Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung
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<strong>Marcel</strong> <strong>Kolvenbach</strong><br />
Peru<br />
meist fehlt der Polizei die Ausrüstung oder das Personal, um die schweren<br />
Zugmaschinen zu stoppen. Stattdessen gibt es tagsüber Stichproben. Dann<br />
müssen alle Leute den Kleinbus verlassen, das Gepäck auf dem Dach wird<br />
nach Drogen und Alkohol durchsucht und – der Polizist jubelte über seinen<br />
Glückstreffer, er fand eine Flasche Schnaps in der Verkleidung über dem<br />
Sitz des Fahrers.<br />
Sprachlich beginnt Bolivien schon früher, in dem südlichen Teil Punos,<br />
wo die Menschen auch Aymará sprechen. Dass Familien auf beiden Seiten<br />
der Grenze wohnen, erleichtert den Schmuggel.<br />
Bolivien ist noch ein bisschen ärmer als Peru, aber sofort spürt man beim<br />
Grenzübertritt, dass die Menschen hier einen anderen Stolz haben. 70% der<br />
Bolivianer sind indigener Herkunft, es ist ihr Land. Die Küste haben ihnen<br />
die Chilenen abgenommen, das Land ist isoliert, hier herrschen andere<br />
Regeln.<br />
Ich begleite eine Delegation peruanischer Koka-Bauern nach La Paz<br />
und treffe wieder auf Hugo Cabieses und Elsa Malpartida. Hugo hat<br />
einen Freund mitgebracht, Ricardo Soberon Gerrido. Er ist Experte für<br />
Sicherheitsfragen in der Region und seine Vision der kommenden Jahre<br />
sieht sehr vereinfacht etwa so aus: In Ecuador, Peru und Bolivien wird es<br />
zu einem Erstarken der indigenen Bewegung kommen, die möglicherweise<br />
sogar die Regierung übernimmt, etwa mit Evo Morales als Präsident von<br />
Bolivien, in Peru aber eher als starke und militante Opposition in Erscheinung<br />
treten wird. Die USA werden ihre Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen im<br />
Amazonasbecken gefährdet sehen und den militärischen Kampf gegen den<br />
so genannten „Drogenterrorismus“ intensivieren, der schließlich in einen<br />
Krieg münden wird, der heute schon von Kolumbien ausstrahlt. Die USA<br />
werden dann, evt. mit militärischer Rückendeckung durch Chile, versuchen,<br />
die indigene Bewegung militärisch zu bekämpfen und sie gleichzeitig<br />
international als Drogenmafia und Terroristen zu diskreditieren. Ricardo<br />
glaubt an eine Dimension der Auseinandersetzung wie heute im Irak.<br />
Die verschiedenen indigenen Gruppen werden radikalisiert und in einem<br />
blutigen jahrzehntelangen Terrorkrieg gegen die US-Besatzung kämpfen.<br />
Ein Krieg, der die ganze Region destabilisieren wird.<br />
Die Alternative? Die USA halten sich raus und lassen die jungen<br />
Demokratien ihren Weg gehen mit linkspopulistischen Führungsgestalten<br />
indigener Herkunft, die wie Hugo Chavez in Venezuela den bisherigen Eliten<br />
den Krieg erklären werden und sich dann nach ein, zwei Legislaturperioden<br />
dem Urteil der Wähler erneut stellen müssen, die zu entscheiden haben, ob<br />
das Land den richtigen Weg eingeschlagen hat.<br />
Hugo Cabieses ist als ehemaliges Mitglied der peruanischen Drogenbekämpfungsbehörde<br />
DEVIDA zu einem internationalen Seminar der<br />
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