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Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung

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Peru<br />

<strong>Marcel</strong> <strong>Kolvenbach</strong><br />

Kampagne „Coca y Soberanía“ (Koka und Souveränität) geladen. Verschiedene<br />

Vorträge, versammelt unter dem Titel „Hacia una política soberana de los<br />

Estados – Viena 2008” werden abgehalten. Der Hintergrund: 2008 wird<br />

die UNO in Wien über den Status der Koka-Blätter ein endgültiges Urteil<br />

sprechen. Das Ziel der Veranstaltung: das Koka-Blatt in seiner Naturform<br />

muss von der Liste der verbotenen Pflanzen gestrichen werden, nur die<br />

Drogenproduktion selber solle verboten bleiben, das Koka-Blatt aber als<br />

integraler Teil der indigenen Kultur und Lebensrealität anerkannt werden<br />

und als Erbe der Menschheit unter Schutz gestellt werden.<br />

Die Aula ist gefüllt mit schwerer „grüner“ Luft. Es riecht nach einer<br />

Mischung aus Lorbeer und Thymian. Links und rechts neben mir von der<br />

Sonne gegerbte Gesichter, Koka-Bauern, die das harte Leben draußen<br />

gewöhnt sind, die meisten von ihnen haben vielleicht zum ersten Mal eine<br />

Universität betreten. Studentinnen gehen durch die Reihen und verteilen<br />

frische Koka-Blätter. Alle kauen darauf und die Wangen haben dicke<br />

Beulen, die Zähne sind schwarz vom grünen Saft. Sie hören gespannt<br />

den „Experten“ zu, die Theorien zu dem Stoff liefern, den sie jeden Tag<br />

ernten und konsumieren. Sie verfolgen die Thesen kritisch, manchmal gibt<br />

es Applaus, manchmal erntet der Sprecher Kopfschütteln und die Zuhörer<br />

verlassen den Raum. Auf dem Podium sitzt auch Hugo Cabieses aus Lima.<br />

Jose Mirtembaum stellt die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen<br />

(TLC) mit den USA dem Kampf gegen den „Drogenterrorismus” entgegen<br />

und stellt fest: Der „Libre-Mercado“ ist genau in den Händen derer, die<br />

gegen den „narcoterrorismo” kämpfen. Es läuft eine Kampagne, diese<br />

Gebiete zu enteignen, die anderen Produzenten nützlich sein könnten.<br />

800 Millionen Bewohner Lateinamerikas sind Opfer dieses Machtspiels.<br />

Nicht der traditionelle Verbrauch, sondern die Industrialisierung der Koka-<br />

Pflanzen hat zu den Problemen geführt. Die betroffenen Länder sind Ecuador,<br />

Kolumbien, Peru, Bolivien. Versucht man dort einzugreifen, bewegt man<br />

sich auf einem Minenfeld. Der Kampf gegen die Drogen macht die Bauern<br />

zu Drogenhändlern und Terroristen.<br />

Mario Argandoña stellt die Ergebnisse der medizinischen Untersuchungen<br />

der UN in Frage. Er ist der Überzeugung, dass die wirklich schädliche<br />

„Auswirkungen“ der Drogen mehr einen sozioökonomischen Hintergrund<br />

haben. Der Gebrauch von Drogen durch Randgruppen, die in Armut und<br />

ohne Perspektiven leben, führt zu deren Missbrauch. Dabei glaubt er mehr<br />

dem gesunden Menschenverstand und den Erfahrungen der Menschen, die<br />

seit Jahrhunderten mit den Stoffen umgehen, als der Wissenschaft.<br />

Jorge Atilio Silvia Lullianelli aus Brasilien beschreibt den Kreislauf<br />

der Kriminalisierung. Die Straftaten, die Kriminalität seien eine Folge<br />

des Kapitalismus und nicht automatisch Folge der Droge. Sein Beispiel<br />

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