Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung
Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung
Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Marcel</strong> <strong>Kolvenbach</strong><br />
Peru<br />
aber wäre zum einen Begleiter der täglichen harten Arbeit auf den Feldern,<br />
aber auch Teil von religiösen und sozialen Zeremonien. Wenn der Dorfrat<br />
Entscheidungen trifft, dann werden die Blätter gemeinsam den Göttern<br />
gewidmet und dann gekaut. Sie erhöhen die Konzentrationsbereitschaft und<br />
Aufnahmefähigkeit der Beteiligten und bilden die Grundlage für wichtige<br />
politische Entscheidungen. Das Koka-Blatt sei aus der Andinen Kultur<br />
nicht wegzudenken. Dann greift Genaro wieder in seinen kleinen bunten<br />
Stoffbeutel, den er sich um seine traditionelle Kluft gehangen hat und greift<br />
ein paar Blätter heraus, bietet mir auch welche an und zeigt, in welcher<br />
Reihenfolge sie zusammengelegt, besprochen und den Göttern gewidmet<br />
werden, bevor sie in einer Ecke des Mundes verschwinden.<br />
Der jüngere Shurik erklärt mir, warum Koka in Peru zum Teil legal, zum<br />
Teil illegal sei. Es gibt ein staatliches Monopol für den Ankauf und Verkauf<br />
der „legalen“ Koka, z.B. zur Produktion des Mate de Coca, Koka-Tee. Ein<br />
Problem sei, dass die Staatsfirma ENAKO, die Blätter für den doppelten<br />
Einkaufspreis verkaufe. Die Menschen sehen nicht ein, warum sie diesen<br />
Aufschlag bezahlen sollen. Ein weiteres Problem, bei der Festlegung<br />
der „traditionellen“ Anbauzonen für Koka-Pflanzen wurden nur die<br />
berücksichtigt, die zum Zeitpunkt der Erfassung eine gute Lobby in Lima<br />
hatten. Jetzt tobt ein Streit zwischen den Bauern, die die Zulassung haben<br />
und denen, die ebenfalls immer schon traditionell angebaut haben, aber nie<br />
erfasst wurden, damit illegal sind und von der staatlichen Zwangsvernichtung<br />
betroffen sind.<br />
Ich nehme die Einladung an, am nächsten Tag die Koka-Pflanzungen in<br />
Quillabamba zu besuchen, doch dann holt mich eine aktuelle Meldung ein.<br />
5. Puno<br />
5.1 Aufstand der Koka-Bauern<br />
„Nach gewaltsamen Zusammenstössen zwischen mehreren hundert Koka-<br />
Bauern und der Polizei mit mindestens zwei Toten hat die peruanische<br />
Regierung im Südosten des Landes den Ausnahmezustand verhängt. Für 30<br />
Tage sollten die Sicherheitskräfte die Kontrolle über die Regionen San Gabán<br />
und Antauta in der Provinz Carabaya übernehmen, teilte die Regierung am<br />
Dienstag in Lima mit. Rund 800 aufgebrachte Koka-Bauern hatten zuvor<br />
ein Elektrizitätswerk in San Gabán und eine Polizeistation angegriffen. Sie<br />
protestieren gegen die Vernichtung von Kokaplantagen im Rahmen eines<br />
von den USA unterstützten Anti-Drogenprogramms.“ (20. Oktober, NZZ<br />
Online).<br />
304