultur“.<br />

So lautete auch mein Statement im Rahmen<br />

des 27. CHALLENGE-Workshops for Managers am<br />

15. September 2006 über „Kultur und Unternehmen“ in der<br />

Bremer Landesbank.<br />

Dass sich der Unternehmenshistoriker einer Persönlichkeit<br />

nähert, die Namensgeberin einer Produktlinie oder Premiummarke<br />

ist, ist zwar nicht ungewöhnlich, aber doch eher seltener.<br />

Im Laufe der Beschäftigung mit Prinzessin Feodora zu Schleswig-Holstein<br />

bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es<br />

vier Facetten sind, die ihre Persönlichkeit ausmachen:<br />

1. Sie war Künstlerin (Malerin und Schriftstellerin)<br />

2. Sie war Menschenfreundin und Familienmensch<br />

(Die Honorare für ihre Bücher stiftete sie Bedürftigen;<br />

für die zahlreichen Nichten und Neffen war<br />

sie Freundin und Vertrauensperson)<br />

3. Sie war Angehörige des letzten deutschen Kaiserhauses<br />

(als jüngste Schwester der Kaiserin<br />

Auguste Victoria – 1858 bis 1921 -) aus dem<br />

Hause Oldenburg, Zweig Schleswig-Holstein-<br />

Sonderburg-Augustenburg)<br />

4. Sie war Namensgeberin der Marke „<strong>FEODORA</strong>“-<br />

Chocolade (Produktionsort: <strong>Bremen</strong>)<br />

Im Jahre 2010 jährt sich ihr Todestag zum 100. Mal. Ab 1910<br />

wird „<strong>FEODORA</strong>“-Chocolade angeboten.<br />

Wirft man einen Blick in die verschiedenen Foren des Internet,<br />

wo Verbraucherinnen und Verbraucher, Liebhaberinnen<br />

und Liebhaber besonders hochwertiger Schokolade miteinander<br />

sprechen, so erfährt man, dass <strong>FEODORA</strong>-Chocolade die<br />

besten Bewertungen erhält. Auch der Bearbeiter dieser<br />

Lebensbild-Materialien verschweigt nicht, dass er sich zu dem<br />

Kreis der „<strong>FEODORA</strong>“-Chocoladen Freunde zählt.<br />

Wo immer möglich, lassen wir in der vorliegenden Annäherung<br />

an die Prinzessin die Berichte der Zeitzeugen selbst<br />

sprechen, um auch das Atmosphärische, das ihre Lebensdaten<br />

1874 bis 1910 bestimmt, erkennbar werden zu lassen.<br />

Zum ersten Mal werden die Erinnerungen der Englisch-<br />

Lehrerin der kaiserlichen Prinzen, Anne Topham, an Feodora<br />

aus dem Englischen übersetzt der interessierten Öffentlichkeit<br />

mitgeteilt, und das gilt auch für die Berichte der New York<br />

Times und insbesondere aus der badischen Presse über<br />

Feodoras Tod und die damit verbundenen Vorgänge.<br />

Im Rahmen unserer Untersuchungen wird kurz der Verbindung<br />

von „hoher Geburt“ und literarischer Produktion nachgegangen<br />

und auf das Beispiel der rumänischen Königin<br />

Elisabeth – Pseudonym „Carmen Sylva“ – verwiesen.<br />

Auf Einzelbelege bzw. Anmerkungen wurde verzichtet; das<br />

Literatur- und Archivverzeichnis informiert über die verwendete<br />

Literatur und die Recherchebemühungen.<br />

Es kam nicht darauf an, „Alles“ zu bringen. Aus dem Material<br />

musste ausgewählt werden, wobei das Persönliche, als subjektive<br />

Erfahrung wiedergegeben, im Vordergrund steht.


07<br />

Manche werden einwenden: Ist die Biographie der Feodora<br />

wirklich „bedeutend“? Musste sie aus der Vergangenheit<br />

geholt werden?<br />

Unsere Antwort lautet: Ja!<br />

Wenn genau hingesehen wird, wird erkennbar, dass sie dem<br />

Klischee einer „Hohen Angehörigen“ des ehemaligen deutschen<br />

Kaiserhauses überhaupt nicht entspricht. Im Gegenteil:<br />

Die Zeitzeugin Anne Topham zeichnet ihre Persönlichkeit als<br />

unkonventionell und natürlich, dem Gekünstelten und Starren<br />

des Hoflebens stark abgeneigt.<br />

Die New York Times nennt sie eine große Künstlerin, „an artist<br />

of merit“; die einzige Tochter des letzten deutschen Kaiserpaares,<br />

Herzogin Viktoria Luise, erinnert sich an sie: „Sie<br />

war wirklich ein seltener Mensch, der so ganz darin aufging,<br />

anderen zu helfen und zu raten.“<br />

Gothaer Hofphotographie der Prinzessin Feodora<br />

um die Jahrhundertwende


08<br />

Feodoras Kindheit und Jugend<br />

Der Name „Feodora“<br />

Der Name „Feodora“ ist russischer Herkunft (auch: Fjordora).<br />

Der Ursprung ist griechisch und bedeutet Theodora:<br />

Geschenk Gottes.<br />

Der Name der Mutter war: Prinzessin Adelheid zu Hohenlohe<br />

Langenburg (1874 – 1900). Adelheids Mutter war<br />

Prinzessin Feodora von Leiningen (1807 – 1872), Tochter<br />

des Fürsten Emich Carl zu Leiningen und der Prinzessin<br />

Viktoria von Sachsen-Saalfeld-Coburg. Der Vater: Herzog<br />

Friedrich (VIII.) (1829 – 1880) von Schleswig-Holstein, aus<br />

dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg.<br />

Es darf vermutet werden, dass die Mutter Adelheid auf ihre<br />

jüngste Tochter Feodora den Namen ihrer eigenen Mutter<br />

übertragen hat.<br />

Der vollständige Name von Feodora lautet:<br />

Feodora Adelheid Helene Louise Caroline Pauline Alice Jenny,<br />

Prinzessin zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augusten burg.<br />

Die Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-<br />

Augustenburg<br />

Wir müssen unsere Blicke nach Dänemark lenken, um den<br />

dynastischen Ursprung von Prinzessin Feodora genauer einordnen<br />

zu können. Im Jahre 1448 wird Christian I. König von<br />

Dänemark, aber auch von Norwegen und Schweden. Seine Eltern<br />

sind Dietrich, Graf von Oldenburg, und Hedwig, Erbin<br />

von Holstein.<br />

Mit Johann d.J. spaltet sich 1559 die Linie Sonderburg von der<br />

königlichen Linie ab. Dessen ältester Sohn Alexander begründet<br />

die Linie Sonderburg-Augustenburg 1622, im selben Jahr<br />

begründet sein jüngerer Bruder Philipp die Linie Sonderburg-<br />

Glücksburg.<br />

Durch die Jahrhunderte hindurch haben die Könige Dänemarks<br />

im Wechsel die Namen Christian und Friedrich geführt,<br />

so auch Friedrich VI (seit 1784 Regent, von 1808 bis<br />

1839 König). Nach zwei englischen Seeangriffen auf Kopenhagen<br />

– in den Jahren 1801 und 1807 – musste er die dänische<br />

Flotte ausliefern und schloss sich daraufhin dem<br />

französischen Kaiser Napoleon I an. Nach dessen Niederlage<br />

verlor er Norwegen an Schweden und erhielt 1815 als Ersatz<br />

das kleine deutsche Herzogtum Lauenburg, das ebenso wie<br />

Holstein Mitglied im Deutschen Bund wurde.<br />

In der Folgezeit erwachte der nationale Gegensatz zwischen<br />

den Dänen auf der einen Seite und den Schleswig-Holsteinern<br />

auf der anderen Seite. Die Dänen, unter ihnen besonders die<br />

Nationalliberalen oder „Eiderdänen“, forderten die Verschmelzung<br />

Schleswigs bis zum Fluss Eider mit dem Königreich Dänemark,<br />

die deutschen Einwohner der beiden Her zogtümer<br />

Schleswig, die ja unmittelbar betroffen waren, und Holstein<br />

verteidigten dagegen die im Jahre 1460 von König Christian


09<br />

I. verbriefte Untrennbarkeit („Auf ewig ungeteilt!“) von Schleswig<br />

und Holstein und ihre bisherige Selbständigkeit in Verwaltung<br />

und Gesetzgebung.<br />

Für den Fall, dass die königliche Linie des Oldenburger Hauses<br />

aussterben sollte, vertraten sie das Erbfolgerecht für die<br />

ältere Nebenlinie Sonderburg-Augustenburg. Repräsentant<br />

dieser Linie war Feodoras Großvater Christian August, der im<br />

November 1869 verstarb. Sein Sohn war ihr Vater, Friedrich<br />

(VIII.), der schon im Januar 1880 verstarb – da war Feodora<br />

noch nicht einmal sechs Jahre alt. Feodoras Leben ist auch<br />

davon bestimmt, dass ihre Jugend von Vaterlosigkeit geprägt<br />

war.<br />

Wenn wir den Blick zurückwenden, gewinnt das berühmte<br />

Revolutionsjahr 1848 an Bedeutung. In diesem Jahr erlangten<br />

die „Eiderdänen“ die politische Führung, und es kam zum<br />

Deutsch-Dänischen Krieg von 1848 bis 1850. Preußen unterstützte<br />

die beiden Herzogtümer nur halbherzig, und die europäischen<br />

Großmächte bestimmten in dem sogenannten<br />

„Londoner Protokoll“ von 1852 für den Fall des kinderlos bleibenden<br />

König Friedrich VII. nicht die Augustenburger, sondern<br />

die Glücksburger Linie für die Thronfolge im dänischen<br />

Gesamtstaat. Ausdrücklich wurde aber vermerkt, dass die beiden<br />

Herzogtümer eine selbständige Stellung behalten sollten.<br />

1863 bestieg Christian IX aus der Glücksburger Linie den<br />

Thron in Kopenhagen, und sogleich begannen die „Eiderdänen“<br />

die Integration Schleswigs in das Königreich durchzusetzen.<br />

Golo Mann charakterisiert in seiner „Deutschen Geschichte<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts“ die uns interessierenden Vorgänge:<br />

„Es begann mit der leidigen Schleswig-Holstein-Sache. Die europäischen<br />

Mächte hatten 1852 den dänischen Thronfolger als den<br />

zukünftigen Monarchen auch in den beiden Herzogtümern anerkannt,<br />

wogegen Dänemark sich verpflichtete, die deutschen Länder,<br />

unter ihrer eigenen Verfassung, von dem Hauptstaate<br />

getrennt zu halten. Unter dem neuen König beging man in Kopenhagen<br />

den Fehler, sich über diese Verpflichtung hinwegzusetzen<br />

und Schleswig mit Dänemark zu vereinen. Das war dasselbe,<br />

was schon einmal, 1848, geschehen war, und nicht anders war<br />

die Wirkung auf Deutschland. An dem Schleswig angetanen Unrecht<br />

steigerte sich das ohnehin jüngst wieder verstärkte, nie zur<br />

Ruhe gekommene deutsche Nationalgefühl. Es gab einen norddeutschen<br />

Dynasten, der, gelehrten Juristen zufolge, auf Schleswig-Holstein<br />

ein besseres Erbrecht hatte als der König von<br />

Dänemark; dieser Fürst, von Augustenburg, wurde zum Symbol<br />

deutschen Rechtes in der nordischen Streitsache. Das Londoner<br />

Protokoll, ein Werk der Reaktionszeit, durfte keine Geltung mehr<br />

haben.“<br />

Dagegen Bismarck: „Kehrten die Dänen zum Rechte zurück,<br />

so sei für Preußen die Angelegenheit bestens erledigt. Die<br />

Dänen taten das nicht, zu Bismarcks Glück. Denn was er sich<br />

heimlich in den Kopf gesetzt hatte, war dies: die Annexion<br />

Schleswig-Holsteins nicht durch das liberale Deutschland,<br />

sondern durch Preußen.“<br />

Es kam 1864 zum Deutsch-Dänischen Krieg, der für Österreich<br />

und Preußen siegreich endete. Österreich stellte den<br />

Statthalter für Holstein und Preußen den Gouverneur für<br />

das Herzogtum Schleswig.<br />

Zwei Jahre später: Nach dem Ende des für Preußen siegreichen<br />

Krieges gegen Österreich wurde am 10. Juni 1866<br />

für beide Herzogtümer ein preußischer Oberpräsident ernannt.<br />

Aus Schleswig-Holstein wurde eine preußische Provinz<br />

gebildet.


10<br />

Für den Vater Feodoras war eine schwierige Situation entstanden.<br />

Seine politische Absicht, ein deutscher souveräner Fürst<br />

und Herrscher zu werden, war zerschlagen. Es zog ihn mit<br />

Freunden und Sympathisanten nach Gotha, wo er mit seiner<br />

Familie das sogen. Augustenburger Palais und Schloss Dolzig<br />

in der Lausitz bewohnte. Feodoras Großvater, Christian August,<br />

residierte bis zu seinem Tode im Jahre 1869 im Alten<br />

Schloss in Primkenau.<br />

Der preußische Staat entschädigte die herzogliche Familie finanziell.<br />

Auch die Schlösser Augustenburg, Gravenstein (dän.<br />

Grasten) und Sonderburg konnten durch die Augustenburger<br />

weiter bewohnt bzw. vermietet oder anderweitig genutzt werden.<br />

Feodoras Vater wird als „rechtschaffener, geradliniger Mann“<br />

charakterisiert, „der aber in schwierigen Situationen das nötige<br />

politische Geschick vermissen ließ. Vor allem“, heißt es<br />

in einer Würdigung seiner historischen Rolle in einem Artikel,<br />

„hatten sich die Verhältnisse als stärker erwiesen als sein ehrbares<br />

politisches Wollen, das darauf ausgerichtet war, die Herzogtümer<br />

als „angestammter Lehnsherr“ auf der Grundlage<br />

des Staatsgrundgesetzes von 1848 und somit als Teil des<br />

deutschen Staatsverbandes in einem liberal-konstitutionellen<br />

Sinne zu regieren.“<br />

In Dolzig wurde Feodoras älteste Schwester, Auguste Victoria<br />

(1858 – 1921), die spätere Deutsche Kaiserin, genannt Dona,<br />

geboren. Ihre weiteren Geschwister waren Prinzessin Caroline<br />

Mathilde (genannt: Kalma oder Calma; 1860 – 1932), später<br />

verheiratet mit Herzog Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg,<br />

Prinz Ernst-Günther<br />

(1863 -1921) und Prinzessin Louise Sophie (genannt: Yaya<br />

oder Jaja; 1866 – 1952), später vermählt mit Prinz Friedrich<br />

Leopold von Preußen.<br />

Prinzessin Feodora wurde am 3. Juli 1874 im Alten Schloss<br />

zu Primkenau (Provinz Schlesien/ Regierungsbezirk Liegnitz)<br />

geboren, gestorben ist sie am 21. Juni 1910 in Obersasbach<br />

(Baden): ihr Leben währte knapp 36 Jahre. Begraben ist sie<br />

in ihrem Geburtsort, und die Grabplatte ist trotz der widrigen<br />

Zeitläufte erhalten.<br />

1885 wurde Friedrich posthum auch von offizieller preußischer<br />

Seite der Herzogstitel zuerkannt.<br />

Friedrich bezog nach dem Tode des Vaters das Alte Schloss<br />

zu Primkenau, zusammen mit seiner Gemahlin Adelheid, die<br />

er als 27jähriger geheiratet hatte.<br />

Grabstein der Prinzessin Feodora


11<br />

Die Mutter Feodoras: Herzogin<br />

Adelheid (1835 – 1900)<br />

Der Vater Feodoras:<br />

Friedrich VIII, Herzog zu Schleswig-<br />

Holstein (1829 – 1880)<br />

Die älteste Schwester:<br />

Auguste Victoria: von 1888 – 1918<br />

Deutsche Kaiserin<br />

Schloss Dolzig


12<br />

Primkenau: Geburtsort und erste Heimat<br />

1853 kaufte Herzog Christian August zu Schleswig-Holstein-<br />

Sonderburg-Augustenburg die Herrschaft und machte sie zu<br />

seiner Residenz. Vor allem durch die Förderung von Industrie<br />

modernisierte er die kleine Provinzstadt. Primkenau<br />

blieb im Besitz der Herzöge von Schleswig-Holstein bis 1931,<br />

als Herzog Albert ohne Nachkommen starb. Das Erbe fiel an<br />

Kronprinz Wilhelm, den Sohn des letzten deutschen Kaisers<br />

Wilhelm II. und seiner Gemahlin Kaiserin Auguste Victoria,<br />

die in Primkenau aufgewachsen war. Sie war die älteste der<br />

Töchter des Herzogs Friedrich und die Schwester des Herzogs<br />

Ernst Günther, der bis 1921 Herr auf Primkenau war.<br />

Im Jahre 1879 verlobte sie sich in Primkenau mit dem späteren<br />

Kaiser. Durch die häufige Anwesenheit des Kronprinzen-<br />

und später des Kaiserpaares und die dann stattfindenden<br />

"Kaiserjagden" rückte Primkenau in den Blickpunkt<br />

der Öffentlichkeit und wurde zum Anziehungspunkt<br />

zahlreicher Besucher.<br />

Aus den Eisenhämmern des Mittelalters ging 1794 der erste<br />

Hochofen hervor. Die nun entstehende Ansiedlung um das<br />

Werk entwickelte sich schnell zum Stadtteil Hohenofen, der<br />

1906 in Henriettenhütte umbenannt wurde. Die Herzöge von<br />

Schleswig-Holstein förderten und erweiterten das Eisenhüttenwerk<br />

(Friedrich Christian-Hütte und Dorotheenhütte), das<br />

um 1920 etwa 1100 Menschen beschäftigte. Die Erzeugnisse<br />

reichten von emaillierten Kochtöpfen über sanitä-re Anlagen<br />

bis zu Röhren aller Art und wurden weltweit exportiert.<br />

1925 fusionierte das Werk mit der Wilhelmshütte in Warstein<br />

und wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.<br />

Bis 1945 firmierte es unter dem Namen Warstein Heeag.<br />

„Breit und behaglich lag das Schloß da mit dem Park und der<br />

hübschen Roseninsel auf der Rückseite. Sand und Moor wechselten<br />

in der Umgegend ab mit hier und da einem Fleckchen Föhrenwald.<br />

An einigen Stellen schwankte der Boden, wenn man<br />

darüber schritt, und gegen Abend stiegen weiße Dünste auf, die<br />

der Wind wie ruhelose Gespenster hin und her jagte.“<br />

So schildert Anna Wagemann, Feodoras Erzieherin und<br />

Lehrerin, Primkenau, den Ort, wo Feodora geboren wurde und<br />

aufwuchs.<br />

Einer weiteren Information über Primkenau ist zu entnehmen,<br />

dass Herzog Christian August zu Schleswig-Holstein die<br />

Herrschaft Primkenau im Jahre 1853 erwarb – von Baron von<br />

Block-Bibran –:<br />

„Se. Hoheit benutzte das kleine und unansehnliche herrschaftliche<br />

Wohnhaus und schuf daraus durch Auf- und Anbau das<br />

Schloss, dessen Ansicht hier vorliegt, und umgab dasselbe mit<br />

einem Parke, der durch Niederreissen von Gebäuden, Austrocknung<br />

von Sümpfen, Ausgraben von Teichen etc. mit dem<br />

Schlosse in einem Sommer geschaffen wurde“,<br />

heißt es in einem zeitgenössischen Bericht.<br />

Primkenau / Schlesien: Altes Schloss


13<br />

„Das Herzogspaar hat sieben Kinder gehabt. Drei Söhne und<br />

vier Töchter. Die zwei ältesten Söhne starben schon sehr früh;<br />

der dritte Sohn war Prinz Ernst Günther. Meine Mutter war die<br />

älteste Tochter. Ihr folgten Karoline Mathilde, Luise Sophie und<br />

Feodora, in der ich meine Lieblingstante gesehen habe. Der<br />

Herzog nahm die Erziehung der Kinder selbst in die Hand.<br />

Seine Gemahlin wirkte bei allem mit. Doch mein Großvater dominierte<br />

unübersehbar“<br />

erinnert sich später Herzogin Viktoria Luise, die einzige Tochter<br />

der letzten deutschen Kaiserin Auguste Victoria. Die Kaiserin<br />

war die älteste Schwester der Prinzessin Feodora.<br />

Feodoras Jugend war vor allem geprägt durch den Tod des Vaters,<br />

den sie im Alter von sechs Jahren verlor. Fortan war die<br />

Mutter, Herzogin Adelheid, ihre dominierende Bezugsperson,<br />

dazu kamen die beiden Schwestern und ihr Bruder.<br />

Die Herzogin wird durchaus unterschiedlich charakterisiert:<br />

Sie war stark von Stimmungen abhängig und litt sehr unter<br />

dem frühen Tod ihres Mannes.<br />

Größeren Einfluss auf Feodora in Kindheit und Jugend hatte<br />

ihre Erzieherin Anna Wagemann, geboren am 26. November<br />

1855 als Tochter des Pfarrers Dr. Ferdinand Wagemann in Winsen/<br />

Luhe.<br />

In der Sozialgeschichte des hohen Adels wird immer wieder<br />

darauf hingewiesen, welche verantwortungsvolle Aufgabe in<br />

der Funktion einer Erzieherin oder eines Erziehers lag.<br />

Durch ihr Vorbild konnten sie ihre „Zöglinge“ wesentlich beeinflussen,<br />

wie dies offensichtlich Feodoras Erzieherin getan hat.<br />

Bekannt ist das Beispiel der Erzieherin von Königin Luise von<br />

Preußen, einer Pfarrerstochter aus Neuchâtel, Salomé de Gélieu,<br />

die leise und unmerklich in positiver Weise Luisens Charakter<br />

mit prägte.<br />

Mit dem Eintritt Feodoras in die Gesellschaft – etwa ab dem<br />

vierzehnten Lebensjahr – wurde eine Gesellschaftsdame hinzugezogen,<br />

die selber aus dem Adel stammte. Für Feodora<br />

wurde die badische Adelige Freiin Ida Roeder v. Diersburg<br />

(8.10.1850 – 22.1.1929) gewonnen, die sie bis zu ihrem Tode<br />

begleitet hat.<br />

Primkenau / Schlesien: Neues Schloss;<br />

erbaut 1896-1897 von Ernst von Ihne, als Ruine<br />

Anfang der 1970er Jahre abgerissen<br />

Im neuen Schloss Primkenau:<br />

links: Salon, rechts: Großer Saal


14<br />

Anna Wagemann beschreibt anschaulich, wie es zum ersten<br />

Treffen im Jahre 1883 mit der Herzogin und ihrer jüngsten<br />

Tochter kam:<br />

Sie hielt sich in Dresden auf und war Lehrerin an der<br />

„Finishing School“ von Miss Glendinning, „…wo erwachsene<br />

junge Damen der oberen Kreise, meist Engländerinnen, umgeben<br />

von dem Komfort eines feinen englischen Hauses, sich<br />

durch uns Lehrerinnen, auch Professoren der <strong>Hochschule</strong>, des<br />

Konservatoriums und der Kunstakademie (…) weiterbilden ließen.<br />

Ich lebte ganz meiner ziemlich anstrengenden Tätigkeit<br />

und verschiedenen Studien und verkehrte nur im Hause des<br />

bekannten D. Dibelius, des späteren Oberkonsistorialrats und<br />

ersten Geistlichen von Sachsen.<br />

An einem Sonntag sangen wir beim Nachmittagsgottesdienst<br />

in der schönen alten Kreuzkirche das Lied „So nimm denn<br />

meine Hände und führe mich“, und ich fühlte es genau, dass<br />

ich an einem Wendepunkt in meinem Leben stand. Als ich<br />

heimkehrte, berichtete mir der Diener, eine Frau von X. hätte<br />

nach mir gefragt und wollte am nächsten Tag wiederkommen.<br />

Statt dessen schrieb mir der Konsistorialrat, die Mutter der<br />

künftigen Deutschen Kaiserin, die Herzogin Adelheid von<br />

Schleswig-Holstein, wäre auf einige Tage von Schloß Primkenau<br />

in Schlesien nach Dresden gekommen und hätte ihn gestern<br />

zu Tisch geladen.<br />

Seit der Konfirmation des jungen Herzogs Ernst Günther, der<br />

in Dresden das Gymnasium besucht hatte, war D. Dibelius gewissermaßen<br />

der Beichtvater der herzoglichen Familie geworden.<br />

Und die Herzogin hatte ihm geklagt, dass sie seit sechs<br />

Monaten vergeblich nach einer passenden Erzieherin für ihre<br />

jüngste neunjährige Tochter, die Prinzessin Feodora, suchten,<br />

und da habe er mich vorgeschlagen. Die Frau des Hofmarschalls,<br />

die mich gleich hatte holen sollen, habe mich verfehlt,<br />

und nun sollte ich um fünf Uhr an dem Nachmittage mich der<br />

Herzogin vorstellen. Ich eilte zu meinem Gönner, dankte ihm<br />

für sein Vertrauen, erklärte jedoch, dass ich unmöglich gehen<br />

könnte. „Ich bin keine Spur ehrgeizig“, sagte ich, „und bleibe<br />

darum lieber bei meinesgleichen. Von oben herunter behandeln<br />

lasse ich mich nicht gern.“<br />

„Das riskieren Sie vielleicht bei Emporkömmlingen“, eiferte er,<br />

„niemals bei innerlich so vornehmen Menschen, wie die Herzogin<br />

und ihre Kinder es sind.“ – „Aber die Toilettegeschichten,<br />

die bei Hof eine so große Rolle spielen!“ wandte ich ein,<br />

„und überhaupt das Ganze, das liegt mir gar nicht. Ich bitte<br />

daher die Frau Herzogin, mich entschuldigen zu wollen.“<br />

„Dann müssen Sie ihr das selbst sagen“, erklärte der Konsistorialrat.<br />

„Eine Aufforderung von solch einer Dame ist ein Befehl.<br />

Hin müssen Sie.“<br />

Mit erstaunlichem Erinnerungsvermögen gibt die künftige<br />

Erzieherin die Jahrzehnte zurückliegenden Vorgänge wieder:<br />

„Unmutig und etwas befangen machte ich mich auf den Weg.<br />

Ein Lakai und dann die Hofdame empfingen mich. Sie führten<br />

mich zur Herzogin, einer noch immer fesselnden Erscheinung<br />

in schwarzem Schleppkleid (seit dem Tode ihres Gemahls, des<br />

Herzogs Friedrich VIII. im Jahre 1880 hat sie außer bei Familienfesten<br />

nie wieder ein farbiges Kleid getragen) (…) Als ihre<br />

schönen braunen Augen so freundlich und herzlich auf mir<br />

ruhten, da wurde es mir warm ums Herz. Ich wollte ihr erklären,<br />

weshalb ich kam, aber da holte sie das Bild ihrer „Kleinen“<br />

und drückte es mir in die Hand. Aus einem schmalen, ernsten<br />

Gesichtchen sahen mich ein Paar großer, trauriger Kinderaugen<br />

an. Da wallte es in mir auf: diese dünnen Bäckchen rund<br />

und diese schwermütigen Augen fröhlich zu bekommen, welch<br />

schöne Aufgabe müsste das sein“ Und am selben Abend noch<br />

schrieb ich an den Konsistorialrat: „Wenn die Herzogin mich<br />

will, ich will!“ Und sie wollte mich.“


15<br />

Anna Wagemann reiste zu Neujahr 1884 nach Primkenau.<br />

Wir geben ihr wieder das Wort:<br />

„Die Herzogin empfing mich in ihrem „rosa Kabinett“. Auf einem<br />

Sofa saß ernst, umgeben von einer Menge großer und kleiner<br />

Puppen, die zarte kleine Prinzeß. Sie stand auf und gab mir die<br />

Hand, indem sie mich unentwegt forschend ansah. Dann führte<br />

sie mich in ihre gegenüber, dem Park zu, liegenden Räume, in<br />

denen sie mit Frau W., ihrer Pflegerin, und ihrer Philippine,<br />

einem jungen Mädchen, halb Jungfer, halb Gespielin, hauste<br />

und – um die Hauptperson nicht zu vergessen – mit Flock, ihrem<br />

geliebten sandfarbenen dicken Pudel.“<br />

Und weiter erinnert sich ihre Erzieherin Anna Wagemann:<br />

„Prinzeß Feo war eine äußerst anziehende Erscheinung.<br />

Gut gewachsen wie alle ihre Geschwister,<br />

glich sie doch keinem von ihnen,<br />

auch der Mutter nicht, von der sie nur die<br />

braunen Haare und Augen hatte – zu<br />

ihrem Kummer: sie wäre so gern eine<br />

blauäugige, blondhaarige echte Norddeutsche<br />

gewesen. Das Gesicht war<br />

schmal, die grade Nase gut geformt, die<br />

Haut zart. Von besonderer Schönheit war<br />

die kleine ausdrucksvolle Hand und vor<br />

allem der Fuß, auf den sie stolz war, der so<br />

selten vorkommende „klassische“ Fuß, wie<br />

die griechischen Statuen der besten Zeit ihn zeigen<br />

(bei dem der zweite Zeh der längste ist), (und<br />

den jeder, der ihn nicht aufweisen kann, vortäuscht,<br />

wenn er spitze Schuhe trägt, was er dann auch häufig<br />

durch Hühneraugen büßen muß.)“<br />

Wie verlief das Leben am ersten Tag – und wohl auch an<br />

den folgenden – in Primkenau?<br />

Das Frühstück wurde auf den Zimmern eingenommen, „…um<br />

die Mittagszeit rief uns ein Gong zu dem Gabelfrühstück,<br />

nachdem ein vorhergehender uns gemahnt hatte, uns dafür<br />

sauber zu machen. Wir versammelten uns unten in der hübschen<br />

„Halle“, einer Art Wintergarten mit blühenden Kamelienbäumen<br />

und einem Kamin, in dem ein lustiges Feuer<br />

prasselte. Hier lernte ich auch die dritte Tochter der Herzogin<br />

kennen, die lustige Prinzeß Louise Sophie, Jaja genannt; sie<br />

glich sehr ihrer ältesten Schwester, der Prinzeß Wilhelm von<br />

Preußen, der späteren Deutschen Kaiserin Auguste Viktoria,<br />

mit der sie auch oft verwechselt ist – und den Herzog Ernst<br />

Günther, ihren einzigen Sohn. Beide hießen mich<br />

freundlich willkommen. Als die Herzogin erschien,<br />

gingen wir mit ihr in den angrenzenden<br />

Speisesaal. Die Unterhaltung<br />

war lebhaft und ungezwungen, so dass<br />

man sich bald heimisch fühlte.“<br />

Von den Mahlzeiten wird berichtet,<br />

dass sie rasch eingenommen wurden.<br />

Sie wurden ohne größeren<br />

Aufwand hergestellt und serviert.<br />

Feodora bekam von Frau Wagemann<br />

Handarbeitsunterricht; so<br />

strickte sie ein Paar langer Strümpfe,<br />

die einem Bedürftigen geschenkt wurden.<br />

Prinzessin Feodora (sitzend links)<br />

im Kreis der Geschwister


16<br />

Aufenthalte an anderen Orten nach den Erinnerungen von Anna Wagemann<br />

In Wyk auf Föhr<br />

In Gesellschaft ihrer ältesten Schwester, Auguste Victoria, und<br />

von drei Prinzen begaben sich Feodora und Anna<br />

Wagemann auf die Nordseeinsel Föhr, wo sie in einer kleinen<br />

Villa am Strand wohnten mit einer „herrlichen Aussicht aufs<br />

Meer“.<br />

In Potsdam und Berlin<br />

Auguste Victoria, die älteste Schwester Feodoras, war mit dem<br />

Thronfolger, Prinz Wilhelm von Preußen, verheiratet und residierte<br />

im Marmorpalais in Potsdam. Sie war bereits Mutter<br />

zahlreicher Kinder – der Prinzen Wilhelm, Eitel Friedrich,<br />

Adalbert und August Wilhelm. Feodora war nur acht Jahre<br />

älter als der Älteste von ihnen. Sie waren – so Anna Wagemann<br />

–„einander prächtige Spielkameraden“.<br />

Wenn Feodora am Hohenzollern-Hof war, vermisste sie zwanglose<br />

weite Spaziergänge.<br />

„Es musste immer erst eine längere Fahrt gemacht werden,<br />

ehe wir ins Freie und an einen hübschen Punkt kamen. Und<br />

diese Fahrten waren eine Plage für sie. Immer trugen Lakaien<br />

und Kutscher eine silberne Borte mit schwarzen Adlern um<br />

den Hut; aber sobald er jemand fuhr, der zur Kaiserlichen Familie<br />

gehörte, legte der Kutscher eine ganz breite darüber, die<br />

er sofort wieder abnahm, wenn die Prinzeß ausstieg und ich -<br />

also Anna Wagemann (DL) - allein zurückfuhr. Wo die breite<br />

Borte beim Kutscher erschien, da präsentierten die Schildwachen,<br />

da grüßten alle zum Hof Gehörenden und viele dort auch<br />

nur Vorgestellten, viele Lieferanten aller Art und das gesamte<br />

Militär. Und wie eine Pagode musste die arme Prinzeß sich<br />

fortwährend verbeugen. „Ich bin so müde“, „klagte sie. „Der<br />

Rücken tut mir ordentlich weh“. Aber den kleinen Straßenjungen,<br />

die vor ihr stramm standen, nickte sie besonders freundlich<br />

zu. „Die andern denken, sie müssen grüßen“, sagte sie,<br />

„diese tun es, weil sie es wollen.“<br />

In Dresden<br />

Man wohnte zunächst in einer Etage und dann in einer Villa<br />

und pflegte engeren Kontakt zum Hofe des sächsischen Königs.<br />

Feodora lernte die gesamte königliche Familie kennen.<br />

Mit dem Prinzen Max von Sachsen – so ging das Gerücht –<br />

hätte sich eine Heirat ergeben können. Aber aus Gründen der<br />

unterschiedlichen Konfession – der Prinz war katholisch, Feodora<br />

evangelisch – war an eine Eheschließung nicht zu denken.<br />

Die Erzieherin Anna Wagemann verwaltete Feodoras „Apanage“.<br />

So konnten hervorragende Persönlichkeiten, Fachleute<br />

auf den verschiedenen Gebieten, Vorträge halten. Besonders<br />

erwähnenswert sind die des Gelehrten Professor Sophus Ruge,<br />

damals Vorsitzender des deutschen geophysischen Vereins,<br />

der zwölf Vorträge für Feodora hielt. Es ging in diesen Vorträgen<br />

um Urgeschichte, die geologische Entwicklung, die<br />

menschlichen Behausungen, Kunstwerke, Entdeckungen und<br />

Erfindungen, Burgen, Städte, geschichtliche Ereignisse, eine<br />

„Fülle von Stoff.“<br />

Auf Schloss Gravenstein<br />

Zum Besitz des herzoglichen Hauses gehörten – nachdem<br />

Preußen mit Feodoras Bruder Ernst-Günther eine von beiden<br />

Seiten akzeptierte Übereinkunft erzielt hatte – als einzige Reminiszenz<br />

an die verlorenen Territorien die Schlösser Sonderburg<br />

und Augustenburg auf der Insel Alsen und Schloß<br />

Gravenstein an der Flensburger Förde.<br />

Feodoras Großvater, Herzog Christian August, durfte nach<br />

1848 das Herzogtum nicht mehr betreten. Seine älteste Tochter,<br />

Prinzessin Amalie, hatte Feodora und ihren Schwestern<br />

oft davon berichtet, wie die Familie, weil ihr Vater sich an dem<br />

Aufstand gegen Dänemark im Revolutionsjahr beteiligt hatte,<br />

fluchtartig das Land verlassen hatte und gezwungen war, zunächst<br />

in größter Armut im Exil zu leben. Die Herrschaft Prim-


17<br />

kenau, im schlesischen Kreis Sprottau gelegen, wurde von der<br />

späteren Abfindung bezahlt, die der Herzog bekam, weil er<br />

seinen Ansprüchen auf das Herzogtum zugunsten seines Sohnes<br />

Friedrich entsagt hatte.<br />

Nach der Übereinkunft mit Preußen war es der herzoglichen<br />

Familie wieder möglich, die drei Schlösser zu besuchen.<br />

Feodora hielt sich mit ihrer Familie besonders gern in Gravenstein<br />

auf.<br />

Anna Wagemann berichtet, dass die Bevölkerung sie beim<br />

ersten Besuch enthusiastisch begrüßte: „Von allen Seiten regnete<br />

es Rosen.“<br />

Schloss Gravenstein musste zunächst notdürftig möbliert werden,<br />

später wurde es großzügiger ausgestattet. Die „einfachen<br />

Leute“ sprachen meist nur Dänisch, und Feodora und ihre<br />

Schwestern und ihr Bruder unterhielten sich durchaus gewandt<br />

in dieser Sprache.<br />

Es ist ein interessanter Aspekt, an dieser Stelle darauf hinzuweisen:<br />

Auguste Victoria, die spätere deutsche Kaiserin, und<br />

ihre Geschwister sprachen und verstanden Dänisch! Für die<br />

Geschwister war diese Sprache eine Möglichkeit, „unter sich“<br />

zu sein und miteinander zu kommunizieren, ohne dass Andere<br />

das Gesagte verstanden.<br />

Das Schloss Augustenburg – der Stammsitz der Familie –<br />

diente als Lehrerinnen-Seminar und wurde nicht bewohnt. Zu<br />

den Schlössern in der näheren, aber auch weiteren Umgebung<br />

gehören Schloss Glücksburg, das Gut Grünholz und das<br />

Schloss Louisenlund (heute ein bekanntes Landerziehungsheim)<br />

– Besitzungen der herzoglichen Linie Schleswig-Holstein-Glücksburg,<br />

die Feodora mit ihrer Erzieherin besuchte.<br />

Ihre Schwester Calma war mit Herzog Friedrich Ferdinand verheiratet<br />

und Mutter vieler Töchter und eines Sohnes.<br />

Feodora hat Gravenstein des Öfteren in ihren Gedichten beschrieben.<br />

Ein weiteres fand sich im Nachlass:<br />

Das schlafende Schloss<br />

Es hat die Augen geschlossen,<br />

von altem Erinnern umwebt.<br />

Es schweigt der Wind in den Lüften,<br />

wo die reglose Wolke schwebt.<br />

Es sinket die Stille vom Himmel,<br />

verzaubert die Blätter am Baum.<br />

Es schauert in lautloser Ruhe<br />

Weißschimmernd die Blume im Traum.<br />

Und über dem dunklen Gewässer<br />

herüber so tief aus dem Wald,<br />

wie Stimmen des alten Erinnerns,<br />

ein träumendes Vogellied schallt.<br />

O schlafe – schlafe so weiter,<br />

Erinnrung dein ew’ger Genoss,<br />

von deinen Wäldern umhütet,<br />

du weißes, geliebtes Schloss.<br />

Mit Prinzessin Amalie nach Pau in Südfrankreich<br />

Prinzessin Amalie, Feodoras Großtante, hatte Feodora mit ihrer<br />

Erzieherin eingeladen, sie auf einer ausgedehnten Reise durch<br />

die Schweiz, durch Norditalien, nach Paris zu der großen Weltausstellung,<br />

nach Biarritz am Golf von Biskaya und nach Pau<br />

in Südfrankreich zu begleiten. Diese Reise dauerte elf Monate<br />

und brachte sehr starke, unvergessliche Eindrücke.<br />

„Den ewig blauen Himmel und die immer lachende Sonne<br />

habe ich satt. Ich sehne mich nach Sturm und schweren, dunklen<br />

Wolken“ äußerte sich Feodora heimwehkrank zu ihrer Begleiterin.


18<br />

Tod der Mutter und die Jahre danach<br />

Prinz August Wilhelm von Preußen (1887 – 1949) erinnert<br />

sich an seine Lieblingstante in der Einführung in ihre Gedichte,<br />

die 1910 posthum veröffentlicht wurden:<br />

„Beim Tode des geliebten Vaters (14. Januar 1880) war sie<br />

noch zu jung, um in sich voll die Schwere des Ereignisses<br />

zu fassen; doch fehlte er ihr bald, wohin sie ging, und wenn<br />

sie Kummer hatte, schlich sie zu seinem Bilde und suchte<br />

so mit ihm sich zu besprechen. Nur ihr kleines Kindermädchen<br />

wusste von all den vielen Tränen, die nachts in ihre<br />

Kissen flossen.<br />

Im stillen Landleben glitt ihre erste Jugendzeit dahin. Als<br />

ihre älteren Schwestern dann sich nacheinander verheiratet<br />

hatten, übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach Dresden, wo<br />

beide die nächsten Jahre dauernd Aufenthalt nahmen, der<br />

nur unterbrochen wurde durch kurze Sommerreisen nach<br />

dem nordischen Stammschloss Gravenstein, zu den Verwandten<br />

in Potsdam oder Holstein und durch einen Frühlingsaufenthalt<br />

in Rom und Neapel. (…)<br />

So blieb es, bis der Tod am 25. Januar 1900 die (…) Herzogin<br />

abrief, und damit das innige Liebesband zerrissen wurde,<br />

das diese beiden grundverschiedenen und doch sich gut verstehenden<br />

Menschenherzen verband.<br />

So schloß in frühen Jahren sich das Elternhaus für die Prinzeß.<br />

Nachdem ein kurzer Aufenthalt in ihrem lieben<br />

Schwarzwaldruheplatz St. Blasien ihr Kraft und Sammlung<br />

gegeben hatte nach jenen inhaltsschweren Tagen des Januar,<br />

folgte sie dem Anerbieten ihres herzoglichen Bruders und<br />

nahm im sogenannten Palais gegenüber dem Neuen Schloss<br />

in Primkenau Wohnung.<br />

Dort weilte sie dann mehrere Jahre, den Sommer über meist<br />

auf Reisen in der von ihr so sehr geliebten schleswigholsteinischen<br />

Heimat, bei ihrer Schwester der Herzogin von<br />

Glücksburg, in Grünholz bei Vogelsang oder im väterlichen<br />

Schlosse Gravenstein beim Bruder und seiner jungen Gattin.<br />

Auch besuchte sie oft die mit ihr eng befreundete Großherzogin<br />

von Oldenburg, und einmal folgte sie dem langgehegten<br />

Wunsche, England und vor allem Schottland kennen zu<br />

lernen, und suchte eine Freundin aus der Jugend (…) auf…<br />

Später siedelte sie ganz nach Krongut Bornstedt bei Potsdam<br />

über, das ihr der kaiserliche Schwager zum dauernden<br />

Wohnsitz angeboten hatte, nahe dem Neuen Palais und ihrer<br />

ältesten Schwester, unweit ihrer Schwester Luise, deren Kinder<br />

sich mit denen der Kaiserin und der Herzogin von<br />

Glücksburg vereinten, in steter inniger Liebe und Verehrung<br />

zu dieser Tante aufzublicken, die es in seltener Weise verstand,<br />

stets allen treuer Kamerad und Ratgeber zu sein. –<br />

Doch zwang sie ihre stets schwankende Gesundheit wieder<br />

und wieder zu Kuraufenthalten im trauten Schwarzwald,<br />

wohin sie auch freundschaftliche Beziehungen zu Freifrau<br />

von Roeder-Diersburg in Hochfelden bei Achern zogen, in<br />

Pyrmont, in Frankfurt a.M. oder im Süden, so in Santa Margeritha<br />

Ligure und zuletzt noch in der Grotta Giusti bei Florenz.<br />

Der Keim zu diesem langjährigen Kranksein war wohl zum<br />

großen Teil in Folgeerscheinungen eines nicht völlig geheilten<br />

Typhus zu suchen, der sie zusammen mit einer gefährlichen<br />

Trombose im Sommer 1906 in Hochfelden befiel.<br />

Damals schwebte sie lange in Todesgefahr und hat einen<br />

tiefernsten Eindruck aus dieser schweren Zeit ins Leben mit<br />

hinübergenommen.“


19<br />

Als Besonderheit zeigen alle Erzeugnisse der Feodora<br />

Chocolade GmbH & Co. KG in <strong>Bremen</strong> das Wappen der<br />

Prinzessin:<br />

Das Wappen der Prinzessin Feodora setzt sich aus mehreren<br />

Symbolen zusammen:<br />

Unten links ist das sogenannte „Nesselblatt“ als Symbol für<br />

„Holstein“ zu erkennen, oben rechts die zwei Löwen für<br />

„Schleswig“. Der weiße Schwan darunter versinnbildlicht die<br />

holsteinische Provinz „Stormarn“, darunter der geharnischte<br />

Ritter als Symbol für „Dithmarschen“. Das Mittelfeld und der<br />

aufgerichtete Löwe mit Hellebarde stammen aus dem Wappen<br />

des Hauses Oldenburg.<br />

Das Wappen der Prinzessin Feodora<br />

Das Wappen des Hauses Oldenburg<br />

Die früher auf den Erzeugnissen verwandten, teilweise gekreuzten bzw. einander zugewandten<br />

Versalien „ F “ - unterhalb einer Krone - wiesen auf ihren Vornamen Feodora hin.


20<br />

Feodora in den Medien<br />

Die Verlobung mit Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin<br />

ließ sich – auch nach intensiven Recherchen (Literatur,<br />

Archiv) - nicht verifizieren.<br />

Als Angehörige des Deutschen Kaiserhauses genoss Feodora<br />

öffentliches Interesse. Obwohl sie sehr zurückgezogen lebte,<br />

wurde doch über sie – wenn sie etwa bei Staatsbesuchen<br />

pflichtgemäß an den offiziellen Galadiners teilnahm – berichtet.<br />

The New York Times, published July 28, 1907<br />

„Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein, die jüngste<br />

Schwester der Deutschen Kaiserin, ist die Verfasserin einer<br />

ausdrucksstarken Erzählung, die neulich unter dem Titel<br />

„Hahn Berta“ in Deutschland veröffentlicht wurde. (Feodora)<br />

hat eine romantische Vergangenheit, denn sie lehnte alle<br />

Heiratsanträge seit dem tragischen Tod ihres Verlobten, Herzog<br />

Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, ab. Dieser ging<br />

als Kommandant eines Torpedobootes mit der gesamten<br />

Mannschaft in der Ostsee unter. Sie hätte Königin von Italien<br />

sein können, wenn sie damit einverstanden gewesen wäre,<br />

vom lutherischen zum katholischen Glauben zu konvertieren.<br />

Sie ist ein Liebling des Kaisers, der ihren scharfen Geist<br />

und ihr Urteilsvermögen schätzt. Prinzessin Feodora hat<br />

auch weitere Bücher veröffentlicht. „Hahn Berta“, die Geschichte<br />

eines Wilderers und seiner Tochter, ist ihre erste<br />

Veröffentlichung.“<br />

Doch nicht nur die deutsche, auch die internationale Presse<br />

informierte über sie, namentlich die New York Times. In der<br />

deutschen Presse sind es besonders die „Neuesten Mittheilungen“<br />

oder die „Provincial-Correspondenz“, die über die gesellschaftlichen<br />

Vorgänge im Reich und in der Reichshauptstadt<br />

– immer im Mittelpunkt: die kaiserliche Familie –<br />

berichten.<br />

Darunter sind auch offensichtliche Fehlmeldungen, wie dem<br />

Hinweis in der New York Times vom 29. November 1907 entnommen<br />

werden kann:<br />

(Übersetzung des oben stehenden Artikels von Dieter<br />

Leuthold)


21<br />

Im Folgenden die Mitteilung, dass Herzogin Adelheid und<br />

Prinzessin Feodora nach Schloss Wilhelmshöhe reisen, um<br />

Kaiserin Auguste Victoria zu besuchen:<br />

Feodora wird genannt als Empfängerin eines hohen Ordens<br />

(„high decoration“) aus Anlass des Besuches von Kaiser Franz<br />

Joseph I von Österreich am 6. Mai 1900, als Teilnehmerin am<br />

Bankett zu Ehren des 18. Geburtstages von Kronprinz<br />

Wilhelm am 4. Mai 1900 und zu anderen Anlässen.<br />

Ihr Tod findet dann ein größeres Echo in den Medien, wofür<br />

der folgende Text ein Beleg ist. Besonders ihre Würdigung als<br />

„Artist of Merit“ – als große Künstlerin – ist hier von Belang.


22<br />

Begegnungen mit der Kunst nach Anna Wagemann<br />

In Dresden unternahm Feodora ihre ersten Studien auf dem<br />

Gebiete der Malerei und des Zeichnens. Es war besonders<br />

Professor Heinrich Hoffmann, dessen „vornehme Art“ die<br />

Prinzessin anzog und der sie mit den wichtigsten Techniken<br />

vertraut machte.<br />

Zur Musik hatte Feodora eine tiefe Beziehung. Sie sang mit<br />

schöner Altstimme und war fasziniert von der Musik von<br />

Johann Sebastian Bach und anderen. Anna Wagemann schildert<br />

ihre Eindrücke nach dem Besuch eines Konzertes in der<br />

Thomaskirche in Leipzig: „Ich ahnte nicht, dass es hier<br />

unten etwas so überirdisch Schönes geben könnte.“<br />

Aufenthalte im Neuen Palais und im Stadtschloss in Potsdam<br />

Auguste Victoria war nach dem Ableben von Kaiser<br />

Friedrich III. im Jahre 1888 Deutsche Kaiserin geworden.<br />

Kaiser Wilhelm II verlegte die Residenz der kaiserlichen Familie<br />

vom Marmorpalais am Heiligen See in das Neue Palais<br />

im großen Schlossgarten von Sanssouci.<br />

Bei ihren zahlreichen Aufenthalten in Potsdam wohnte<br />

Feodora mit ihrer Mutter, der Herzogin Adelheid, mit Freifrau<br />

von Roeder, ihrer Gesellschaftsdame, und mit Fräulein<br />

Wagemann, ihrer Erzieherin, auch im Potsdamer Stadtschloss,<br />

das – wie bekannt – nicht mehr erhalten ist.<br />

nere Zimmer, und das Auge wurde nicht müde, dem reizenden<br />

silbernen Gerank zu folgen, das eine schier unerschöpfliche<br />

Künstlerphantasie auf mit rosa Seide bezogene Wände<br />

leicht hingeworfen hatte.“<br />

Für Feodora war das Zusammensein mit ihren Neffen Anlass<br />

für ungeteilte Freude. Sie wurde von den Prinzen „mit<br />

großem Jubel“ begrüßt, wenn sie in den kleinen Gärten der<br />

Prinzen – ein jeder hatte seinen eigenen – erschien. Jeder<br />

wollte sie für sich haben.<br />

Unvergesslich der Aufenthalt im Neuen Palais, der „Wohnung“<br />

von Auguste Victoria, ihrer ältesten Schwester: „Das<br />

milde Rot des ganzen Baues hebt sich sanft von dem Grün<br />

des schönen Parks, und im Innern stimmen die graziösen<br />

Formen des Rokoko an den Wänden, den Decken, Türen und<br />

Fenstern, an Möbeln und Bildern (…) heiter. Prinzeß Feo und<br />

ich bewohnten im Erdgeschoss neben größeren Sälen klei-


Ihre künstlerische Arbeit als „Inhalt und Bedeutung ihres Lebens“<br />

23<br />

Die folgende Gesamtsicht ihrer künstlerischen Interessen<br />

und Leistungen finden wir in der Einleitung von Prinz August<br />

Wilhelm von Preußen zu ihren posthum veröffentlichten<br />

Gedichten (1910):<br />

„Schon früh zur Kunst hingezogen, war Dresden der rechte Ort,<br />

um ganz ihrer Ausbildung zu leben; denn um eine solche handelte<br />

es sich. Doch wurde dieselbe nicht etwa zu Zwecken des<br />

Zeitvertreibes unternommen, sondern aus ernstem, innerem<br />

Drange und der Überzeugung folgend, die sie selbst einmal<br />

scherzend äußerte: Man wisse nicht, ob eine Umwälzung der<br />

bestehenden Verhältnisse es nicht einmal nötig machen werde,<br />

dass auch eine Prinzeß sich ihren Unterhalt durch ihrer Hände<br />

Arbeit verdiene. So nahm sie es ernst mit der Kunst, in der sie<br />

sich zuerst der Malerei zuneigte, wobei sie aber ihre wunderschöne,<br />

tiefdunkle Altstimme auch ausbilden ließ. Leider hatte<br />

sie dann später nicht mehr viel Zeit auf ihr musikalisches Talent<br />

zu verwenden, und so wurden die Stunden immer seltener,<br />

wo sie uns ein Lied von Brahms oder Bach vorsang, die sie vor<br />

allem bevorzugte.<br />

Zu ihren Lieblingsliedern gehörten Brahms` “Feldeinsamkeit“<br />

und das wundervolle, durch sein inniges Naturgefühl ihrem<br />

Herzen besonders nahestehende „Kein Hälmlein wächst auf<br />

Erden“, das einzige Lied des jugendlichen Friedemann Bach.<br />

Früh schon fand sie Freude und großes Verständnis für die Forderungen<br />

Wagners und wurde ein vertrauter Gast des Hauses<br />

Wahnfried. Ihre Ausbildung als selbstschaffende Künstlerin lag<br />

in wechselnden Händen, wodurch wohl zunächst eine ihr unzuträgliche<br />

Unstetheit verursacht wurde, obwohl sie sich in unermüdlichem<br />

Eifer zu vervollkommnen suchte.<br />

Doch fand sie ihr Gleichgewicht völlig wieder, als sie mit einem<br />

Landeskind ihrer nordischen Heimat näher bekannt wurde,<br />

mit Fritz Mackensen. Von da ab wandte sie sich ganz der Richtung<br />

der Worpsweder Schule zu, deren Meister an Ort und<br />

Stelle aufgesucht zu haben, sie stets sich mit besonderer Freude<br />

erinnerte. Ernst und eifrig hat sie „geschuftet“, wie sie es oft<br />

nannte; davon geben die großen Stöße von Bildern und Skizzen<br />

in allen Techniken Zeugnis, die in Händen zu haben mir vergönnt<br />

war. Ihre Zahl übersteigt dreihundert, und es wäre sehr<br />

zu wünschen, dass eine Auslese der Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht würde, die dann selbst beurteilen könnte, ob ein Fürstenkind<br />

nicht auch mitringend in die Schranken treten könne,<br />

wo es gilt, der Schönheit und Wahrheit des Lebens im Umriß<br />

Ausdruck zu verleihen.<br />

Was sie zur ausübenden Künstlerin besonders befähigte, war<br />

ein ausgesprochen feiner Farbensinn, verbunden mit einer<br />

großen, innigtiefen Liebe zur Natur, in der sie für alles Symbole<br />

fand, in der sie, stets selbst verstehend, sich auch stets verstanden<br />

wusste.<br />

Aus dieser großen Naturliebe schöpfte sie auch neue Glaubenskraft,<br />

um ihr begegnende Zweifel zurückzuweisen und um die<br />

sich oft erhebenden Kämpfe des Lebens mutvoll durchzufechten.<br />

(…)<br />

Hier möchte ich gleich ein anderes Wort anschließen, das sich<br />

in ihren „Gedanken“ findet, die sie in losem Zusammenhange<br />

von Zeit zu Zeit zu Papier zu bringen pflegte, und das recht eigentlich<br />

ihre Stellung zur Kunst bekennt. „Was ist Kunst? –<br />

Wenn auch die alte Pilatusfrage mehr Gemüter durchrüttelt und<br />

größere Kämpfe gekostet hat, auch dies Wort ist durch alle Tonarten,<br />

von lächelnder Verachtung bis zum verzweifelten<br />

Schmerz, gefragt worden. – Was ist Kunst? `Was mein Auge,<br />

mein Ohr erfreut.`- `Was mich bessert. ` `Was mein innerstes<br />

Wesen ausspricht und mich von mir selbst befreit. ` So tönt es<br />

vielstimmig zum Schaffenden hinüber. Aber er, wenn er ein<br />

rechter Künstler ist, schafft, wie er muß, und schweigt. Denn<br />

das ist das große Gesetz, nach dem sich einzig die Dinge dieser<br />

Welt bewegen können: Bleibe dir selbst treu.“


24<br />

Leider musste sie im Laufe der Jahre mehr und mehr ihr Zeichnen<br />

und Malen aufgeben, da ihre Gesundheit es nötig machte,<br />

den Unterricht fortgesetzt zu unterbrechen, und ihre Kräfte den<br />

mit der angestrengten häuslichen Arbeit verbundenen Strapazen<br />

auf die Länge auch nicht gewachsen waren. Durch ein sich<br />

immer heftiger entwickelndes Fußleiden war sie zu vielem unfreiwilligen<br />

Liegen verurteilt, wodurch es ihr unwillkürlich nahegelegt<br />

wurde, ihre künstlerischen Gaben in anderer Richtung<br />

zum Ausdruck zu bringen – durch Dichtung in Prosa und Versen.<br />

Auch hier war es ihre große Vertrautheit mit der ihr gleichsam<br />

als alte gute Freundin bekannten Natur, der sie so manches<br />

Geheimnis abgelauscht hatte, die ihr half, sich schnell einzuarbeiten,<br />

indem sie ihr stets neuen Stoff gewährte:<br />

„Was mein jetziges Leben anbelangt, so habe ich, glaube ich,<br />

meinen Beruf verfehlt; ich hätte Schriftsteller sein sollen – denn<br />

ich glaube, es gibt wenige Menschen, vor denen sich so vielerlei<br />

Lebenssphären und Kreise öffnen, wie zufällig vor mir. Von<br />

meinen guten Freunden, den Schleswiger Fischern und den<br />

schlesischen Waldarbeitern, bis zum Kaiserhof – mir schwindelt<br />

manchmal über all den Ansichten, die man vor mir ausschüttet.<br />

Aber es macht das Leben reich, und man gewinnt den<br />

`Menschen`, wo er nun auch steht, lieb, und darum habe ich<br />

keinen Grund, mich über mein Leben zu beklagen.“<br />

Kurze Charakteristiken ihrer drei Werke: Das erste voller Poesie<br />

der Natur und des über alles geliebten „Waldes“, von dem sie<br />

einmal sagte: Wenn mir der Wald fehlt, fehlt mir ein Teil meines<br />

„Ichs“. So gab er dem Buche auch den Namen. Noch teilweise<br />

im Märchengleichnis gesehen, sind diese Erzählungen unendlich<br />

stimmungsvoll, doch noch nicht völlig abgeklärt.<br />

Das zweite ist die Geschichte einer schlesischen Waldarbeiterfamilie,<br />

die den Rahmen gibt für das Schicksal eines nach<br />

Kraft und Wahrheit ringenden Weibes, in Form einer Novelle,<br />

„Hahn Berta“ genannt. Der ursprünglich geplante Titel „Leid“<br />

gibt in Kürze den Inhalt dieses durch seine Volks- und Milieuschilderungen<br />

bedeutenden Werkes wieder.<br />

Das dritte Buch, das letzte, dessen Publikation die Heimgegangene<br />

erleben sollte, ist ein Schleswiger Fischerroman. Es ist die<br />

Geschichte eines mit dem Leben kämpfenden Mannes, der in<br />

den Nebeln des Zweifelns und Zagens nicht mehr ein noch aus<br />

weiß, den Schicksalsschläge zu überwältigen drohen, und der<br />

am Ende doch durch den „Nebel“ findet. Denn wie das Bibelwort<br />

sagt: “Durch den Nebel bricht sein Licht.“ Hier gibt sie<br />

Tiefempfundenes, Selbsterlebtes, und wir ringen mit dem<br />

armen Lars gegen die sich verdichtenden Nebel und sprechen<br />

am Ende mit Karen: „So ist das Leben – und wenn der Schleier<br />

wieder zugezogen ist, einen Blick habe ich doch hineingetan –<br />

dahinter aber ist das Meer.“<br />

Man hat eine große Beeinflussung Frenssens, den sie sehr<br />

schätzte, und mit dem sie sich oft zu beraten pflegte, in diesem<br />

Buche vermutet, doch mit Unrecht; mag stilistisch manches an<br />

ihn erinnern, inhaltlich ist alles ihr ureigenes Werk, mit eigenem<br />

Herzblut geschrieben, durchhaucht vom eigenen Lebensatem.<br />

Auch ich habe die Prinzessin dort gesehen an der Flensburger<br />

Förde, bei den Fischern wohnend unter strohbedecktem Dach,<br />

ganz den großen Eindrücken der Natur lebend, die sie hier<br />

oben im Norden so über alles liebte. Das starke große Wasser,<br />

das nordisch klare Licht, die geraden offenen Gesichter und<br />

Herzen ihrer schleswig-holsteinischen Brüder und Schwestern,<br />

die bildeten die eigentliche Heimat ihres Herzens.<br />

Wie sie es selbst in einem Briefe so treffend ausdrückt, als ihr<br />

von seiten eines Verlegers der Vorwurf gemacht wurde, sie<br />

stände dem von ihr geschilderten Stoffe nicht objektiv gegen-


25<br />

über: „O, man sollte einmal dies mein Leben unter meinen<br />

Fischersleuten sehen. Zwar die `objektive Entferntheit` fehlt<br />

mit diesem Land und diesen Leuten gegenüber vollständig.<br />

Mein ganzes Wesen geht fast restlos in dieser Heimatwelt auf.“<br />

Trotz des Erfolges, den diese Werke, namentlich das letzte, erzielten,<br />

sprach sie stets nur mit der größten Einfachheit und<br />

Bescheidenheit von ihnen. Doch war es ihr eine große Genugtuung,<br />

wenn sie von dem aus den Büchern erzielten Gewinn<br />

den armen „Bornstedts“ oder ihren „Blinden“, wie sie die große<br />

Hilfsaktion für die armen Blinden in Hessen nannte, zu Weihnachten<br />

eine Überraschung bereiten konnte. In einem Brief<br />

sagt die andermal:<br />

„Ob ich etwas wirklich Staunenswertes auf Leinwand oder Papier<br />

an meinem Lebensabend der erstaunten Nachwelt hinterlasse,<br />

das kann ich gar nicht sagen. Aber ich habe doch<br />

gemerkt, dass Frenssen mit seinem Ausspruche recht hat:<br />

`Wenn man den Kreisel nicht schlägt, dann brummt er nicht.`<br />

Je weiter ich komme, desto deutlicher merke ich, es wird vom<br />

großen Meister, der jedem seine Melodie vorschreibt, dafür gesorgt,<br />

dass ich die meinige immer deutlicher brumme, - mir<br />

selbst getreu.“<br />

Die kaiserliche Familie im Jahre 1906;<br />

Prinz August Wilhelms Fotografie:<br />

rechte Seite 3. Bild von oben;<br />

Prinzessin Viktoria Luise:<br />

rechte Seite ganz oben;<br />

unten das Kronprinzenpaar


26<br />

Ihr Bild im Spiegel der Anderen . . . Anne Topham<br />

Feodora (Aus dem Buch: Erinnerungen an den Hof des Kaisers<br />

(Memories of the Kaiser’s Court 1914), S. 173 – 176)<br />

Anne Topham war die Englischlehrerin der Kinder Auguste<br />

Victorias.<br />

Übersetzung: Dieter Leuthold<br />

„Etwa eine Meile (d.i. 1,6 km) vom Neuen Palast entfernt, lebte<br />

die einzige unverheiratete Schwester der Kaiserin, die Prinzessin<br />

Feodora von Schleswig-Holstein, eine Frau mit vielen intellektuellen<br />

Begabungen und eine sehr prägende und interessante Persönlichkeit,<br />

die großen Einfluss auf die Kinder ihrer Schwester<br />

(also der Kaiserin –D.L.) ausübte, und die viel Zeit in „Tante<br />

Feos“ vertrauter Gesellschaft verbrachten.<br />

Ihre Ideen waren sehr demokratisch. Sie verabscheute die Atmosphäre<br />

der Höfe und alle damit zusammenhängenden Einschränkungen<br />

und zeremoniellen Regeln.<br />

Sie war eine sehr kluge Künstlerin und Autorin einiger Bücher<br />

über das ländliche Leben, die einen wunderbaren Einblick in<br />

das bäuerliche Denken und Fühlen vermittelten.<br />

Ihr Heim war einige Jahre lang ein großes Gutshaus, bekannt<br />

unter dem Namen „Bornstedter Gut“, das der Krone gehörte und<br />

in dem einige Zeit davor Kaiser und Kaiserin Friedrich (also die<br />

Eltern Wilhelms II – D.L.) wohnten. Das Erdgeschoss wurde vom<br />

Verwalter und seiner Familie bewohnt. Alle weiteren Räume wurden<br />

von Prinzessin Feodora bewohnt. Das Haus war ihr von<br />

ihrem Schwager, dem deutschen Kaiser, überlassen worden. Der<br />

Kaiser mochte sie sehr, obwohl ihre Ansichten in fast allen Punkten<br />

gegensätzlich und kompromisslos aufeinandertrafen. Sie möblierte<br />

das Gutshaus entsprechend ihrem eigenen Geschmack<br />

und erledigte ihre Einkäufe wie eine Bürgerfrau inmitten der<br />

Menge einfacher Käuferinnen und Käufer.<br />

Sie liebte die Wirklichkeiten des Lebens und weigerte sich, dass<br />

man sie bevorzugte, weil die Schwester der Kaiserin war.<br />

Obwohl sie nur sieben Jahre älter war als ihr ältester Neffe, der<br />

Kronprinz, war sie von Anfang an für die Kinder der Kaiserin<br />

und ihrer Schwestern, der Prinzessin Friedrich Leopold und der<br />

Herzogin von Holstein, der mit Entzücken ausgewählte Spielgefährte.<br />

Ich sah sie zum ersten Mal in Bornstedt, um meine kleine Prinzessin<br />

(also Viktoria Luise, die jüngste kaiserliche Tochter –<br />

D.L.) abzuholen, die den Nachmittag mit ihrer Tante verbracht<br />

hatte.<br />

Die Kutsche, in der ich saß, fuhr auf einen großen Bauernhof,<br />

auf dem gerade Landpferde angeschirrt wurden, bis zu der Tür<br />

eines großen Steinhauses, das angenehm von Kastanienbäumen<br />

überschattet war.<br />

Als ich aus der Kutsche ausstieg, stürmten überfallartig schreiende<br />

Kinder – Jungen und Mädchen aller Altersstufen - , unter<br />

denen ich meine Prinzessin erblickte, im Zustand äußerster<br />

Aufregung und Auflösung aus dem dunklen Torweg eines Kuhstalls<br />

über auf dem Hofe liegende Streureste und sonstige hinweg<br />

und flohen schreiend eine steile Leiter zu einem Heu-Boden<br />

hinauf. Nach kurzer Zeit folgte ihnen eine Dame, bekleidet mit<br />

einem Tweed-Rock, einer gestreiften Bluse und einem Panama-<br />

Hut, die ebenso mit bemerkenswerter Schnelligkeit die Leiter<br />

emporglitt und verschwand. Sogleich waren aus dem Heuboden<br />

tumultartige Schreie zu vernehmen. Sie spielten offensichtlich<br />

„Verstecken“, und mein Kutscher vertraute mir an, dass die<br />

Dame auf der Leiter Prinzessin Feodora höchstselbst gewesen<br />

war.


27<br />

Die Prinzessin mochte das<br />

Hofleben nicht mit seinen<br />

engen und beschränkten<br />

Ansichten und liebte es, sich<br />

mit klugen und unkonventionellen<br />

Leuten zu umgeben,<br />

ungeachtet ihres gesellschaftlichen<br />

Ranges.<br />

Sie war davon zutiefst überzeugt,<br />

dass alle ihre königlichen<br />

Neffen und Nichten<br />

das wirkliche Leben kennenlernen<br />

sollten, so wie es war<br />

und nicht durch die Hofatmosphäre<br />

verwischt und verändert,<br />

in der die abstoßenden<br />

und hässlichen Dinge ausgespart<br />

waren.<br />

Sie lehrte sie viele manchmal unangenehme Wahrheiten über<br />

sie selbst, die niemand sonst diese auszusprechen wagen<br />

würde.<br />

Sie bemühte sich, aufrichtig und klug das moderne Denken<br />

und die gegenwärtige Politik kennenzulernen. Für die Armen,<br />

für die einfachen Leute hatte sie tiefe Sympathie und eine leidenschaftliche<br />

Zartheit für alle sich abmühenden einfachen<br />

Menschen.<br />

Obwohl offensichtlich voller Humor, beschrieb sie in ihren<br />

Büchern nur die dunkle Seite des Lebens, die nackten und karstigen<br />

Dünen ihrer Holsteiner Heimat, den harzigen Atem ihrer<br />

Gutshaus Bornstedt<br />

Kiefern, den kalten und<br />

traurigen Wellenschlag<br />

am Ufer der großen<br />

Meerwogen. Sie machte<br />

die anstrengende Mühe<br />

anschaulich, die harte<br />

Arbeit, das schmutzige<br />

Leben und den Existenzkampf<br />

der Bauern.<br />

„Die einzige Wahrheit im<br />

Leben ist auf Arbeit gegründet.<br />

Alles andere ist<br />

falsch.“ So sagte es eine<br />

ihrer Romanfiguren.<br />

Im Gesellschaft der<br />

„Tante Feo“ hatte die<br />

kleine Prinzessin das Privileg,<br />

den allerersten Flugzeug-Flug ihres Lebens zu sehen, und<br />

zwar den von Orville Wright, der sich auf dem Bornstedter Feld<br />

eingerichtet hatte, um die deutschen Offiziere über die Kunst<br />

des Fliegens zu unterrichten.<br />

Ende September 1909 wurde von einem der Prinzen in Potsdam<br />

telephonisch durchgegeben, dass Orville Wright über das „Feld“<br />

fliegen würde. Ihre Majestät befahl unverzüglich zwei „Autos“<br />

– eines für sie, ihre Schwester (also Feodora – D.L.) und die<br />

Prinzessin (also Viktoria Luise – D.L.) und eines für das Gefolge;<br />

und der Palast summte wie ein Bienenschwarm. Die Bediensteten<br />

beeilten sich die Damen aufzufordern, sich<br />

bereitzuhalten.“


28<br />

. . . Anna Wagemann<br />

Prinzessin Feodora. Erinnerungen an den Augustenburger<br />

und den Preußischen Hof. Aus dem bunten Bilderbuch<br />

meines Lebens (1932)<br />

Seite 166/167:<br />

„Als Schriftstellerin nahm sie den Namen F. Hugin an, F. H. =<br />

Feodora Holstein; aber außerdem hatte das noch eine Geschichte.<br />

Einen jungen Falken, der aus dem Nest gefallen war<br />

und sich einen Flügel gebrochen hatte, zog sie auf und nannte<br />

ihn nach Wodans Raben „Hugin“. Meistens war das Tier wohl<br />

ganz zufrieden mit dem Los, aber zu Zeiten, da kam die große<br />

Sehnsucht über ihn, dann versuchte er, den Blick fest auf die<br />

Sonne gerichtet, den armen lahmen Flügel zu heben und sich<br />

aufzuschwingen hoch in die Lüfte, in sein Reich, um dann mit<br />

einem Schmerzenslaut, der in die Seele schnitt, von dem fruchtlosen<br />

Mühen abzulassen. „Das bin ich in meiner Kunst“, sagte<br />

Prinzeß Feo, „auch ich möchte mich aufschwingen zu dem<br />

Höchsten, das ich klar vor Augen sehe und bleibe immer nur<br />

armselig an der Erde kleben.“<br />

Eine Gesamtausstellung ihrer Bilder, zu der viele, ich glaube<br />

auch Professor Fritz Mackensen, sie drängten, war mehrfach<br />

geplant, wurde aber immer wieder hinausgeschoben, weil sie<br />

Besseres erst noch zu erreichen hoffte, und es ist dann überhaupt<br />

nicht mehr dazu gekommen.<br />

In bezug auf ihre Bücher versteckte sie sich fast ängstlich hinter<br />

ihrem Decknamen. „Sind sie etwas wert“, erklärte sie, „so sollen<br />

sie auf eigenen Füßen stehen; sind sie es nicht, so mögen<br />

sie vergehen. Keinesfalls will ich, dass sie nur deshalb beachtet<br />

werden, weil ich die Schwester der Deutschen Kaiserin bin.“<br />

Seite 153/154:<br />

Was ihren inneren Menschen anbelangte, so entwickelte sich<br />

in ihr immer mehr eine ebenfalls seltene Tugend: die Gerechtigkeit.“<br />

Bornstedt<br />

„Kaiser und Kaiserin nahmen sich in rührender Weise Prinzeß<br />

Feos an. Der Kaiser ließ auf dem Rittergut Bornstedt, wo<br />

Kaiser Friedrich als Kronprinz gelebt hatte, das Gebäude für<br />

sie umbauen, das unter Prinzeß Feos Leitung künstlerisch geschmückt<br />

und eingerichtet wurde. Sogar für Küche und Speisekammer<br />

wählte sie alles selbst aus. Täglich schickte die<br />

Kaiserin prachtvolle Blumen. Es war ein entzückendes Heim…<br />

Das Vertrauensverhältnis zwischen Prinzeß Feo und ihren<br />

Neffen und Nichten war geblieben, und zu allen Tageszeiten<br />

kehrten sie bei ihr ein…<br />

Aber nicht nur die Herrschaften wurden in Bornstedt immer<br />

freudig begrüßt, sondern auch viele alte Freunde und hervorragende<br />

Persönlichkeiten, Maler und Dichter. Unter letzteren<br />

interessierten Prinzeß besonders Frenssen und Sohnrey. Sie<br />

schrieben, was die Worpsweder malten, über den einfachen<br />

Mann und sein Leben, die Wirklichkeit und das norddeutsche<br />

Land mit seinem Erdgeruch, die Heimat, und nun hatte Prinzeß<br />

das für sie richtige Fahrwasser gefunden…<br />

Den Hoffestlichkeiten blieb sie tunlichst fern. „Das ist immer<br />

dasselbe“, erklärte sie. Nur ab und an erschien sie einmal,<br />

wenn die Kaiserin es ausdrücklich wünschte. Darum ist sie<br />

in den Berliner Hofkreisen wenig bekannt gewesen, und man<br />

wusste keine andere Erklärung für die Zurückgezogenheit der<br />

Prinzeß zu finden als große Kränklichkeit oder eine unglückliche<br />

Liebe. Gott sei Dank stimmte beides nicht. Kränklich war<br />

sie nur in ihren letzten Lebensjahren nach dem Typhus, von<br />

dem sie sich nie ganz erholt hat, und für eine un-glückliche<br />

Liebe hatte sie eine zu gesunde und stolze Natur…“


29<br />

. . . Mathilde Gräfin von Keller<br />

Vierzig Jahre im Dienst der Kaiserin. Ein Kulturbild aus den<br />

Jahren 1881 – 1921 (1935)<br />

„(…) Dort in Gotha besaß die Herzoglich Schleswig-Holsteinische<br />

Familie in den Anlagen unterhalb des Schlosses Friedenstein<br />

ein villenartiges Haus mit großem Garten. Herzog<br />

Christian August, der Vater des bekannten Herzogs Friedrich,<br />

des Vaters meiner Kaiserin, hatte es einst gekauft. Nach dessen<br />

Tode war es in den Besitz seiner Töchter übergegangen,<br />

die es aber selten benutzten, während Herzog Friedrich öfters<br />

einige Wochen im Winter dort mit seiner Gemahlin und seinen<br />

Kindern zubrachte. Der Herzog steht mir noch deutlich<br />

vor Augen als eine vornehme, ritterliche Erscheinung; sein<br />

ganzes Wesen war erfüllt von großer Güte und tiefem Ernst.<br />

Doch habe ich selbst ihn eigentlich nicht näher gekannt und<br />

seine Persönlichkeit erst aus den späteren Gesprächen der<br />

Prinzessin verehren gelernt. Politisch sehr angeregt, lebte der<br />

Herzog seinen mannigfachen Interessen, vornehmlich aber<br />

seiner Familie. Diese Beschränkung war eine Folge des Verlustes<br />

seiner Herzogtümer und damit seines eigentlichen Berufes.<br />

Einige Worte über die Zusammenhänge dürften dem<br />

Leser angesichts der Stellung, die die Tochter des Herzogs<br />

später einnehmen sollte, nicht unwillkommen sein. (…)<br />

Seine Güter und Besitzungen in Schleswig und auf der Insel<br />

Alsen mitsamt dem Schlosse Augustenburg (musste Christian<br />

August) an den König von Dänemark übertragen und seinen<br />

Wohnsitz außer Landes nehmen.<br />

Unter diesen Nöten und Schwierigkeiten wuchs der am 6. Juli<br />

1829 geborene Erbprinz Friedrich, der Vater unserer Kaiserin,<br />

mit seinen Schwestern und dem jüngeren Bruder Christian<br />

auf. Gelegentlich einer Reise mit seinem Vater wurde er 1847<br />

in Babelsberg dem Prinzen und der Prinzessin von Preußen<br />

vorgestellt. Nach dem unglücklichen Waffenausgang, und besonders<br />

als der Erbprinz zusammen mit dem Prinzen Friedrich<br />

Wilhelm, nachmals Kaiser Friedrich III, Student in Bonn<br />

war, sah das spätere erste Kaiserpaar ihn auch öfters in Koblenz.<br />

1854 trat er beim Ersten Garderegiment in Potsdam ein<br />

und verkehrte viel am Preußischen Hofe, vornehmlich bei<br />

Prinz Friedrich Wilhelm. Bereits nach zwei Jahren aber, nach<br />

seiner Vermählung mit der begabten und kunstliebenden<br />

Prinzessin Adelheid von Hohenlohe-Langenburg, schied Herzog<br />

Friedrich aus dem aktiven Militärdienst wieder aus. Das<br />

junge Paar verlebte das erste Jahr seiner Ehe auf Schloß Primkenau<br />

in der Niederlausitz, das Herzog Christian August 1853<br />

erworben hatte, dann siedelte es nach Dolzig über. Hier wurden<br />

ihm, nachdem die Herzogin schon in Primkenau ihrem<br />

Gemahl einen Sohn geschenkt hatte, zwei Töchter geboren:<br />

am 22. Oktober 1858 Auguste Victoria und am 25. Januar<br />

1860 Karoline Mathilde, ferner zwei weitere Söhne. Die beiden<br />

ältesten Söhne starben früh, es blieb nur der 1863 geborene<br />

Prinz Ernst Günther am Leben. Beim ersten Sohn hatte übrigens<br />

König Friedrich Wilhelm IV., beim zweiten der Kronprinz<br />

von Preußen Pate gestanden. 1866 folgte noch eine Tochter,<br />

Luise Sophie, und 1874, sechzehn Jahre nach Auguste Victoria,<br />

kam als letztes Kind Prinzessin Feodora zur Welt.<br />

(Hervorhebung D.L.)<br />

Am 15. November 1863 starb auf Schloß Glücksburg der letzte<br />

männliche Sproß der älteren königlichen Linie des oldenburgischen<br />

Fürstenhauses. Es entwickelten sich schwere Konflikte<br />

und Kämpfe über die strittige Erbfolge, aus denen der<br />

Schleswig-Holsteinische Krieg von 1864 hervorging und in<br />

deren Folge schließlich die Herzogtümer eine preußische Provinz<br />

wurden. So kam es, dass Herzog Friedrich sein Land verlor<br />

und die Kaiserin nicht in ihrem Stammland, sondern im<br />

Herzen Deutschlands aufgewachsen ist.<br />

Aus den Gothaer Jugendtagen entsinne ich mich noch deutlich<br />

der beiden kleinen Prinzessinnen Auguste Victoria – im<br />

Familienkreise nur Victoria oder „Dona“ genannt – und


30<br />

. . . Mathilde Gräfin von Keller<br />

Karoline Mathilde, „Kalma“, mit ihrem schönen, langen, blonden,<br />

offenen Haar, wie sie artig mit ihren Eltern spazierengingen<br />

und wie meine Schwester und ich uns freuten, wenn<br />

wir ihnen mit unseren Eltern begegneten und uns mit ihnen<br />

unterhalten konnten. In den Jahren nach dem Kriege 1870/71<br />

wurde der Verkehr mit ihnen reger, da wir Hausgenossen<br />

wurden. Denn als meine Eltern ihre bisherige Wohnung verlassen<br />

mussten und keinen passenden Ersatz finden konnten,<br />

half ihnen das Herzogspaar aus der Verlegenheit und überließ<br />

ihnen einen Teil ihres Hauses. Zu jener Zeit kam die herzogliche<br />

Familie nur sehr selten, und dann immer nur auf wenige<br />

Tage, nach Gotha, so daß ihr der freibleibende Teil als Absteigequartier<br />

genügt.“ (S. 11-13)<br />

Aufzeichnungen aus dem Tagebuch der Gräfin von Keller:<br />

„Berlin, Schloß, 18. Januar 1900. Die schlechten Nachrichten<br />

über das Befinden der guten Frau Herzogin von Holstein werden<br />

(…) betrüben. Ich habe die Kaiserin auf der ersten Fahrt<br />

nach Dresden am 15.ds.Mts. (…) begleitet. Wir stiegen im<br />

Hotel ab; die Kaiserin hatte sich dorthin den Leibarzt der Herzogin<br />

bestellt. Sein Urteil ist erschütternd. Sie haben die Hoffnung<br />

auf Erhaltung des teuren Lebens ganz aufgegeben,<br />

nehmen aber ein längeres Sichhinziehen des traurigen Zustandes<br />

an. Meine arme Kaiserin fuhr darauf gleich nach der<br />

Villa der Mutter. Die Kranke freute sich unbeschreiblich über<br />

ihr Kommen; sie litt große Qualen, besonders durch die<br />

schwere Atemnot.<br />

Eine wehmütige, tiefernste Stimmung herrschte in dem ganzen<br />

Hause; auch Prinzessin Feo gab sich keinen Illusionen<br />

hin und ging bewusst der schweren Trennungsstunde von der<br />

geliebten Mutter entgegen. Sie war unbeschreiblich rührend<br />

in ihrer stillen Ergebung und dabei tapfer, wirklich staunenswert<br />

für ein so junges Menschenkind (Feodora ist 25 Jahre<br />

alt -!- D.L.), und doch ist der Verlust der Herzogin gerade für<br />

sie besonders schwer.“ (S. 217)<br />

Im Jahre 1910:<br />

„Die für den Sommer in Aussicht genommenen Pläne erfuhren<br />

eine Änderung durch die am 21. Juni früh eintreffende erschütternde<br />

Nachricht von dem plötzlichen Tode der geliebten<br />

Prinzessin Feo, Schwester der Kaiserin. Seit Jahren hatte ihr<br />

Gesundheitszustand Veranlassung zu ernster Sorge gegeben.<br />

Zahlreiche ärztliche Autoritäten waren konsultiert worden,<br />

Kuren in verschiedenen Bädern und Sanatorien in der Heimat<br />

wie in Italien gebraucht worden, die aber keine Heilung verschafften.<br />

Im Hause der Freifrau v. Roeder im schönen Badener<br />

Lande, unweit der Roederschen Stammburg, hatte sie, wie<br />

schon oft vorher, einige Wochen in voller Stille leben wollen.<br />

Die erhoffte Erholung wollte sich diesmal aber nicht einstellen;<br />

die Nachrichten über ihr Befinden klangen nicht gut,<br />

gaben aber keine Veranlassung zu ernsten Befürchtungen. So<br />

fehlte der armen Kaiserin gänzlich die Vorbereitung auf den<br />

sie tief erschütternden Schlag. Bei dem großen Altersunterschied<br />

zwischen beiden Schwestern empfand Ihre Majestät<br />

eine fast mütterliche Liebe für diese ihre „kleine Schwester“,<br />

und fühlte sich nach dem Tode der Mutter in besonderer<br />

Weise verantwortlich für sie. Unsere Prinzen und Prinzessinnen<br />

liebten Prinzessin Feo heiß und verloren unsagbar viel<br />

mit ihr. War sie doch in ihrer reichen, besonders ihrer dichterischen<br />

Begabung, in ihrem Verständnis für die Jugend ihre<br />

Vertraute von Kindheit an. Wenige Stunden nach dem Eintreffen<br />

der Trauerkunde reiste die Kaiserin mit dem Prinzen<br />

August Wilhelm und mir nach Hochfelden ab. Am frühen<br />

Morgen des 22. Juni langten wir dort an – welch erschütternde<br />

Ankunft!“ (S. 277)


31<br />

. . . Herzogin Viktoria Luise (1892 – 1980)<br />

Ein Leben als Tochter des Kaisers (1965)<br />

„In Gravenstein (heute Grasten in Dänemark –D.L.) lebte auch<br />

die jüngste, unverheiratete Schwester meiner Mutter (d.i. die<br />

Kaiserin Auguste Victoria – D.L.), Feodora, genannt Tante Feo.<br />

Sie war weit jünger als ihre Schwestern, unserer Generation<br />

näher. In vielen Dingen war sie selbständiger als sonst junge<br />

Mädchen ihres Herkommens und ihrer Erziehung. Sie war<br />

sehr talentiert, malte viel und schon mit modernem Einschlag,<br />

dachte überhaupt ihrer Zeit weit voraus, und musste häufig<br />

Kritik über sich ergehen lassen. Sie schriftstellerte über Land<br />

und Leute ihrer Heimat und Schlesiens, wo sie zeitweise gelebt<br />

hat.<br />

Sie war eine Anhängerin Gustav Frennsens und schrieb auch<br />

in einem ihm ähnlichen Stil. Ihr tiefes Verständnis der einfachen<br />

Menschen des Volkes und das Miterleben ihrer Sorgen<br />

und Kümmernisse, wie es in ihren Büchern so wunderbar zum<br />

Ausdruck kam, war oft ergreifend und machte auf mich, als<br />

ich heranwuchs, einen tiefen und bleibenden Eindruck.<br />

Wir waren alle sehr glücklich, als sie sich ein eigenes Heim<br />

suchte und mein Vater (d.i. Kaiser Wilhelm II – D.L.) ihr auf<br />

Gut Bornstedt, zuvor ein Mustergut seiner Mutter (d.i. Kaiserin<br />

Friedrich Victoria, Princess Royal von England – D.L.-), das<br />

dicht beim Neuen Palais lag, eine Wohnung einrichtete.<br />

Dort entstand nun für mich ein ländliches Paradies. Bei meinen<br />

Besuchen genoß ich das Landleben, mit Kühen und<br />

Schweinen, und tobte auf den Heuböden herum. Der Garten<br />

führte an einen Teich hinunter; alte schöne Kastanien umrahmten<br />

dies kleine Idyll. Bei Tante Feo lebte eine ältere Dame<br />

aus dem Badener Land, Fräulein v. Roeder. Sie sprach so schön<br />

badisch, was uns viel Spaß machte. Die Köchin war eine Schlesierin,<br />

bei uns wegen ihrer herrlichen Schichttorte aus Schokolade<br />

und des schlesischen Streuselkuchens besonders<br />

beliebt.<br />

Vor allem dem Malatelier meiner Tante brachte ich Interesse<br />

und Neugier entgegen. Tante Feo war auch sehr musikalisch<br />

und sang mit einer schönen Altstimme Lieder, die sie selbst<br />

gedichtet hatte.<br />

Ihre Liebe zur Natur war groß. Bald merkte sie, wie wir hierin<br />

übereinstimmten, und ich habe unendlich viel von ihr mitbekommen.<br />

Sie war wirklich ein seltener Mensch, der so ganz<br />

darin aufging, anderen zu helfen und zu raten.<br />

Sie hat selbst wohl viel Schweres durchgemacht und sah ihre<br />

Aufgabe darin, gerade der Jugend den Weg zu weisen, zu zeigen,<br />

wie mit dem Leben fertig zu werden. Wenn irgendein<br />

Kummer drückte, wenn ich es manchmal nicht aushielt mit<br />

den drei Gouvernanten und mit den alten Hofdamen meiner<br />

Mutter (d.i. Kaiserin Auguste Victoria – D.L.), die bei meiner<br />

Erziehung auch noch ein Wort mitzureden hatten, wenn<br />

meine Eltern auf Reisen waren, dann lief ich schnell zu Tante<br />

Feo und schüttete mein Herz aus. Stets ging ich getröstet und<br />

erleichtert wieder zurück.<br />

Leider war sie von sehr zarter Gesundheit. Der Tod hat früh<br />

nach ihr gegriffen. Sie wurde von einem schweren Typhus befallen,<br />

von dem sie sich nie wieder ganz erholte. Schwere Lähmungen<br />

hielten sie lange fast hilflos auf dem Krankenbett.<br />

Trotz allem war ihr Geist rege. Wenn wir an ihrem Krankenlager<br />

fast verzweifeln wollten, hatte sie immer ein humorvolles<br />

Wort bereit und wollte uns nicht merken lassen, wie<br />

schwach und elend sie sich fühlte.<br />

Tante Feo starb, sechsunddreißigjährig, in Obersasbach,<br />

einem reizenden kleinen Dorf am Fuße des Schwarzwaldes,<br />

wo sie Erholung suchte. Ich werde nie den Augenblick vergessen,<br />

als man mir die Todesnachricht brachte. Es war mein erster<br />

großer und tiefer Schmerz.“


32<br />

. . . Herzogin Viktoria Luise (1892 – 1980)<br />

Im Glanz der Krone (1967)<br />

S. 90 im Kapitel: Der Augustenburger<br />

„Das Herzogspaar hat sieben Kinder gehabt. Drei Söhne und<br />

vier Töchter. Die zwei ältesten Söhne starben schon sehr früh;<br />

der dritte Sohn war Prinz Ernst Günther. Meine Mutter war die<br />

älteste Tochter. Ihr folgten Karoline Mathilde, Luise Sophie und<br />

Feodora, in der ich meine Lieblingstante gesehen habe. Der<br />

Herzog nahm die Erziehung der Kinder selbst in die hand.<br />

Seine Gemahlin wirkte bei allem mit. Doch mein Großvater dominierte<br />

unübersehbar.“<br />

S. 158 im Kapitel: Die Kaiserin<br />

„Ein anderer Brief stammt aus den schweren Wochen nach dem<br />

Tode der Lieblingsschwester meiner Mutter. Meine Tante Feodora<br />

war lange Jahre schon leidend gewesen, und doch kam<br />

ihr Tod für uns alle überraschend. Aus Wilhelmshöhe schrieb<br />

ich damals an meinen Vater:<br />

„Wir haben eine sehr ruhige Zeit hier gehabt, und trotzdem<br />

finde ich, dass die arme Mama noch recht angegriffen und oft<br />

ziemlich müde aussieht. Sie ist doch sehr runter seit dem Tode<br />

unserer armen Tante. Darum bedarf sie noch sehr der Ruhe.<br />

Aber, mein liebster Vater, ich als Tochter habe Dir das gesagt,<br />

und Mama würde sehr böse sein, wenn sie hörte, dass ich Dir<br />

dies gesagt habe. So bitte ich, laß es sie nicht merken. Denn<br />

sie selber sagt ja immer, dass es ihr ausgezeichnet geht…“<br />

Kaiserin Auguste Victoria und<br />

Kaiser Wilhelm II mit den<br />

sechs Söhnen und der<br />

Tochter Viktoria Luise


. . . Adolf Bartels<br />

33


. . . Max Lehrs<br />

39


46<br />

. . . Gustav Frenssen


49<br />

Feodora im Kontext der Auguste-Victoria-Biographie von Elizza Erbstößer<br />

Kaiserin Auguste Victoria (1858-1921), Ehefrau Wilhelms<br />

des Zweiten (2008)<br />

S. 252 ff<br />

In besonderer Weise wurde Auguste Victoria durch die Erkrankung<br />

ihrer Mutter belastet. (Diese) klammerte sich an<br />

ihre Töchter und den Bruder Hermann (d.i. Hermann, Prinz<br />

zu Hohenlohe-Langenburg 1829 – 1913). Sie suchte krampfhaft<br />

Schutz, Hilfe und eine ihr nach ihrer Meinung zukommende<br />

gesellschaftliche Position durch die Beendung ihrer<br />

Witwenschaft. Längere Zeit hielt sie sich 1888 und 1889 im<br />

Sanatorium Maria Grün bei Graz auf, wobei sie selbst eine<br />

echte Besserung des Zustandes häufig behinderte. Der zuständige<br />

Arzt beschrieb ihren Zustand in einem für Auguste<br />

Victoria bestimmten Gutachten:<br />

„…ungemein lebhaften Geistes und noch lebhafterer Gefühle.<br />

… Die vorher schon arg affektierten Nerven kamen nun in<br />

einen hochgradigen Zustand von Schwäche und Reizbarkeit…<br />

Arbeit mit ihr ist sehr schwierig und delikat durch die seelischen<br />

Momente – teilweise pathologisch gesteigert, teilweise<br />

krankhafte Erscheinungen: enorme Reizbarkeit, Unruhe, Grübelzwang<br />

in alltäglichen und religiösen Dingen, Steigerung<br />

des Gefühlslebens auf Kosten der logischen Gedankenarbeit…<br />

“<br />

Auguste Victoria und Calma besuchten ihre Mutter häufig in<br />

Dresden, wo sie bis zu ihrem Tod unter ärztlicher Aufsicht<br />

lebte. Sie ertrugen geduldig alle Absonderlichkeiten und Launen<br />

der Mutter, besänftigten immer wieder das Pflegepersonal<br />

und zeigten sich dankbar, dass es bei der Kranken seinen<br />

schweren Dienst versah. Beide achteten auch die kranke Mutter<br />

und äußerten sich weder während der Krankheit noch<br />

nach ihrem Tode abfällig.<br />

Die Töchter bereiteten der Mutter mit einer Reise nach Schleswig<br />

und einem Besuch in Gravenstein eine letzte große<br />

Freude. Von dort schickte sie Kindern und Verwandten Ansichtskarten<br />

in zerstörter, aufgelöster Bleistiftschrift. Seit Silvester<br />

war ihr Zustand durch verstärkte Anfälle von Atemnot<br />

und Herzschwäche hoffnungslos geworden.<br />

Auguste Victoria pendelte in familiären und beruflichen<br />

Pflichten zwischen Dresden, Berlin und Kronberg/ Bad Homburg<br />

hin und her. Am 25. Januar 1900 starb die Mutter in<br />

Dresden; die Beerdigung erfolgte drei Tage später in Primkenau.<br />

Tochter und Schwiegersohn trauerten um sie, deren Lebenstragik<br />

sie alle Absonderlichkeiten hatte ertragen lassen.<br />

Sie war aus einem angesehenen mediatisierten Hause gekommen,<br />

durfte nicht Kaiserin von Frankreich werden, hatte den<br />

jahrelangen Kampf ihres Ehemanns um Schleswig-Holstein<br />

und schließlich den endgültigen Verlust durchzustehen gehabt.<br />

Mit 46 Jahren geriet die nun alleinerziehende Mutter aus der<br />

Position einer Herzogin auf das Abstellgleis der Herzogin-<br />

Witwe. Ihre Krankheit hatte sie zunehmend gehindert, wenigstens<br />

als Schwiegermutter des Kaisers das ersehnte Leben in<br />

der großen Gesellschaft führen zu können. Mit der Großjährigkeit<br />

des Sohnes verlor sie das Wohn- und Heimatrecht in<br />

Primkenau, das sie erst als Tote wieder erlangte.<br />

…<br />

Auguste Victoria hatte neben dem Tod der Mutter auch den<br />

Tod der ihr sehr nahestehenden Tante Malio zu verarbeiten.<br />

Die Schwester ihres Vaters verstarb, während die Schwiegermutter<br />

den Tod erwartete, am 3. Mai 1901 in Kairo. Amalie<br />

Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augus tenburg,<br />

geboren 1825 zu Augustenburg, hatte in ihrer Jugend aus kon-


50<br />

fessionellen Gründen eine Ehe mit König Maximilian II. von<br />

Bayern ausgeschlagen und lebte als Erwachsene unverheiratet<br />

in Pau. Als Vertraute des Herzogs und seiner Töchter hatte<br />

sie häufig während der elterlichen Abwesenheit die Kinder<br />

betreut und Dona und Calma mehrere Monate bei sich aufgenommen,<br />

um sie in die internationale Gesellschaft einzuführen.<br />

Nun war sie 76jährig verstorben, und Auguste Victoria<br />

verfügte angesichts der kranken Schwiegermutter kaum über<br />

Ruhe und Zeit, um die Lieblingstante zu trauern.<br />

Noch tragischer trafen Auguste Victoria die Begleitung von<br />

Krankheit und Tod ihrer jüngsten Schwester Feodora.<br />

Feodora Adelheid Helene Louise Caroline Gustave Pauline<br />

Alice Jenny war das siebente und jüngste Kind des Augustenburger<br />

Herzogspaares. In der Familie nannte man sie zunächst<br />

„Baby“ und später Feo.<br />

Als der Vater starb, war sie gerade 5 ½ Jahre alt und seitdem<br />

der unsteten Mutter, Erzieherinnen und mildtätigen Verwandten<br />

überlassen, die sie und ihre Gouvernante, Anna Wagemann,<br />

aufnahmen, wenn die Mutter sich in stationärer<br />

Behandlung befand.<br />

Anna Wagemann war für die neunjährige, stark vernachlässigte<br />

Feodora eingestellt worden. Bei ihrem Dienstantritt fand<br />

sie ein trauriges, fehlernährtes Kind vor, das sich vormittags<br />

stundenlang still bei der Mutter aufzuhalten hatte, die das Alleinsein<br />

nicht ertrug.<br />

Organisch war Feo gesund, aber weder an gesunde Kost – sie<br />

bevorzugte Hummermayonnaise und verabscheute Gemüse<br />

– noch an den Umgang mit Gleichaltrigen gewöhnt.<br />

Sie hatte die Erkrankung und den plötzlichen Tod des Vaters<br />

nicht verarbeiten können.<br />

Die Mutter hielt es an keinem Ort lange aus; in einem Jahr<br />

wechselte sie mit Feo und natürlich der Gouvernante, die zeitweise<br />

als Aushilfshofdame fungierte, dreizehnmal den Aufenthaltsort.<br />

Am 13. März 1891 wurde Feo in Dresden konfirmiert.<br />

Die Kaiserin Friedrich gab Feo nach ihrem Tod durch ein Kodizill<br />

einen eigenen und dauerhaften Wohnsitz in Bornstedt.<br />

Entgegen den Wünschen Auguste Victorias hat Feo nicht geheiratet.<br />

Spätestens seit 1908 litt sie an einer Entzündung des Ischiasnervs,<br />

die die Bewegungsfähigkeit stark einschränkte. Dennoch<br />

nahm sie an allen Familienereignissen ihrer Schwestern<br />

herzlichen und liebevollen Anteil und schrieb, wenn ihr Gesundheitszustand<br />

sie an der Teilnahme hinderte, einfühlsame<br />

Briefe.<br />

Im April 1909 war sie zu schwach, um nach Glücksburg zur<br />

Hochzeit ihrer Nichte Helena mit Harald von Dänemark zu<br />

reisen. Stattdessen besuchten die Glücksburger Nichten sie<br />

in Bornstedt.<br />

Schon im Januar beim Besuch der Nichten konnte sie das<br />

linke Bein und den rechten Arm kaum bewegen.<br />

Im Mai 1909 reiste Feo über Coburg, wo die älteste Nichte<br />

Viktoria Adelheid mit Herzog Carl Eduard verheiratet war, zu<br />

einem Kuraufenthalt in Montreux.<br />

Da keine Besserung eintrat, begab sie sich am 14. September<br />

des gleichen Jahres zur Behandlung nach Frankfurt. Der Arzt


51<br />

Dr. Lampe stellte eine schwere Unterernährung und entsprechend<br />

verringerte Kräfte sowie die Erkrankung des Ischiasnervs<br />

und der peripheren Nerven fest, „die das Gehen<br />

unmöglich machten und selbst ein ruhiges Stehen verhinderten.“<br />

Seine Therapie umfasste neben einer verbesserten Ernährung<br />

gymnastische Übungen, elektrische Fußbäder und das Fernhalten<br />

von Aufregungen. Der Frankfurter Aufenthalt hatte bewirkt,<br />

dass sie, beiderseits gestützt, kurze Strecken laufen<br />

konnte, wie ein Telegramm des Neffen Auwi an Calma bestätigte:<br />

„Visited aunt Feo yesterday fount (sic! D.L.) her so much<br />

better, doctor very pleased with her.“<br />

Ihre vermutlich letzte Reise trat Feo im Frühjahr 1910 an.<br />

Auguste Victoria bemühte sich um Erleichterungen für die<br />

kranke Schwester: „(…) dass die rührend gute Kaiserin eine<br />

Art Salonwagen für die Reise nach Frankfurt und von da ab<br />

nach München einstellen lässt, so dass Prinzessin ganz bequem<br />

reisen können und nicht teurer, da wir die Billete, die<br />

wir sonst nehmen müssten, zu nehmen haben“, teilte Fräulein<br />

von Roeder am 24. März Calma mit. Die Aussicht auf die Reise<br />

belebte Feo, Anfang Mai war sie tagelang schmerzfrei. In<br />

Frankfurt hatte Auguste Victoria die Schwester getroffen und<br />

sich von der positiven Stimmung Feos überzeugt, die dann<br />

mit dem Gothaer Herzogspaar Florenz reiste.<br />

Die nachgelassenen Gedichte Feos gingen nach Glücksburg.<br />

Der Neffe August Wilhelm wollte sich um eine Veröffentlichung<br />

kümmern.<br />

Feodora fühlte sich in ihrer Krankheit gefangen und verband<br />

ihre Stimmungen mit den Wahrnehmungen aus der Umwelt,<br />

in denen sie Parallelen zu sich selbst sah:<br />

„Sonne ist blaß und so kalt der Wind,<br />

Tage der Wonne vorüber sind.<br />

Flügelt ein Falter so müde daher,<br />

mühsam der Flug und der Flügel so schwer. –<br />

Hast du verpasst Deinen Sommertag?<br />

Schleppt dich noch immer die Sonne nach?<br />

Armer Falter, wir finden es nicht<br />

unser verlorenes Sonnenlicht.“<br />

Am 21. Juni 1910 starb Feo. Um die Beerdigung und ihre Kosten<br />

wie auch um die Unterbringung der langjährigen Gesellschafterin<br />

von Roeder kümmerte sich Auguste Victoria, nicht<br />

der dafür eigentlich zuständige Bruder. „Ich finde Günther<br />

benimmt sich fort und fort schlimmer. … Ich finde es empörend<br />

vor der Welt wenn ein so …. reicher Mensch wie Günther<br />

sich so benimmt.“


52<br />

Feodoras Krankheit<br />

In der Erinnerung von Anne Topham, Englischlehrerin der<br />

Prinzessin Viktoria Luise und der Prinzen von Preußen, wird<br />

Feodora als vitale Person beschrieben, die „mit bemerkenswerter<br />

Schnelligkeit“ auf eine steile Leiter zum Heuboden<br />

klettert, um ihren Zöglingen auf dem Fuße zu folgen. Aber<br />

sehr oft wird Feodora in anderen Berichten als kränklich und<br />

leidend, im Bette liegend oder sogar im Rollstuhl sitzend<br />

wahrgenommen.<br />

Es wird auch die Vermutung ausgesprochen, dass Feodora an<br />

Diabetes gelitten habe.<br />

Möglicherweise ist in der Verbindung beider Krankheitsbilder<br />

ihr früher Tod begründet.<br />

Ihre Erzieherin Anna Wagemann begegnet der kleinen<br />

Feodora als einem Kind von schwächlicher Konstitution, in<br />

sich gekehrt und offensichtlich fehlernährt.<br />

Prinz August Wilhelm von Preußen erinnert sich an ihr „Fußleiden“,<br />

das sie „zu vielem unfreiwilligen Liegen verurteilt“<br />

habe und das es ihr unmöglich machte, das Malen im Stehen<br />

an einer Staffelei durchzustehen, weshalb sie sich dem Schreiben<br />

zugewandt habe.<br />

Immer wieder sei Feodora – so ihr Neffe – auf der Suche nach<br />

„Kraft und Sammlung“ gewesen, stets gezwungen, „ihre stets<br />

schwankende Gesundheit“ bei Kuraufenthalten zurückzugewinnen.<br />

Der Prinz: „Der Keim zu diesem langjährigen Kranksein war<br />

wohl zum großen Teil in Folgeerscheinungen eines nicht völlig<br />

geheilten Typhus (einer bakteriell verursachten Infektionskrankheit<br />

D.L.) zu suchen, der sie zusammen mit einer<br />

gefährlichen Thrombose im Sommer 1906 in Hochfelden befiel.“<br />

Prinzessin Feodora im letzten<br />

Lebensjahrzehnt<br />

Schon 1906 war sie in Todesgefahr, die sie sehr geprägt und<br />

in ihrem literarischen Werk verarbeitet hat. Vier Jahre später<br />

ist sie am 21. Juni 1910 am selben Ort gestorben.


Feodoras literarische Arbeiten<br />

53<br />

Dass Prinzessinnen, ja Königinnen, literarische Werke veröffentlichen,<br />

ist in der internationalen, besonders der deutschsprachigen<br />

Literatur keineswegs einmalig.<br />

Fast vergessen sind Marie Louise Wilhelmine Fürstin zu Wied-<br />

Neuwied, geborene Gräfin von Sayn-Wittgenstein (1747-1823),<br />

Dichterin und Übersetzerin aus dem Französischen und Englischen,<br />

Eleonore Fürstin Reuß (1835 – 1903), Dichterin des<br />

Neujahrsliedes „Das Jahr geht still zu Ende, nun sei auch still<br />

mein Herz…“, und Mechtilde Fürstin Lichnowsky, geborene<br />

Gräfin v. Arco-Zinneberg (1879 – 1958), Dramatikerin und Tagebuchschriftstellerein.<br />

Wohl am bekanntesten sind ihre „Pelesch-Märchen“ („Pelesch“<br />

war der Name des Schlosses, in dem Karl und Elisabeth residierten).<br />

Als Carmen Sylva übersetzte sie auch aus dem Rumänischen<br />

und war sozial aktiv. Sie gründete Schulen und Krankenhäuser,<br />

besonders förderte sie das Kunsthandwerk und<br />

verhalf der rumänischen Stickerei – sie selbst kleidete sich in<br />

rumänische Stickerei-Trachten – zu Anerkennung und Bedeutung.<br />

Nach Musik und Malerei gelangte Feodora erst spät zu eigenen<br />

literarischen Arbeiten. In ihrem dreißigsten Lebensjahr 1904<br />

veröffentlichte sie ihre erste Erzählung „Wald“, dann folgten<br />

„Hahn Berta“ im Jahre 1907 und im folgenden Jahr „Durch den<br />

Nebel“. Ihre Gedichte (1912) sind posthum publiziert worden.<br />

Als vierte sei hier an Carmen Sylva (1843 – 1916) erinnert:<br />

Geboren 1843 auf Schloss Monrepos bei Neuwied<br />

am Rhein als Prinzessin zu Wied, verheiratet seit<br />

1869 mit Prinz Karl Eitel Friedrich von Hohenzollern,<br />

seit 1881 König Karl I. von Rumänien,<br />

veröffentlichte die Königin von Rumänien unter<br />

ihrem Pseudonym „Carmen Sylva“ („Gesang<br />

des Waldes“) zahlreiche literarische Werke, darunter<br />

Gedichte, Erzählungen, Theaterstücke<br />

und Romane.<br />

„Als ich heiratete, da hatte ich schon einen ganzen<br />

Band Gedichte geschrieben und allerlei versucht,<br />

Drama und Novelle“ (…) Erst als ich fünfunddreißig<br />

Jahre alt war, habe ich das Erste drucken lassen,<br />

und zwar, weil die Leute sich ganz lange Sachen<br />

von mir abschrieben, da wollte ich ihnen die Mühe<br />

ersparen und das vereinfachen.,“ lesen wir in der<br />

Biographie von König Karl und Königin Elisabeth von Paul Lindenberg.<br />

Als Pseudonym wählte Feodora den Namen „F.<br />

Hugin“. Die Abkürzung „F.“ steht für Feodora.<br />

„Hugin“ und „Munin“ waren in der germanischen<br />

Mythologie die Raben Odins, des germanischen<br />

Göttervaters. Für „Hugin“<br />

entschied sich Feodora, weil sie wohl<br />

wusste, dass das Wort „Hugin“ aus dem<br />

altnordischen „hugi“ mit der Bedeutung<br />

„Gedanke, Sinn“ stammte. An anderer<br />

Stelle – in den Erinnerungen von Anna<br />

Wagemann – wird eine weitere Begründung<br />

für die Wahl des Pseudonyms „F.<br />

Hugin“ gegeben.<br />

In den großen Darstellungen der deutschen<br />

Literaturgeschichte findet man ihren Namen<br />

weniger. In der viel gelesenen Darstellung<br />

„Die Deutsche Dichtung der Gegenwart“ von<br />

Adolf Bartels, veröffentlicht 1910, aber dieser<br />

Hinweis: „Durch ihr nahes Verhältnis zur Natur fällt die unter<br />

dem Pseudonym F. Hugin schreibende Dame auf, die zu Primkenau<br />

in Schlesien am 3. Juli 1874 geboren ist und in Bornstedt<br />

bei Potsdam lebt. (Sie ist)(…) in der Menschengestaltung natürlicher<br />

und konsequenter als (der viel gelesene Autor) Frenssen…“<br />

Carmen Sylva: d.i. Königin<br />

Elisabeth von Rumänien


54<br />

Feodoras Werke im Einzelnen<br />

Wald, Vier Erzählungen mit eigenem Buchschmuck<br />

Veröffentlicht im Verlag Martin Warneck, Berlin (1904)<br />

Die erste Veröffentlichung<br />

Die vier Erzählungen sind Tannenwald, Buchenwald, Bergwald<br />

und Kiefernwald überschrieben.<br />

In der ersten Erzählung „Tannenwald“, die „Ein Märchen“<br />

untertitelt ist, wird der „Dornröschen“-Stoff aus den Kinderund<br />

Hausmärchen der Brüder Grimm modifiziert. Dornröschen<br />

wird als Kind und Prinzessin beschrieben, die aus dem<br />

weißen Schloss des Vaters in den Wald nachts hinausgeht<br />

und Einiges in der Natur erlebt. Mit den Tieren kann sie<br />

sprechen, aber sie wollen sie nicht zurück in ihr Vaterhaus<br />

zurücklassen. Sie singt ihr kleines Weihnachtslied und wird<br />

vom Vater gehört, der sie zu sich nimmt.<br />

Im Grunde ist die Aussage dieses Märchens als Verbindung<br />

von Mensch und Natur zu verstehen: „Wer aber das weisse<br />

Schloss finden will, wo die Wasser rauschen und Dornröschen<br />

singt, der muss die goldene Sonnnenstraße zwischen<br />

den Stämmen ziehn. Er muss alle Tiere im Wald und die<br />

Bäume und Kräuter und die Pilze so lieb haben, wie Dornröschen<br />

sie liebt – sonst findet er nicht Einlass zu dem<br />

heil’gen Land, wo der gute König herrscht und Dornröschens<br />

Lieder klingen.“ (S. 33)<br />

In der zweiten Erzählung „Buchenwald“ ist Asmus Erichsen,<br />

ein dreizehnjähriger Junge aus dem Norden Deutschlands,<br />

der „Held“, dessen Vater auf dem Hof eines Edelmanns arbeitet.<br />

Als dieser Asmus zusieht, wie geschickt er mit den Pferden<br />

umgeht, bietet er dem Vater an, den Jungen in die Stadt –<br />

das ist offensichtlich Berlin – mitzunehmen.<br />

Berlin wird von Asmus als lebensfeindliche Bedrohung<br />

wahrgenommen: „Und dann kamen sie auf die Straße. – Es<br />

dämmerte und auf dem regenfeuchten Asphalt spiegelten<br />

sich die Strassenlichter. – Rasselnde Droschken polterten<br />

vorüber. – Sausende elektrische Bahnen. – Vor dem mächtigen<br />

Omnibus stampften ein paar Riesengäule (…) vorüber.<br />

– Und dann wieder Menschen – zahllose Menschen – dem<br />

Jungen tritt der Angstschweiss auf die Stirn –. (S. 51)<br />

Der Pferdestall – „zwischen den Hinterhäusern“ – ist der<br />

neue Arbeitsort von Asmus. Als die anderen Stallarbeiter<br />

und Kutscher ihn necken, seinen Lohn verstecken und behaupten,<br />

er dürfe nicht nach Hause fahren, schlägt er zu und<br />

versucht zu fliehen.<br />

An der Seite eines alten Arztes darf Asmus – seelisch angeschlagen<br />

– zu seinen Eltern, in die „weissgetünchte Strohdachkate“.<br />

Asmus wird hier in seiner vertrauten Umgebung<br />

wieder ganz gesund werden.<br />

In der dritten Erzählung „Bergwald“ - ebenfalls ein Märchen<br />

- wird beschrieben, wie ein „Albenkind“ – also ein Wesen<br />

aus dem Elfenreich – das nur im Eis und Schnee leben kann,<br />

im Frühling zu einer Himmelsschlüsselblume verwandelt<br />

wird.<br />

In der letzten und vierten Erzählung rettet der Junge Hermann<br />

- „alleweil der hässliche Bursche, der dumme Bursche,<br />

der nichtsnutzige Bursche“ – wie er sich selbst bezeichnet -<br />

Sohn eines armen Kleinbauern im Schlesischen, die Nachbarstochter,<br />

die ihn verspottet und abgelehnt hat, aus den<br />

Flammen ihres brennenden Elternhauses und wird zum<br />

Helden. Hermann stirbt an seinen schweren Verletzungen.


55<br />

Hahn Berta, Erzählung<br />

Veröffentlicht in der G. Groteschen<br />

Verlagsbuchhandlung Berlin (1907)<br />

Das Porträt einer starken Frau<br />

Die Erzählung „Hahn Berta“ ist im schlesischen Wald lokalisiert;<br />

ihre Helden sprechen schlesische Mundart. „Fuchsgraben“<br />

heißt das Dorf, in dem Berta, die Tochter des<br />

Häuslers Hahn, mit Vater, Mutter und ihrem Bruder August<br />

ein hartes und entbehrungsreiches Leben führt, „Heidersdorf“<br />

ist der Name des Nachbarortes.<br />

„Es war etwas Wildes in dem Mädchen“ (S.15) „Sie hatte<br />

etwas so Starkes, fast Hartes an sich“, (S.16) das die anderen<br />

Mädchen im Dorf, ja alle Menschen, mit denen sie zu tun<br />

hat, bemerken.<br />

Walter Stilke, Häuslersohn aus der Nachbarschaft, wirbt um<br />

Berta. Ein schwerer Waldbrand, der alle Kräfte von Vater<br />

Hahn und Berta erfordert, verändert das Wesen des Vaters;<br />

er hat seitdem einen „stieren Blick“ (S. 41) bekommen.<br />

„Aber der Vater lachte auch nicht mehr seit dem Brande“.<br />

(S.48)<br />

Aber auch Berta hat sich verändert. Als Vater Hahn beim<br />

Wildern im Wald aufgegriffen wird, schießt er auf einen Förster<br />

und muss ins Zuchthaus. Dafür verachtet ihn Berta: „Sie<br />

wusste nicht, was in ihm vorging. Sie fühlte nur ein dummes,<br />

hartes Lachen, wenn sie an sich selbst oder den Vater<br />

dachte. Das, was ihr fest und unantastbar schien, hatte der<br />

missachtet, der ihr der Stärkste und Beste war unter den<br />

Menschen“. (S.70)<br />

Weil der Vater im Zuchthaus sitzt, kann der Acker nicht gepflügt<br />

werden. Da bietet sich Walter Stilke an, am Sonntag<br />

und wann immer er Zeit hat, zu helfen. Von seiner Hilfsbereitschaft<br />

und tatkräftigen Hilfe beeindruckt, willigt Berta<br />

ein, ihn zu heiraten.<br />

Vater Hahn verstirbt im Zuchthaus und soll geäußert haben,<br />

dass Berta an seinem Tode schuld sei.<br />

Nach der Hochzeit mit Walter Stilke scheint es wieder bergauf<br />

zu gehen: „Wie die harte Frühlingsarbeit einsetzte und<br />

Berta mit dem Mann von früh bis spät in den Feldern stand,<br />

da kam die frische Farbe wieder in ihre Backen und ein und<br />

ein stetig freimütiges Glänzen in ihre Augen.“ (S.100)<br />

Berta hat sich mit dem Bruder darauf geeinigt, die Wirtschaft<br />

zu behalten und ihn auszuzahlen. „Sie sann von früh<br />

bis spät darüber nach, wie sie das Geld für den Bruder herauswirtschaften<br />

könne, und schaffte und arbeitete, dass ihr<br />

die Tropfen auf der Stirn standen.“ (S. 105)<br />

Nach dem Tod der Mutter bringt Berta einen Jungen zur<br />

Welt, der den Namen Hans erhält.<br />

Walter Stilke vertrinkt das Geld, das er für das Kalb auf dem<br />

Markt erhalten hat. Berta verzeiht ihm, weil er ihr versichert:<br />

„…es solle nicht wieder vorkommen.“ (S. 115)<br />

Das Geld für den Bruder kommt nicht zusammen, und Walter<br />

war seinem Versprechen mehr als einmal untreu geworden<br />

(S. 122). Das Pferd muss verkauft werden. Ihr Bild von<br />

Walter verändert sich: „Unbewußt lebte ein steter Vorwurf<br />

in ihrer Seele, dass der Mann ihr nicht der starke Halt war,<br />

den sie begehrte.“ (S. 124)<br />

Berta begleitet ihren Mann zum Erntefest in das Wirtshaus,<br />

bei dem es zu einer Schlägerei kommt. Berta will nie mehr<br />

ein Wirtshaus betreten; Walter kann und will aber auf Geselligkeit<br />

nicht verzichten und kommt des Öfteren betrunken<br />

nach Hause.<br />

Bertas Bruder August hat die Meisterprüfung abgelegt und<br />

will heiraten. Berta kann das ihm zustehende Geld nicht aufbringen.<br />

Pferd und Kuh sind verkauft, und ein zweites Kind,<br />

es wird Karl heißen, ist unterwegs. Walter arbeitet unstet,<br />

aber „Berta ging in der Arbeit wie ein Zugtier. Sie war ein


56<br />

Mensch ohne Feierabend und Sonntag.“ (S. 142)<br />

Walter borgt Geld und kann es nicht zurückzahlen. Es<br />

kommt zur Auktion „für Vieh und Hausrat“ (s. 146). Das<br />

dritte Kind ist unterwegs.<br />

Berta und Walter werden „Arbeitsleute“, nachdem sie ihren<br />

eigenen Besitz verloren haben und gehen den ganzen Tag<br />

im Wald arbeiten. Ein drittes Kind, ein Mädchen, wird geboren.<br />

Bertas Mann, Walter Stilke, „hatte mit der Häuslerei sein<br />

Selbstgefühl verloren“. (S. 158)<br />

In der Zwischenzeit nimmt Walter zu einer anderen Frau<br />

eine Beziehung auf und hat mit ihr ein Kind. Er sinnt über<br />

seine Situation nach: „Die Unehre – die Schande hatte sie<br />

nicht ertragen, und doch hatte er immer neue Schande auf<br />

sie gehäuft.“ (S. 173)<br />

Walter kommt bei einem Unfall im Wald ums Leben. Einem<br />

fallenden Baum weicht er nicht aus (S. 185). Berta gewinnt<br />

„Mut, ihr Leben auf die Schultern zu nehmen und zu handeln“<br />

(S. 191).<br />

Der Bruder bietet Berta an, zusammen mit ihren drei Kindern<br />

in seinem Haus zu wohnen, aber Berta lehnt ab.<br />

„Hahn Berta blickte grade aus. – Sie wollte nicht seitwärts<br />

schielen und sich vor der Not fürchten. Immer und immer<br />

hatte die schwarze Not am Wege gelauert. Aber mit ihren<br />

beiden starken Fäusten war sie ihrer Herr geworden. Für Ihr<br />

Eigenes wollte sie Raum zum Atmen schaffen. Ihre Kinder<br />

sollten nicht unterjocht werden von der schwarzen Not. Sie<br />

wollte sich auch ferner wehren.“ (…) „Aber sie war nicht zerbrochen…“<br />

(S. 203)<br />

Durch den Nebel, Roman<br />

Veröffentlicht in der G. Groteschen<br />

Verlagsbuchhandlung Berlin (1908)<br />

Ein Fischer-Roman<br />

In der Reihe: „Grote’sche Sammlung von Werken zeitgenössischer<br />

Schriftsteller“ ist der Roman „Durch den Nebel“ als<br />

94. Band im Jahre 1908 veröffentlicht worden. Die Titel- und<br />

Einbandzeichnungen sind von Heinrich Vogeler – Worpswede.<br />

Der Roman trägt die Widmung:<br />

„Dem Andenken meines Vaters“. Das ist Friedrich VIII.<br />

Herzog von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg<br />

(1829 bis 1880).<br />

Lars Asmussen, der Sohn von Christian Asmussen, einem<br />

freundlichen Mann, und seiner Frau Stina, ernst und ängstlich,<br />

wächst auf einem kleinen Hof an der Küste Schleswig-<br />

Holsteins auf. Ein Bruder und eine Schwester sind bereits<br />

gestorben.<br />

Lars wird – noch kaum schulpflichtig – in die Schule geschickt,<br />

nimmt aber am Unterricht nicht richtig teil. Es treibt<br />

ihn hinaus in die Natur. Der Vater stirbt früh an einem<br />

Schlaganfall „im Rausch“, wohl auch aus Kummer wegen<br />

der Kornernte, die wegen schlechten Wetters auf dem Acker<br />

verfault ist.<br />

Da der Hof überschuldet ist, müssen Mutter und Sohn in<br />

Großvaters Haus, „hart am Strand“ (S. 18) umziehen. Der<br />

Großvater, Klaas Klaaßen, der Vater der Mutter Stina, ist ein<br />

stiller Mann, zu dem Lars bald Zutrauen fasst.


57<br />

Klaas hatte sich ein Harmonium gekauft und das Spielen<br />

selbst erlernt. Mutter und Sohn mögen es, wenn der Großvater<br />

auf dem Harmonium spielt.<br />

Manchmal nimmt der Großvater den Enkel mit hinaus aufs<br />

Meer. Lars „wagte kaum zu atmen und sprach kein einzig<br />

Wort. Aber es war eine Lust in ihm und ein jauchzendes Entzücken.“<br />

(S. 22)<br />

Lars freundet sich mit dem Fischersohn Peter Lassen an, der<br />

ihn oft besucht.<br />

Kaufmann Asmussen, der Bruder des Vaters von Lars,<br />

nimmt Lars mit sich in das „hohe Haus mit dem übelriechenden<br />

Laden“ zu seiner Frau Henriette und ihrer gemeinsamen<br />

Tochter Miete. Sie wohnen nun in einem größeren<br />

Dorf.<br />

Im Alter von zwölf Jahren wird er bei einer Beamtenfamilie<br />

in der Stadt untergebracht, um die höhere Schule zu besuchen.<br />

Mit Jakob Lind, seinem Mitbewohner, schließt Lars<br />

Freundschaft. Sie besuchen die Quinta des städtischen Gymnasiums.<br />

Mit einem weiteren Freund, Hans Todtsen, der in derselben<br />

Logis wohnt, und Jakob besucht Lars den Großvater. Zusammen<br />

mit Peter Lassen wagen sie eine Ausfahrt mit dem Boot.<br />

Als Hans Todtsen während eines Unwetters über Bord geht,<br />

holt Peter Lassen den Jungen aus dem Wasser.<br />

Nach der Einsegnung trennen sich die Wege der Freunde.<br />

Hans Todtsen will am Polytechnikum studieren, Jakob zieht<br />

es zur Theologie, und Lars könnte in der Redaktion eines<br />

Blattes arbeiten, das die dänische Sache vertritt. Lars weigert<br />

sich, dieses Angebot anzunehmen, und wird darin vom<br />

Großvater unterstützt. Da Großvater und seine Mutter nicht<br />

wollen, dass er Seemann wird, werden Peter Lassen und Lars<br />

Fischer auf einem eigenen Boot, das jedem zu gleichen Teilen<br />

gehört.<br />

Bald gelingt Lars der Neubau eines seetüchtigen Bootes, und<br />

er spürt schmerzlich, dass er es als Schiffbauer zu etwas<br />

bringen könnte. Für diese Ausbildung ist aber das nötige<br />

Geld nicht vorhanden.<br />

Im Gespräch mit Großvater Asmussen werden die Fischer<br />

von Wanbyll erwähnt, die „halten zusammen und wollen mal<br />

die ganze Welt neu machen, das ist doch fein“ (S. 84).<br />

Peter Lassen hat sich Dora Nielsen zur Braut genommen, die<br />

Tochter eines vor einigen Monaten plötzlich verstorbenen<br />

Ziegeleiarbeiters, der sich mit einer allzu schweren Steinlast<br />

überhoben hatte.<br />

Lars muss in die große Stadt, um Wehrdienst zu leisten. Hier<br />

bietet ihm sein ehemaliger Mitschüler Hans Todtsen an,<br />

Werftarbeiter zu werden mit der Möglichkeit, beruflich aufzusteigen.<br />

Lars lehnt aber ab, weil er dann seine Familie<br />

nicht unterstützen könnte.<br />

Bei einem Besuch bei Tante Jette und Onkel Gust trifft er<br />

Miete wieder. Im Hause ist Trina Lassen als Dienstmädchen<br />

angestellt.<br />

In einer Sturmnacht gelingt es Lars, Großvater Nissen, den<br />

Vater seines Arbeitskollegen Kords, der wegen einer Lähmung<br />

behindert ist, vor dem Ertrinken zu retten.<br />

Lars bittet seinen Onkel um die Hand von Miete, aber das<br />

Mädchen und seine Eltern lehnen den Fischerstand als zu<br />

gering ab.


58<br />

In einem wichtigen Gespräch mit seinem ehemaligen Mitschüler<br />

Jakob Lind, der aus Geldmangel nicht Theologie studieren<br />

konnte und deshalb auf dem Lehrerseminar war, wird<br />

der Umbruch der Zeit um die Jahrhundertwende angesprochen:<br />

„In dieser Zeit sprach er auch wohl mit Jakob von seinem<br />

Zorn über den Zwang, der von allen Seiten am kleinen<br />

Manne schob und drängte, dass er in seiner Unruhe nicht<br />

mehr wusste wohin.<br />

„Ja“, sagte Jakob, „wenn sie auch satt und gut zu essen<br />

haben, sie kommen nicht zur Ruhe, und hier bei uns fängt<br />

ein Teil des Kampfes erst an. Aber es ist auch wieder schön,<br />

Lars, so ein Drängen und Werden. Und in unserer Zeit redet<br />

gerade das Werdende das größte Wort. Du solltest es nur<br />

hören, Lars, auf den Universitäten und überall, wo die Leute<br />

wach und lebendig sind. – Das ist ein Bewegen nach vorwärts.<br />

In der Kunst brechen sie neue Bahnen und in der<br />

Wissenschaft, und es weht frische Luft überall. Es wird auch<br />

das „Zeitalter des Kindes“ genannt, weil so viel Denken und<br />

Sorgen für das kommende Geschlecht wohl früher niemals<br />

gewesen ist. Und weißt du, Lars, der Arbeiter, der ist auch<br />

nur ein Kind; ihm gehört die Zukunft, darum ist es eben sein<br />

Zeitalter jetzt.“<br />

„Ja, das ist wohl eine schöne Zeit, Jakob“, sagte Lars und sah<br />

vor sich hin. „Aber gerade darum möchte man doch auch<br />

selber mit Hand anlegen.“ (S.151-152)<br />

Peter Lassen heiratet Dora, und Lars heiratet Trina; Miete<br />

ist aus seinem Innersten „herausgerissen“ (S.180).<br />

Mit Kords, Peter Lassen und Christen Matthies, der dänisch<br />

gesinnt ist, fährt Lars in die heulenden Herbststürme hinaus.<br />

Zum Frühjahr hat er soviel Geld verdient, dass er sich<br />

ein Stück Kartoffelland hinter dem Hause kaufen kann.<br />

Als sein Großvater stirbt, nimmt er wieder Kontakt zu seinem<br />

ehemaligen Mitschüler Jakob Lind auf, der Lehrer geworden<br />

ist. In dessen Haus lebt auch Karen, für die Lars ein<br />

besonderes Gefühl hegt.<br />

Trina erkrankt an Typhus und wird zur Ausheilung in die<br />

Landesirrenanstalt eingewiesen. Da sie nach ihrer Rückkehr<br />

sich immer noch seltsam verhält, zieht Trinas Mutter in das<br />

Haus von Lars.<br />

Lars sieht seine Situation sehr kritisch: „Es ist eben alles<br />

grundfalsch“, sagte er. „Ich hätte zupacken sollen und meinen<br />

eigenen Weg gehen und mich um die anderen nicht<br />

scheren. Was können sie mir jetzt helfen! Wäre ich auf die<br />

Werft gegangen, so hätte ich es nun vielleicht zu etwas<br />

Tüchtigem gebracht. So ist bald alle Freudigkeit aus mir herausgequetscht,<br />

und ich bin zu nichts mehr gut!“ (S. 202)<br />

Als er im Laden im Flecken Besorgungen erledigt, trifft er<br />

Karen, mit der er zu den Linds geht. Auf dem Wege kommen<br />

sie sich näher. Er kämpft mit sich. Als verheirateter Mann<br />

kann er sich nicht mit Karen einlassen; aber er empfindet<br />

doch mehr als Freundschaft für sie.<br />

„Noch war er ein freier Mann, und er wollte das Leben fest<br />

anpacken. Nur eines konnte er nicht: Karen lassen.“ (S.212)<br />

Lars wird immer unzufriedener und beginnt mit den anderen<br />

im Wirtshaus zu trinken.<br />

Karen empfindet Mitleid und Sympathie für Trina, die nach<br />

ihrer Krankheit auf dem Weg der Besserung ist.<br />

„Es sitzt eine heilende Kraft im Anpacken. Der Mensch<br />

treibt mit seiner frischen Tat den Nebel vor sich her, so dass<br />

er nicht mehr vor seinen Augen liegt wie eine trübe Wand.“<br />

(S. 237)


59<br />

Lars und Karen beschließen, nicht mehr zusammen zu kommen.<br />

Die Fischer bilden auf Lars’ Anraten eine Kooperative und<br />

kaufen einen Dampfer, um die Fische direkt zum Markt zu<br />

bringen. Die neue Fischervereinigung macht gute Geschäfte,<br />

Lars’ Ansehen ist weiter gewachsen. „Ja, das waren ein paar<br />

gute Jahre für Lars Asmussen.“ (S. 264)<br />

Es kommt zum Streit mit Kords und Trollsen über den Einsatz<br />

des Dampfers, denn in der Wärme hält sich der Fang<br />

nur kurze Zeit und der Dampfer kann nicht überall zur selben<br />

Zeit sein. Der Dampfer muss mit großen Verlusten wieder<br />

verkauft werden. Die Fischer um Lars und Peter „saßen<br />

in schweren Sorgen“. (S. 274)<br />

Bei einem Fischfang im Winter gleitet Lars auf den eisglatten<br />

Bohlen aus und geht über Bord. Er wird tot ins Boot gezogen.<br />

Bei der Beerdigung klagt Herr Asmussen: „So<br />

hoffnungsvoll – und alles umsonst – alles umsonst. – So ein<br />

Ende.“ Peter aber antwortet: „Nein, Herr Asmussen, das sollen<br />

Sie noch sehn. Umsonst soll das nicht gewesen sein.“<br />

(S. 286/7) Auch Karen empfindet ebenso.<br />

Titelgestaltung und<br />

Illustration von Heinrich Vogeler


60<br />

Gedichte von Feodora Prinzessin zu Schleswig-Holstein (F. Hugin)<br />

Aus dem Nachlaß herausgegeben<br />

Veröffentlicht in der G. Groteschen<br />

Verlagsbuchhandlung Berlin (1910)<br />

Darstellung und Interpretation<br />

Erst nach ihrem Tode sind Feodoras Gedichte in der Groteschen<br />

Verlagsbuchhandlung in Berlin veröffentlicht worden.<br />

Der oder die Namen der Herausgeber werden nicht genannt.<br />

Wir wissen aber, dass ihr Neffe, Prinz August-Wilhelm, an der<br />

Veröffentlichung einen großen Anteil hatte.<br />

Wir blättern durch die Sammlung, der in „Erstes Buch“, „Zweites<br />

Buch“ und „Drittes Buch“ gegliederten Zusammenstellung<br />

der Gedichte. Relativ viele von ihnen sind nach ihrem Tode aus<br />

ihrem Nachlass in die Sammlung übernommen worden.<br />

Im „Ersten Buch“ werden Stimmungen wiedergegeben, die<br />

vom Tages- und Jahresablauf handeln, aber auch von ihrem<br />

„Vaterhaus“: Sie beschreibt das Schloss Gravenstein in Süddänemark,<br />

zu dem sie einige Male gereist ist:<br />

Mein Vaterhaus<br />

Zwischen den flüsternden Buchenwäldern,<br />

zwischen den wogenden Ährenfeldern,<br />

zwischen den Seen, den heimlichen, klaren. –<br />

Wildenten wohnen im Riedgras zu Scharen, -<br />

Liegt es – das weiße Schloß. –<br />

Weiße Schwäne ziehen vorüber.<br />

Weiße Möwen fliegen darüber.<br />

Weiße Wolken wachsen im Blauen,<br />

tief ins Wasser wollen sie schauengrüßen<br />

das alte Schloß.<br />

Feodora hat wiederholt ihre Stimmungen und Gefühle mit<br />

dem Schwan verbunden. Für sie ist er offensichtlich ein<br />

Symbol für freie und uneingeschränkte Bewegung. Das sie<br />

wegen ihrer Krankheitsphasen nahezu unbeweglich ans<br />

Bett gefesselt war, können ihre Schwan-Bilder und Schwan-<br />

Empfindungen als Wünsche und Hoffnungen, diesen Zustand<br />

zu überwinden, interpretiert werden.<br />

Geradezu unverdeckt beschreibt sie ihren Zustand im Gedicht<br />

„Der Falke“:<br />

Dort sitzt er, ein Gefangener,<br />

der Lüfte stolzer Herr,<br />

um die geballte Klaue<br />

die Fessel, eng und schwer.<br />

Unsäglich brennt das Sehnen<br />

In seinem stolzen Blick,<br />

als müsste es versengen<br />

sein jämmerlich Geschick…<br />

Auch ich bin hart gefesselt<br />

und blicke sehnend auf,<br />

o laß mich einmal schweben<br />

mit dir, in freiem Lauf!<br />

In der Abteilung, die „Zweites Buch“ überschrieben ist, werden<br />

unterschiedliche Themen und Stimmungen angesprochen:<br />

„Bergabend“, „Hochlandszauber“, „Stille“ und andere<br />

mehr.<br />

Ihr Grundmotiv, das des Angekettetseins durch Krankheit,<br />

und der Wunsch, diese zu überwinden, wird in diesem Gedicht<br />

wiederholt:


61<br />

Ein Schrei!<br />

Am warmen Heidebogen hingeschmiegt,<br />

vom Windeslied in Kiefern eingewiegt,<br />

hab’ ich dem Spechte hinterm Stamm gelauscht,<br />

und wie der Auerhahn vorüberrauscht.<br />

Möcht wie der Fuchs durch Waldesdickung ziehn,<br />

vor jedem Menschenlaut ins Dunkel fliehn<br />

und tief ins Wesen saugen weit und breit<br />

ringsum die Kräfte und die Herrlichkeit<br />

und nicht gekettet sein ans Einerlei,<br />

frei wie der Bussard schweben, jauchzend frei!<br />

Auch im „Dritten Buch“ überwiegen die dunklen Töne und<br />

Stimmungen. Explizit wird das deutlich in den sehr spät entstandenen<br />

Gedichten „In schwerer Krankheit“ und „Nach<br />

schwerer Krankheit“. Im letztgenannten Gedicht überwiegt<br />

der resignative Ton, als ob der Tod nahe sei:<br />

„Sonne ist blaß und so kalt der Wind,<br />

Tage der Wonne vorüber sind.<br />

Flügelt ein Falter so müde daher,<br />

mühsam der Flug und der Flügel so schwer! –<br />

Hast du verpasst deinen Sommertag?<br />

Schleppst dich noch immer der Sonne nach?<br />

Armer Falter, wir finden es nicht,<br />

unser verlorenes Sommerlicht. –<br />

Über die Qualität ihrer Gedichte kann gestritten werden: Einige<br />

werden durch sie gefangen genommen, zumal es ihr offensichtlich<br />

gelingt, Seele und Gemüt in besonderer Weise<br />

anzusprechen bei denen, die Bedauern, Trauer und Schwermütigkeit<br />

in ihrer eigenen Biographie kennengelernt haben.<br />

Andere werden ihre Gedichte übersteigert und als „nicht zeitgemäß“<br />

einordnen, gleichwohl: eine gewisse Ausstrahlung<br />

kann nicht in Abrede gestellt werden.<br />

Aus der Einführung (v. August-Wilhelm, Prinz von Preußen u.a.).:<br />

(Ihre Gedichte:) „So vieles steht darin, wovon sie nie der Umwelt<br />

gegenüber Erwähnung tat. Sie war zu stolz und tapfer,<br />

um sich nach Helfern umzusehen, die ihr die Last des Lebens<br />

hätten tragen helfen können. So kündet uns eins ihrer letzten<br />

Lieder, das seiner Stimmung nach zu ihren schönsten gehört.<br />

Wenn die weißen Schwäne Schmerzen tragen,<br />

mögen sie es nicht der Sonne sagen,<br />

tief die Wunde trägt das Tier ins Schilf.<br />

Und zum allertiefsten Waldesschatten<br />

zieht der Hirsch – und flieht die lichten Matten,<br />

leiden soll ihn nicht das Rudel sehn.<br />

Muß der Mensch das Mitleid denn ertragen?<br />

Kann er nicht entfliehn vor ihrem Klagen?<br />

Gibt`s kein Waldesdunkel mehr für ihn?<br />

Doch, - der Freude Mantel kann ihn decken,<br />

und sein Lachen soll ihr Klagen schrecken,<br />

wie in Waldnacht trägt er so allein.<br />

Das ist so echt ein Gedanke aus ihrem Herzen. Die Schmerzen<br />

den andern nicht zeigen, die aufquellenden Klagen durch ein<br />

Lächeln verscheuchen. Ist das nicht Heldenmut, wert uns auch<br />

Vorbild zu sein?<br />

Allen Leiden zum Trotz behielt sie nicht nur den Mut zum<br />

Leben, ihr blieb auch die Sehnsucht, in voller Gesundheit ins<br />

Leben zurückzukehren.<br />

Als sie diesen Sommer aus Oberitalien wiederkehrte, wohin<br />

sie in Gemeinschaft mit dem ihr durch verwandtschaftliche<br />

und freundschaftliche Beziehungen eng verbundenen Herzogspaar<br />

von Koburg gereist war, litt sie es nicht, an ihrem lieben<br />

Schwarzwald vorbeizuziehen.


62<br />

So kehrte sie bei werten, treuen Freunden wie alljährlich in<br />

Hochfelden ein. Einer ihrer letzten Aussprüche war dort: „Hier<br />

bin ich vor vier Jahren krank geworden, hier werde ich auch<br />

wieder gesund.“ Sie sollte nicht mehr gesunden zum Leben<br />

auf dieser Erde, von der es in einem ihrer Gedichte heißt:<br />

Dich, Erde, lieb` ich von Rand zu Rand,<br />

du, liebe Erde, trägst mein Heimatland.<br />

Sie hielt Heimkehr in ein anderes Heimatland.<br />

Blicken wir zurück auf dieses an Kämpfen und Segnungen<br />

reiche Menschenleben, so können wir seinen Inhalt in die<br />

Schlussworte des Buches „Durch den Nebel“ zusammenfassen:<br />

„Umsonst war das nicht, alles, alles nicht, ganz gewiß.“<br />

Von den insgesamt 84 Gedichten folgen hier weitere Beispiele<br />

in exemplarischer Auswahl.<br />

Aus dem Dritten Buch:<br />

Das schlafende Schloß<br />

Es hat die Augen geschlossen,<br />

von altem Erinnern umwebt.<br />

Es schweigt der Wind in den Lüften,<br />

wo die reglose Wolke schwebt.<br />

Es sinket die Stille vom Himmel,<br />

verzaubert die Blätter am Baum.<br />

Es schauert in lautloser Ruhe<br />

Weißschimmernd die Blume im Traum.<br />

Und über dem dunklen Gewässer<br />

Herüber so tief aus dem Wald,<br />

wie Stimmen des alten Erinnerns,<br />

ein träumendes Vogellied schallt.<br />

O schlafe – schlafe so weiter,<br />

Erinnrung dein ew’ ger Genoß,<br />

von deinen Wäldern umhütet,<br />

du weißes, geliebtes Schloß.<br />

Raubvogel<br />

Gebadet in goldenen Lüften,<br />

unsäglichen blauenden Düften –<br />

sich wiegend<br />

und schmiegend<br />

dem gaukelnden Wehen.<br />

Sich hebend<br />

Und strebend<br />

In schimmernde Höhen.<br />

Weit über die Lande hinüber,<br />

den siegweißen Wolken vorüber. –<br />

Schrankenlos, weltengroß<br />

lebt dir im Herzen die Lust.<br />

Zaudernd Leid liegt so weit<br />

Talwärts und fern deiner Brust.<br />

Tränenfremd-goldiges Sprühen,<br />

sonnenwärts endloses Mühen<br />

ist dein Blick.<br />

Höchstes Glück:<br />

Ferneste Höhen.<br />

Trag mein Herz sonnenwärts,<br />

wo deine Lüfte wehen!_


Feodora als Namensgeberin der „Feodora“-Chocolade<br />

63<br />

Zum 150jährigen Kirchenjubiläum der Kirchengemeinde<br />

Potsdam-Bornstedt ist vor kürzerem ein Gedenkbuch von<br />

Willi Hanke (vgl. Literaturverzeichnis) veröffentlicht worden,<br />

in dem die Amtszeit des dritten Pfarrers von Bornstedt,<br />

Johannes Simon (1895 – 1910), beschrieben wird. Seit dem<br />

1. November 1892 war Pfarrer Simon mit Elsbeth Meyer verheiratet,<br />

einer Tochter des Fabrikanten Friedrich Hugo Meyer<br />

in Tangermünde.<br />

Dem Handwörterbuch des Kaufmanns, Lexikon für Handel<br />

und Industrie, Bd. 5, (1927) entnehmen wir den Hinweis:<br />

„Tangermünde, preuß. Stadt an der Tangermündung<br />

in die Elbe, Kreis Stendal, Reg.-Bez. Magdeburg,<br />

Prov. Sachsen.<br />

1 Eisengießerei und Maschinenfabrik<br />

1 chem. Fabrik<br />

1 Zuckerraffinerie, Schokoladen-, Konserven-,<br />

Marmeladen-, Kartoffelflockenfabrik<br />

1 Blechdosenfabrik<br />

1 Schiffswerft<br />

Sägewerke<br />

13.123 Einwohner.“<br />

Von Friedrich Theodor Meyer 1825 mit sechs Arbeitern gegründet,<br />

wurde die Tangermünder Zuckerraffinerie – die älteste<br />

deutsche Anlage dieser Art - im Laufe des 19. Jahrhunderts<br />

zu einer der größten Fabriken im Deutschen Reich.<br />

Die Produktion war zunächst mit Rohrzucker aus Kuba begonnen<br />

worden, ab 1849 wurde auch Rübenzucker aus Produkten<br />

der Region verwendet.<br />

Der Senior übergab den Betrieb an seine beiden Söhne Friedrich<br />

Theodor und Friedrich Hugo, die die Fabrik bedeutend<br />

erweiterten. Ihre Söhne, Friedrich Theodor und Hermann,<br />

gründeten 1903 eine Marmeladen und Fruchtkonservenfabrik<br />

und 1904 eine Schokoladenfabrik in der Nähe der Zuckerfabrik.<br />

Ab 1910 wurde hier „<strong>FEODORA</strong>“-Chocolade hergestellt, dazu<br />

„Falter“-Schokolade und weitere Marken („Eskimo“-Schokolade,<br />

„Ei, schmeckst du prächtig“, „Rolly-Molly“, „Lorenza“,<br />

Altmärker Schokolade, Altmärker Kakao, Frisia-Schokolade,<br />

Frisia-Kakao).<br />

Es war die besondere Nähe des Bornstedter Pfarrers Johannes<br />

Simon zu Kaiserin Auguste Victoria und Kaiser Wilhelm und<br />

ihrer Familie, die im nahe gelegnen Neuen Palais residierten,<br />

die für die Geschichte der Herstellung <strong>FEODORA</strong>-<br />

Chocolade von Bedeutung ist. Denn die im Gutshof Bornstedt<br />

wohnende Prinzessin Feodora war dem Pfarrer und seiner<br />

Ehefrau gut bekannt, und es wurde miteinander Umgang –<br />

selbstverständlich unter Beachtung und Akzeptanz der gesellschaftlichen<br />

Distinktion - gepflegt.<br />

Unter der Überschrift „Feodora-Erinnerungen“ gibt Willy<br />

Hanke die Erinnerungen der Tochter des Pfarrers Simon, die<br />

die Vorgänge des Jahres 1910 noch gut in Erinnerung hatte,<br />

aus ihren Aufzeichnungen wieder:<br />

„Bald nach ihrem – d.i. Prinzessin Feodoras - Tode kam eines<br />

Tages der Bruder meiner Mutter, Onkel Hermann (Meyer) aus<br />

Tangermünde, der die Schokoladenfabrik leitete, zu uns und<br />

gab an, er habe (…) eine völlig neue Schokolade entwickelt,<br />

eine ganz besonders feine. Für diese suche er einen guten<br />

Namen und fragte an, ob meine Eltern – d.i. Pfarrer Simon<br />

und seine Ehefrau – durch ihre Beziehungen zum Hofe ihm<br />

die Erlaubnis vermitteln könnten, diese Schokolade „Feodora“<br />

nennen zu dürfen. Mein Vater schrieb an das Kabinett der Kaiserin.


64<br />

Unter der Bedingung, dass sie, die Kaiserin, die Packung aussuche,<br />

willigte Auguste Victoria ein. Die Farbe und die Anordnung<br />

des Namenszuges, des Wappens von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg<br />

und die gekreuzten<br />

F hat die Kaiserin nach verschiedenen Entwürfen selbst ausgesucht.“<br />

(Nach Auskunft des Geheimen Staatsarchivs Berlin, das auch<br />

die durch Kriegseinfluss dezimierten Bestände des brandenburg-preußischen<br />

Hausarchivs verwaltet, ist es leider nicht<br />

mehr möglich, einen Nachweis für diesen Vorgang aus den<br />

Akten zu führen.)<br />

Die Tochter des Pfarrers Simon erinnert sich: „Die gekreuzten<br />

F hatte die Prinzessin auf ihren Bestecken und auf ihrem Porzellan.<br />

Der Namenszug steht unter ihrer Photographie, die sie<br />

meiner Mutter geschenkt hatte. Auf dem Weihnachtsbasar in<br />

Potsdam verkaufte dann die Kaiserin <strong>FEODORA</strong>-Chocolade<br />

persönlich.“ (Hervorhebung D.L.)<br />

Wiederholt ist angefragt worden, ob überhaupt die Berechtigung<br />

besteht, Namen und Wappen der Prinzessin Feodora auf<br />

den Erzeugnissen zu führen.<br />

Als Neffe und Erbe hat Prinz August Wilhelm von Preußen<br />

im Jahre 1927 die Genehmigung dazu noch einmal ausdrücklich<br />

erteilt.<br />

<strong>FEODORA</strong> Chocolade GmbH & Co KG in <strong>Bremen</strong> setzt ab 1949<br />

die Tradition der Tangermünder Produktion – mit stetig wachsendem<br />

Erfolg – fort.


Das Feodora-Bild in der Kirche von Bornstedt<br />

65<br />

Willi Hanke berichtet, dass in der Kirche von Bornstedt ein<br />

Bild der Feodora erhalten ist, von Vielen irrtümlich als das<br />

Bild von Kaiserin Auguste Victoria gedeutet. Hanke berichtet:<br />

„(Das Bild) hängt über dem Platz, wo sie als regelmäßige Predigthörerin<br />

gesessen hat, in der Hofloge, an der der Gemeinde<br />

abgewandten Seite, etwas verborgen.“ Es stammt aus dem<br />

Nachlass der Kaiserin und wurde nach dem Krieg der Bornstedter<br />

Gemeinde zur Verfügung gestellt.<br />

Um die Feodora-Fotografie inmitten des Bildes – etwa 80 cm<br />

Höhe – sind die wichtigsten Stationen ihres Lebens dokumentiert:<br />

Zunächst Schloss Primkenau, dann das Herrenhaus von<br />

Bornstedt und unten der Friedhof von Primkenau mit dem Todesdatum<br />

27. Juni 1910. Ein Spruchband – mit weißen Lilien<br />

geschmückt – enthält die Zeilen:<br />

Park Sanssouci nicht mochte, sondern am liebsten im Katharinenholze<br />

und in Nedlitz sich erging. Sie hatte für die Natur,<br />

besonders Wald, See, Himmel und Wolken ein sehr feines Verständnis,<br />

wie ihre sehr schönen und formvollendeten Gedichte<br />

beweisen.“<br />

In einem weiteren Brief an Domnick erinnert sich Pfarrer<br />

Simon, dass er Feodora gelegentlich auf Reisen begleitet habe,<br />

so etwa an den Genfer See.<br />

Ich fühl noch ihre Nähe, ich höre noch ihr Wort.<br />

Und ach in meinem Herzen wirkt ihre Liebe fort.<br />

Mit ihr berat ich täglich im Stillen nach wie vor;<br />

Wie kann man das beweinen, was man doch nie verlor.<br />

Johannes Simon, der von 1895 bis 1910 Pfarrer der Gemeinde<br />

Bornstedt war, hat seinem Amtsnachfolger Emil Domnick, der<br />

von 1914 bis 1930 Seelsorger in Bornstedt war, die folgende<br />

Charakteristik der Feodora übermittelt:<br />

„Sie war sehr zurückhaltend und zuerst fast verschlossen; erst<br />

nach dreijährigem, etwas steifem Verkehr öffnete sie sich<br />

mehr und mehr und hielt dann unentwegt die Treue, ganz unerschütterlich;<br />

mochten die Leute sagen, was sie wollten. Die<br />

höfische Etikette war ihr gründlich zuwider, nur widerwillig<br />

beteiligte sie sich gezwungen an den Hoffestlichkeiten, die<br />

ihr als bloßer Schein Lügen zu sein schienen und ihr nur (die)<br />

Arbeit verkürzten. Darin ging sie soweit, dass sie sogar den<br />

Die Kirche von Bornstedt


66<br />

Der Tod der Prinzessin Feodora<br />

nach den Berichten des „Acher- und Bühler Boten“<br />

in der Zeit vom 21. bis 28. Juni 1910<br />

Wir dokumentieren im Folgenden die Original-Berichte des<br />

lokalen Blattes „Acher- und Bühler Bote“ über den plötzlichen<br />

Tod der Prinzessin Feodora, der sich in Obersasbach –<br />

also in unmittelbarer Nähe - ereignet hatte. An keiner weiteren<br />

Stelle ist so ausführlich über das Ereignis informiert<br />

worden.<br />

Dienstag, Nr. 138, 21. Juni 1910, Seite 3<br />

„Neueste Nachrichten.<br />

Telegramme.<br />

Trauerfall im deutschen Kaiserhaus.<br />

Kurz vor Schluß der Redaktion geht uns aus Obersasbach<br />

telephonisch die Nachricht zu, dass Prinzessin Feodora,<br />

die Schwester der deutschen Kaiserin, unerwartet gestorben<br />

ist. Prinzessin Feodora weilte seit etwa drei Wochen<br />

zu Besuch bei Freifrau von Röder in Obersasbach. Die Verewigte<br />

war wiederholt Gast der Freiherrlich von Röderschen<br />

Familie. Vor einigen Jahren lag sie die nunmehr<br />

Verewigte längere Zeit krank in Obersasbach, aus welchem<br />

Anlaß die Kaiserin dazumal nach Obersasbach kam.<br />

Durch den unerwarteten Todesfall ist die kaiserliche<br />

Familie in tiefe Trauer versetzt.<br />

Die Kaiserin hat sich um 3 Uhr nach Obersasbach<br />

bei Achern in Baden begeben.“<br />

Mittwoch, Nr. 139, 22. Juni 1910, Seite 2<br />

„Das deutsche Kaiserhaus in Trauer.<br />

Achern, 22. Juni.<br />

Wie schon gestern mitgeteilt, ist das deutsche Kaiserhaus<br />

unerwartet in tiefste Trauer versetzt worden. Auf „Villa<br />

Hochfeld“ bei Obersasbach starb Dienstag Vormittag<br />

gegen ½ 10 Uhr Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein,<br />

jüngste Schwester der deutschen Kaiserin. Die Prinzessin,<br />

die seit Jahren leidend war, starb anscheinend an<br />

Embolie (Bluterguß). Sie war geboren am 3. Juli 1874 zu<br />

Prinkenau in Schleswig Holstein (sic! D.L.), erreichte somit<br />

ein Alter von nahezu 36 Jahren. Die Prinzessin war unvermählt.<br />

Die Verewigte fürstliche Dame weilte wiederholt bei der<br />

Freiherrlich von Röderschen Familie in Obersasbach. Vor<br />

etwa drei Wochen suchte sie wiederum Obersasbach auf,<br />

um an dem ruhigen, paradiesisch schön gelegenen Plätzchen<br />

Linderung ihres Leidens zu finden. Diese sollte ihr<br />

leider nicht zuteil werden. Doch schien die Prinzessin sich<br />

den Umständen nach recht wohl zu befinden. Montag<br />

nachmittag war sie wiederholt im Garten und Park der<br />

Villa und begab sich am Abend ohne besondere Symtome<br />

(sic! D.L.) zur Ruhe. Auch Dienstag früh stand die Prinzessin<br />

zur gewöhnlichen Stunde auf und unterhielt sich anscheinend<br />

in gutem Wohlbefinden mit ihrer Umgebung.<br />

Nach 9 Uhr klagte sie plötzlich über Unwohlsein und<br />

wurde rasch bewusstlos. Ihre Umgebung glaubte zunächst<br />

es handle sich um einen Ohnmachtsanfall und rief sofort<br />

telephonisch den die Prinzessin behandelnden Arzt, Herrn<br />

Bezirksarzt Dr. Schneider-Achern herbei. Derselbe traf<br />

kurz von 10 Uhr mittelst Automobil auf Villa Hochfeld ein,<br />

konnte aber nur den inzwischen eingetretenen Tod der<br />

Prinzessin feststellen. Herr Bezirksarzt Dr. Schneider<br />

teilte das Ableben der Prinzessin umgehend telegraphisch


67<br />

Ihrer Majestät der deutschen Kaiserin in Berlin mit. Alsbald<br />

traf die Nachricht ein, dass Ihre Majestät am Totenlager<br />

der Prinzessin erscheinen werde.<br />

Die Ankunft der Kaiserin in Achern war zunächst auf<br />

Mittwoch früh 6.42 Uhr angemeldet. Spätere Telegramme<br />

besagten, dass die Ankunft Ihrer Majestät bereits heute<br />

früh ½ 5 Uhr erfolgen werde.<br />

Mittwoch, Nr. 139, 22. Juni 1910, Seite 3<br />

Die Kaiserin in Achern.<br />

Achern, 22. Juni.<br />

Der Kaiserliche Hofzug, bestehend aus sechs Wagen und<br />

mit zwei Lokomotiven bespannt, ist heute früh 4.35 Uhr in<br />

den Bahnhof Achern eingelaufen. Der Zug wurde alsbald,<br />

nachdem einige Herren des Gefolges demselben entstiegen,<br />

auf ein Seitengeleise beim alten Bahnhof überführt,<br />

wo er zunächst mit den fürstlichen Gästen stehen blieb.<br />

Gestern abend traf mit dem Zuge 11.06 Uhr bereits Seine<br />

Königliche Hoheit, Herzog Günther von Schleswig-Holstein,<br />

Bruder der Kaiserin, nebst Gemahlin, sowie Hofmarschall<br />

Graf v. Resowsky (möglicherweise: Rekowsky D.L.)<br />

hier ein und haben im Hotel „Post“ Wohnung genommen.<br />

Mit dem Schnellzug 4.46 Uhr heute früh trafen hier ein:<br />

Oberhofmarschall Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin<br />

Luise, Graf Andlau, Diensttuender Hofmarschall des<br />

Großherzogs, Kammerherr Graf Hönin, sowie Hofdame<br />

Freiin von Rotberg. Mit dem gleichen Zuge trafen prachtvolle<br />

Kranzspenden aus Karlsruhe ein, die alsbald nach<br />

Obersasbach überführt wurden.<br />

Die Kaiserin und die übrigen Damen waren in Schwarz gekleidet,<br />

jedoch ohne Trauerschleier.<br />

Auf dem Nebengeleise beim alten Bahnhof wurde in den<br />

Nachtstunden rasch ein provisorischer Perron hergestellt,<br />

der mit Teppichen belegt wurde. Die Kaiserin entstieg nebst<br />

Gefolge dreiviertel sieben Uhr dem Hofzug und stieg mit<br />

Prinz und Prinzessin August Wilhelm sowie einer Hofdame<br />

(d.i. Gräfin Keller –D.L.-) in die bereitstehende Hofequipage,<br />

deren in der Nacht mehrere aus Karlsruhe hier eingetroffen<br />

waren.<br />

Die Kaiserin fuhr kurz vor 7 Uhr im offenen Wagen durch<br />

die Stadt nach Obersasbach, ihre Begleitung folgte in mehreren<br />

Wagen nach. Die Ankunft auf Villa Hochfeld erfolgte<br />

gegen ½ 8 Uhr. Die Kaiserin, die von Freifrau von Röder<br />

empfangen wurde, begab sich sofort in das Sterbezimmer<br />

der Prinzessin. Die Leiche ist zwischen einem Hain von Blumen<br />

aufgebahrt. Die Gesichtszüge der Prinzessin sind friedlich,<br />

sie scheint zu schlummern. Wie verlautet, findet heute<br />

die Sexion (sic! –D.L.-) und Einbalsamierung der Leiche<br />

statt. Die Beisetzung der Leiche findet in Brückenau (sic!<br />

gemeint ist Primkenau. D.L.-), dem Geburtsort der Prinzessin<br />

statt.<br />

Der Zeitpunkt der Überführung der Leiche nach dem Bahnhof<br />

Achern ist zur Stunde noch nicht festgesetzt, es verlautet,<br />

sie werde Donnerstag Nachmittag stattfinden. Die<br />

Abreise der Kaiserin erfolge, wie von zuständiger Stelle<br />

verlautet, Freitag früh.<br />

Achern, 22. Juni, 10 Uhr vorm.<br />

Heute Vormittag 11.16 Uhr treffen der Deutsche Kronprinz<br />

sowie Prinz Eitel Friedrich hier ein, um sich nach Villa<br />

Hochfeld zu begeben. Ein Teil der fürstlichen Herrschaften<br />

sind in dem der Villa Hochfeld nahegelegenen Marienheim<br />

untergebracht. Die Kaiserin wird heute im Kurhaus Marienheim<br />

das Diner einnehmen.


68<br />

Letzter telephonischer Bericht.<br />

Achern, 22. Juni. 11.30 Uhr morgens.<br />

Soeben sind die Hofwagen, die den Kronprinzen und den<br />

Prinzen Eitel Friedrich nach Villa Hochfeld bringen sollten,<br />

wieder leer von der Bahn retour gekommen. Der Zug<br />

mit den kaiserlichen Herrschaften wurde irrtümlich nach<br />

Hochfelden im Elsaß geleitet. Es verlautet, die Hohen Herrschaften<br />

kommen von dort im Automobil, über Straßburg,<br />

hierher. Im „Hotel Adler“ dahier ist das Mittagessen für<br />

die kaiserlichen Hoheiten bestellt, ebendort werden sie<br />

auch Wohnung nehmen. – Es verlautet, dass morgen der<br />

Großherzog von Baden ebenfalls hier eintrifft.<br />

Aus der Heimat.<br />

Achern, 22. Juni. Die fürstlichen Trauergäste, die anlässlich<br />

des Todes der Prinzessin Feodora hier eingetroffen sind,<br />

haben zumeist ihren Bedarf an Trauerkleidern bei hiesigen<br />

Geschäften gedeckt. So wurden u.a. Bestellungen gemacht<br />

bei den Firmen: Georg Kurz, Anton Rabolt, Karl Möcklin<br />

und Leopold Rösinge. Die Herzogin von Schleswig-Holstein<br />

hat ihren Bedarf bei der Firma Kurz gedeckt. – Auch die<br />

Gärtnereien wurden stark in Anspruch genommen.“<br />

Donnerstag, Nr. 140, 23. Juni 1910, Seite 1<br />

„Seine Hoheit Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein<br />

haben mich beauftragt, Höchstseinen und seiner<br />

sämtlichen Hohen Angehörigen<br />

Herzlichen Dank<br />

für die anlässlich des Trauerfalles in seiner Familie<br />

von allen Kreisen der Bevölkerung entgegengebrachte<br />

Teilnahme zum Ausdrucke zu bringen.<br />

Achern, den 23. Juni 1910.<br />

Der Bürgermeister.<br />

Schechter.<br />

Donnerstag, Nr. 140, 23. Juni 1910, Seite 2<br />

Der Trauerfall im deutschen Kaiserhaus.<br />

Achern, 23. Juni.<br />

Der deutsche Kronprinz, sowie Prinz Adelbert – nicht<br />

Prinz Eitel Friedrich, wie die gestrigen Telegramme lauteten<br />

– sind gestern Mittag kurz nach zwölf Uhr mittelst<br />

Automobil von Straßburg kommend, hier eingetroffen. Die<br />

beiden Prinzen befanden sich in Zivil und fuhren direkt<br />

nach Obersasbach zur Villa Hochfeld. Dort wurden die<br />

hohen Gäste von der Kaiserin empfangen und begaben<br />

sich sofort ins Sterbezimmer und verweilten dort längere<br />

Zeit. Um ½ 2 Uhr nahmen die Kaiserin, der Kronprinz,<br />

Prinz Adalbert, Prinz August Wilhelm und Gemahlin,<br />

Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein mit Gemahlin,<br />

die Prinzessin Friedrich Leopold, sowie die nähere<br />

Umgebung im Marienheim-Erlenbad, das Diner ein. Hierauf<br />

begaben sich die hohen Herrschaften wiederum zur<br />

Villa Hochfeld. Der Kronprinz und Prinz Adalbert haben<br />

um 3 Uhr mittels Auto Obersasbach verlassen und begaben<br />

sich zunächst nach Frankfurt a.M. Die Kaiserin und<br />

die übrigen Hohen Herrschaften blieben den Tag über auf<br />

Villa Hochfeld.<br />

An der kaiserlichen Tafel im Marienheim, welchem Hause<br />

eine hohe Ehre zuteil wurde, nahmen acht Personen teil.<br />

Das Gefolge, mit neun Personen, speißten (sic! D.L.) an<br />

besonderer Tafel. – Die Kaiserin übernachtete auf Villa<br />

Hochfeld, Prinz August Wilhelm mit Gemahlin im „Neuen<br />

Erlenbad“ bei Herrn Kropp. Die übrigen Herrschaften<br />

zumteil im „Marienheim“ zumteil in Achern im „Hotel<br />

Adler“ und „Hotel Post“. In letzteren haben u.a. Wohnung<br />

genommen:<br />

Herzog Günther von Schleswig-Holstein mit Gemahlin,<br />

nebst Hofdame und Dienerschaft; Prinzessin Leopold;<br />

Oberhofmarschall Graf v. Hönsin; Hofmarschall von Rekowski.


69<br />

Achern, 23. Juni<br />

In Obersasbach ist auch die Prinzessin Friedrich Leopold,<br />

Schwester der Kaiserin, eingetroffen. – Heute Mittag<br />

2 Uhr trifft hierselbst auch die Herzogin von Sonderburg-<br />

Glücksburg, ebenfalls Schwester der Kaiserin ein.<br />

Die Überführung der Leiche<br />

Achern, 23. Juni<br />

Die Einsegnung der Leiche der verstorbenen Prinzessin<br />

findet heute abend 5 Uhr durch den evangelischen Prälaten<br />

Schmitthenner aus Karlsruhe unter Assistenz des<br />

Herrn Stadtpfarrer Spitzer-Achern statt. Die Überführung<br />

der Leiche zum Bahnhof Achern wird sich an die Einsegnung<br />

anschließen. Die Leiche wird hier beim Güterbahnhof<br />

verladen werden. Sie wird mittelst Sonderzug nach<br />

Primkenau in Schlesien überführt.<br />

Wie verlautet, werde der Sonderzug erst nachts 2 Uhr abfahren.<br />

Ein Teil der Hohen Verwandten, darunter der Bruder<br />

der verstorbenen Prinzessin, Herzog Günther von<br />

Schleswig-Holstein, werden die Leiche begleiten. –<br />

Die Abreise der Kaiserin erfolge Freitag früh.<br />

Mit der Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein, der<br />

jüngsten Schwester der deutschen Kaiserin, ist eine hochbegabte<br />

fürstliche Dame dahingegangen. Auf dem Gebiete<br />

der Malerei wie auf dem der Dichtkunst gab sie Proben<br />

eines seltenen künstlerischen Talents. Als sie vor fünf Jahren<br />

unter dem Decknamen F. Hugin ihr erstes Buch, „Im<br />

Walde“ betitelt, eine Sammlung von vier märchenhaften<br />

Geschichten, erschienen sind, hatte sie in schlichten und<br />

darum nur so eindrucksvolleren Bildern und Randleisten<br />

selbst den Buchschmuck dazu geliefert. Weitere ihrer<br />

Werke führten die Titel „Hahn Berta“, der Roman „Durch<br />

den Nebel“ u.a. Die Prinzessin war in den letzten Jahren<br />

schwer leidend, Gicht und andere Krankheiten erschwerten<br />

ihr besonders das Gehen.<br />

Achern, 23. Juni. Vormittags 11 Uhr<br />

Soeben ist die Herzogin von Sonderburg-Glücksburg,<br />

Schwester der Kaiserin, hier eingetroffen. Die hohe Dame<br />

wurde vom Hofmarschall der Kaiserin empfangen und<br />

nach Obersasbach in die Villa Hochfeld geleitet. – Aus<br />

Karlsruhe sind sechs Pferde hier eingetroffen zur Bespannung<br />

des Leichenwagens. Letzteren stellt die Stadt Achern.<br />

Der Wagen wurde schwarz ausgeschlagen und von Herrn<br />

Handelsgärtner Esser mit Blumen geschmückt. Der Wagen<br />

ist in seiner würdigen Ausstattung nicht wiederzuerkennen.<br />

Der Großherzog trifft in Achern ein.<br />

Wie soeben verlautet, trifft der Großherzog heute Mittag<br />

nach 2 Uhr hier ein, um der Kaiserin in Obersasbach einen<br />

Kondolenzbesuch abzustatten und an der Überführung der<br />

Leiche der verewigten Prinzessin Feodora teilzunehmen. –<br />

Sämtliche verfügbaren Droschken von Achern und anderer<br />

Orte wurden auf heute abend 5 Uhr nach Obersasbach beordert.<br />

Aus der Heimat.<br />

Achern, 23. Juni. Der Todesfall im deutschen Kaiserhaus hat<br />

die Arbeit auf dem hiesigen Postamt sehr gesteigert. Es<br />

mussten zur Bewältigung des umfangreichen Dienstes zwei<br />

weitere Beamte beigezogen werden. – Zum Sicherheitsdienst<br />

wurden mehrere auswärtige Polizisten hieher beordert. –<br />

Seine Hoheit Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein<br />

ließ der Firma Georg Kurz durch eine Hofdame seine Anerkennung<br />

aussprechen für die prompte Bedienung, durch<br />

welche die fürstlichen Damen so rasch mit Trauerkleider versehen<br />

wurden.


70<br />

Freitag, Nr. 141, 24. Juni 1910, Seite 2<br />

Der Trauerfall im deutschen Kaiserhaus.<br />

Die Ankunft des Großherzogs.<br />

Achern, 24. Juni.<br />

Der Großherzog ist gestern Nachmittag 4 Uhr, mittelst<br />

Salonwagen, mit dem in Oos (…) Uhr abgehenden Schnellzug,<br />

der sonst ohne Halt unsere Stadt passiert, in Begleitung<br />

eines Flügeladjudanten und einiger weiterer Herren,<br />

hier eingetroffen. Der Salonwagen wurde ausgewechselt<br />

und fuhr später wieder nach Karlsruhe zurück. Der Großherzog,<br />

dessen gesundes frisches Aussehen allerorts mit<br />

Genugtuung wahrgenommen ward, wurde von den Herren<br />

Oberleutnant Dillmann, Bürgermeister Schechter und Geheimrat<br />

Dr. Schüle begrüßt und zu den bereitstehenden<br />

Hofdroschken geleitet. Das zahlreich sich am Bahnhof angesammelte<br />

Publikum begrüßte den Großherzog, im Hinblick<br />

auf den Trauerfall, durch ehrfurchtsvolles<br />

Schweigen. Alsbald erfolgte die Fahrt in geschlossenen<br />

Wagen nach Obersasbach. Ein prachtvoller Kranz aus weißen<br />

Rosen wurde in einem weitern Wagen mitgeführt. Auf<br />

Villa Hochfeld wurde der Großherzog von der Kaiserin<br />

und den übrigen Fürstlichkeiten begrüßt und begab sich<br />

alsbald in das Sterbezimmer, um den Kranz an der Bahre<br />

niederzulegen. Derselbe trug auf weißer Schleife in Goldschrift<br />

die Widmung: Hilda und Friedrich von Baden.<br />

Die Einsegnung der Leiche.<br />

Kurz nach 5 Uhr erfolgte in dem zur Kapelle umgewandelten<br />

Sterbezimmer die Einsegnung der Leiche durch den<br />

Herrn Prälaten Schmitthenner aus Karlsruhe und Stadtpfarrer<br />

Spitzer-Achern. Dem feierlichen Akte, während<br />

dessen Herr Lehrer Schmitt aus Achern das Harmonium<br />

spielte, wohnte die Kaiserin, der Großherzog mit den gesamten<br />

übrigen Fürstlichkeiten, der Hofstaat, die Freiherrlich<br />

von Rödersche Familie, die Dienerschaft etc. bei. Der<br />

Gesangverein Obersasbach verherrlichte die Feier durch<br />

einige Trauerlieder Nach der Einsegnung wurde der Sarg<br />

zunächst vor das Portal der Villa und dann auf den Leichenwagen<br />

verbracht. Die Kaiserin und die übrigen fürstlichen<br />

Damen, nahmen hier Abschied von der Leiche,<br />

während die Herren mit dem Großherzog, Herzog Ernst<br />

Günther von Schleswig-Holstein, Prinz August Wilhelm,<br />

die Hofmarschälle und sonstige Leidtragende die Leiche<br />

nachfolgenden Wagen begleiteten. Der Leichenwagen, der<br />

mit prachtvollen Kränzen behangen, wurde von vier<br />

schwarz bedeckten Pferden gezogen. Die Ehrenbegleitung<br />

zu beiden Seiten des Wagens hatten 12 Herren des Militärvereins<br />

Achern übernommen.<br />

In Sasbach bildeten der Militärverein, Gesangverein etc.,<br />

sowie die Schüler der Lenderschen Lehranstalt durch die<br />

Dorfstraße Spalier.<br />

In Achern erwartete die gesamte Einwohnerschaft, sowie<br />

viele eingetroffene Fremden, zu beiden Seiten der Straßen<br />

entlang den Leichenkondukt. Zahlreiche schwarz umflorte<br />

Fahnen gaben Kunde von der Trauerstimmung, welche die<br />

Bürgerschaft beseelte. In der Eisenbahnstraße verließen<br />

die Hohen Trauergäste die Wagen und folgten bis zum<br />

Bahnhof dem Leichenwagen zu Fuß.<br />

Unmittelbar hinter dem Sarge schritt in Zivil der Bruder<br />

der Verewigten, Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein,<br />

links der Großherzog von Baden, rechts Prinz August<br />

Wilhelm von Preußen, letzte beiden in der Uniform<br />

des Leibgrenadierregiments.<br />

Bei der Eilgüterhalle war der fürstliche Salonwagen, mit<br />

Pflanzen und Blumen überreich geschmückt, bereits gestellt.<br />

Die Herren der Ehreneskorte trugen den Sarg in den<br />

Salonwagen und verbrachten in denselben auch die von<br />

Obersasbach mitgebrachten Kranz und Blumenspenden.<br />

Herzog Ernst Günther, der Großherzog, Prinz August Wilhelm<br />

betraten hierauf den Salonwagen, und nahmen nach<br />

kurzem Verweilen mit Auflegung der rechten Hand auf<br />

den Katafalk Abschied von der fürstlichen Leiche.


71<br />

Inzwischen war es sieben Uhr geworden und die Hohen<br />

Herrschaften begaben sich in die Wartesäle, um die Ankunft<br />

der Kaiserin abzuwarten.<br />

Die Ankunft der Kaiserin<br />

am Bahnhofe erfolgte kurz vor halb 8 Uhr. Ihre Majestät,<br />

die nebst den übrigen hohen Damen in tiefe Trauer gekleidet,<br />

wurde von Herzog Ernst Günther, dem Großherzog<br />

und Prinz August Wilhelm empfangen und zu dem die<br />

Leiche der verstorbenen Prinzessin bergenden Salonwagen<br />

geleitet. Die Hohen Damen stiegen in den Wagen und<br />

nahmen hierauf in tiefer Rührung Abschied von der hohen<br />

Verblichenen.<br />

Die Abreise der Höchsten Herrschaften<br />

Der Großherzog führte die Kaiserin am Arme zu dem inzwischen<br />

im Bahnhof vorgefahrenen kaiserlichen Hofzuge.<br />

Auf dem Perron unterhielt sich die Hohe Dame noch kurz<br />

mit ihrer Umgebung. U.a. beauftragte sie Ihren Bruder,<br />

Herzog Ernst Günther, den Mitgliedern des Militärvereins,<br />

bezw. Herrn Vorstand Ritter für die ehrenvolle Leichenbegleitung<br />

Ihren herzlichen Dank mit kräftigem Händedruck<br />

auszusprechen. Alsbald nahmen die Hohen Gäste im Zuge<br />

Platz. Mit der Kaiserin stieg Großherzog Friedrich ein und<br />

grüßte von dort aus nochmals das zahlreich anwesende<br />

Publikum. 8.35 Uhr verließ der kaiserliche Hofzug mit den<br />

fürstlichen Trauergästen und deren Gefolge den Bahnhof.<br />

In Karlsruhe war ein kurzer Aufenthalt vorgesehen, den<br />

die Kaiserin zu einem Besuche der Großherzogin Luise benützte.<br />

Die Abfahrt der Leiche<br />

Mittelst Sonderzug erfolgte heute Nacht 2 Uhr. In dem<br />

Zuge nahmen zugleich die noch zurückgebliebenen Hofbeamten<br />

und die Dienerschaft etc. Platz. Die verewigte Prinzessin<br />

wird, wie schon mitgeteilt, ihre letzte Ruhestätte in<br />

Primkenau finden. R.i.p.<br />

Aus der Heimat.<br />

Achern, 24. Juni. Die gestrige Ueberführung der Leiche der<br />

Prinzessin Feodora zum Bahnhof Achern, lockte viele<br />

Fremde in unsere Stadt. – Heute nacht sind die letzten der<br />

fürstlichen Gäste wieder abgereist und in unserer Stadt,<br />

der in diesen Tagen die Ehre zuteil geworden, fast die gesamte<br />

kaiserliche Familie nebst dem Großherzog von<br />

Baden, in ihren Mauern zu begrüßen, ist wieder die gewohnte<br />

Ruhe eingetreten.<br />

(Das Straßburger Missverständnis:)<br />

Achern, 24. Juni.<br />

In der „Straßburger Post“ wird aus Hochfelden im Elsaß unterm<br />

22. Juni geschrieben: Heute Morgen bekam der hiesige<br />

Bahnhof die telgraphische Mitteilung, dass der deutsche<br />

Kronprinz und Prinz Adalbert von Preußen mit dem 12Uhr-<br />

Zug kommen und mit dem Schnellzug um 3 Uhr in der Richtung<br />

nach Straßburg zurückfahren würden.<br />

Bestimmungsgemäß wurde der Bürgermeister verständigt,<br />

der sogleich in ortsüblicher Weise zum Kehren der Straßen<br />

und zum Beflaggen aufforderte. Obwohl man den Zweck des<br />

hohen Besuchs nicht recht einsah – die einen sprachen vom<br />

Ankauf des Schauenburgischen Schlosses, die anderen von<br />

der Anlage eines Sperrforts auf dem Galgenberg – bestätigte<br />

doch das Eintreffen einer Rangierlokomotive zum Umsetzen<br />

des Hofsalonwagens und einer großen Kiste mit<br />

fürstlichen Siegeln die Richtigkeit der Nachricht. Aber in<br />

dem Bürgermeister stiegen Zweifel auf. Auf der Kreisdirektion,<br />

die er antelephonierte, wusste man nichts von dem<br />

fürstlichen Besuch. Nun erklärte sich das Missverständnis<br />

bald. Die von der Bahn getroffenen Maßnahmen galten<br />

dem Schloß Hochfeld in Baden, wo die Prinzessin Feodora<br />

von Schleswig-Holstein, die Schwester der Kaiserin, gestorben<br />

ist. Nun zogen die hiesigen Bürger ihre Fahnen wider<br />

ein, und die Einwohnerschaft nahm enttäuscht die Alltagsarbeit<br />

wieder auf.


72<br />

Samstag, Nr. 142, 25. Juni 1910, Seite 2<br />

Aus der Heimat<br />

Achern, 25. Juni<br />

Dank der Kaiserin und des Herzogs Ernst Günther von<br />

Schleswig-Holstein.<br />

Wie der Präsident der Zweiten badischen Kammer gestern<br />

dem hohen Hause mitteilte, sind dem Minister von Marschall<br />

folgende Telegramme aus Achern zugegangen:<br />

„Für die Worte wohltuender Teilnahme an meinem schweren<br />

Verlust, welche Sie mir im Namen des badischen Volkes<br />

und der Zweiten Kammer übermittelt haben, sage ich<br />

meinen herzlichsten Dank. Die Prinzessin hat im bad.<br />

Lande viel Liebe empfangen und stets mit besonderer<br />

Freude hier geweilt.<br />

(gez.:) Auguste Viktoria, I.R.“<br />

„Ich bitte dem Präsidium des bad. Landtages im Namen<br />

meiner Familienmitglieder unseren tiefgefühlten Dank<br />

anlässlich der wohltuenden Trauerkundgebung des Landtages<br />

beim Hinscheiden meiner Schwester auszusprechen,<br />

die in dem schönen badischen Lande sich stets so heimisch<br />

fühlte.<br />

(gez.:) Ernst Günther<br />

Herzog von Schleswig-Holstein.“<br />

Der Großherzog ließ durch Staatsminister von Dusch der<br />

zweiten Kammer den Dank aussprechen für die Beileidskundgebungen<br />

anlässlich des Ablebens der Prinzessin<br />

Feodora.<br />

Samstag, Nr. 142, 25. Juni 1910, Seite 3<br />

„Neueste Nachrichten. Telegramme.<br />

Wolffs Telegraphen-Bureau.<br />

Ankunft der Leiche der Prinzessin Feodora in Primkenau.<br />

Primkenau, 25. Juni. Gestern Abend traf die Leiche der so<br />

unerwartet rasch auf Villa Hochfeld in Obersasbach verstorbenen<br />

Schwester der deutschen Kaiserin, Prinzessin<br />

Feodora, hier ein und wurde unter Glockengeläute nach<br />

der Hofkapelle gebracht, wo eine Trauerfeier stattfand.“<br />

Dienstag, Nr. 144, 28. Juni 1910, Seite 1<br />

„Deutsches Reich.<br />

Die Beisetzung der Prinzessin Feodora.<br />

Primkenau, 27. Juni.<br />

Heute Nachmittag fand hier unter Teilnahme der Bevölkerung<br />

die Beisetzung der letzte Woche in Obersasbach bei<br />

Achern verstorbenen Prinzessin Feodora statt. Die Umgebung<br />

des Schlosses und die Stadt hatten Trauerschmuck<br />

angelegt. Um ½ 2 Uhr fand im Beisein der fürstlichen Verwandten<br />

in der Hofkapelle, wo die Leiche aufgebahrt war,<br />

eine Trauerfeier statt. Während der Leichenzug sich ordnete,<br />

begaben sich die Kaiserin, die Kronprinzessin und<br />

die übrigen fürstlichen Damen zu Wagen in die evangelische<br />

Kirche, wo sie in der Hofloge Platz nahmen. Den<br />

Trauerzug eröffneten Hüttenleute, herzogliche Beamte,<br />

das herzogliche Forst- und Jagdpersonal und die Geistlichkeit.<br />

Den mit kostbaren Kranzspenden geschmückten Sarg<br />

begleiteten zwei Kammerherren, dem Sarge folgten Herzog<br />

Ernst Günther, rechts von ihm Prinz Friedrich Leopold,<br />

links Prinz Eitel Friedrich, dann Prinz August<br />

Wilhelm, der Herzog von Sachsen, Koburg und Gotha,<br />

Prinz Albert von Schleswig-Holstein, Prinz Joachim, der<br />

Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg, Prinz Oskar und<br />

Prinz Philipp von Koburg, ferner Vertreter des Königs von<br />

Sachsen, des Großherzogs von Oldenburg, des Fürsten von<br />

Hohenzollern, die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden,<br />

die Gefolge der allerhöchsten und höchsten Herrschaften<br />

u. andere. In der Kirche wurde der Sarg vor dem Altare<br />

niedergesetzt. Superintendent Jensch (Primkenau) hielt<br />

die Trauerrede. Dann geleiteten die Leidtragenden die Leiche<br />

zur Fürstengruft, wo sie an der Seite der Eltern beigesetzt<br />

wurde.“


Auszug aus dem Protokoll<br />

des Badischen Landtags,<br />

104. Sitzung vom<br />

24.06.1910<br />

73


74<br />

Für den eiligen Leser: Fakten über Feodora<br />

Geboren am 3. Juli 1874 in Primkenau (Kreis Sprottau/ Niederschlesien:<br />

heute Polen);<br />

Gestorben am 21. Juni 1910 in Obersasbach bei Achern<br />

(Schwarzwald);<br />

begraben in Primkenau.<br />

Die jüngste Schwester der letzten deutschen Kaiserin Auguste<br />

Victoria ließ sich um die Jahrhundertwende zur Malerin<br />

ausbilden und war Schülerin von Fritz Mackensen, einem<br />

der Gründer der Malerkolonie Worpswede.<br />

Sie begann dann mit schriftstellerischen Arbeiten, weil sie<br />

bedingt durch Schwäche (Erkrankung an Typhus, der nie<br />

ausgeheilt wurde und später zu ihrem frühen Tod führte)<br />

das Malen hintanstellen bzw. aufgeben musste.<br />

Ihre Werke veröffentlichte sie unter dem Pseudonym „F.<br />

Hugin“, weil sie nicht Gefahr laufen wollte, von vornherein<br />

als dilettierende Prinzessin abqualifiziert zu werden. Ein<br />

weiterer Grund für das Pseudonym: Sie wollte vermeiden,<br />

dass ihre Werke gegen die Kritik ihres Schwagers, des Kaisers<br />

Wilhelm II, gegenüber Naturalismus und Moderne hätten<br />

ausgespielt werden können.<br />

Ihre Werke in chronologischer Abfolge:<br />

Wald. Vier Erzählungen mit eigenem Buchschmuck.<br />

Berlin 1904<br />

Hahn Berta. Erzählung. Berlin 1907<br />

Durch den Nebel. Roman. Berlin 1908<br />

Gedichte. Aus dem Nachlass herausgegeben. Berlin 1910<br />

Ihr literarisches Werk wurde beeinflusst durch Gustav<br />

Frenssen – einen vielgelesenen Schriftsteller dieser Zeit.<br />

Die im Milieu schlesischer Häusler angesiedelte Lebensgeschichte<br />

„Hahn Berta“ wurde von Frenssen im Manuskript<br />

begutachtet. Frenssen vermittelte auch den Kontakt zu seinem<br />

Verleger Grote in Berlin, der die Bücher Feodoras verlegte.<br />

Die Lebensgeschichte „Hahn Berta“ und der im folgenden veröffentlichte<br />

Roman „Durch den Nebel“, dessen Handlung an<br />

der Flensburger Förde unter Fischern und Kleinbürgern<br />

spielt, weisen naturalistische Milieuschilderung und psychologisches<br />

Einleben in die dargestellten Personen auf mit starker<br />

Betonung der Heimat. Feodora setzte in ihren Werken vor<br />

allem auf symbolische Überhöhung der Natur und ihrer<br />

Kräfte.<br />

Auch ihre – von Worpswede beeinflussten - Bilder und Zeichnungen<br />

standen in einem Spannungsverhältnis zur Kunstauffassung<br />

und zum Kunstprogramm ihres Schwagers, des<br />

Kaisers Wilhelm II.<br />

Auch zur Musik hatte Feodora ein durchaus positives und<br />

konstruktives Verhältnis. Sie ließ ihre Alt-Stimme ausbilden<br />

und nahm Verbindung zu Wagner und zum Haus Wahnfried<br />

in Bayreuth auf.<br />

Feodora verlor bereits im Alter von fünf Jahren ihren Vater<br />

und im Jahre 1900 ihre Mutter. Daraus entwickelte sich ein<br />

starker Familiensinn sowohl für ihre älteren Geschwister als<br />

auch für die zahlreichen Neffen der kaiserlichen Familie. Sie<br />

wurde als Ratgeberin und „treuer Kamerad“ von den Jüngeren<br />

wahrgenommen.


75<br />

Feodora blieb unverheiratet. Durch die frühe Krankheit bedingt,<br />

bedurfte sie der Schonung, war aber andererseits viel<br />

auf Reisen.<br />

Wilhelm II hatte Feodora das Krongut Bornstedt in Potsdam,<br />

in unmittelbarer Nähe zum Neuen Palais, der Residenz der<br />

kaiserlichen Familie, angeboten.<br />

Einer ihrer Freunde, Geheimrat Max Lehrs, hat sie so charakterisiert:<br />

„Sie war eine Prinzessin des Geistes und,<br />

was mehr sagen will,<br />

eine Prinzessin des Herzens…“<br />

Zur Persönlichkeit: „Sie war ein immer zartes Kind mit südlich<br />

dunklem Teint und großen, wundervoll tiefdunklen<br />

Augen.“ (Verf. der Einleitung in ihre „Gedichte“ im Jahre 1910)<br />

Verbindung zur Feodora-Schokolade:<br />

Auf die Anfrage des Fabrikanten Meyer aus Tangermünde an<br />

die älteste Schwester, Kaiserin Auguste Victoria, Namen und<br />

Wappen der jüngsten Schwester für ein neues hochwertiges<br />

Produkt verwenden zu dürfen, ist die Genehmigung hierzu –<br />

nach dem Tode Feodoras - schriftlich erteilt worden.<br />

Auswahl von Orten, an denen sich Feodora aufgehalten hat:<br />

Primkenau (Schlesien)<br />

Gotha<br />

Dresden<br />

Gutshaus Bornstedt<br />

Hochfelden bei Achern<br />

Pyrmont<br />

Frankfurt am Main<br />

Santa Margherita Ligure (Italien)<br />

Grotta Giusti bei Florenz (Italien)<br />

Haus Wahnfried in Bayreuth<br />

Worpswede als Gast von Fritz Mackensen –<br />

ihr Aufenthalt im Jahre 1899 ist belegt -<br />

Gravenstein (Grasten) (Dänemark)<br />

u.a.<br />

Schloss Primkenau


76<br />

Literaturverzeichnis Auswahl<br />

Afflerbach, Holger (Bearb.:)<br />

Kaiser Wilhelm II. als Oberster Kriegsherr im Ersten Weltkrieg.<br />

– München: Oldenbourg 2005<br />

Bartels, Adolf:<br />

Die Deutsche Dichtung der Gegenwart. Die Alten und die Jungen.<br />

– Leipzig: Eduard Avenarius 1910<br />

Ders.: Handbuch zur Geschichte der deutschen Literatur.<br />

(Zweite Auflage) – Leipzig: Eduard Avenarius 1909<br />

Ders.: F. Hugin (Prinzess Feodora von Schleswig-Holstein).<br />

– In: Die Heimat, 22. Jahrgang, Januar 1912, S. 1 - 9<br />

Bartels, Anne:<br />

Schleswig-Holsteinische Biographie.<br />

www.shlb.de/bibliogr3.htm<br />

Borinski, Karl:<br />

Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zu<br />

Gegenwart.<br />

Stuttgart, Berlin, Leipzig: Union Deutsche Verlagsgesellschaft<br />

(1921)<br />

Chronik des Schützenvereins Worpswede e.V. von 1875:<br />

(Darin: 1899: Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein<br />

besuchte an der Seite Fritz Mackensens mit großem Vergnügen<br />

das Schützenfest)<br />

Dänemark. Ein offizielles Handbuch. – Kopenhagen: Krak 1971.<br />

– Darin: Bent Rying: Staats- und Königswappen; John Danstrup:<br />

Geschichte<br />

Dietrich, Richard:<br />

Kleine Geschichte Preußens. – Berlin: Haude & Spener (1967)<br />

Dollinger, Hans:<br />

Preußen. Eine Kulturgeschichte in Bildern und Dokumenten.<br />

Vorwort von Marion Gräfin Dönhoff. –<br />

München: Süddeutscher Verlag (2. Aufl.) 1981<br />

Doormann, O.:<br />

Landeskunde der Provinz Schleswig-Holstein und der Freien und<br />

Hansestadt Lübeck mit ihrem Gebiete. – Breslau: Ferdinand Hirt<br />

1910 (Reprint Melchior-Verlag Wolfenbüttel)<br />

Erbstößer, Elizza:<br />

Kaiserin Auguste Victoria (1858 – 1921). - (Eigenverlag) 2008<br />

Dies.: Auguste Victoria. Die letzte deutsche Kaiserin. –<br />

Erfurt: Sutton 2008<br />

Ewers, H.H. (Hrsg.):<br />

Führer durch die moderne Literatur. 300 Würdigungen der hervorragendsten<br />

Schriftsteller unserer Zeit unter Mitwirkung von<br />

Victor Hadwiger, Erich Mühsam, René Schickele und Walter<br />

Bläsing). – Berlin: Globus (1906)<br />

Fechter, Paul:<br />

Geschichte der deutschen Literatur. – Gütersloh:<br />

C. Bertelsmann 1954<br />

Frenssen, Gustav:<br />

Lebensbericht. – Berlin: Grote 1940 (darin: Erinnerungen an<br />

Prinzessin Feodora S. 139 f.)<br />

Frenzel, H.A. und E.:<br />

Daten deutscher Dichtung. Chronologischer Abriss der deutschen<br />

Literaturgeschichte.<br />

München: dtv (1962)<br />

Grote, Hermann:<br />

Stammtafeln. Europäische Herrscher- und Fürstenhäuser. Leipzig:<br />

Reprint. – Original: Leipzig: Hahnsche Buchhandlung 1877<br />

Handwörterbuch des Kaufmanns. Lexikon für Handel und Industrie.<br />

Bd. 5, Hamburg und Berlin: Hanseat. Verlagsanstalt (1927)<br />

Hanke, Willi:<br />

„Bornstedt nahe bey Sanssouci“. Geschichte der Evangelischen<br />

Kirchengemeinde Potsdam-Bornstedt. – (Eigenverlag) 2006<br />

Kaiser Wilhelm II.:<br />

Aus meinem Leben 1859 – 1888. – Berlin und Leipzig:<br />

K. F. Koehler (5.Aufl.) 1927<br />

Ders.:<br />

Ereignisse und Gestalten aus dem Jahren 1878 - 1918. – Leipzig<br />

und Berlin: K. F. Koehler 1922


77<br />

Keller, Mathilde Gräfin von:<br />

Vierzig Jahre im Dienst der Kaiserin. Ein Kulturbild aus den<br />

Jahren 1881 – 1921. – Leipzig: Koehler & Amelung 1935<br />

Kessler, Johannes: (Prinzenerzieher)<br />

Ich schwöre mir ewige Jugend. Mit einem Schlusswort von<br />

Kasimir Edschmid. Im Bertelsmann Lesering (o.J.)<br />

Lehrs, Max:<br />

Gesammeltes. – Freiburg im Breisgau: Urban 1924<br />

(darin: „Prinzessin Feo“, S. 120 – 130)<br />

Leuthold, Dieter:<br />

Corporate History als Kernelement der Unternehmenskultur . –<br />

Schriftenreihe des AMW (Arbeitskreis für Management und<br />

Wirtschaftsforschung a.d. <strong>Hochschule</strong> <strong>Bremen</strong>), Bd. 5. –<br />

<strong>Bremen</strong> 2006<br />

Ders.:<br />

Interview. – In: Alexander Schug: History Marketing.<br />

Ein Leitfaden zum Umgang mit Geschichte im Unternehmen. –<br />

Transkript-Verlag (o.J.)<br />

Ders.:<br />

Ein Bremer „rettet“ den Kaiser. Die Flucht des Prinzen Wilhelm<br />

im Jahre 1848 aus Berlin, nach den Erinnerungen von August<br />

Oelrichs. – <strong>Bremen</strong>: Hauschild 1998<br />

Lindenberg, Paul: König Karl von Rumänien. Ein Lebensbild,<br />

dargestellt unter Mitarbeit des Königs. 2 Bde. –<br />

Berlin: Hafen-Verlag 1923<br />

Machtan, Lothar:<br />

Der Kaisersohn bei Hitler. – Hamburg: Hoffmann & Campe 2006<br />

Mann, Golo:<br />

Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts (Frankfurt/M:<br />

Büchergilde Gutenberg) 1958<br />

Martini, Fritz:<br />

Deutsche Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur<br />

Gegenwart.<br />

Stuttgart: Kröner (1961)<br />

Massenbach, Louis Ferdinand Freiherr von:<br />

Die Hohenzollern einst und jetzt. – Bonn: Tradition und Leben<br />

(20. Aufl.) 2008<br />

Mielke, Hellmuth:<br />

Der deutsche Roman. (Vierte Auflage.)<br />

Dresden: Carl Reißner 1912<br />

Molzow, Hartwig und Alken Bruns:<br />

Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck<br />

www.shlb.de<br />

Otto, Karl-Heinz:<br />

Auguste Viktoria. Deutschlands letzte Kaiserin<br />

(Edition Märkische Reisebilder) o.J.<br />

Plümecke, Klaus Ingo:<br />

Potsdam – 400 Jahre Bornstedter Friedhof. Licht und Schatten<br />

hinter Sanssouci. – Köln Ufkes 1998<br />

Porskrog Rasmussen, Carsten; Imberger, Elke; Lohmeier,<br />

Dieter; Momsen von Wachholtz, Ingwer (Hrsg.):<br />

Die Fürsten des Landes – Herzöge und Grafen von Schleswig,<br />

Holstein und Lauenburg. – Neumünster 2008<br />

Riebau, Herbert:<br />

Die Tangermünder Zuckerraffinerie. Ein Stück altmärkischer<br />

Industriegeschichte. – In: Altmark-Blätter, Heimatbeilage der<br />

Altmark-Zeitung, 19. Jg. Nr. 10 vom 8. März 2008<br />

Röhl, John C.G.:<br />

Wilhelm II. Die Jugend des Kaisers 1859 – 1888.<br />

München: Beck (2. Aufl.) 2001<br />

Ders.:<br />

Wilhelm II. Der Aufbau der Persönlichen Monarchie 1888 – 1900.<br />

München: Beck 2001<br />

Samerski, Stefan (Hrsg.):<br />

Wilhelm II und die Religion. Facetten einer Persönlichkeit und<br />

ihres Umfelds. – Berlin: Duncker & Humblot 2001<br />

Seidler, Herbert:<br />

Die Dichtung. Wesen, Form, Dasein. – Stuttgart: Alfred Kröner<br />

(1959)<br />

Soergel, Albert:<br />

Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen<br />

Literatur der letzten Jahrzehnte. (Dritte Auflage). –<br />

Leipzig: Voigtländer 1916


78<br />

Topham, Anne:<br />

Memories of the Kaiser’s Court. 1914<br />

Viktoria Luise, Herzogin:<br />

Ein Leben als Tochter des Kaisers. - (Göttingen und Hannover:)<br />

Göttinger Verlagsanstalt (2. Aufl.) 1965<br />

Dies.:<br />

Im Glanz der Krone. – Göttingen: Göttinger Verlagsanstalt (1967)<br />

Dies.:<br />

Deutschlands letzte Kaiserin. – (Göttingen und Hannover:)<br />

Göttinger Verlagsanstalt (2. Aufl.) (1972)<br />

Wagemann, Anna:<br />

Prinzessin Feodora. Erinnerungen an den Augustenburger und<br />

den Preußischen Hof. Aus dem bunten Bilderbuch meines<br />

Lebens. –<br />

Berlin: Martin Warneck 1932<br />

Weiberg, Thomas:<br />

Prinzessin Feodora. Nach Sternen jagen… Ein Leben als Schwester<br />

der deutschen Kaiserin. –<br />

Berlin: Berlin Story Verlag (2008)<br />

Wülker, Ludwig (Hrsg.):<br />

50 ausgewählte Briefe der Königin Luise von Preußen. –<br />

Hannover und Leipzig: Hahnsche Buchhandlung 1909<br />

Archivrecherchen Auswahl<br />

Generallandesarchiv Karlsruhe (Protokolle des Landtages;<br />

Medienrecherchen)<br />

Hohenlohe – Zentralarchiv Neuenstein (Prinzessin Adelheid zu<br />

Hohenlohe-Langenburg)<br />

Staatsarchiv Coburg<br />

Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv Stuttgart<br />

(Tod der Feodora in Obersasbach)<br />

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin<br />

(„Feodora“-Schokolade; Fa. Fr. Meyer in Tangermünde)<br />

Teltower Kreisblatt (15. Juni 1903: Feodora als Gast bei der<br />

Ruderregatta in Grünau bei Berlin)<br />

Hans-Christoph Freiherr Roeder v. Diersburg<br />

(Information über Ida Freiin Roeder v. Diersburg)<br />

Stadtgeschichtliches Institut Bühl, Schloss Waldsteg<br />

(Feodoras Tod in Hochfelden/Achern: Medienrecherchen)<br />

Niedersächsisches Landesarchiv Hannover (Anfrage Benutzung<br />

des Königlichen Hausarchivs)<br />

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam (Potsdamer<br />

Tageszeitungen von 1910)


Anhang / Illustrationen<br />

79<br />

(Quelle für die folgenden Illustrationen: Landesbibliothek Schleswig-Holstein in Kiel)<br />

Prinzessin Auguste Victoria mit ihrer<br />

jüngsten Schwester Feodora<br />

Postkarte mit Autograph:<br />

Feodora v. Schleswig Holstein<br />

Prinzessin Feodora im letzten<br />

Lebensjahrzehnt<br />

Prinzessin Feodora (Zeichnung)


80<br />

Rückseiten von drei Postkarten von Feodora an Gustav Frenssen<br />

Transkriptionen<br />

(1. Karte)<br />

Ich bin nicht undankbar, lieber Herr Frenssen,<br />

sondern immer noch elend.<br />

Es geht jetzt aber hoffentlich vorwärts u. ich kann<br />

meinen langen Brief an Sie loslassen.<br />

Einstweilen viele gute Wünsche Feodora<br />

(2. Karte)<br />

Herzlichsten Grüße! Bin endlich wieder zu Hause<br />

Wenn einlegende Änderungen Ihnen gefallen schicken Sie<br />

bitte direkt an Grote. Aber ich wollte gern, dass Sie erst einmal<br />

hineinsehen, weil Sie mir immer noch nicht ganz<br />

recht sind. Bes. der allerletzte Schluß „…“<br />

kommt mir konventionell vor. Bald mehr. Feodora<br />

(3. Karte)<br />

Lieber Herr Frenssen!<br />

Diederichs hat nachdem ich eine sehr interessanten Rückfrage<br />

mit ihm hatte endlich meine Gedichte zurückgeschickt.<br />

Soll ich sie direkt an Grote schicken? Ist überhaupt schon irgendwelche<br />

Antwort von Grothe?<br />

Ich bin gespannt, ob ich den Brief … werde!!!<br />

Ganz liebste Grüße<br />

Feodora


81<br />

Impressum<br />

Autor: Prof. Dieter Leuthold, <strong>Bremen</strong><br />

Gestaltung und Satz: Helga Seegelken, <strong>Bremen</strong><br />

Druck: WORTART, <strong>Bremen</strong><br />

© <strong>FEODORA</strong> Chocolade GmbH & Co. KG

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