Leobersdorf macht von sich reden
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Oktober 2013<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
<strong>macht</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>sich</strong><br />
<strong>reden</strong><br />
so feiert<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
7 Winzer<br />
kelterten den<br />
Jubiläumswein
Impressum<br />
1. Auflage Oktober 2013<br />
Für den Inhalt verantwortlich, Medieninhaber und Herausgeber:<br />
Marktgemeinde <strong>Leobersdorf</strong> | Vbgm. Harald Sorger | 2544 <strong>Leobersdorf</strong> | Rathausplatz 1 | Tel. 02256-62396-0 | E-Mail: verwaltung@leobersdorf.at<br />
Redaktionelles Konzept & Interviews: Putz & Stingl, Public Relations & Werbung GmbH | www.putzstingl.at<br />
Layoutkonzept, Grafikdesign und Umschlaggestaltung: delicioussign – Werbegrafikdesign | Dorothee Bauer | www.delicioussign.at<br />
Bildnachweis | Fotografie | Illustrationen: Christian Husar | www.christian-husar.com und shutterstock.com (soweit nicht anders angegeben)<br />
Umschlagfotos: Christian Husar | www.christian-husar.com<br />
Druck: Stiepan-Druck | www.stiepan-druck.at<br />
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Für den Inhalt der Anzeigen ist der Inserent verantwortlich.<br />
Fotomechanische oder andere Wiedergabeverfahren nur mit Genehmigung des Herausgebers.
Foto: Gregor Nesvadba
Das Stickeralbum zur Fußball-WM – kennen Sie noch aus<br />
Ihrer Kindheit. Den Soundtrack zum Musical – haben Sie<br />
schon gehört. Das Buch zum Film – haben Sie schon gesehen.<br />
Jetzt gibt es erstmals auch das Magazin zum Jubiläum.<br />
„700 Jahre Markt <strong>Leobersdorf</strong>“ ist der Anlass – Sie halten<br />
das Werk in Ihren Händen. Als Marktgemeinde haben wir<br />
uns entschieden, zu diesem Anlass keine Festschrift und<br />
auch keine klassische Chronik herauszubringen. Mit diesen<br />
Publikationen ist <strong>Leobersdorf</strong> sehr gut versorgt, erst 2009<br />
ist die jüngste Ortschronik erschienen. Daher ist das<br />
Magazin zum Marktjubiläum auch kein historisches Werk<br />
geworden.<br />
Nach dem Motto „<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>“<br />
zeigen die Autoren des Magazins neue Blickwinkel auf<br />
einen kontinuierlich aufblühenden Wirtschaftsstandort<br />
in Niederösterreich – und zwar <strong>von</strong> außen wie auch <strong>von</strong><br />
innen. <strong>Leobersdorf</strong> ist Thema bei Wissenschaftlern, Unternehmern<br />
oder Kultur- und Medienschaffenden. Leobers-<br />
dorf ist aber vor allem auch<br />
Lebensgefühl für Menschen –<br />
unabhängig da<strong>von</strong>, ob sie in<br />
<strong>Leobersdorf</strong> leben, arbeiten oder<br />
zu Gast sind.<br />
Das Magazin zum Jubiläum „700 Jahre<br />
Markt <strong>Leobersdorf</strong>“ will zeigen, dass <strong>sich</strong> der Marktplatz<br />
<strong>Leobersdorf</strong> erfolgreich als vitaler Treffpunkt <strong>von</strong> Generationen<br />
und Kulturen erhält und weiter entwickelt. Erleben<br />
Sie auf den folgenden knapp 100 Seiten <strong>Leobersdorf</strong> –<br />
dazu lade ich Sie herzlich ein.<br />
Für die Marktgemeinde <strong>Leobersdorf</strong> als Herausgeber:<br />
Harald Sorger<br />
Vizebürgermeister<br />
Leitung Organisations-Team Programm<br />
„700-Jahre Marktrecht“<br />
3<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Inhalt<br />
700 Jahre Markt – Das Magazin<br />
Schon gehört?<br />
6 Der Prolog zum Magazin –<br />
aus der Nähe und aus der<br />
58<br />
Ferne<br />
Im Gespräch: Bürgermeister<br />
Andreas Ramharter sowie<br />
Auslands-<strong>Leobersdorf</strong>er und<br />
Australier Erwin Bejsta<br />
Markt.Wappen<br />
Über die Identität der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er & ihre unverwechselbaren<br />
Merkmale<br />
Im Gespräch: Obmann des<br />
Trachten- und Heimat vereins<br />
Leobers dorf-Kottingbrunn<br />
„d’Triestingtaler“, Franz Schlager<br />
26<br />
Markt.Leben<br />
Über das Wesen des Marktes<br />
und der fahrenden Leute<br />
Im Gespräch: Kultur-<br />
anthropologe Univ.-Prof. Dr.<br />
Roland Girtler und Geschäftsfrau<br />
Anny Zottl<br />
74<br />
Welt.Markt<br />
Von <strong>Leobersdorf</strong><br />
in alle Welt & aus aller Welt<br />
nach <strong>Leobersdorf</strong><br />
Im Gespräch: Dipl.-Ing. Dr.<br />
Ernst Huttar, Geschäftsführer<br />
der LMF <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Maschinen fabrik<br />
36<br />
48<br />
Wohnungs.Markt<br />
Arbeiten und Wohnen<br />
in <strong>Leobersdorf</strong> – Menschen<br />
brauchen Platz zum Leben<br />
Im Gespräch: Unternehmer<br />
und Bürgermeister a. D.<br />
Anton Bosch und Niederösterreichs<br />
Wohnbaureferent<br />
LHStv. Wolfgang Sobotka<br />
Markt.Platz<br />
Flüssiger & <strong>sich</strong>erer Verkehr –<br />
was den Markt-Motor<br />
am Laufen hält<br />
82<br />
Markt.Kultur<br />
Lebensgefühl und Marktvielfalt<br />
– ein Erlebnis für Geist<br />
und Körper<br />
Im Gespräch: Heurigenwirt<br />
der Bacchusschenke<br />
Gerhard Scheibenreif mit<br />
Marion Flammer-Olof,<br />
McDonalds <strong>Leobersdorf</strong>-<br />
Chefin, und Ursula Riegler,<br />
Unternehmens sprecherin<br />
McDonalds Österreich<br />
Im Gespräch: ASFINAG-<br />
Vorstand Dr. Klaus Schierhackl<br />
und Feuerwehr-Kommandant<br />
Werner Heiden
Eine gute Lage allein<br />
ist zu wenig<br />
6<br />
Im Gespräch:<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s Bürgermeister Andreas Ramharter<br />
über seine Liebe zu <strong>Leobersdorf</strong> und über die<br />
wichtigste Voraussetzung für Lebensqualität: Arbeit.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Schon gehört?<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ist die kleine Stadt,<br />
die alles hat.<br />
„<strong>Leobersdorf</strong>, das bedeutet für mich Lebensqualität – im Kleinen wie auch im<br />
Großen“, sagt Andreas Ramharter. Der Bürgermeister spricht über Gegenwart<br />
und Zukunft seiner Heimatgemeinde. Er sitzt dabei am Wohnzimmertisch seines<br />
Hauses im Ortsteil Wittmannsdorf. „Das ist mein <strong>Leobersdorf</strong>er Lieblingsplatz<br />
hier. Wenn man – so wie ich – beruflich viel in der Welt zu tun hat, weiß man es<br />
zu schätzen, wenn man in Österreich zu Hause ist. Und <strong>Leobersdorf</strong> ist einer der<br />
besten Plätze zum Leben in unserem Land.“ ››<br />
7<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
8<br />
BÜRGERMEISTER<br />
ANDREAS RAMHARTER<br />
Herr Ramharter, Sie sind international<br />
tätiger Unternehmer und Bürgermeister <strong>von</strong><br />
<strong>Leobersdorf</strong>. Führen Sie die lange Tradition<br />
der Händler in <strong>Leobersdorf</strong> fort? Wie viel<br />
Zeit bleibt Ihnen da noch zum Leben in<br />
<strong>Leobersdorf</strong>?<br />
Unternehmer und Bürgermeister in einem zu sein – das<br />
teilt Andreas Ramharter mit seinem lang gedienten Amtsvorgänger<br />
im 1. Büro am Rathausplatz, Anton Bosch. 2012 nahm<br />
Ramharter am Bürgermeistersessel Platz, nachdem er zuvor bereits<br />
Ja, ich fühle mich wirklich als<br />
18 Jahre Gemeinderat, da<strong>von</strong> acht Jahre lang Vizebürgermeister der<br />
Marktgemeinde <strong>Leobersdorf</strong> war. Dass für diese gemeindepolitische Lauf-<br />
bahn überhaupt Zeit bleiben konnte, ist kaum vorstellbar, wenn man <strong>sich</strong><br />
ansieht, welche unternehmerischen Meilensteine Andreas Ramharter parallel<br />
setzen konnte. Nach Abschluss der HTL in Wiener Neustadt werkte der gebürtige<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er zunächst für Elin und war im Kraftwerksbau <strong>von</strong> Taiwan<br />
über die USA bis nach Norwegen international tätig.<br />
moderner Händler. Früher wurde<br />
auf unseren Märkten gehandelt<br />
und der internationale Handel war<br />
nur sehr eingeschränkt möglich<br />
und oft sehr mühsam. Reisen in<br />
ferne Länder, die früher oft Monate<br />
oder Jahre dauerten, erledigen wir<br />
heute, mit unseren Flugzeugen, in<br />
Stunden. Ich persönlich pflege intensive<br />
Geschäftsbeziehungen mit<br />
vielen fremden und fernen Ländern.<br />
Viel <strong>von</strong> meiner dabei gewonnen Erfahrung<br />
kann ich auch zum Wohle der<br />
Gemeinde einsetzen. Ich versuche aber,<br />
mein privates Leben bewusst in <strong>Leobersdorf</strong><br />
zu verbringen. Das wäre ein großer persönlicher<br />
Verlust für mich, wenn ich das nicht<br />
mehr könnte. ››<br />
Ende der 1980er-Jahre wählte der berufliche Globetrotter den Weg in die<br />
Selbstständigkeit. Aus der ursprünglichen One-Man-Show wurde bald ein<br />
erstes, kleines Ramharter-Büro über dem heutigen Kunstcafe am Rathausplatz.<br />
1997 schließlich gründete Ramharter, gemeinsam mit 4 Partnern,<br />
die Fa. Tecon Engineering und war mit rund 30 Mitarbeitern das allererste<br />
Unternehmen, das im <strong>Leobersdorf</strong>er ARED-Park einzog.<br />
Heute errichtet die Fa. Tecon weltweit Industrieanlagen und ist<br />
Teil der ILF-Gruppe, die weltweit ca. 2.000 Mitarbeiter<br />
beschäftigt. Andreas Ramharter ist 52 Jahre alt, verheiratet<br />
mit Gattin Eva und Vater <strong>von</strong> drei<br />
Söhnen.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Kommen Sie denn noch zum Einkaufen im Ort?<br />
Ja, die Güter des täglichen Bedarfes kaufe ich ausschließlich<br />
in <strong>Leobersdorf</strong>. Ich mache das auch sehr<br />
gern. Meine Gattin und ich nutzen die Gelegenheit<br />
um am Samstagvormittag zuerst im Ort gemütlich<br />
zu frühstücken und dann machen wir den Wocheneinkauf.<br />
In <strong>Leobersdorf</strong> bekommen wir alles, was<br />
wir dafür brauchen.<br />
Sie kaufen alles für den persönlichen Bedarf in<br />
Ihrer Gemeinde <strong>Leobersdorf</strong> ein? Das können heute<br />
wahrscheinlich auch nicht mehr viele Bürgermeister<br />
sagen?!<br />
Für den klassischen Wochenend-Einkauf stimmt<br />
das bei uns auf jeden Fall. Okay, ein Möbelhaus<br />
würde <strong>sich</strong> an der Peripherie <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> noch<br />
ganz gut machen und auch einen Baumarkt haben<br />
wir derzeit nicht im Ort. Daran arbeiten wir und<br />
ehrlich gesagt, <strong>von</strong> diesen Märkten brauche ich<br />
auch nicht jede Woche etwas.<br />
Warum findet das allerorts beklagte Geschäfte-<br />
sterben in <strong>Leobersdorf</strong> nicht oder kaum statt? Ist<br />
da die verkehrsgünstige Lage daran „schuld“? Oder<br />
kann die Marktgemeinde aktiv Betriebe bzw. Shops<br />
in <strong>Leobersdorf</strong> ansiedeln?<br />
Als Bürgermeister kann ich natürlich keine Geschäfte<br />
dazu zwingen, hier aufzusperren – oder<br />
umgekehrt: nicht zuzusperren. Aber: wer sagt, dass<br />
er dem Geschäftssterben ausgeliefert ist, der hat<br />
schon verloren. In <strong>Leobersdorf</strong> sind wir immer den<br />
Weg gegangen, unsere Betriebe im Zentrum besonders<br />
zu unterstützen und wenn nötig auch selbst<br />
zu investieren um für eine Belebung des Zentrums<br />
zu sorgen. Es muss einfach eine kritische Mindestmasse<br />
an Geschäften vorhanden sein um Einkaufen<br />
im Zentrum für unsere Bürger und Besucher zu<br />
einem Erlebnis zu machen. Intelligente Verkehrslösungen<br />
sollen das unterstützen und für zusätzliche<br />
„Kundenfrequenz“ sorgen. Die gute geografische<br />
Lage allein ist zu wenig um ein Zentrum<br />
zu beleben.<br />
Kann <strong>sich</strong> der Unterstützung des Bürgermeisters <strong>sich</strong>er sein:<br />
das Team der <strong>Leobersdorf</strong>er Feuerwehr.<br />
Im Bild beim Besuch <strong>von</strong> ASFINAG-Chef Schierhackl (Mitte)<br />
in der modernen Einsatzzentrale mit FF-Kommandant Heiden<br />
(links).<br />
Viel Frequenz heißt aber auch Verkehr und Lärm.<br />
Bedeutet das dann auch Beschwerden?<br />
Eine prosperierende Wirtschaft ohne Verkehr gibt<br />
es nicht! <strong>Leobersdorf</strong> hat schon vor einiger Zeit<br />
den Weg eingeschlagen, aktiver Lebensmittelpunkt<br />
für viele Menschen aller Generationen zu sein. Wir<br />
wollen unseren Bürgern in <strong>Leobersdorf</strong> sowohl<br />
Arbeitsplätze als auch angenehme Lebensbedingungen<br />
bieten. Beides bedingt auch ein entsprechendes<br />
Verkehrsaufkommen und Verkehr<br />
sorgt immer für Unmut und Beschwerden. Mit entsprechenden<br />
raumplanerischen Maßnahmen, wie<br />
z.B. dem Bau der Umfahrung, der Abfahrt <strong>Leobersdorf</strong><br />
Süd auf der A2 beziehungsweise Umwidmungen,<br />
versuchen wir die Verkehrsbelastung im Zentrum<br />
zu minimieren aber gleichzeitig so viel Verkehr<br />
zuzulassen, dass die Geschäfte leben können. ››<br />
9<br />
Über den Internet-Telefondienst Skype hält<br />
Andreas Ramharter immer Kontakt mit seinen Söhnen,<br />
die im Ausland berufstätig sind.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
ICH SAGE GERNE:<br />
DEN TÜCHTIGEN GEHÖRT DIE WELT.<br />
Andreas Ramharter<br />
Heißt das, <strong>Leobersdorf</strong> erhält die Attraktivität für<br />
seine Bewohner auch mit den vielen Menschen,<br />
die hier auf der Durchreise Halt machen oder zum<br />
Arbeiten einpendeln? Sehen Sie vor diesem Hinter-<br />
grund auch die Neueröffnung des Bloomfield-<br />
Centers am Ortsrand positiv, mit der <strong>Leobersdorf</strong><br />
wieder <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong> <strong>macht</strong>?<br />
Ja, so sehe ich das. Ich freue mich über jede Geschäftseröffnung<br />
und wünsche Christian Blazek<br />
und seinem Team viel Erfolg mit seinem Bloomfield-<br />
Center. Unsere Aufgabe wird es sein, auch diese<br />
neuen Gäste des Bloomfield-Centers anzusprechen<br />
und in das Ortszentrum zu locken. In <strong>Leobersdorf</strong><br />
lässt <strong>sich</strong> – wie kaum anders wo – Einkaufen mit<br />
Wohlbefinden verbinden. Und zwar ganz spontan.<br />
Nach dem Sportartikel-Einkauf gehen Sie zum<br />
Heurigen. Ihre Frau hat <strong>sich</strong> in der Zwischenzeit mit<br />
den aktuellsten Schuhmodellen ausgestattet und<br />
kommt später nach. Weil <strong>sich</strong>’s dort ergibt und Sie<br />
einen Arbeitskollegen treffen, der in Wien wohnt,<br />
schauen Sie noch auf ein oder zwei Mojitos in der<br />
Sky-Lounge vorbei und lassen den Abend relaxed<br />
ausklingen. Das Besondere: Sie waren die ganze Zeit<br />
über in <strong>Leobersdorf</strong>! Diese Kombination aus dem<br />
Lebensgefühl der Landgemeinde und der Urbanität<br />
ist es, die unsere Lebensqualität aus<strong>macht</strong>.<br />
Der Volksmund sagt: „Wo Tauben sind, fliegen<br />
Tauben zu.“ Das Erfolgsrezept des 700 Jahre alten<br />
Marktes und Wirtschaftsstandortes <strong>Leobersdorf</strong><br />
hört <strong>sich</strong> da ziemlich ähnlich an?<br />
Ich sage gerne: „Den Tüchtigen gehört die Welt!“.<br />
Wir als Gemeindeverwaltung sehen uns primär<br />
als Serviceeinrichtung. Das gilt dort, wo wir für die<br />
Bürger und Bürgerinnen etwas tun, genauso<br />
wie dort, wo wir etwas für die Betriebe machen.<br />
Wir überschätzen uns da auch nicht. Direkte<br />
Gemeinde-Unterstützung braucht ein Unternehmen<br />
in der Gründungs- und Errichtungsphase. In<br />
weiterer Folge sind wir dann am besten, wenn wir<br />
wenig verhindern. Ansonsten sorgen wir für eine<br />
gute Infra struktur. Das funktioniert in <strong>Leobersdorf</strong><br />
gut und wird meiner Einschätzung nach wirklich<br />
honoriert – <strong>von</strong> den Betrieben und <strong>von</strong> der Bevölkerung.<br />
Wer <strong>sich</strong> ein bisserl umschaut, sieht schnell,<br />
dass das nicht überall selbstverständlich ist.<br />
Sehen Sie irgendwo auch Gefahren für den schaftsstandort <strong>Leobersdorf</strong>? Was könnte die Ent-<br />
Wirtwicklung<br />
hemmen?<br />
Ehrlich – ich sehe derzeit nichts, was uns aufhalten<br />
kann. Es liegt wirklich in unserer Hand, die Entwicklung<br />
voranzutreiben. Mit Unterstützung des Landes<br />
und des Bundes wird so etwas natürlich leichter.<br />
Letztlich müssen wir aber die Zukunft selbst gestalten.<br />
Das bedeutet aus meiner Sicht: Zukunftsorientierte<br />
Arbeitsplätze nach <strong>Leobersdorf</strong>! Schon heute<br />
finden rund 3.000 Menschen bei uns Arbeit – in vielen,<br />
unterschiedlichen und nicht zu großen Betrieben.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ist da eine Art „Tausendfüßler“,<br />
den kaum etwas umwirft. Was wir jetzt anstreben,<br />
ist eine große Bildungseinrichtung – einen spezialisierten<br />
Uni-Campus in <strong>Leobersdorf</strong> aufzubauen.<br />
Das wäre ein nächster und sehr wichtiger Schritt,<br />
mit dem <strong>Leobersdorf</strong> auch noch in den nächsten<br />
Generationen <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong> machen wird.<br />
Sonne tanken in Andreas Ramharters Garten –<br />
nicht nur des guten Teints wegen sondern auch, um die Sonne<br />
für nachhaltige Energieversorgung zu nutzen.<br />
11<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Erwin Bejsta <strong>macht</strong>e <strong>sich</strong> <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> aus in die<br />
weite Welt auf, weil er „die etwas größeren Fische“ fangen wollte.
Schon gehört?<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er bleiben –<br />
bis ans Ende der Welt.<br />
Eine Spurensuche in Australien.<br />
Sei es wegen der Qualitätsprodukte, der süffigen Weine oder<br />
gar wegen der für ihre Erfindungen berühmten Bewohner –<br />
die Kunde über <strong>Leobersdorf</strong> reichte und reicht auch heute<br />
bis weit über die Ortsgrenzen hinaus. Spätestens seit den<br />
achtziger Jahren weiß man sogar auf der anderen Seite der<br />
Erde <strong>von</strong> der traditionsreichen Weinbaugemeinde. Da<strong>von</strong><br />
zeugt eine Grußbotschaft aus Australien, die die Markt-<br />
gemeinde zum 700 Jahre Marktrecht-Jubiläum erreicht hat. ››<br />
13<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Vom Einkaufen beim Bauern am Hof<br />
und bei Woolworths<br />
Im Gespräch:<br />
Unternehmer und<br />
Australien-Aus wanderer<br />
Erwin Bejsta<br />
Erwin Bejsta (ganz links)<br />
mit seiner Frau Ilse<br />
und seinen beiden Kindern<br />
Was in den Siebzigern und Achtzigern für ihn der<br />
Bauer ums Eck war, ist heute der Farmer Market.<br />
Was er damals bei ADEG und Konsum erstand,<br />
kauft er heute bei Woolworths, dem größten<br />
Nahrungs mittel-Händler in Australien. Seit 1988<br />
ist Erwin Bejsta offiziell kein Leobers dorfer mehr –<br />
im Herzen allemal.<br />
„Ich fühle mich immer noch als gebürtiger<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er“, da lässt der Auswanderer keinen<br />
Zweifel aufkommen. Und so hat er den Kontakt<br />
nach Hause nie abreißen lassen. Auch nach<br />
25 Jahren hält er den Austausch mit Familie und<br />
alten Freunden aufrecht. Über Skype und E-Mail<br />
überwinden seine Grußworte in Sekundenschnelle<br />
die 16 000-Kilometer-Distanz zwischen<br />
<strong>Leobersdorf</strong> und seiner australischen Wahlheimat<br />
Wodonga, 307 km nordöstlich <strong>von</strong> Melbourne.<br />
Etwas langsamer verhält es <strong>sich</strong> da mit<br />
seiner zweitwichtigsten Informationsquelle – der<br />
heimischen Pflichtlektüre: „Das Leobers dorfer<br />
Amtsblatt lese ich immer, wenn es mir jemand<br />
schickt.“ ››<br />
ERWIN BEJSTA<br />
Der Unternehmer Erwin Bejsta wurde 1966 in<br />
Baden geboren und lebte 22 Jahre lang mit seiner<br />
Familie in <strong>Leobersdorf</strong>. In seiner Jugend absolvierte er<br />
eine Ausbildung zum Elektromechaniker.<br />
Heute ist Bejsta Firmeninhaber des technischen Verkaufsbüros<br />
Control Technologies P/L, das hauptsächlich in den<br />
Bereichen Elektrotechnik und Automatisierung tätig ist. Er<br />
lebt und arbeitet in Wodonga, im australischen staat Victoria, seitdem er 1988 beschloss, <strong>Leobersdorf</strong> zu<br />
verlassen. Begleitet hat ihn seine Frau Ilse (geb. Schönk-<br />
hammer), die ebenfalls aus <strong>Leobersdorf</strong> stammt. Ihre<br />
Bundes-<br />
beiden Kinder, Alexander und Andrea, sind 1999<br />
bzw. 2001 in Australien geboren und sprechen<br />
Deutsch.<br />
14<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
LEOBERSDORF<br />
Österreich<br />
Niederösterreich<br />
45 km südwestlich <strong>von</strong> Wien<br />
12,38 km² Fläche<br />
4.750 Einwohner<br />
267 m Seehöhe<br />
384 Einwohner pro km²<br />
ZWEI MAL HEIMAT<br />
WODONGA<br />
Australien<br />
Victoria<br />
307 km nordöstlich <strong>von</strong> Melbourne<br />
400 km² Fläche<br />
29.750 Einwohner<br />
152 m Seehöhe<br />
74 Einwohner pro km²<br />
Unternehmungs- und Unternehmers-Lust bewogen Erwin Bejsta dazu, in die<br />
Ferne zu schweifen: Neue Möglichkeiten entdecken, das Leben in einem anderen<br />
Land genießen, eine Firma gründen. Warum Australien? „Wegen der Frei-<br />
heit und der Weite dieses großen Landes und für ein unkompliziertes Leben.“<br />
Trotz des Bedauerns seiner Familie waren ihm Unterstützung und Verständnis<br />
<strong>sich</strong>er.<br />
Ganz unbekannt war in der neuen Heimat die zurückgelassene nicht:<br />
„Die<br />
meisten Australier waren schon in Europa und kennen Österreich. Alle wollten<br />
wissen, warum ich Österreich verlassen habe, da es doch landschaftlich und<br />
kulturell ein so schönes Land ist. Meine Situation hebt <strong>sich</strong> stark <strong>von</strong> jener der<br />
meisten anderen Einwanderer ab, die aus Überlebensgründen ihre Heimat verlassen<br />
mussten“, sagt der 47-Jährige. Er musste <strong>sich</strong> regelrecht einen polithistorischen<br />
Wissenspool aneignen, um den Wodongern alle ihre Fragen über die<br />
kleine Alpenrepublik und die hiesigen Weltkriege beantworten zu können. Also<br />
schlug Erwin Bejsta in Geschichtsbüchern nach und erkundigte <strong>sich</strong> in der alten<br />
Heimat über das dort Erlebte. Das Internet war ja zum damaligen Zeitpunkt<br />
noch nicht erfunden.<br />
Bei Urlauben, wie zuletzt im Dezember 2012, sieht <strong>Leobersdorf</strong> seinen Auswanderer<br />
wieder – die Verbindung mit den Daheimgebliebenen und die Erinnerungen<br />
ziehen dann und wann heimwärts: Natur, Wandern, Heurigen und<br />
Pfadfinder. Jeder kennt jeden. Seine Zukunft liegt dennoch mit seiner Familie in<br />
Wodonga. Was die Zukunft der Heimatgemeinde bringen soll? „Der Fortschritt<br />
ist nicht aufzuhalten und betrifft die ganze Welt. Man muss die Zügel selbst in<br />
die Hand nehmen und mit Optimismus und Energie die Entwicklung zum Vorteil<br />
der Bevölkerung vorantreiben. Das gilt auf jeden Fall auch für meine alte<br />
Heimat <strong>Leobersdorf</strong>.“<br />
ERWIN BEJSTA<br />
IM WORD-RAP<br />
Ihre prägendste<br />
Erinnerung<br />
an <strong>Leobersdorf</strong>?<br />
Die Schulzeit.<br />
Täglich <strong>von</strong> Zuhause<br />
zur Schule und zurück<br />
gehen. An der Triesting<br />
stehen bleiben, die<br />
Forellen beobachten.<br />
Die Sommer im<br />
Freibad.<br />
Ihre schönsten<br />
Momente<br />
in der Heimat?<br />
Lustige Stunden im<br />
Freundeskreis und<br />
Treffen mit den<br />
Pfad findern in der<br />
Jugendzeit.<br />
Was ist typisch für<br />
<strong>Leobersdorf</strong>?<br />
Heurigen und<br />
Surschnitzel.<br />
15<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
VIPs in <strong>Leobersdorf</strong> am Werk<br />
Ave verum – mit diesen<br />
Worten beginnt ein spätmittelalterliches<br />
Reimgebet<br />
in lateinischer Sprache<br />
und einige Zeit später auch<br />
ein Werk <strong>von</strong> Wolfgang<br />
Amadeus Mozart. Ihn in-<br />
spirierten diese Worte zu<br />
einer vertonten Fassung,<br />
dem „Ave verum corpus“.<br />
Dessen Aufführung in der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Pfarrkirche<br />
ließ er <strong>sich</strong> nicht entgehen<br />
und so reiste er 1791 in die<br />
Triestinggemeinde.<br />
Um die vorige Jahrhundertwende<br />
jedoch <strong>macht</strong>e<br />
<strong>Leobersdorf</strong> weniger unter<br />
Musikern, sondern vielmehr<br />
in der Erfinder- und<br />
Technikerszene <strong>von</strong> <strong>sich</strong><br />
<strong>reden</strong>. Die Innovationen<br />
und Erzeugnisse der LMF<br />
(<strong>Leobersdorf</strong>er Maschinenfabrik)<br />
– die damals allerdings<br />
unter dem Namen<br />
Ganz & Comp. firmierte –<br />
zogen einige kluge Köpfe<br />
an: Das dürfte auch der<br />
Anlass für DI Viktor Kaplan<br />
(1876 – 1934) gewesen sein,<br />
am 25. Oktober 1901 als Konstrukteur<br />
in die LMF einzutreten.<br />
Er arbeitete dort an<br />
der Verbesserung <strong>von</strong> Dieselmotoren<br />
durch das Einblasen<br />
komprimierter Luft<br />
oder Kohlensäure in den<br />
Verbrennungsraum.<br />
Von<br />
seinen bahnbrechenden Erkenntnissen<br />
sprach er nach<br />
Meinung seines Chefs aber<br />
zu viel in der Öffentlichkeit<br />
und bekam schon bald die<br />
Kündigung auf seinen Tisch.<br />
Da sein Erfolg schlagend<br />
war, wurde die Entlassung<br />
rasch<br />
zurückgenommen.<br />
Zwei Jahre später, 1903, leistete<br />
er einer Berufung als<br />
Konstrukteur an die Deutsche<br />
Technische Hochschule<br />
im tschechischen Brünn<br />
Folge, wo er die nach ihm<br />
benannte Turbine erfand.<br />
Diese wurde in der LMF<br />
jedoch nie erzeugt. Erfolgreicher<br />
war da schon der<br />
Münchner Ingenieur Rudolf<br />
Diesel (1858 – 1913): Dieser<br />
weilte zwischen 1896 und<br />
1897 wiederholt in der LMF,<br />
um für seine Erfindung, den<br />
<strong>von</strong> ihm patentierten Dieselmotor,<br />
zu werben. Er<br />
verkaufte schließlich eine<br />
Lizenz zum Bau dieses Motors<br />
als Grundlage für die<br />
1902 in der LMF begonnene<br />
Produktion <strong>von</strong> Dieselmotoren,<br />
die ab 1905 auf Serienproduktion<br />
umgestellt<br />
wurde.<br />
Aus ganz anderen Gründen<br />
wiederum weilte Josef Eit-<br />
zenberger in <strong>Leobersdorf</strong>.<br />
Gegen Ende seines Studiums<br />
wohnte er bei seinem<br />
Onkel, Gemeindearzt Dr.<br />
Urbanek, wo er Maria Anna<br />
Nowak kennen und lieben<br />
lernte. 1938 ehelichte er die<br />
<strong>Leobersdorf</strong>erin und wurde<br />
in deren Heimatgemeinde<br />
1978 auch bestattet. Später<br />
erlangte er Bekanntheit, da<br />
er maßgeblich an der Entwicklung<br />
<strong>von</strong> Sputnik 1, dem<br />
ersten in eine Erdumlaufbahn<br />
gestarteten Satellit,<br />
beteiligt war.<br />
16<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Ehre, wem Ehre gebührt<br />
Eine <strong>Leobersdorf</strong>er Ehrenbürgerwürde<br />
will verdient<br />
sein. Und da drückt man<br />
im Gemeinderat auch kein<br />
Auge zu. Nur an 20 Personen<br />
wurde im letzten Jahrhundert<br />
die Ehrenbürgerschaft<br />
verliehen: Während<br />
der Gemeindearzt Dr. Karl<br />
Stenzl 1905 als erster diesen<br />
Status erhielt, war es im Jahr<br />
2012 Anton Bosch, Unternehmer<br />
und nun mehriger<br />
Altbürgermeister, dem für<br />
seine herausragenden Verdienste<br />
an der Gemeinde<br />
deren höchste Auszeichnung<br />
zuteilwurde.<br />
Neben Landeshauptmann<br />
Erwin Pröll ist er nun<br />
der zweite noch lebende<br />
Ehrenbürger.<br />
EITZENBERGER-<br />
STRASSE<br />
ING. VIKTOR<br />
KAPLAN-GASSE<br />
WOLFGANG<br />
AMADEUS MOZART-<br />
GASSE<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
17<br />
www.variotherm.at<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
5.337<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ist überall<br />
Menschen<br />
hatten Mitte 2013<br />
Haupt- oder<br />
Nebenwohnsitz in<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
1.329<br />
Viele da<strong>von</strong> wollen auf dem<br />
Laufenden bleiben und las-<br />
sen <strong>sich</strong> regelmäßig informieren:<br />
Vier da<strong>von</strong> haben<br />
sogar das <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Amtsblatt abonniert und<br />
bekommen es an ihren neuen<br />
Wohnorten im Ausland<br />
Nicht nur in Australien,<br />
sondern in der ganzen Welt<br />
verstreut sind gebürtige<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er heute beheimatet.<br />
Das Interesse an<br />
ihrer ehemaligen Heimat haben<br />
die Auswanderer aber<br />
trotzdem nicht verloren.<br />
in den Postkasten geliefert.<br />
Jene, denen der Postweg zu<br />
lange dauert, laden <strong>sich</strong> die<br />
aktuelle Ausgabe einfach<br />
<strong>von</strong> der Gemeindehomepage<br />
www.leobersdorf.at<br />
herunter.<br />
Gräber gibt es am<br />
Friedhof<br />
52<br />
Prozent der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>erInnen<br />
sind weiblich<br />
20<br />
Ehrenbürger hat<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
18<br />
dieser Ehrenbürger<br />
sind bereits verstorben<br />
17<br />
Prozent der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>erInnen<br />
sind unter 15 Jahre<br />
18<br />
16<br />
Prozent sind 65 Jahre<br />
und älter<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
<strong>Leobersdorf</strong> zwischen zwei Buchdeckeln<br />
Vom Miozän, vor mehr als fünf Millionen<br />
Jahren, bis zur Gegenwart weist<br />
<strong>Leobersdorf</strong> eine ereignisreiche und<br />
wechselhafte Geschichte auf. Da<strong>von</strong><br />
zeugen allein schon die Schriften, die<br />
bisher über die Marktgemeinde entstanden<br />
sind. Epochale Ereignisse, folgenreiche<br />
Begebenheiten, aber auch<br />
die Usancen des Alltags sind in Chroniken<br />
über den bedeutenden Markt<br />
festgeschrieben. Waren es im 19. Jahrhundert<br />
mit dem Ortspfarrer Eduard<br />
Witzig und dem Geschichtsforscher<br />
Ignaz Keiblinger zwei Geistliche, die<br />
<strong>sich</strong> mit der <strong>Leobersdorf</strong>er Vergangenheit<br />
auseinandergesetzt haben,<br />
so folgte Robert Tittelbach mit einer<br />
Ortskunde in zwei Auflagen (1918 und<br />
1949). Die aktuelleren Werke wurden<br />
<strong>von</strong> Prof. Alois Schabes 1976 sowie<br />
Peter Selb 2009 verfasst und bilden die<br />
Hauptquelle der historischen Ausführungen<br />
in diesem Jubiläumsmagazin.<br />
Das chronikale Werk <strong>von</strong> Peter Selb<br />
ist nach wie vor beim Bürgerservice<br />
der Marktgemeinde <strong>Leobersdorf</strong> im<br />
Rathaus sowie der Leobers dorfer<br />
Buchhandlung erhältlich.<br />
„Der Markt <strong>Leobersdorf</strong>“<br />
Prof. Schabes Abhandlung gibt in Text<br />
und Bild detaillierte Antworten auf<br />
viele Fragen aus allen örtlichen Lebenskreisen.<br />
Das Bestreben des Autors<br />
war es, nach einem wissenschaftlichen<br />
Schema ein möglichst genaues,<br />
umfassendes und objektives Bild zu<br />
zeichnen, das nicht nur einen Gesamtüberblick<br />
bietet, sondern auch Details<br />
einen Platz einräumt.<br />
„<strong>Leobersdorf</strong> im Wandel der Zeit“<br />
Journalist und Buchautor Peter Selb<br />
verbrachte im Auftrag der Marktgemeinde<br />
<strong>Leobersdorf</strong> mehr als einhalb Jahre mit seiner Arbeit an der<br />
zwei-<br />
neuen Ortschronik, die 2009 erschien.<br />
Basierend auf den vergangenen Werken<br />
stellte der Bad Vöslauer umfangreiche<br />
eigene Nachforschungen an und<br />
arbeitete die Ortsgeschichte detailliert<br />
auf, wobei er einen starken Fokus auf<br />
die vergangenen 33 Jahre legte. Selb ge-<br />
lang eine Aufbereitung <strong>von</strong> Geschichte<br />
im Tagblatt-Stil, beispielgebend für die<br />
spannende Präsentation <strong>von</strong> Gemeinde-Historie.<br />
„Es war eine der schönsten<br />
journalistischen Herausforderungen<br />
meines Lebens und ich hatte große<br />
Freude mit dieser Aufgabe, für die mir<br />
Bürgermeister Anton Bosch ideale<br />
Arbeitsbedingungen schuf. Ich wollte<br />
ein Buch machen, in dem für alle <strong>Leobersdorf</strong>erinnen<br />
und <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
etwas drinnen ist“, so der Autor, der<br />
diesen Anspruch in 312 Seiten sowie<br />
über 900 Abbildungen umgesetzt hat.<br />
„Zeitkapseln“ für die<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er <strong>von</strong> 2113<br />
20<br />
Wir blättern in Chroniken, besuchen Museen und befragen<br />
unsere Großeltern, um etwas über die Vergangenheit zu erfahren.<br />
Oft sind aber nur wenige Relikte und Zeitzeugen da,<br />
die längst vergangene Tage wieder aufleben lassen können.<br />
Die <strong>Leobersdorf</strong>er <strong>von</strong> 2113 werden es bei ihren Recherchen<br />
einfacher haben: Sie werden nur am Rathausplatz in der<br />
Erde graben müssen, um mehr über das <strong>Leobersdorf</strong> <strong>von</strong> 2013<br />
zu erfahren. Denn dort werden im Rahmen der 700-Jahre-<br />
Marktrecht-Feierlichkeiten sogenannte Zeitkapseln vergraben<br />
– jede einzelne versiegelt und in einer metallenen Truhe<br />
eingeschlossen. In diese Kapseln füllen die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Objekte, die für sie <strong>von</strong> Bedeutung sind und unsere Zeit<br />
reflektieren: egal, ob es Fotos, Briefe, Zeitungsartikel oder<br />
andere persönliche Gegenstände sind. Damit die Zeitkapseln<br />
in hundert Jahren auch <strong>sich</strong>er wieder gefunden werden,<br />
verewigt die Marktgemeinde die genauen Koordinaten der<br />
vergrabenen Truhe in ihren offiziellen Aufzeichnungen.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong><br />
Der Bürgermeister weiß schon,<br />
was in 100 Jahren gefunden wird.
5 FRAGEN AN CHRONIK-AUTOR PETER SELB<br />
Welcher ist für Sie der spannendste Moment in der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Geschichte?<br />
Spannendster Abschnitt? In <strong>Leobersdorf</strong> war es im-<br />
mer spannend. Die Marktgemeinde hat insgesamt<br />
eine sehr reichhaltige Geschichte, wie sie nicht viele<br />
Kommunen aufweisen können. Das Ortsgebiet war<br />
schon in der Jungsteinzeit besiedelt, <strong>Leobersdorf</strong><br />
kann mit einem Awaren-Gräberfeld aufwarten, war<br />
Schauplatz einer großen Türkenschlacht, hatte zwei<br />
Mal französische Besetzung unter Napoleon und<br />
eine Erschließung durch die Eisenbahn gleich als<br />
Bahnknotenpunkt mit zwei Bahnhöfen und, und,<br />
und… . In jüngerer Zeit dann noch der große gemeindepolitische<br />
„Umsturz“ anno 1995.<br />
Was prägt den Wirtschaftsstandort, den Markt- &<br />
Handelsplatz <strong>Leobersdorf</strong> heute?<br />
Die leichte Erreichbarkeit durch A 2, Eisenbahn und<br />
zahlreiche Betriebe, vor allem auch im ARED-Park<br />
mit vielen Arbeitsplätzen, was zur Situation führte,<br />
dass es in <strong>Leobersdorf</strong> mehr berufliche Ein- als<br />
Auspendler gibt, für eine Gemeinde dieser Größe<br />
ca. 35 Straßenkilometer außerhalb <strong>von</strong> Wien nicht<br />
selbstverständlich.<br />
Wodurch unterscheidet <strong>sich</strong>, Ihrer Meinung nach,<br />
<strong>Leobersdorf</strong> in Vergangenheit und Zukunft <strong>von</strong><br />
anderen Gemeinden?<br />
Die seit jeher verkehrstechnisch günstige Lage am<br />
Ausgang des Triestingtales, denn, dass hier Menschen<br />
mindestens seit der Jungsteinzeit siedeln, hat<br />
<strong>sich</strong>er auch damit zu tun. Nur die Qualität der Verkehrswege<br />
und -mittel hat <strong>sich</strong> geändert. Das <strong>macht</strong><br />
die Gemeinde als Firmenstandort für Unternehmer<br />
vieler Branchen und auch deren Mitarbeiter attraktiv.<br />
Dazu kommt das erfolgreiche Bemühen, den Ort<br />
für die Menschen lebens- und liebenswert zu stalten. Und wenn es in <strong>Leobersdorf</strong> weiterhin eine<br />
dynamische und entscheidungsfreudige Gemeindeführung<br />
gibt, die gestaltet und viele Innovationen<br />
setzt, braucht einem um die Zukunft der Marktgemeinde<br />
nicht bange zu sein.<br />
ge-<br />
Was ist Ihr Lieblingsplatzerl in <strong>Leobersdorf</strong>?<br />
Das sind eigentlich etliche Platzerl, vor allem an ei-<br />
nigen Abschnitten der Triesting, unter anderem entlang<br />
des Generationenparks in der Unteren Setz und<br />
hier am östlichen Ende ein Punkt mit Blick Richtung<br />
Schönau auf eine Eisenbahnbrücke. Und wenn man<br />
<strong>von</strong> der Unteren Setz nach Westen blickt, hat man<br />
das Ortszentrum mit der Pfarrkirche im Blickfeld.<br />
Was <strong>macht</strong> – abseits des Schreibens – als Bewohner<br />
der Nachbarstadt Bad Vöslau Ihren persönlichen<br />
Bezug zu <strong>Leobersdorf</strong> aus?<br />
Sympathische Leute, ein breites Spektrum Mensch<br />
mit teilweise starker Aufgeschlossenheit, eine sehr<br />
gute Infrastruktur. Die Menschen haben hier für jeden<br />
Abschnitt ihres Daseins viele gute Angebote –<br />
quasi <strong>von</strong> der Wiege bis zur Bahre. Für mich als<br />
gebürtigen und leidenschaftlichen Vöslauer ist <strong>Leobersdorf</strong><br />
außer meiner Heimatgemeinde der einzige<br />
Ort, in dem ich mir vorstellen könnte, auf Dauer zu<br />
leben. Ich habe <strong>Leobersdorf</strong> vor allem während der<br />
Arbeit an meinem Buch lieben gelernt, aber vorher<br />
schon gemocht, denn sonst hätte ich diesen Streifzug<br />
durch die Geschichte in Wort und Bild nicht ge<strong>macht</strong>.<br />
Autor Peter Selb bei der Präsentation der Chronik 2009<br />
mit dem späteren Bürger meister Andreas Ramharter und<br />
seinem Vorgänger im Amt Anton Bosch.<br />
Foto: zVg<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
FOTOWETTBEWERB<br />
Cornelia Pichlhofer<br />
Michaela Stettner<br />
Eva Ullreich<br />
Franc Stjepan<br />
Alfred Stampf<br />
Myriam Reittinger<br />
Veronika Gramsel<br />
Josef Köröcz<br />
„Wie sehen Sie <strong>Leobersdorf</strong>?“<br />
22<br />
2013 steht <strong>Leobersdorf</strong> in einem besonderen Licht. Vor<br />
700 Jahren wurde der Gemeinde das Marktrecht verliehen<br />
– seit 700 Jahren pulsiert nun schon die Wirtschaft<br />
im Ort. Doch was bedeutet es, wenn Wirtschaft pulsiert?<br />
Angebot trifft auf Nachfrage – heimische Produkte, Waren<br />
aus fernen Ländern, aber auch Dienstleistungen zirkulieren<br />
zwischen Menschen. Aber auch: Menschen helfen anderen<br />
Menschen dabei, ihr Leben schöner, komfortabler – ganz<br />
einfach besser zu gestalten.<br />
In <strong>Leobersdorf</strong> funktioniert diese Form <strong>von</strong> Austausch<br />
zwischen Menschen und das hat im Laufe der vergangenen<br />
700 Jahre ein Klima geschaffen, in dem nicht nur Arbeitsplätze<br />
wachsen, sondern auch Familie, Kultur und Gesellschaft.<br />
Deshalb wollten die Gemeindevertreter im Jubiläumsjahr<br />
wissen: „Wie sehen Sie <strong>Leobersdorf</strong>?“ Die<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er sollten zeigen, wie sie den Markt <strong>Leobersdorf</strong><br />
heute erleben, was sie an ihrem Ort besonders schätzen und<br />
wofür das <strong>Leobersdorf</strong> <strong>von</strong> heute für sie steht – und zwar in<br />
Bildern. So wurde ein Fotowett bewerb ausgerufen und die<br />
Ein sendungen der Bürger und damit ihre Liebes erklärungen<br />
an die Heimatgemeinde, schmücken nun auch das Magazin.<br />
Mehr als 45 Bilder <strong>von</strong> 15 Teilnehmern langten bei der Jury<br />
ein und Profi-Fotograf Christian Husar, Grafiker Roland<br />
Herzog sowie Eventmanager Daniel Szinovatz konnten drei<br />
Sieger küren: Allen voran überzeugte die Arbeit <strong>von</strong> Gregor<br />
Zapantis, gefolgt <strong>von</strong> Christian Lick und Cornelia Pichlhofer.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Gregor Zapantis<br />
LEOBERSDORF<br />
VOR<br />
CHRISTIAN HUSARS<br />
PROFI-LINSE<br />
Christian Lick<br />
Wie fängt man einen<br />
Ort in Bildern ein?<br />
Am besten lässt man<br />
den Ort beim<br />
Spazierengehen auf <strong>sich</strong><br />
wirken – ohne konkrete<br />
Ideen vorab. Meistens<br />
„springen“ mich dann<br />
Motive und spannende<br />
Linien einfach an.<br />
Sylvia Strommer<br />
Profi-Fotograf<br />
Christian Husar<br />
Myriam Reittinger<br />
Sascha Denk<br />
Die Jury<br />
Grafiker<br />
Roland Herzog<br />
Eventmanager<br />
Daniel Szinovatz<br />
Foto: Wellenhofer<br />
Ist das bei <strong>Leobersdorf</strong><br />
eine besonders<br />
schwierige oder etwa<br />
leichte Aufgabe?<br />
Eine spannende ist es<br />
allemal. Der Kontrast<br />
zwischen nüchterner,<br />
aktueller Bausubstanz<br />
und „ländlicheren“<br />
Motiven erzeugen ein<br />
ganz eigenes, typisches<br />
Spannungsfeld.<br />
Was ist Ihr schönstes<br />
Bild <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong>?<br />
Das ist für mich sehr<br />
schwer zu sagen, denn<br />
es gibt wohl mehrere.<br />
Und das verändert <strong>sich</strong><br />
auch ständig: Seit 2004<br />
beschäftige ich mich<br />
immer wieder intensiver<br />
mit <strong>Leobersdorf</strong><br />
und hauptsächlich mit<br />
Architektur und den<br />
Ortsveränderungen.<br />
Schön finde ich Bilder,<br />
die über die einzelnen<br />
Fotophasen hinaus<br />
für mich immer noch<br />
Bestand haben und bei<br />
denen ich mich immer<br />
aufs Neue freue, wenn<br />
ich sie wieder einmal<br />
ansehe.<br />
23<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
1. Platz<br />
Foto: „Farbenspiel“<br />
24<br />
Erläuterung des Fotografen:<br />
In meiner Freizeit suche ich immer wieder Motive und Plätze in <strong>Leobersdorf</strong>, die vielleicht keiner beachtet, weil sie<br />
immer schon da waren oder als selbstverständlich betrachtet werden. Für mich sind es Motive, die ich gerne mit der<br />
Kamera einfange und dem Betrachter als gelungenes Objekt oder Projekt der Gemeinde vorstellen möchte.<br />
Viele fragen, wo das eine oder andere Bild fotografiert wurde. Wenn ich dann den Platz nenne, kennen ihn die meisten<br />
vom Vorbeigehen oder Vorbeifahren – haben ihn aber noch nicht bewusst wahrgenommen. Darum ist <strong>Leobersdorf</strong><br />
eine lebens- und liebenswerte Gemeinde mit schönen Plätzen, die ich den Menschen näher bringen möchte.<br />
Am Tag, als das Foto entstanden ist, probierte ich meine neue Gitarre in der Unterführung aus, da es dort eine tolle<br />
Akustik gibt. Darum fiel mir auch der Titel „Farbenspiel“ für das Foto ein.<br />
Aufnahmeort: Unterführung Wasserleitung<br />
Fotograf: Gregor Zapantis<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
2. Platz<br />
Foto: „<strong>Leobersdorf</strong>, ein Ort die Seele baumeln zu lassen“<br />
Erläuterung des Fotografen:<br />
Das Foto ist ganz in der Nähe des Zentrums entstanden.<br />
Ich habe es mit einer kleinen Digitalkamera am 17. Juli<br />
2011 ge<strong>macht</strong>, nachdem ich dort schon öfters auch nach<br />
einem stimmungsvollen Event vom Rathausplatz gegangen bin.<br />
Es zeigt für mich auch, wie knapp in <strong>Leobersdorf</strong> Aktion -<br />
schneller Puls mit Ruhe - Ausatmen bei einander liegen.<br />
Wir sind „junge“ <strong>Leobersdorf</strong>er und erst vor 2 Jahren<br />
mit Familie hierher gezogen und sind sehr froh so ein<br />
schönes Zuhause gefunden zu haben.<br />
Aufnahmeort:<br />
Dornauerstraße knapp vor dem Volks-<br />
schulweg mit Blickrichtung Triesting.<br />
Fotograf:<br />
Mag. Christian Lick, Bakk. techn.<br />
vorbei-<br />
3. Platz<br />
Foto: „Die zugefrorene Triesting“<br />
Erläuterung der Fotografin:<br />
Was ich an <strong>Leobersdorf</strong> schätze?<br />
Ich bin hier aufgewachsen, lebe seit 20 Jahren hier und<br />
möchte das auch noch sehr lange. <strong>Leobersdorf</strong> bietet<br />
die Richtige Mischung zwischen dem ruhigen ländlichen<br />
Leben und dem „Stadtfeeling“. Egal, was ich benötige, ich<br />
kann es locker ohne Auto besorgen, ich habe allerdings<br />
auch die richtige Nähe zu Wien und Wiener Neustadt.<br />
Was <strong>Leobersdorf</strong> aus<strong>macht</strong> ? … Das ist ganz einfach erklärt,<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ist einfach ein toller Ort, in dem ich<br />
auch gerne mit meinen Kindern lebe.<br />
25<br />
Aufnahmeort: Untere-Setz-Steg<br />
Fotografin: Cornelia Pichlhofer<br />
<strong>Leobersdorf</strong> <strong>macht</strong> <strong>von</strong> <strong>sich</strong> <strong>reden</strong>
Beim Zottl<br />
26 Im Gespräch:<br />
Kulturanthropologe Univ.-Prof. Dr. Roland Girtler<br />
und Geschäftsfrau Anny Zottl<br />
Markt.Leben
Markt.Leben<br />
Über das Wesen des Marktes<br />
und der fahrenden Leute<br />
Einkaufen hat etwas mit Wohlfühlen zu tun …<br />
… Schuhpräsentation in Wohnzimmer-Atmosphäre.<br />
Das Geschäftshaus der Familie Zottl an der Ecke Hauptstraße / Rathausplatz ist<br />
kein normales Schuhgeschäft. Viele, die zum ersten Mal <strong>Leobersdorf</strong> besuchen,<br />
nutzen den mondänen Laden als eine Art Navigationshilfe. Nicht selten dringen<br />
Dialoge wie der folgende an die Ohren <strong>von</strong> Chefin Anny Zottl: „Sie kennen <strong>Leobersdorf</strong><br />
nicht? Das ist der Ort bei diesem schönen Schuhhaus – beim ZOTTL!“ ››<br />
27<br />
Markt.Leben
HEUTE WEISS ICH MIT EINEM GRIFF,<br />
OB DAS LEDER ETWAS TAUGT<br />
ODER NICHT.<br />
Anny Zottl<br />
28<br />
EIN ETWAS ANDERER EINKAUF BEIM ZOTTL<br />
Kunden aus unterschiedlichsten sozialen<br />
Schichten, „bis hin zu den Damen der noblen Gesellschaft<br />
oder den Professoren und Doktoren“,<br />
reisten und reisen der Zottl’schen Schuhauswahl<br />
wegen in die Marktgemeinde. Wäre Anny Zottl<br />
nicht Schuh machermeisterin und Geschäftsfrau,<br />
sondern – zum Beispiel Schiffskapitän – dürften<br />
wir sie wohl ruhigen Gewissens als mit allen<br />
Wassern gewaschen bezeichnen. Überraschen<br />
kann sie wenig.<br />
Und dennoch wird der folgende, kurz bevorstehende<br />
Besuch eines ganz speziellen Kunden beim<br />
Zottl doch bleibenden Eindruck hinter lassen.<br />
Ein Professor der besonderen Art, Dr. Roland<br />
Girtler, Soziologe und vaga bundierender Kulturwissenschafter<br />
(so seine Eigenbeschreibung in<br />
einer Vielzahl <strong>von</strong> TV-Sendungen und Büchern),<br />
hat <strong>sich</strong> für eine Visite in der <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Schuh-Institution angekündigt. ››<br />
SCHUHMACHER MEISTERIN<br />
ANNY ZOTTL<br />
Die Geschäftsfrau wurde am 7. November 1935<br />
in eine Schuhmacher-Familie in Sollenau hinein-<br />
geboren – ihr Urgroßvater war im 18. Jahrhundert der<br />
erste Schuhmachermeister in der Umgebung. Anny Zottl<br />
erlernte in der vierten Generation und als einziges<br />
Mädchen unter 25 Schustergesellen das Meisterhandwerk,<br />
das sie anfangs in der Sollenauer Werkstatt ihres Vaters<br />
ausübte. 1950 baute sie dort den Schuhfach handel auf,<br />
bevor 1980 der jetzige Unternehmens standort an der<br />
Ecke Hauptstraße / Rathausplatz in <strong>Leobersdorf</strong> errichtet<br />
wurde. Seit Jahren ist die Schuhmode Zottl<br />
Grund genug für viele Kunden, für ihren Schuhkauf<br />
extra nach <strong>Leobersdorf</strong> zu kommen.<br />
Markt.Leben
LEOBERSDORF-SHOPPING MIT DER BAHN<br />
Girtler erreicht <strong>Leobersdorf</strong>, <strong>von</strong> Wien kommend,<br />
mit der Bahn: „Das ist meine Art zu reisen. Zu Fuß,<br />
mit dem Fahrrad oder eben mit dem Zug. Dass<br />
<strong>Leobersdorf</strong> mit seiner 700 Jahre alten Markt-<br />
tradition, eine hohe Bedeutung als Verkehrsknoten-<br />
punkt für den Austausch <strong>von</strong> Gütern und für den<br />
Transport <strong>von</strong> Personen hat, kommt mir heute gegen.“ Es ist der erste Besuch des Professors in Le-<br />
obersdorf. „Ich bin zwar schon einmal hier in der<br />
Nähe vorbeigekommen – damals bin ich an einem<br />
Tag vom Schneeberg nach Wien heimgegangen – ich<br />
ent-<br />
war aber nicht im Ortszentrum.“<br />
Gutes Schuhwerk ist für den Vielgeher Girtler<br />
(„10 Kilometer pro Tag sind das Minimum“) ein<br />
Basisbedürfnis. Dass ihn seine Wege irgendwann<br />
einmal nach <strong>Leobersdorf</strong> – beim Zottl führen würden,<br />
lag also – wenn schon nicht auf der Hand –<br />
dann zumindest am Fuß.<br />
Anny Zottl und der Professor verstehen <strong>sich</strong> sofort.<br />
Das liegt nicht nur am Charme des Professors, der<br />
immer ohne Gattin einkauft („Sie würde das nicht<br />
aushalten mit mir!“), sondern auch an der ziel<strong>sich</strong>eren<br />
Fachkompetenz Anny Zottls: „Oh, der<br />
Herr Professor trägt Steinkogler Schuhe. Die hatten<br />
wir früher auch im Sortiment. Wirklich sehr gute<br />
Qualität!“, lobt Zottl.<br />
Für das Handelshaus ist diese Art der Fußbekleidung<br />
– Typus: Haferlschuh – dennoch kein Thema<br />
mehr. „Die Schuhe sind nicht ganz der letzte Schrei<br />
und außerdem fast zu gut. Die halten 30 Jahre! Da<br />
kommen wir auf keinen Umsatz“, lacht Zottl. Girtler<br />
bestätigt: „Ich hab mir die Schuh‘ erst gestern<br />
wieder aufdoppeln lassen. Sie sind wie neu. Insgesamt<br />
habe ich drei Paar, die sind für jeden Anlass<br />
adäquat – egal, ob ich auf der Jagd bin – oder ob ich<br />
nobel einkaufen gehe.“ ››<br />
AO. UNIV.-PROF. DR.<br />
ROLAND GIRTLER<br />
Der Soziologe und Kulturanthropologe Roland<br />
Girtler wurde am 31. Mai 1941 in Wien-Ottakring<br />
geboren. Er forscht und unterrichtet am Institut für<br />
Soziologie der Universität Wien und hat <strong>sich</strong> der quali-<br />
tativen Sozialforschung vor allem in den Bereichen<br />
Randkulturen, Bauern und Kultursoziologie verschrieben.<br />
In seinen Publikationen schrieb er etwa über Schmuggler<br />
und Schmugglerinnen (2006) oder den Rotwelsch, der<br />
alten Sprache der Gauner, Dirnen und Vagabunden<br />
(1998). Sein eifriges Verfechten des Fahr rades als<br />
Transportmittel unterstreicht sein Selbstbild als<br />
„vagabundierender“ Wissenschafter.<br />
MEINE FRAU GEHT NICHT<br />
MIT MIR EINKAUFEN.<br />
SIE WÜRDE DAS NICHT AUSHALTEN.<br />
29<br />
Roland Girtler<br />
Markt.Leben
SCHUHE ERZÄHLEN GESCHICHTEN.<br />
ES GIBT EIN BILD, DAS KAISER-FRANZ-<br />
JOSEF ZEIGT, ALS ER MIT DIESEN<br />
SCHUHEN IM SALON STEHT.<br />
Roland Girtler<br />
30<br />
Des Professors Schuhwerk: Haferlschuhe sockenlos.<br />
Im Hintergrund: Eleganz am Fuss der Chefin.<br />
Girtler schlägt die Beine übereinander und nippt am<br />
Tee. Da wird ein modisch-pikantes Detail <strong>sich</strong>tbar.<br />
Der Professor trägt keine Socken. Warum? „Meine<br />
Frau schimpft deswegen, aber das verbindet mich<br />
mit Hans Krankl“, sagt Girtler, während er auf sein<br />
grünes Rapid-Kapperl blickt. Die fußballbegeister-<br />
ten Enkerl haben es dem Opa zwecks Sonnenschutz<br />
vererbt. Der stets elegant gekleidete Rapid-Fußballgott<br />
Krankl <strong>macht</strong>e einst sockenlose Schlagzeilen.<br />
Anny Zottl staunt über den sockenlosen Professor:<br />
„Modisch ist das nicht ausgeschlossen – es spricht für<br />
Jugendlichkeit. Allerdings, in den Haferlschuhen (!)<br />
ohne Socken zu gehen – das ist schon eine Leistung!“<br />
Vor die Alternative ‚modisch oder bequem‘ will <strong>sich</strong><br />
die Geschäftsfrau nicht gerne stellen lassen. „In<br />
unserem Geschäft in <strong>Leobersdorf</strong> brauchen wir<br />
schöne Ware. Ich trage heute Schuhe <strong>von</strong> Roberto –<br />
einer unserer besten Produzenten aus Italien. Wer<br />
einmal diese Schuhe hatte, will sie immer wieder“,<br />
sagt Anny Zottl.<br />
Sie kauft am liebsten auf den Messen in Mailand<br />
und Düsseldorf ein – und zwar nicht wenig. „1.000<br />
Paar Schuhe – alleine <strong>von</strong> Roberto – pro Jahr. Ich<br />
gehe da strukturiert vor. An einem Tag schaue ich<br />
mir nur flache Schuhe an, am nächsten dann jene<br />
mit etwas höherem Absatz. Extreme High Heels in<br />
großen Mengen sind dagegen für uns kein Thema,<br />
die meisten Leute können mit so hohen Absätzen<br />
ohnehin nicht gehen. Aber sie sind natürlich ein<br />
schöner Blickfang.“<br />
EINKAUFSERLEBNIS IST<br />
KOMMUNIKATIONSERLEBNIS<br />
Der Mensch kauft halt mit den Augen. Gesucht wird<br />
das Shopping-Erlebnis – heute genauso, wie vor ein<br />
paar hundert Jahren, sagt Roland Girtler:<br />
„Es hieß:<br />
Wenn Du unglücklich bist, geh auf den Markt.“ Ins-<br />
besondere der Jahrmarkt, wo es Luxusgüter zu fen gab, aber auch der Wochenmarkt waren Brennpunkte.<br />
Es gab Notwendiges und Schönes. Es gab<br />
Information und gute Geschichten. „Zum Teil waren<br />
die Geschichten, die <strong>von</strong> den Kaufleuten erzählt<br />
kau-<br />
wurden, so abenteuerlich, dass sie ohnehin keiner<br />
glaubte. Marco Polo, der Händler war, ist es auch so<br />
ergangen.“<br />
Der Handelsplatz als Medium – was im 21. Jahrhundert<br />
das Internet elektronisch abbildet, ist eine<br />
Urfunktion des Marktes. Schon vor 700 Jahren waren<br />
Kaufleute am <strong>Leobersdorf</strong>er Markt nicht nur<br />
wichtige Transporteure <strong>von</strong> Waren, sondern <strong>von</strong><br />
kulturellem Gut, beschreibt Girtler. „In der Sprache<br />
finden wir die Spuren, die der Markt hinterließ. griffe wie Jacke oder Bluse stammen eigentlich aus<br />
Be-<br />
dem Arabischen und wanderten über Händler in<br />
unsere Sprache ein.“ Die Kaufleute mussten <strong>sich</strong><br />
mit ihren Kunden verständigen – egal wo. Da wurde<br />
mitunter eine Not zur Tugend. Der Begriff Kauderwelsch<br />
stammt aus dieser Zeit. Gesprochen wurde<br />
diese vermischte Sprachform zum Beispiel <strong>von</strong><br />
Hanfhändlern – sogenannten Kauderern – die Zwischenhändler<br />
waren. ››<br />
Markt.Leben
Heißt das also: Wer etwas haben wollte und wer<br />
neugierig war, der musste auf den Markt gehen,<br />
Herr Professor? „Sie können es sogar sagen: … der<br />
durfte auf den Markt! Zum Beispiel für die Knechte<br />
oder Mägde war das Einkaufen am Markt eines<br />
der ersten Freiheitsrechte. Der Bauer konnte ihnen<br />
nicht verbieten, auf den Jahrmarkt oder Kirtag zu<br />
gehen, weil das mit dem sonntäglichen Kirchenbesuch<br />
verbunden war.“<br />
AN MARKTTAGEN WAR DIE KIRCHE VOLL<br />
Vom Schuhhaus Zottl aus sind’s nur ein paar Meter<br />
rüber zur <strong>Leobersdorf</strong>er Pfarrkirche im Zentrum.<br />
Es ist bestimmt kein Zufall, dass die Gründung der<br />
Pfarre <strong>Leobersdorf</strong> und die Verleihung des Marktrechts<br />
vor 700 Jahren nur ein Jahr auseinander liegen,<br />
analysiert Girtler: „Markttage waren gute Tage<br />
für die Kirche, denn da waren die Besucherbänke in<br />
der Messe voll.“<br />
Angenehmes mit Nützlichem zu verbinden, liegt<br />
in der Natur des Menschen. Am liebsten wurde<br />
immer dann eingekauft, wenn die meiste Zeit zur<br />
Verfügung stand – und das war, über Jahrhunderte,<br />
einfach der Sonntag. Auch Anny Zottl erinnert <strong>sich</strong><br />
noch an die Sonntagsöffnung im eigenen Geschäft.<br />
„Das liegt schon einige Zeit zurück. Heute ist das<br />
nicht umsetzbar. Wir würden keine Mitarbeiter finden,<br />
die wir am Sonntag beschäftigen könnten.“<br />
Die Stammkunden nehmen <strong>sich</strong> freilich auch so<br />
Zeit für den Einkauf beim Zottl. Das ist ein Genuss,<br />
der zelebriert wird, sagt die Chefin: „Für viele, die<br />
aus Graz, Wien oder St. Pölten zu uns kommen, ist<br />
das ein kleiner Ausflug. Da gehören ein kleiner Spa-<br />
ziergang durch <strong>Leobersdorf</strong> und ein gemütlicher<br />
Heurigenbesuch bei einem unserer Winzer zum<br />
Ausklang fest dazu.“<br />
Nicht wenige haben bei den<br />
Einkaufsfahrten zum Zottl dauerhaft Gefallen an<br />
der Triestinggemeinde gefunden und sind zu <strong>Leobersdorf</strong>ern<br />
geworden.<br />
Der Einkauf als Lebensentscheidung – in der Betrachtung<br />
des Soziologen Roland Girtler ist das ein<br />
weiterer Beleg dafür, welch bestimmenden Einfluss<br />
die Wahl des richtigen Schuhwerks auf den Menschen<br />
haben kann. Für die gesellschaftliche Reputation<br />
sind Schuhe <strong>von</strong> unglaublich hoher Bedeutung.<br />
Girtler – seit 2013 offiziell Träger des Titels<br />
„Ehrenkiberer“ – zitiert dazu die stramme Polizei als<br />
Quelle: „Ich weiß <strong>von</strong> Polizisten, die – wenn sie mit<br />
jemandem zu tun haben – zunächst einmal auf die<br />
Schuhe schauen. Sind die Schuhe in Ordnung, dann<br />
ist der Mensch in Ordnung!“<br />
Den Grund, warum dem Schuhwerk derartige Bedeutung<br />
zugemessen wurde, vermutet der Professor<br />
in einem weiteren Aktionsfeld der Ordnungshüter.<br />
„Die Straßen waren traditionell in einem so erbarmungswürdigen<br />
Zustand, dass man nur mit guten<br />
Schuhen eine Chance hatte, überhaupt voran zu<br />
kommen.“ Fortschritt hatte eben immer schon seinen<br />
Preis.<br />
31<br />
Markt.Leben
Kaufen Sie! Handeln Sie!<br />
1313 1350 – 1600 1700<br />
Getreide, Schmalz, Fleisch. Das kauften<br />
die Ortsansässigen 1313 auf dem <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Wochenmarkt am Marktplatz.<br />
Dieser diente der Nahversorgung<br />
und deckte den lokalen Bedarf. Dabei<br />
wurde mitunter aber auch um Tonnen<br />
<strong>von</strong> Getreide verhandelt – alles unter<br />
strengen Auflagen und Kontrollen.<br />
Deshalb war die Marktbedeutung<br />
enorm und der Marktzwang tete die Bauern auch, bestimmte Waren<br />
auf dem Markt feilzubieten. Frauen<br />
und Männer, Dienstboten und Bauern<br />
erledigten damals den Einkauf – mon-<br />
tags oder donnerstags. Was und welche<br />
Mengen sie kauften, hing <strong>von</strong> der<br />
gesellschaftlichen Stellung verpflich-<br />
ab.<br />
Tücher, Schuhe, Knöpfe. Solche außergewöhnlichen<br />
Waren, die für viele<br />
Luxusgüter darstellten, konnten die<br />
Menschen im Spätmittelalter auf dem<br />
Jahrmarkt erwerben. Dieser fand – wie<br />
der Name auch sagt – nur einmal im<br />
Jahr und dann meist am Feiertag eines<br />
Kirchenpatrons statt. Er war weit mehr<br />
als ein gewöhnlicher Markt und glich<br />
einem überregionalen, mehrtägigen,<br />
ländlichen Fest. Für die Bauern, die<br />
mitunter <strong>von</strong> weit her anreisten, war<br />
der Jahrmarkt eine Art Auszeit.<br />
Seife, Baumwollkleidung, Schnaps.<br />
Seit etwa 300 Jahren konsumieren<br />
die Menschen auch mehr als das, was<br />
sie zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse<br />
brauchen. Denn als im England<br />
des 18. Jahrhunderts die florierende<br />
Industrie Arbeitsplätze schuf und dadurch<br />
das Einkommen des Bürgertums<br />
stieg, wuchs auch die Nachfrage nach<br />
solchen<br />
Massenverbrauchsgütern.<br />
Mode journale und die im 19. Jahrhundert<br />
erfundene Litfaßsäule schürten<br />
die Konsumbedürfnisse und Image-<br />
Sorgen. Die klassischen Märkte wurden<br />
immer überregionaler und büßten<br />
zugunsten der Geschäfte und Greißler<br />
langsam an Wichtigkeit ein. 1820 etwa<br />
gab es in <strong>Leobersdorf</strong> einen Seifensieder,<br />
einen macher, einen Hutmacher,<br />
Handschuh-<br />
einen Uhrmacher und<br />
einen Buchbinder.<br />
Am Marktplatz<br />
32<br />
„Ein Wochenmarcht da soll<br />
sain“ beschloss Herzog<br />
Friedrich III., genannt: der<br />
Schöne, im Jahr 1313 und<br />
verlieh <strong>Leobersdorf</strong> die<br />
Erlaubnis zur Abhaltung<br />
<strong>von</strong> Märkten. Zwischenzeitlich<br />
wurde das Marktrecht<br />
immer wieder aberkannt,<br />
doch 1626 erhielt<br />
<strong>Leobersdorf</strong> „auf ewiglich“<br />
das Marktprivilegium <strong>von</strong><br />
Kaiser Ferdinand II. Das lag<br />
nicht zuletzt an der überregionalen<br />
Bedeutung des<br />
Weinbaus, der Wohlstand<br />
in die Region brachte. Während<br />
die Wochenmärkte der<br />
alltäglichen Nahversorgung<br />
dienten, hatten Jahrmärkte<br />
vielmehr Festcharakter.<br />
Hier kauften die Bürger<br />
Luxusgüter wie Tücher oder<br />
Schuhe. Für alle Märkte<br />
wurden im „Marktrecht“<br />
Rechte und Pflichten sowie<br />
die Friedenspflicht für die<br />
Marktdauer geregelt. Die<br />
Einhaltung wurde <strong>von</strong> der<br />
Marktpolizei strikt beauf<strong>sich</strong>tigt.<br />
Dabei herrschte<br />
Marktzwang, der die<br />
Bauern verpflichtete, bestimmte<br />
Waren auf dem<br />
Markt feilzubieten. Als unter<br />
Josef II. Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
die Märkte nicht<br />
mehr an das Markt privileg<br />
gebunden waren, kam immer<br />
stärker das Prinzip<br />
der Geschäfte auf. Heute<br />
können die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
in zahlreichen Geschäften<br />
aller Art ein kaufen – vom<br />
Gemüsehändler bis zum<br />
Optiker.<br />
Markt.Leben
1950 / 1960 heute<br />
Auto, Fernseher, Kühlschrank. Die<br />
beiden Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise<br />
gefolgt <strong>von</strong> einem Wirtschaftsboom<br />
prägten das Einkaufsverhalten<br />
der Konsumenten damals<br />
und prägen es bis in die heutige Zeit.<br />
Das Konsumieren wurde zelebriert<br />
und Elektrogeräte hielten Einzug in <strong>Leobersdorf</strong>s<br />
Häuser. Den Kühlschrank<br />
wiederum eroberte das amerikanische<br />
Coca Cola, das in den 50er Jahren ein<br />
Zeichen der Globalisierung des Konsums<br />
setzte. All dies erwarben die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
um 1950/1960 zumeist in<br />
der Südbahnstraße, wo <strong>sich</strong> einst das<br />
Elektrogeschäft Hampel neben der<br />
Stickerei und Lebensmittel-Zerzawy<br />
befand.<br />
PC, iPhone, Flatscreen. Maximal ein<br />
paar Klick-Geräusche begleiten den<br />
Einkauf heute. Die großflächige Verbreitung<br />
des Internets eröffnet völlig<br />
neue Dimensionen der lichkeiten. Der Online-Versandhandel<br />
Konsummög-<br />
wird <strong>von</strong> immer mehr Konsumenten geschätzt<br />
und auf Auktionsplatt formen<br />
kommt das Handeln und Bieten wieder<br />
in Mode. Der Wochenmarkt ist in der<br />
heutigen Zeit zu einem kompletten<br />
Nischenprodukt einer bestimmten Bevölkerungsschicht<br />
geworden. Sogar<br />
das Erstellen der Einkaufsliste übernimmt<br />
vielleicht schon bald der Kühl-<br />
schrank selbst: Die Geräte der Zukunft<br />
melden, wenn ein bestimmtes mittel aufgebraucht ist oder das Haltbarkeitsdatum<br />
überschritten Lebens-<br />
wurde.<br />
299<br />
Unternehmen<br />
schufen 2012 Jobs<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
45<br />
Prozent mehr<br />
abgabenpflichtige<br />
Unternehmer gibt es<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
seit 2009<br />
34<br />
Branchen decken<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s<br />
Betriebe ab<br />
19<br />
Gastronomiebetriebe<br />
bieten neben<br />
den Heurigen<br />
Speis und Trank<br />
400<br />
350<br />
ANZAHL DER ABGABEN PFLICHTIGEN UNTERNEHMER<br />
IN LEOBERSDORF (2009 – 2013)<br />
352 357<br />
1<br />
Gasthof<br />
bietet Fremdenzimmer<br />
300<br />
276<br />
316<br />
WIE DIE<br />
LEOBERSDORFER<br />
WIRTSCHAFT<br />
FLORIERT<br />
250<br />
245<br />
2011<br />
2.173 Menschen arbeiteten in <strong>Leobersdorf</strong><br />
33<br />
2009 2010 2011 2012 2013<br />
2012<br />
2.319 Menschen, also 146 Personen<br />
mehr als im Vorjahr, arbeiteten<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
Markt.Leben
Auch heute finden <strong>sich</strong> in <strong>Leobersdorf</strong><br />
noch überall Spuren der Vergangenheit<br />
a<br />
a<br />
34<br />
Markt.Leben<br />
c
Aquarell: Birgit Risavy<br />
b<br />
b<br />
35<br />
c<br />
Markt.Leben
Wir nennen es:<br />
die Region <strong>Leobersdorf</strong><br />
36<br />
Im Gespräch:<br />
Unternehmer und Bürgermeister a. D. Anton Bosch<br />
und Niederösterreichs Wohnbaureferent<br />
LHStv. Wolfgang Sobotka über Wohnen,<br />
Leistbarkeit und Nicht-Raunzertum.<br />
Wohnungs.Markt
Wohnungs.Markt<br />
Arbeiten und Wohnen<br />
in <strong>Leobersdorf</strong> – Menschen brauchen<br />
Platz zum Leben<br />
Ortsentwicklung in Zusammenarbeit <strong>von</strong> Gemeinde und Land.<br />
(Bosch, Sobotka und Bürgermeister Ramharter)<br />
Wohnst du noch, oder lebst du schon? Als jeweils 6-fache Väter wissen Anton<br />
Bosch und Wolfgang Sobotka, wie wichtig es ist, Platz und Raum zum Leben zu<br />
haben. Die Bevölkerung in <strong>Leobersdorf</strong> ist in den letzten 20 Jahren <strong>von</strong> knapp<br />
3.700 auf rund 5.000 Personen angewachsen. Bis zu 10.000 Menschen könnten<br />
in der Marktgemeinde wohnen. Die Voraussetzung dafür: Orts-Entwicklungsplanung<br />
mit Weitblick. Der Unternehmer und der Landespolitiker diskutieren<br />
über die modernen Anforderungen ans Wohnen, die <strong>sich</strong> daraus ergeben. ››<br />
37<br />
Wohnungs.Markt
38<br />
„I bin a <strong>Leobersdorf</strong>er“, steht auf einem T-Shirt,<br />
das Anton Bosch gerne und mit Überzeugung<br />
überstreift. Der Vielfach-Unternehmer (etwa<br />
<strong>von</strong> ARED-Wirtschaftspark und AURA-Wohnbau)<br />
und Langzeitbürgermeister, der einst fast<br />
beim Meinl am Graben in die Kaufmannslehre<br />
ge gangen wäre, lässt keinen Zweifel daran,<br />
woher er kommt. Auch Landes hauptmann-<br />
Stellvertreter Wolfgang Sobotka steht zu seiner<br />
Heimat Waidhofen an der Ybbs. Dennoch schätzt<br />
er <strong>Leobersdorf</strong> sehr.<br />
Dafür gibt’s viele Gründe, sagt Sobotka: „Aus<br />
Leobers dorf kommt mein Hauswein – der Wolf-<br />
gang Pöltl ist mein Stammwinzer, bei dem ich<br />
einkaufe. Ich habe aber auch schon viele Bürgermeister<br />
hierher geschickt, weil <strong>sich</strong> in <strong>Leobersdorf</strong><br />
Vorzeige projekte im Wohnbau am lebenden<br />
Beispiel studieren lassen. Da ist einiges<br />
ge lungen“, , sagt der NÖ Wohnbaureferent mit<br />
Blick auf sein Gegenüber Anton Bosch, der als<br />
Bauunternehmer viele dieser Projekte – auch im<br />
Teamwork mit Sobotka – vorangetrieben hat.<br />
Ob er selbst auch in <strong>Leobersdorf</strong> Wurzeln<br />
schlagen könnte? Der aus dem Mostviertel<br />
stammende Sobotka verneint dann doch:<br />
„Leobers dorf ist attraktiv, keine Frage. Aber in<br />
Waidhofen bin ich aufge wachsen und vernetzt –<br />
da geht man nicht so einfach weg. Meistens ist es<br />
ja eine neue Liebe, die einen woanders hinzieht.“<br />
Anton Bosch denkt kurz nach und widerspricht<br />
mit einem Lächeln: „Die Liebe war für mich<br />
noch kein Grund, um aus <strong>Leobersdorf</strong> wegzugehen.“<br />
So klingt Standort-Attraktivität.<br />
Nach <strong>Leobersdorf</strong> zieht es die Menschen vor<br />
allem wegen der Arbeit. Als eine der wenigen<br />
Gemeinden Österreichs weist die Marktgemeinde<br />
eine positive Pendlerbilanz auf. Das<br />
heißt: Mehr Menschen pendeln nach <strong>Leobersdorf</strong><br />
zur Arbeit ein, als <strong>Leobersdorf</strong> täglich verlassen<br />
müssen, um an ihren Arbeitsplatz zu<br />
kommen. ››<br />
MAG.<br />
WOLFGANG SOBOTKA<br />
Der derzeitige Landeshauptmann-Stellvertreter<br />
<strong>von</strong> Niederösterreich wurde am 5. Jänner 1956 in<br />
Waidhofen an der Ybbs geboren. Um AHS-Lehrer zu<br />
werden, studierte er Geschichte an der Universität Wien.<br />
Daneben ließ er <strong>sich</strong> in Musikpädagogik und Musikerziehung<br />
an der Hochschule für Musik und Darstellende<br />
Kunst Wien sowie im Dirigieren am Brucknerkonservatorium<br />
Linz ausbilden, sodass er 1988 bis 1999 auch<br />
Leiter der Musikschule Waidhofen war. Seine politische<br />
Laufbahn begann er 1982 als Gemeinderat, zuletzt<br />
bekleidete er bis 1998 auch die Funktion<br />
des Bürgermeisters <strong>von</strong> Waidhofen an der Ybbs.<br />
Der ÖVP-Politiker ist verheiratet und Vater<br />
<strong>von</strong> sechs Kindern.<br />
Wohnungs.Markt
ICH HABE ABER AUCH SCHON<br />
VIELE BÜRGERMEISTER HIERHER GESCHICKT,<br />
WEIL SICH IN LEOBERSDORF VORZEIGEPROJEKTE IM WOHNBAU<br />
AM LEBENDEN BEISPIEL STUDIEREN LASSEN.<br />
Wolfgang Sobotka<br />
Wir fragen Anton Bosch und Wolfgang Sobotka: Verbirgt<br />
<strong>sich</strong> hinter dieser Bilanz der Motor der positiven<br />
Standort-, Bevölkerungs- und Wirtschafts-Entwicklung<br />
in <strong>Leobersdorf</strong>?<br />
BOSCH: Da<strong>von</strong> bin ich überzeugt. Wir haben immer<br />
versucht, die Entwicklung so zu steuern, dass<br />
die Arbeitsplätze in <strong>Leobersdorf</strong> etwas schneller<br />
wachsen, als der neue Wohnraum. Wohnraum<br />
wurde für die <strong>Leobersdorf</strong>er geschaffen und nicht<br />
um Zuzug zu erreichen. 90 Prozent der Wohnungen<br />
wurden an <strong>Leobersdorf</strong>er vergeben oder nehmer, die seit drei Jahren hier arbeiten.<br />
SOBOTKA: Überhitztes Wachstum ist in der Wirtschaft,<br />
aber auch bei der Bevölkerungszahl nicht<br />
einfach zu managen. Deswegen halte ich das Rezept<br />
der <strong>Leobersdorf</strong>er für gut. Ein Plus <strong>von</strong> 1.000 Ein-<br />
Arbeitwohnern<br />
in 20 Jahren ist gut verträglich.<br />
Wenn dieses Wachstumstempo beibehalten wird,<br />
heißt das, dass ein <strong>Leobersdorf</strong> mit 10.000 Ein-<br />
wohnern in rund 100 Jahren erreicht wird. Ist das<br />
der Plan?<br />
BOSCH:<br />
Wir streben das nicht an. Aber wir wollen<br />
darauf vorbereitet sein, wenn es so kommt. Neuer<br />
Wohnraum muss immer zentral oder rund um das<br />
klassische Marktgeschehen in der Ortsmitte entstehen.<br />
In abgetrennten Ortsteilen, die ohne Anschluss<br />
an das Leben im Ort auf die grüne Wiese gestellt<br />
werden, kann niemand gut leben. Wir wollen<br />
keine Südstadt in <strong>Leobersdorf</strong>.<br />
SOBOTKA: Wer Baulücken füllt oder die vielen<br />
Bauten aus der Nachkriegszeit im Ortskern durch<br />
Sanierung auf modernen Standard hebt, bringt<br />
wieder neues Leben in alte Zentren. Da<strong>von</strong> profitiert<br />
die <strong>Leobersdorf</strong>er Geschäftswelt. Wenn die<br />
Gemeinde hier einen Schritt vorangeht, animiert<br />
das auch die privaten Hauseigentümer, etwas zu<br />
tun und die historische Bausubstanz zu verbessern.<br />
BOSCH: Wir schaffen Mehrwert und nützen bestehende<br />
Infrastruktur, wenn wir im Zentrum bauen.<br />
Wer dort wohnt, kann viel zu Fuß er reichen – egal,<br />
ob Shops, Gastronomie, Kindergarten oder Arbeitsplatz.<br />
Außer dem ist bereits funktionierender öffentlicher<br />
Verkehr samt ausreichender Halte stellen<br />
vor handen. Mit der richtigen Architektur bleiben<br />
außerdem das Ortsbild und der Charakter der<br />
Gemeinde gewahrt.<br />
Auf kurzen Wegen die Angelegenheiten des täg-<br />
lichen Bedarfs erledigen zu können, ist vor allem<br />
für die ältere Generation wichtig. Wie altert man in<br />
einem lebendigen <strong>Leobersdorf</strong>er Ortszentrum?<br />
SOBOTKA: Ich glaube sehr gut. Mit dem LeoVital<br />
entstand in <strong>Leobersdorf</strong> ein Projekt für betreu-<br />
bares Wohnen, das viele Nachahmer gefunden hat.<br />
Heute gibt es in Niederösterreich bereits 3.500 Wohnungen,<br />
die nach einem ähnlichen Konzept funk-<br />
tionieren.<br />
BOSCH: Mich freut, dass die Senioren aus dem Leo<br />
Vital voll ins Ortsleben und Marktgeschehen<br />
integriert sind. Wenn am Rathausplatz was los<br />
ist, sind die LeoVital-Leute dabei. Wissen Sie, wer<br />
unsere Dekorationsweihnachtsbäume am Christkindlmarkt<br />
auf eigene Initiative zusammenbauen<br />
wird? Die Senioren aus dem LeoVital! Da ist die<br />
Integration voll gelungen. ››<br />
39<br />
Wohnungs.Markt
WIR HABEN IMMER VERSUCHT,<br />
DIE ENTWICKLUNG SO ZU STEUERN,<br />
DASS DIE ARBEITSPLÄTZE<br />
ETWAS SCHNELLER WACHSEN,<br />
ALS DER NEUE WOHNRAUM.<br />
Anton Bosch<br />
ANTON BOSCH<br />
Geboren 1951 in Baden, besuchte<br />
Bosch die Handelsschule und begann<br />
seine berufliche Tätigkeit als Buchhalter bei<br />
der Wohnbauges. Austria AG. 1980 gründete er<br />
seine erste Firma im Baubereich, der noch zahlreiche<br />
weitere Firmen folgen sollten. 1990 entstand die Firma<br />
ARED, welche auf einem Areal <strong>von</strong> cirka 500.000 m²<br />
Gewerbeansiedlungen durchführt. Neben seiner umfassenden<br />
Unternehmertätigkeit gründete Anton Bosch die Liste<br />
Zukunft <strong>Leobersdorf</strong> und lenkte <strong>von</strong> 1995 bis 2012 als<br />
Bürgermeister die Geschicke der Marktgemeinde<br />
<strong>Leobersdorf</strong> und realisierte in dieser Zeit unter anderem<br />
den Bau der Umfahrung <strong>Leobersdorf</strong> und die<br />
Er richtung <strong>von</strong> über 500 Gemeindewohnungen/<br />
Reihenhäusern. Nebenbei ist der Vater <strong>von</strong><br />
sechs Kindern Ehrenpräsident und Sponsor<br />
des ASK Kottingbrunn und unterstützt<br />
die Leobers dorfer<br />
Vereine.<br />
Wie gelingt die Integration <strong>von</strong> Neuzuzüglern in<br />
<strong>Leobersdorf</strong>?<br />
BOSCH: Beim Bauen achten wir darauf, dass<br />
keine Ghettos entstehen. Wir bauen modern<br />
und leistbar. Um 300 Euro Monatsmiete ist eine<br />
4-köpfige Familie schon dabei. Unsere über 30<br />
sehr aktiven Vereine sprechen vor allem die neu<br />
Zugezogenen aktiv an. So gelingt es ihnen sehr<br />
gut, die Neo-<strong>Leobersdorf</strong>er ins Vereinsleben<br />
reinzuholen. Das rundet die Inte gration ab.<br />
Außer dem, wie bereits erwähnt, werden die<br />
meisten Wohnungen an Leobers dorfer oder an<br />
Menschen vergeben werden, die schon länger<br />
als drei Jahre in <strong>Leobersdorf</strong> arbeiten, aber noch<br />
im Nachbarort zu Hause sind. Wir haben heute<br />
einen neuen Blickwinkel und nennen es mittlerweile<br />
schon: die Region <strong>Leobersdorf</strong>. Wenn ich<br />
nur unsere angrenzenden Gemeinden dazu<br />
nehme, sprechen wir <strong>von</strong> 23.000 Haushalten.<br />
Das ist jetzt schon bald soviel wie die Stadt<br />
Baden zählt – und das auf einer kleineren<br />
Flächen ausdehnung. Dorthin geht die Reise.<br />
So kann <strong>sich</strong> ein Arbeits- und Wohnstandort<br />
<strong>Leobersdorf</strong> entwickeln.<br />
SOBOTKA: Der Unternehmer Anton Bosch hat in<br />
seinem Kopf die Gemeindegrenzen schon längst<br />
aufgehoben (schmunzelt). Ich glaub, dass es genau<br />
darum geht. Wir müssen in der Regionalentwicklung<br />
keine Gemeinden zusammenlegen,<br />
sondern sollen diese Kombination der individuellen<br />
Stärken immer vor Augen haben. In<br />
<strong>Leobersdorf</strong> passiert das, und das gefällt mir.<br />
Hier findet <strong>sich</strong> eine große Gruppe <strong>von</strong> Nicht-<br />
Raunzern, die etwas anpackt und daher auch so<br />
viel weiter bringt.<br />
40<br />
Wohnungs.Markt
Kurt Stiepan jun.<br />
Hirtenberger Straße 31<br />
A-2544 <strong>Leobersdorf</strong><br />
T +43 (2256) 622 28-0<br />
M +43 (664) 822 65 48<br />
F +43 (2256) 620 90<br />
ksj@stiepan-druck.at<br />
www.stiepan-druck.at<br />
Stiepan druckt Qualität.<br />
Gestern, heute und morgen.
42<br />
<strong>Leobersdorf</strong> mit Gars<br />
gegen das Jahrhunderthochwasser<br />
Nach der Nacht zum 7. August 2002<br />
war in Gars am Kamp nichts mehr wie<br />
zuvor. Damals fielen die Regenfälle, die<br />
später als „Jahrhunderthoch wasser“ in<br />
die Geschichte eingehen sollten – eine<br />
der schwersten Hochwasserkatastrophen<br />
Niederösterreichs in diesem<br />
Jahrhundert. Häuser entlang des Kamp<br />
wurden überflutet, viele Menschen<br />
verloren ihr Hab und Gut.<br />
Die <strong>Leobersdorf</strong>er zögerten nicht<br />
lange und halfen in einer beispielhaften<br />
Aktion, den Betroffenen in Gars<br />
am Kamp die Existenz zu <strong>sich</strong>ern. Unter<br />
dem Motto „<strong>Leobersdorf</strong> hilft direkt!“<br />
reisten Pfadfinder und Freiwillige aus<br />
<strong>Leobersdorf</strong> zum Ort des Geschehens<br />
und packten an. In weniger als 24 Stunden<br />
entschlossen <strong>sich</strong> daraufhin die<br />
Gemeinde und auch örtliche Firmen<br />
zur Umsetzung der größten Hilfsaktion,<br />
die es in <strong>Leobersdorf</strong> je gegeben<br />
hat. Neben Großunterstützern wie der<br />
Firma AURA mit 100.000 Euro und der<br />
Marktgemeinde mit 20.000 Euro, sammelte<br />
die gesamte Bevölkerung über<br />
21.000 Euro an Spendengeldern. Zahlreiche<br />
Betriebe stellten ihre Dienstleistungen<br />
und Materialien kostenlos<br />
für den Wiederaufbau zur Verfügung.<br />
Drei Familien konnten so ihre Häuser<br />
wieder aufbauen.<br />
Einsatz auch für<br />
Emmersdorf<br />
Dass die Hilfsbereitschaft der Leobers-<br />
dorfer keine einmalige Angelegenheit<br />
ist, bewies auch das breite Engagement<br />
im August 2013. „Wir waren sehr<br />
schockiert vom schweren Schicksal<br />
der Familie Lembeck aus Emmersdorf,<br />
deren Haus beim heurigen Hochwasser<br />
zwei Meter unter Wasser stand“,<br />
berichten die <strong>Leobersdorf</strong>er Gemeinderätin<br />
Ingrid Rothensteiner und<br />
Bürgermeister-Gattin Eva Ramharter,<br />
die umgehend eine Spendenaktion<br />
initiierten. Rasch wurden im Rahmen<br />
des Nockalm Quintett-Konzerts beim<br />
Sommerzaubern die Einnahmen <strong>von</strong><br />
1.500 Euro einer Sektbar für den<br />
guten Zweck umgewidmet. „Da Hochwasser<br />
auch bei uns in <strong>Leobersdorf</strong> in<br />
der Vergangenheit schon viel Schaden<br />
angerichtet hat, ist es für uns selbstverständlich,<br />
in einer solchen Situation<br />
zu helfen“, bestätigte Bürgermeister<br />
Andreas Ramharter die Wichtigkeit<br />
des sozialen Engagements.<br />
Wohnungs.Markt
MARTIN FALK,<br />
BÜRGERMEISTER VON GARS AM KAMP:<br />
„DANKE LEOBERSDORF“<br />
Wie haben Sie die <strong>Leobersdorf</strong>er <strong>von</strong> ihrem Einsatz<br />
beim Hochwasser 2002 in Gars in Erinnerung?<br />
Das Hochwasser hat bei uns einen Schaden <strong>von</strong> insgesamt<br />
rund 38,7 Millionen Euro angerichtet – in<br />
einer Gemeinde mit 3.500 Einwohnern. Es hat <strong>sich</strong><br />
plötzlich eine nie da gewesene Verzweiflung breit<br />
ge<strong>macht</strong>. Wir sind nahezu in Ohn<strong>macht</strong> erstarrt,<br />
während andere zugesehen haben. In einem TV-<br />
Interview habe ich dann ohne Umschweife gesagt:<br />
„Wir brauchen keine Schaulustigen, sondern Leute<br />
mit Schaufeln und Kübeln.“ Die <strong>Leobersdorf</strong>er haben<br />
das ernst genommen und gespürt, dass nur<br />
das „Jetzt“ zählt. Sie sind sofort gekommen – und<br />
haben angepackt. Sie haben unser Leid sogar mit<br />
Nachhause gekommen: Zurückgekommen ist der<br />
damalige Bürgermeister Anton Bosch mit einer De-<br />
legation <strong>von</strong> Wirtschaftstreibenden, die abermals<br />
geholfen haben.<br />
Wie haben die menschlichen und finanziellen Bei-<br />
träge nachgewirkt?<br />
Ohne die Unterstützung aus <strong>Leobersdorf</strong> wären vier<br />
Familien wohl länger ohne Haus da gestanden, eine<br />
konnte sogar einen Hochwasserschutz für die Zukunft<br />
bauen. Bei einem internen Festakt, 10 Jahre<br />
nach der Katastrophe, haben wir die Situation Revue<br />
passieren lassen und festgestellt: Man vergisst<br />
solche Dramen schnell und das ist auch gut so. Aber<br />
der Dank und die positive Erinnerung an die Solidaritätswelle,<br />
die uns erreicht hat, bleiben.<br />
Welche Grußbotschaft Sie mehr als 10 Jahre später<br />
noch an den Markt <strong>Leobersdorf</strong> schicken möchten?<br />
„Danke für die großartige Unterstützung. Wir werden<br />
es euch nie vergessen.“<br />
BÜRGERMEISTER ANDREAS RAMHARTER<br />
ZUR BEDROHUNG HOCHWASSER:<br />
„TRIESTINGGEMEINDEN HALTEN ZUSAMMEN“<br />
Das Hochwasser ist auch für die Gemeinden des<br />
Triestingtals eine Gefahr. Ist <strong>Leobersdorf</strong> mittlerweile<br />
gut gewappnet?<br />
<strong>Leobersdorf</strong> hat in den letzten Jahren einiges in<br />
puncto Hochwasserschutz im Triestingtal bewegt.<br />
Gemeinsam mit den anderen Gemeinden wurden<br />
höchst notwendige Schritte unternommen – hier<br />
ziehen alle an einem Strang. Mit dem „Triesting<br />
Wasserverband“ führen wir etwa Räumungs- und<br />
Instandhaltungsmaßnahmen im gesamten Verbandsgebiet<br />
<strong>von</strong> Altenmarkt bis Tattendorf durch.<br />
Damit lassen die Flussbette heute mehr Wasser<br />
durch. Daneben sind wir bemüht, unter der Federführung<br />
<strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> einen Hochwasserschutz<br />
für das Tal herzustellen, um damit das Triestingtal<br />
vor einem 100-jährlichen Hochwasser schützen zu<br />
können.<br />
Welche Maßnahmen sind erforderlich, um den<br />
Hochwasserschutz zu verbessern?<br />
Vor zirka zehn Jahren hat das Land NÖ Flächen evaluiert,<br />
die <strong>sich</strong> als Standorte für Retentionsbecken<br />
eignen. Die Herausforderung in der Grundablöse<br />
war: Diese Flächen sind bis vor kurzem noch als<br />
Äcker bewirtschaftet worden. Nachdem wir diese<br />
Flächen angekauft haben, mussten einige Ackerbauern<br />
umsatteln und bestreiten nun als Waldbauern<br />
ihren Unterhalt. Allein in Pottenstein-Fahrafeld<br />
wurden 185 Hektar Wald <strong>von</strong> den Bundesforsten als<br />
Reserve für Grundstücks-Tauschgeschäfte gekauft.<br />
Aber eines ist klar: Im Triestingtal geht es in keinem<br />
Fall um die Absiedlung <strong>von</strong> Leuten oder Betrieben.<br />
Ist das Schutz-Projekt schon abgeschlossen oder gilt<br />
es noch Etappen umzusetzen?<br />
Mit der Grundaufbringung sind wir fertig. Die<br />
Finalisierung der Projektarbeiten für den Hochwasserschutz<br />
wird noch heuer erfolgen. Dann geht<br />
es um die Zuteilung der entsprechenden finanziellen<br />
Mittel, um die Bauarbeiten in Gang zu bringen.<br />
Natürlich benötigen wir hierfür die Unterstützung<br />
<strong>von</strong> Bund und Land, denn die Kosten werden <strong>sich</strong><br />
auf rund 50 Millionen Euro belaufen.<br />
43<br />
Wohnungs.Markt
Markt-Gemeinde im Wachstum<br />
Schon 1313 war das Ortsgebiet <strong>Leobersdorf</strong> nicht nur auf den Marktplatz und die Hauptstraße<br />
beschränkt. Der Ortskern befand <strong>sich</strong> vermutlich zwischen den beiden Triestingbrücken<br />
und wurde durch die Triesting geteilt. Der Grundriss der Gemeinde entsprach<br />
daher dem eines Straßendorfes: Ein klassisches Ortszentrum, rund um das <strong>sich</strong> Kirche,<br />
Rathaus oder Schule gruppierten, fehlte.<br />
Bald aber dehnte <strong>sich</strong> der Markt entlang der Nord-Süd-Verbindung, vor allem bei der<br />
Hauptstraße und entlang der Triesting, aus. Die Zone Feldgasse bis Mühlgasse war schon<br />
im Spätmittelalter gut erschlossen – die Endpunkte markierten die Markttore. Brände in<br />
den Jahren 1683 und 1714 ließen kaum etwas <strong>von</strong> den alten Häuserreihen be stehen, sodass<br />
der Ortskern Anfang des 18. Jahrhunderts neu aufgebaut werden musste. Um 1820 zählte<br />
der Markt <strong>Leobersdorf</strong> bereits 140 Häuser.<br />
DAS ÄLTESTE<br />
GEBÄUDE<br />
LEOBERSDORFS …<br />
… ist die Nowak-Mühle, die bereits<br />
1466 urkundlich erwähnt wurde.<br />
Davor war das Gebäude vermutlich schon als<br />
landwirtschaftlicher Hof existent<br />
und könnte auf ein römisches Gutshaus<br />
zurückgehen. Möglicherweise älter ist<br />
nur das „Halterhaus“ – ein genaues<br />
Errichtungsdatum ist allerdings<br />
nicht verbrieft.<br />
2.700<br />
44<br />
329<br />
Hunde sind in<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
registriert<br />
583<br />
Wohnungen sind<br />
Gemeindewohnungen<br />
1.200<br />
Gebäude stehen<br />
in etwa auf<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Gemeindegebiet<br />
Haushalte gibt es in<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
Wohnungs.Markt
Gemeindegebiet im Wandel der Zeit<br />
Quelle: Örtliches Entwicklungskonzept,<br />
hadlerbishausdorfarchitekten 2009<br />
1832<br />
Das Zentrum ist auf Marktplatz und Hauptstraße<br />
beschränkt. Der Ortskern befand <strong>sich</strong> vermutlich<br />
zwischen den beiden Triestingbrücken.<br />
1313<br />
Das <strong>Leobersdorf</strong>er Gebiet weitet <strong>sich</strong> aus:<br />
Es besteht bereits ein Friedhof und in Siebenhaus<br />
und Hirtenberg entstehen Siedlungen.<br />
Die Bebauung dehnt <strong>sich</strong> sternförmig aus.<br />
39 Mio.<br />
3.500<br />
Wohnungen<br />
in Niederösterreich<br />
haben LeoVital<br />
zum Vorbild<br />
4.790<br />
Menschen hatten<br />
Mitte 2013<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
ihren Hauptwohnsitz<br />
9,5 Mio.<br />
kWh Strom<br />
verbrauchen alle<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Haushalte / Jahr<br />
kWh<br />
Heizenergie<br />
verbrauchen alle<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Haushalte / Jahr<br />
45<br />
Wohnungs.Markt
Maßgeschneiderte<br />
Wärme für Ihr zu Hause<br />
46<br />
Wohnungs.Markt<br />
ELCO AUSTRIA GmbH Telefon: 02256 / 63999<br />
Aredstraße 16–18 Mail: info@at.elco.net<br />
2544 <strong>Leobersdorf</strong> Web: www.elco.at
Wohn-Gemeinschaft<br />
2.139<br />
2.700 Menschen wohnen in 206 Häusern<br />
ø 13 Personen pro Haus<br />
3.400 Menschen wohnen in 690 Häusern<br />
ø knapp fünf Personen<br />
4.790 Menschen wohnen in 2.700 Haushalten<br />
ø knapp zwei Personen<br />
n<br />
alte<br />
te<br />
t<br />
<strong>Leobersdorf</strong>erInnen<br />
waren 2010<br />
erwerbstätig<br />
1.995<br />
1885<br />
1965<br />
2013<br />
Menschen pendelten<br />
aus anderen Gemeinden<br />
zum Arbeiten<br />
nach <strong>Leobersdorf</strong><br />
Wer arbeitet, soll auch wohnen können<br />
1.660<br />
<strong>Leobersdorf</strong>erInnen<br />
pendelten zu ihrem<br />
Arbeitsplatz außerhalb<br />
der Gemeinde<br />
479<br />
Der Bedarf an Wohnungen ist auch heute<br />
ungebrochen, da <strong>Leobersdorf</strong>er Unternehmen<br />
durch ihre rege Wirtschaftstätigkeit<br />
begehrte Arbeitgeber sind. Zahlreiche<br />
Betriebsansiedelungen vermehren immer<br />
wieder die Zahl der Arbeitsplätze. Seit<br />
Jahrzehnten verzeichnet der Ort mehr Einpendler<br />
als Auspendler. Das hat natürlich<br />
auch Auswirkungen auf die restliche Inf-<br />
rastruktur: Plätze in Kindergärten müssen<br />
geschaffen werden, die Verkehrsströme<br />
dementsprechend gelenkt und auch die Einkaufsmöglichkeiten<br />
erweitert werden. Nicht<br />
zuletzt soll auch den heimischen Jugendlichen,<br />
die <strong>von</strong> Zuhause ausziehen wollen,<br />
Wohnraum geboten werden, damit sie in<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ansässig bleiben.<br />
Einen großen wirtschaftlichen Aufschwung<br />
und damit einen Zuzug <strong>von</strong> Bewohnern<br />
brachte bereits die Errichtung der Südbahn<br />
1841. Doch eine außergewöhnlich intensive<br />
Bau tätigkeit verzeichnete <strong>Leobersdorf</strong> erst<br />
ab 1885. Einen wichtigen Höhepunkt markiert<br />
das Jahr 1893, als die sogenannten<br />
Arbeiter-Kolonie-Häuser, besser bekannt<br />
unter „Gebäu“, seitens des damaligen sitzers der LMF errichtet wurden. Danach<br />
wurde die Bebauung vom alten Ortskern<br />
aus stern förmig fortgesetzt. Schon<br />
1908 wurden im Gemeindeausschuss<br />
Be-<br />
Gemeinde wohnhäuser beantragt, denn die<br />
Wohnungsnot war enorm.<br />
Es entstanden vor allem einzelne Ein- oder<br />
Mehrfamilienhäuser, bevor ab den 1950er<br />
Jahren der Bau <strong>von</strong> Wohnhausbauten<br />
seitens Genossenschaften verstärkt vorangetrieben<br />
wurde. Seit den 1980er Jahren<br />
schafft neben der Gemeinde auch der<br />
private Bauträger AURA Wohnraum in<br />
<strong>Leobersdorf</strong>. 2002 hat der AURA-Chef und<br />
ehemalige Bürgermeister Anton Bosch das<br />
Unternehmen in <strong>Leobersdorf</strong> ange siedelt.<br />
arbeiteten innerhalb<br />
der Gemeinde<br />
128<br />
hatten ihre Arbeitsstätte<br />
am<br />
Wohngrundstück<br />
47<br />
Wohnungs.Markt
Der Markt <strong>Leobersdorf</strong><br />
hat die Verkehrsrechnung<br />
‚MIT dem Wirten‘<br />
ge<strong>macht</strong>.<br />
48<br />
Im Gespräch:<br />
ASFINAG-Vorstand Dr. Klaus Schierhackl und<br />
Feuerwehr-Kommandant Werner Heiden.<br />
Markt.Platz
Markt.Platz<br />
Flüssiger & <strong>sich</strong>erer Verkehr –<br />
was den Markt-Motor<br />
am Laufen hält<br />
Waren + Menschen<br />
= Verkehr!<br />
Die „<strong>Leobersdorf</strong>er“-Bahn erschloss im 19. Jahrhundert das Triestingtal erstmals<br />
für den industriellen Güterverkehr. In den frühen 1960er-Jahren war der Autobahnanschluss<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ein Wegbereiter der individuellen Motorisierung<br />
auf der Südstrecke. Und in den letzten fünf Jahren eroberten <strong>sich</strong> die Fußgänger<br />
im „Shared Space“ des neu gestalteten <strong>Leobersdorf</strong>er Rathausplatzes wieder<br />
Bewegungsfreiheit. Einkaufen <strong>macht</strong> mehr Spaß, wenn’s nicht staut. ››<br />
49<br />
Markt.Platz
ÜBER LEOBERSDORF LIEF IMMER<br />
SCHON DIE WICHTIGE VERKEHRS-<br />
VERBINDUNG VON DER SÜDSTRECKE<br />
ZUM TRIESTING- UND TRAISENTAL.<br />
Klaus Schierhackl<br />
50<br />
„Düdeldü – Düdeldü“, ja es gibt sie: die Straßen-<br />
und Ortsnamen, die ihre Bekanntheit vor allem<br />
den Durchsagen im Radio-Verkehrsfunk <strong>von</strong> Ö 3<br />
oder Privatsendern zu verdanken haben. Südosttangente,<br />
Vösendorf oder Kaisermühlentunnel –<br />
alles Namen, die mit Unfällen oder Überlastung,<br />
aber jedenfalls mit langen Wartezeiten im<br />
Straßenverkehr verbunden sind. <strong>Leobersdorf</strong> ist<br />
historisch einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte<br />
im Süden <strong>von</strong> Wien und zählt dennoch<br />
nicht zu dieser Reihe der ‚Staubekanntschaften‘.<br />
Kein Glücksfall, sondern Lohn zielorientierter<br />
Zusammenarbeit.<br />
ANFANG UND ENDE<br />
Anfang der 1960er-Jahre war <strong>Leobersdorf</strong> sogar so<br />
etwas wie der „Nabel der Autobahnwelt“ im Süden<br />
<strong>von</strong> Wien. Fast eineinhalb Jahre lang (<strong>von</strong> Mai<br />
1962 bis Dezember 1963) endete oder begann<br />
die Süd autobahn A 2 in <strong>Leobersdorf</strong>. Alle Fahrzeuge<br />
mussten damals in der Triestinggemeinde<br />
<strong>von</strong> der Auto bahn abfahren. Unvorstellbar, wenn<br />
das heute noch der Fall wäre, denn: Im Jahr<br />
2012 zählte der Autobahnbetreiber ASFINAG in<br />
<strong>Leobersdorf</strong> rund 75.000 Fahrzeuge im Durchschnitt<br />
pro Tag. Etwas weniger als jedes zehnte<br />
Fahrzeug, das <strong>Leobersdorf</strong> passierte (6.200), war<br />
ein Lkw.<br />
Für Klaus Schierhackl, als ASFINAG-Vorstand<br />
oberster Autobahn- und Schnellstraßenhüter<br />
Österreichs, ist das kein Zufall: „Über <strong>Leobersdorf</strong><br />
lief immer schon DIE wichtige Verkehrsverbindung<br />
<strong>von</strong> der Südstrecke zum Triesting- und<br />
Traisental. Sie verbindet das südliche Niederösterreich<br />
mit der Landeshauptstadt St. Pölten.“<br />
Schierhackl, der nur 25 Kilometer <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong><br />
entfernt in Alland zu Hause ist, kennt die<br />
Strecke wie seine Westentasche. „Ich bin früher<br />
viel mit dem Lkw gefahren, um mir mein<br />
Studium zu finanzieren. Der Güterverkehr über<br />
<strong>Leobersdorf</strong> durch das Triestingtal hat zwar abgenommen,<br />
weil die B 18 für die Lkw-Durchfahrt<br />
mittlerweile gesperrt ist. Pkw frequentieren die<br />
Route nach wie vor sehr stark.“ ››<br />
DR. KLAUS SCHIERHACKL<br />
Der ASFINAG-Vorstand wurde am<br />
11. Februar 1968 in Mödling geboren, wo er später<br />
die HTL, Abteilung Maschinenbau, besuchte.<br />
Nach einer Tätigkeit in der logistikbezogenen Unternehmensberatung<br />
war der studierte Betriebswirt ab<br />
1997 als Abteilungsleiter Maut bei der ASFINAG tätig und<br />
stieg 2005 zum Geschäftsführer der ASFINAG Maut Service<br />
GmbH auf. Am 25. Oktober 2007 erfolgte Schierhackls<br />
Bestellung zum Vorstandsdirektor der ASFINAG. In dieser<br />
Position verantwortet er heute primär die Aufgaben<br />
der Finanzierung, des Rechnungswesens und Controllings,<br />
das Mautwesen sowie das internationale<br />
Geschäft. Er lebt mit seiner Frau und einem<br />
gemeinsamen Sohn in Alland.<br />
Markt.Platz
WO WIRTSCHAFT PASSIERT, FLIESST VERKEHR<br />
Am Markt findet ein Austausch <strong>von</strong> Waren, Personen<br />
und Geld statt. Dazu muss der Verkehr fließen. Dass<br />
allein schon ein Autobahnanschluss einen guten<br />
Wirtschaftsstandort herbeizaubert, glaubt Schierhackl<br />
dennoch nicht. „Sie können keine Auto bahn<br />
ins Niemandsland bauen und dann darauf war-<br />
ten, dass <strong>sich</strong> dort Betriebe ansiedeln. Im Gegen teil:<br />
Dort, wo <strong>sich</strong> bereits wirtschaftlich etwas tut, und<br />
wo auch Interesse besteht, werden durch den Autobahnbau<br />
die Verkehrsströme gebündelt, fokussiert<br />
und flüssig gehalten.“<br />
<strong>Leobersdorf</strong> sei da ein gutes<br />
Beispiel, sagt der ASFINAG-Boss:<br />
„Weil hier die<br />
Flächen einfacher zu erschließen sind und weil<br />
es klimatische Vorteile gibt, wird in der Thermenregion<br />
eben schon seit Jahrhunderten erfolgreich<br />
Handel getrieben. Die Römer sind hier nicht umsonst<br />
im Bad gesessen.“ Sie mussten allerdings noch<br />
auf leistungsfähige Verkehrswege verzichten – diese<br />
kamen erst später.<br />
ICH SEH’ LEOBERSDORF<br />
UND BIN SCHON FAST ZU HAUS’!<br />
Klaus Schierhackl<br />
Die Region ist klimatisch bekanntlich bevorzugt.<br />
Günstige Temperaturen und fehlende Steigungen<br />
bringen auch den Verkehrsteilnehmern Vorteile.<br />
„Das hat natürlich auch Auswirkungen auf unseren<br />
Winterdienst und die Wartung der Autobahn<br />
allgemein. Und wenn doch einmal etwas passiert,<br />
klappt die Zusammenarbeit mit den Leobers dorfer<br />
Rettungsorganisationen perfekt“, sagt Klaus Schierhackl<br />
mit Blick auf sein Gegenüber in der Einsatzzentrale<br />
der <strong>Leobersdorf</strong>er Feuerwehr, Kommandant<br />
Werner Heiden. Etwas öfter als einmal die<br />
Woche – im Schnitt 65-mal pro Jahr – rückt die FF<br />
<strong>Leobersdorf</strong> zu einem Einsatz auf der A 2 aus. „Im<br />
Straßeneinsatz sind wir dazu da, Gefahrensituationen<br />
rasch zu entschärfen und dafür zu sorgen,<br />
dass die restlichen Verkehrsteilnehmer wieder ungehindert<br />
dorthin kommen, wo sie hin müssen“, beschreibt<br />
Heiden den Auftrag seiner rund 70 aktiven<br />
Freiwilligen starken Truppe. ››<br />
Die Verkehrsader A 2 vom<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er FF-Turm aus im Blick.<br />
(Schierhackl mit FF-Kommandant Heiden)<br />
ASFINAG-VORSTAND DR. KLAUS SCHIERHACKL<br />
BLICKT AUF LEOBERSDORF<br />
IM O-TON<br />
Kurventechnik für die heikle Fracht<br />
Die Fracht, die ich damals hauptsächlich geladen<br />
hatte, war Vöslauer Mineralwasser. Die Flaschen<br />
waren aus Glas. Die richtige keit mit dieser Ladung beim Auffahren auf die<br />
Kurvengeschwindig-<br />
A 2 herauszufinden, war schon ganz spannend.<br />
Meine Fracht sollte ja – genauso wie ich – auf der<br />
Fahrbahn bleiben. Die Böschung wollte ich lieber<br />
nicht genauer kennenlernen.<br />
Der Studentenjob im Lkw<br />
Als ich in den 1980er-Jahren mit dem Lkw gefahren<br />
bin, war <strong>Leobersdorf</strong> natürlich schon<br />
lang nicht mehr der offizielle Endpunkt der<br />
Autobahn. Rein <strong>von</strong> der Psychologie her, hatte<br />
für mich das Schild ‚<strong>Leobersdorf</strong>‘ aber schon<br />
emotio nale Bedeutung. Der Stellplatz meines<br />
Lkw lag in Pottenstein, beim Fuhrwerksunternehmen<br />
Sonnleitner. 15 Minuten waren es in der<br />
Früh bis zur Autobahn und dort wusste ich – jetzt<br />
geht’s richtig los. Am Abend war wiederum klar:<br />
Wenn ich den Schriftzug ‚<strong>Leobersdorf</strong>‘ seh‘, bin<br />
ich praktisch schon zu Haus’.<br />
Mit dem Traktor in neue Sphären<br />
Auf dem Weg zu meiner Traktor-Service-Werkstatt<br />
fahre ich in meiner Freizeit <strong>von</strong> Alland aus<br />
immer wieder einmal durch <strong>Leobersdorf</strong> – auch<br />
über den neuen Hauptplatz. Das Shared-Space-<br />
Verkehrs konzept gefällt mir gut. Die Verkehrsschilder<br />
sind mir bis jetzt überhaupt nicht abgegangen.<br />
Ich darf nur nicht zu schnell werden und<br />
muss rechtzeitig auf die 20 km / h ab bremsen.<br />
Mein KUBOTA Traktor erreicht immerhin<br />
38 km / h Höchstgeschwindigkeit.<br />
51<br />
Markt.Platz
DIE BRANDSCHUTZVORSORGE<br />
TRÄGT ENORM VIEL ZUM REIBUNGS-<br />
LOSEN FUNKTIONIEREN DES<br />
WIRTSCHAFTSSTANDORTS BEI.<br />
Werner Heiden<br />
52<br />
WERNER HEIDEN<br />
Der <strong>Leobersdorf</strong>er wurde am 6. Oktober 1970<br />
geboren und lebt seither mit der Familie in seinem<br />
Heimatort. Seit 2004 ist der Hauptbrandinspektor<br />
Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr <strong>Leobersdorf</strong>, wo<br />
er schon seit 31 Jahren als Mitglied aktiv ist. Im Zivil beruf<br />
ist er beim <strong>Leobersdorf</strong>er Bauhof tätig. Daneben heißt es<br />
bei Familie Heiden einige Male im Jahr: ausg’steckt is!<br />
Denn die Familie Heiden betreibt seit über 100 Jahren<br />
Weinbau und führt auch heute noch im Familienbetrieb<br />
einen Heurigen mit ganzjährigem<br />
Flaschenweinverkauf.<br />
FEUERWEHR-„HEIMVORTEIL“ AUF DER A 2<br />
Einer der spektakulärsten Einsätze, die Heiden<br />
selbst auf der Südautobahn zu bestreiten hatte,<br />
war ein Murenabgang kurz vor der Abfahrt Wöllersdorf.<br />
„Nach schweren Regenfällen waren damals<br />
der Pannenstreifen und der erste Fahrstreifen verlegt.<br />
Da hatten wir einiges sauber zu kriegen.“<br />
Seit der Gründung der drittältesten Feuerwehr<br />
Niederösterreichs im Jahr 1862 hat <strong>sich</strong> der Charakter<br />
der Einsätze stark gewandelt, sagt Heiden. „Bei<br />
zehn Einsätzen geht es heute nur noch einmal um<br />
Brandbekämpfung. Der Rest sind technische Einsätze<br />
im Straßenverkehr oder bei Unwetterkatastrophen.“<br />
Geblieben ist jedoch die Hauptmotivation<br />
der Feuerwehr: der Schutz <strong>von</strong> Leib und Leben<br />
sowie <strong>von</strong> Hab und Gut der Menschen – allesamt<br />
Grundvoraussetzungen für das Funktionieren einer<br />
wirtschaftlichen Infrastruktur im Markt <strong>Leobersdorf</strong>.<br />
Apropos Infrastruktur: Wenn diese neu errichtet<br />
wird, finden die Sicherheits- und experten der Feuerwehr schon in der Planung<br />
Brandschutz-<br />
Gehör. „Die Brandschutzvorsorge trägt enorm<br />
viel zum reibungslosen Funktionieren des Wirt-<br />
schaftsstandorts bei“, , sagt Heiden. Für große<br />
Einkaufs zentren wie etwa „Leo“ oder „Bloomfield“<br />
am Ortsrand <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> gibt es Einsatzpläne,<br />
die auch regelmäßig geprobt werden.<br />
Heiden: „Bei einem größeren Einsatzfall arbeiten<br />
wir mit den um liegenden Feuerwehren, um<br />
auch Spezialgerät – wie etwa eine Drehleiter<br />
– einsetzen zu können.“<br />
Die Alarmierungen er-<br />
folgen über Rauchmelder, die mit der Bezirksalarmzentrale<br />
verbunden sind. Das System arbeitet<br />
verlässlich. Nur ein- bis zweimal pro Jahr<br />
rückt die Feuerwehr zu Fehlalarmen ins Einkaufszentrum<br />
aus.<br />
SINKENDE UNFALLZAHLEN STATT STAU-ÄRGER<br />
Bei Straßenneubauten ist die fachliche Meinung<br />
des einsatzerprobten Feuerwehrkommandos<br />
ebenfalls gefragt. Paradebeispiele<br />
sind für Werner Heiden der Bau der rungsstraße Richtung Sollenau sowie der Umbau<br />
der Strecke Richtung Matzendorf. „Beide<br />
Umfah-<br />
Straßenbauten haben nicht zu mehr, sondern<br />
zu weniger Unfällen geführt. Das zeigt unsere<br />
Einsatzstatistik eindeutig.“ Auch <strong>von</strong> den derzeit<br />
auf der Südautobahn laufenden Arbeiten wird<br />
der Verkehr in <strong>Leobersdorf</strong> profitieren. Die aktuelle<br />
Belagssanierung in beiden Fahrtrichtungen<br />
soll 2015 abgeschlossen sein. Danach wird<br />
voraus<strong>sich</strong>tlich mit dem Neubau der Autobahnabfahrt<br />
<strong>Leobersdorf</strong> begonnen. „Das wird unser<br />
gemeinsames An liegen erleichtern, den Verkehr<br />
flüssig und <strong>sich</strong>er zu halten“, sind <strong>sich</strong> FF-Kommandant<br />
und ASFINAG-Vorstand einig. Autobahn-Chef<br />
Schierhackl lobt die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Einsatzorganisationen: „Es ist beeindruckend,<br />
wie viele Menschen als Freiwillige bereit sind,<br />
ihre fachliche Kompetenz aber auch ihre körperliche<br />
Leistungsfähigkeit einzusetzen. Wenn ein<br />
Unfall passiert, ist die ASFINAG natürlich auch<br />
zur Stelle – aber Hilfe kommt vor allem <strong>von</strong> den<br />
Einsatzorganisationen. Feuerwehr, Rettung und<br />
Polizei, und zwar in dieser Reihenfolge. Dafür<br />
sage ich danke!“<br />
Markt.Platz
Für Sie haben wir einiges auf Lager –<br />
und noch viel mehr!<br />
Begonnen hat alles im Jahr 1999 mit zwei LKW, einem Team <strong>von</strong> sechs hoch-<br />
motivierten Mitarbeitern und der Vision, in eine altbewährte Branche<br />
unkonventionelle Ansätze, innovative Ideen und außergewöhnliche Lösungen<br />
einzubringen.<br />
Heute blicken wir auf eine rasante Entwicklung zurück, unterstützt <strong>von</strong> unseren<br />
langfristigen Kundenbeziehungen.<br />
An den zwei Standorten <strong>Leobersdorf</strong> und Weikersdorf verfügen wir über eine<br />
Lagerhallenfl äche <strong>von</strong> insgesamt über 30.000m².<br />
Von der Geschäftsführung, der Verwaltung bis hin zur LKW-Crew und den<br />
Staplerfahrern – ein motiviertes Team bringt bessere Leistungen und ist bereit,<br />
den einen oder anderen unkonventionellen Weg zu wählen wenn es darum<br />
geht, die optimale und effi zienteste Lösung für den Kunden zu erarbeiten.<br />
Wir sind stolz darauf, ein Unternehmen zu präsentieren dessen Basis ein derartiges<br />
Team aus<strong>macht</strong>.<br />
Gegründet <strong>von</strong> den Geschäftsführern Günter Wedl und Kurt Menhofer als<br />
ideale Alternative für Produktionsbetriebe im Bereich Lagerung, Transport und<br />
Logistik südlich <strong>von</strong> Wien, stieß einige Jahre später Gerfried Greylinger als<br />
geschäftsführender Gesellschafter dazu.<br />
53<br />
LZS Menhofer & Wedl GmbH<br />
Ziegelofengasse 6 – 8 | A-2544 <strong>Leobersdorf</strong><br />
Tel.: + 43 2256 65177 0 | Fax: 65177 30<br />
E-Mail: gerfried.greylinger@lzs.at | www.lzs.at<br />
Markt.Platz
Die Florianis in Zahlen<br />
2.619,75<br />
195<br />
Quadratmeter sind<br />
die Räumlichkeiten der<br />
Sicherheitszentrale<br />
groß<br />
97<br />
Einsätze mussten 2012<br />
bewältigt werden<br />
Mitglieder zählt die gemeinnützige<br />
Organisation<br />
156<br />
19<br />
da<strong>von</strong> waren technische<br />
Einsätze<br />
Mitglieder<br />
hat die Jugendfeuerwehr<br />
151<br />
Jahre ist die<br />
Freiwillige Feuerwehr<br />
<strong>Leobersdorf</strong> alt<br />
Sicherheit und Kontrolle<br />
für den Markt <strong>Leobersdorf</strong><br />
2<br />
Feuerwehren in NÖ<br />
sind älter als die<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Florianis<br />
Welche Waren in welcher Qualität zu welchen Preisen am<br />
Markt feilgeboten wurden, war nicht allein den Bauern<br />
und Händlern überlassen.<br />
Vielmehr war die Kontrolle der<br />
Marktpolizei sehr streng und wurde <strong>von</strong> der Marktherrschaft<br />
dominiert. Aufgrund der größeren Ansammlung <strong>von</strong><br />
Menschen bei den Märkten entstand ein er höhtes Sicherheitsbedürfnis.<br />
Aber so sehr <strong>sich</strong> die Menschen damals<br />
beim Einkauf auf das Urteil der behördlichen Organe stützen<br />
konnten, vor Katastrophen wie Feuersbrünsten oder<br />
feindlichen Übergriffen waren sie meist nicht gut geschützt.<br />
Die Aufrechterhaltung der Sicherheit war am Land im<br />
Wesentlichen Aufgabe der Herrschaft. Personal für den<br />
Sicherheitsdienst gab es nur bei den größeren Grundherrschaften.<br />
In Notsituationen wurden deshalb die Markttore<br />
zugemauert, die Haustüren verbarrikadiert und man zog<br />
<strong>sich</strong> in den bewehrten Turm der Pfarrkirche zurück. Alle<br />
wehrfähigen Männer mussten ausrücken, als etwa die Türken<br />
1683 einfielen oder zwischen 1796 und 1805 gegen die<br />
Franzosen gekämpft werden musste. Auch forderte 1714 ein<br />
Großbrand 73 Brandruinen, 1809 gingen 37 Objekte in den<br />
Feuerzungen unter.<br />
Sicherheit im goldenen Rahmen<br />
Doch erst sechs Jahre nachdem auch 1856 bei einem Großbrand<br />
in der Mariazeller Gasse 17 Häuser eingeäschert wurden,<br />
wurde eine Feuerwehr gegründet – dank der Begeisterung<br />
des <strong>Leobersdorf</strong>er Goldrahmenfabrikanten Eugen<br />
Hurtz. So lässt <strong>sich</strong> wohl nur in <strong>Leobersdorf</strong> eine stringente<br />
Verbindung zwischen Goldrahmen, leidenschaftlichen Turnern<br />
und der Feuerwehr nachweisen. Er integrierte sie,<br />
nach dem Vorbild der Leipziger Feuerwehr, die er bei einer<br />
Dienstreise kennenlernte, in seinen Turnverein – unter dem<br />
Namen „Freiwillige Turner-Feuerwehr“. Dann investierte er<br />
als Kommandant auch sein Privatvermögen, um Geräte anzuschaffen.<br />
Die ersten Feuerwehrmänner waren Gewerbetreibende<br />
und Hausbesitzer.<br />
Einige Requisiten aus diesen alten Zeiten fanden auch in<br />
der neuen Sicherheitszentrale Platz, die die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Feuerwehr 2003 gemeinsam mit der Polizei bezog. 600 Quadratmeter<br />
des neuen Gebäudes stehen der Exekutive in<br />
<strong>Leobersdorf</strong> zur Verfügung. Sie ist nicht ausschließlich für<br />
<strong>Leobersdorf</strong>, sondern auch für die Sicherheit in Schönau-<br />
Siebenhaus und Kottingbrunn zuständig. Als erstmals 1880<br />
in <strong>Leobersdorf</strong> ein Gendarmerieposten eingerichtet wurde,<br />
war das zu <strong>sich</strong>ernde Gebiet allerdings noch größer: Es umfasste<br />
auch Lindabrunn, Enzesfeld, Hirtenberg, Günselsdorf<br />
und Schönau.<br />
54<br />
Markt.Platz
Seit über 50 Jahren im Eiltempo nach Wien<br />
1959 erfolgte der Spatenstich für die<br />
Autobahn A 2. Nur drei Jahre später, am<br />
26. Mai 1962, konnte das erste Teilstück<br />
zwischen Vösendorf und <strong>Leobersdorf</strong><br />
offiziell übergeben werden.<br />
Der NÖ Landeshauptmann und Staatsvertrags-Außenminister<br />
Leopold Figl,<br />
eröffnete hier die <strong>Leobersdorf</strong>er Autobahnauffahrt.<br />
Ein beziehungsweise<br />
zwei Jahre Bauzeit später führte die<br />
A 2 dann bis Wöllersdorf und bis zum<br />
Knoten Wr. Neustadt.<br />
75.000<br />
Der Verkehr nach Süden boomte bald.<br />
Schon Ende der 1960er Jahre zählte<br />
der Stau am Sonntagabend in Fahrtrichtung<br />
Wien zum gewohnten Bild.<br />
Man musste zu Spitzenzeiten auf die<br />
Triester Bundesstraße oder die Weinstraße<br />
ausweichen.<br />
Während für die <strong>Leobersdorf</strong>er die<br />
eigene Autobahnanbindung also<br />
schnell Gewohnheit war, mussten andere<br />
37 Jahre länger darauf warten:<br />
Erst dann wurde bei Klagenfurt die<br />
letzte Lücke geschlossen, die heute<br />
bei Arnoldstein an die italienische<br />
Bundesautobahn anschließt. Über<br />
den Autobahnabschnitt <strong>von</strong> Baden<br />
bis <strong>Leobersdorf</strong> – in beide Richtungen<br />
– fuhren im Jahr 2012 im Schnitt<br />
75.000 Kraftfahrzeuge pro Tag. Der<br />
Lkw-Anteil lag bei rund 6.200 Fahrzeugen.<br />
Um den Pendlern die Möglichkeit zu<br />
bieten, Fahrgemeinschaften zu bilden,<br />
wurde Anfang 2013 eine Park &<br />
Drive-Anlage am Kreuzungspunkt der<br />
A 2-Anschlussstelle <strong>Leobersdorf</strong> mit<br />
der Landesstraße B 18 Hirtenberger<br />
Straße in Betrieb genommen. Hier<br />
stehen nun insgesamt 90 zusätzliche<br />
Pkw-Stellplätze zur Verfügung.<br />
Kraftfahrzeuge fuhren<br />
im Durchschnitt 2012 bei <strong>Leobersdorf</strong><br />
in beiden Richtungen über die A 2<br />
377<br />
6.200<br />
LKW waren 2012<br />
durchschnittlich pro Tag<br />
auf der A 2 unterwegs<br />
Kilometer ist die<br />
Süd-Autobahn lang und ist<br />
damit die längste Autobahn<br />
Österreichs<br />
131<br />
Straßen<br />
gibt es in <strong>Leobersdorf</strong><br />
44<br />
Kilometer<br />
ist das <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Straßennetz lang<br />
5 29,3<br />
56<br />
Bundesländer<br />
werden <strong>von</strong> der A 2<br />
durchkreuzt:<br />
Wien,<br />
Niederösterreich,<br />
Burgenland,<br />
Steiermark,<br />
Kärnten<br />
Kilometer<br />
nach dem Beginn der A 2<br />
liegt die Anschlussstelle<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
Markt.Platz<br />
Quelle: ASFINAG Verkehrszählung,<br />
Marktgemeinde <strong>Leobersdorf</strong>
WUSSTEN SIE,<br />
DASS IN LEOBERSDORF<br />
AUCH DIE STRASSE<br />
CHRONIK IST?<br />
Wollen Gäste mehr über die Gemeinde<br />
wissen, reicht ein Blick auf den Boden. In<br />
der Mitte der Hauptstraße im Ortzentrum<br />
wurden in die Regenabfluss-Abdeckungen<br />
Daten und Fakten über die Geschichte,<br />
die Entfernungen zu anderen<br />
Städten und die Institutionen<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s eingepflegt.<br />
Halt! Maut!<br />
Exakt 80,60 Euro. So hoch ist hierzulande die Gebühr für die Autobahn-Benutzung für<br />
Pkw pro Jahr. Doch schon sehr lange Zeit vor der Einführung der Vignette 1997 war das<br />
Reisen auf <strong>Leobersdorf</strong>s Straßen kostenpflichtig. Ab dem 13. Jahrhundert wurden bereits<br />
Ge bühren eingehoben. In einer Urkunde der Herrschaft Enzesfeld aus dem Jahr 1370 wird<br />
die <strong>Leobersdorf</strong>er Wegmaut das erste Mal erwähnt. Zwei mittelalterliche Einhebungsstellen<br />
dürften damals existiert haben – eine am Neustädter Tor, eine weitere am Badener Tor.<br />
Man vermutet nach verschiedenen Angaben, dass <strong>sich</strong> diese an der heutigen Hauptstraße<br />
und zwar an den Kreuzungen Mühlgasse beziehungsweise Feldgasse befunden haben. Ebenso<br />
weiß man <strong>von</strong> einem Hirtenberger Mautschranken, gegenüber dem <strong>sich</strong> bis 1870 das<br />
Mauthaus befand. Dort wurden Transitzölle für Vieh aus Ungarn eingeboben, die auch zur<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Maut gehörten.<br />
Ähnlich wie heute sollten die Mautzölle der Instandhaltung der Straßen und Brücken sowie<br />
der Finanzierung des Geleitschutzes dienen. Dem war aber nicht immer so, zumal mancher<br />
Mautinhaber die Gebühren als mühelose Einnahmequelle verzeichnete und die Infrastruktur<br />
verfallen ließ. Mit der Markterhebung ging dann die Maut zumindest teilweise an die Gemeinde,<br />
welche dann für die notwendigen Reparaturen und Investitionen zu sorgen hatte.<br />
57<br />
Markt.Platz
Anna Edler-Friedrich,<br />
bekannt für ihre Goldhaube,<br />
schätzt die Geselligkeit<br />
beim Parkheurigen.<br />
58<br />
Im Gespräch:<br />
Obmann des Trachten- und Heimatvereins<br />
Leobers dorf-Kottingbrunn „d’Triestingtaler“,<br />
Franz Schlager<br />
Markt.Wappen
Markt.Wappen<br />
Über die Identität der Leobers-<br />
dorfer & ihre unverwechselbaren<br />
Merkmale<br />
Tradition<br />
im Wechselschritt<br />
„Geht’s nur her Burschen, i zeig’ eich wie des geht!“ Mit dieser Aufforderung<br />
winkte Leopold Baumgartner senior damals, beim Bauernball 1992, eine Gruppe<br />
junger <strong>Leobersdorf</strong>er zu <strong>sich</strong> her, die <strong>sich</strong> am Rand der Tanzfläche drängte. Gut<br />
zuschauen sollten sie einmal, dann würden sie den Bandltanz auch bald erlernen<br />
und mit den Mädeln das Tanzbein schwingen können. Ob er damals vermutet<br />
hatte, dass genau diese Burschen es sein würden, die den traditionellen Trachtenund<br />
Heimatverein wiederbeleben und bis heute fortführen würden? ››<br />
59<br />
Markt.Wappen
Trachtenvereins-Obmann Schlager (Mitte) schwingt mit<br />
Andrea Nöbel (rechts) und Barbara Spies im Takt der Volksmusik<br />
60<br />
Einer dieser jungen <strong>Leobersdorf</strong>er Burschen<br />
war Franz Schlager. Seit 2005 ist er der Obmann<br />
<strong>von</strong> „d’Triestingtaler“ und beschreibt <strong>sich</strong> selbst<br />
manchmal als Steuermann, der gerne Verant-<br />
wortung übernimmt und die Fäden im Verein<br />
zieht. „Ja, der Leopold Baumgartner senior hat<br />
uns damals das Volkstanzen gelernt. Ihn konnte<br />
nicht einmal sein Holzfuß aus dem Takt bringen“,<br />
schildert Schlager aus längst vergangenen<br />
Zeiten. „Er war lange Zeit der Obmann vom<br />
Trachtenverein. Das wussten wir Jungen aber<br />
nicht, da der Verein gerade keine aktiven Tänzer<br />
hatte.“ Vor allem das Fehlen eines Musikanten in<br />
der Gruppe schränkte die Vereins tätigkeiten einige<br />
Jahre lang ein. Doch dann entdeckten einige<br />
junge Leute die Freude am traditionellen Tanzen<br />
wieder und mit der Vereinigung ging es auf einmal<br />
wieder rasch bergauf: Neun Pärchen fanden<br />
<strong>sich</strong> zusammen, neue Lederhosen wurden beim<br />
Aspanger Schneider Petzold bestellt und Dirndln<br />
genäht – rosarot mit vielen Ösen und Goscherln,<br />
also feinen Rüschen, die den Ausschnitt zieren.<br />
Und das Volkstanzen boomte wieder in <strong>Leobersdorf</strong>.<br />
››<br />
FRANZ SCHLAGER<br />
Nachdem er bereits seit 21 Jahren aktives Mitglied<br />
ist, hat Franz Schlager nun seit dem Jahr 2005 das Amt<br />
des Obmanns im Trachten- und Heimatverein <strong>Leobersdorf</strong>-Kottingbrunn<br />
inne. Der gebürtige <strong>Leobersdorf</strong>er kam<br />
am 28. Mai 1965 zur Welt und ist am Bauernhof mit zwei<br />
Geschwistern aufgewachsen. Er ist beruflich als Material-<br />
entwickler tätig und nebenbei auch in anderen Vereinen,<br />
wie der Freiwilligen Feuerwehr, aktiv, wo er <strong>sich</strong> in<br />
zahlreichen Ämtern einbringt. Mit seiner Frau Sabine<br />
und den zwei Töchtern lebt er in der Heroldgasse.<br />
Markt.Wappen
„KRAMPFADERNGESCHWADER“<br />
AUF DER TANZ FLÄCHE<br />
Kaum eine traditionelle Veranstaltung – vom Jahrmarkt<br />
im Mittelalter bis zum Kirtag heute – kam<br />
und kommt ohne Brauchtum aus, denn das Ein-<br />
kaufen am Markt sollte schon vor Jahrhunderten<br />
ein unterhaltsames Erlebnis sein. So entwickelten<br />
<strong>sich</strong> Bräuche wie der Volkstanz, der eben den terschied zum Alltag aus<strong>macht</strong>e.<br />
„Bis ins Jahr 2000<br />
traten wir sehr eifrig mit diesen neun Paaren auf“,<br />
erzählt Schlager. Dafür wurde montags immer ge-<br />
übt. Zuerst gab Leopold Baumgartner senior noch<br />
den Takt an, später übernahm sein Sohn Leopold<br />
Baumgartner junior die Leitung. Sogar eine Kindertanzgruppe<br />
wurde gegründet, die fast 30 kleine<br />
Tänzerinnen und Tänzer zählte. Schlager erinnert<br />
Un-<br />
<strong>sich</strong> an Zeiten, als die Mädchen im Verein gemäß<br />
der alten Regeln des zuständigen Landesverbands<br />
eigentlich gar keinen Schuhplattler tanzen durf-<br />
ten – es aber trotzdem taten: Unter dem Namen<br />
„Krampfaderngeschwader“ sorgten sie für launige<br />
Mitternachtseinlagen.<br />
„Aber wie das halt so ist bei<br />
einem Boom: Das hält ein paar Jährchen, dann geht<br />
das Interesse wieder zurück. Das wiederholte <strong>sich</strong> in<br />
der Vereinsgeschichte immer und immer wieder –<br />
wie das Hin und Her beim Wechselschritt“, ergänzt<br />
das <strong>Leobersdorf</strong>er Original. „Auch heute könnten<br />
der Zustrom und die aktive Tätigkeit im Verein stärker<br />
sein“, gibt Obmann Schlager unumwunden zu.<br />
„Die meisten haben kaum mehr Zeit dazu und ich<br />
glaube, die Jugend erwartet <strong>sich</strong> nur wenig Action<br />
am Tanzparkett.“<br />
JA, DER LEOPOLD BAUMGARTNER<br />
SENIOR HAT UNS DAMALS<br />
DAS VOLKSTANZEN GELERNT.<br />
IHN KONNTE NICHT EINMAL SEIN HOLZ-<br />
FUSS AUS DEM TAKT BRINGEN.<br />
Franz Schlager<br />
VEREINSMEIEREI À LA LEOBERSDORF<br />
Mehr Action und Nervenkitzel glauben die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Jugendlichen vermutlich bei der Feuerwehr<br />
zu bekommen. Auch dort ist Franz Schlager enga-<br />
giert und stets in Einsatzbereitschaft, denn: „Am<br />
Ende geht es doch immer um das Füreinander-da-<br />
Sein in einer Gemeinde. Ich helfe dir und du hilfst<br />
mir. Das ist den <strong>Leobersdorf</strong>ern wichtig“, ist Schlager<br />
überzeugt. „Deshalb werden die Vereine bei uns<br />
groß geschrieben. Hauptsache ist, man engagiert<br />
<strong>sich</strong>.“ So wie Leopold Baumgartner senior zum Beispiel.<br />
Er war 1956 eines der Gründungsmit glieder<br />
des niederösterreichischen Landesverbandes der<br />
Volkskultur, der <strong>sich</strong> auch heute noch um die Erhaltung<br />
<strong>von</strong> Tanz, Musik, Trachten, Brauchtum,<br />
altertümlichen Lebensweisen, Arbeitsweisen und<br />
-geräten kümmert. Und dass <strong>sich</strong> die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
gerne mit ihrer Gemeinde identifizieren und das<br />
auch nach außen hin zeigen, da<strong>von</strong> zeugt die Beliebtheit<br />
der <strong>Leobersdorf</strong>er Tracht, die <strong>von</strong> ihren<br />
Trägern immer wieder neu erfunden wird. In den<br />
letzten zwei Jahren entstanden etwa ein eigener <strong>Leobersdorf</strong>-Janker<br />
für die Herren und eigene Dirndln<br />
für die Damen. ››<br />
61<br />
Markt.Wappen
62<br />
LEBHAFTE, JUNGE TRACHT<br />
Eine <strong>Leobersdorf</strong>er Tracht, im 21. Jahrhundert<br />
neu erfunden? „Ja, darf‘s das denn geben?“, fragt<br />
<strong>sich</strong> wohl so mancher. Denn Dirndln, Lederhosen<br />
und Trachten werden gemeinhin mit<br />
Werten verbunden, wie: althergebrachte Tradition,<br />
regionale Identität und solide Handarbeit.<br />
„Natürlich geht das“, ist Schlagers Antwort.<br />
„Starre ist da fehl am Platz. In unserem Verein,<br />
genau wie überall sonst, geht die Kleidung mit<br />
dem Wandel der Zeit und den Bedürfnissen.“<br />
Schon im Mittelalter gab es eine unglaubliche<br />
Vielfalt an Trachten, die Mode- und Standes-<br />
gesetzen folgten. So geht es auch bei der neuen<br />
Tracht aus 2013 darum, die <strong>Leobersdorf</strong>er in<br />
ihrem Selbstverständnis als moderne, lebhafte<br />
Triestingtaler widerzuspiegeln. Auch wenn der<br />
Grund für die Ablöse der rosafarbenen Tracht<br />
des Trachten- und Heimatvereins <strong>Leobersdorf</strong>-<br />
Kottingbrunn aus den 90er-Jahren ein ganz profaner<br />
war: Der Stoff wurde einfach nicht mehr<br />
hergestellt. Der Trachtenverein hat <strong>sich</strong> rasch<br />
geeinigt, die neuen Dirndln anzuschaffen, ungeachtet<br />
dessen, dass das Design nicht <strong>von</strong> den<br />
eigenen Vereinsmitgliedern entworfen wurde.<br />
„Im Kern steckt das gemeinschaftliche Leben und<br />
das Brauchtum, das weitergegeben und er halten<br />
werden muss. Dazu gehören eben auch neue<br />
Traditionen, wie zum Beispiel der Leobers dorfer<br />
Brückenlauf. Den gibt es nun seit 13 Jahren<br />
und der ist auch schon ein fixer Event am ersten<br />
Mai“, sagt Schlager.<br />
BRAUCHTUM FÜR MORGEN<br />
So wie man im Trachten- und Heimatverein<br />
<strong>Leobersdorf</strong>-Kottingbrunn bei der Kleidung Offenheit<br />
zeigt, so spontan legt man immer wieder<br />
auch eine flotte Tanzeinlage hin, um neue Mitglieder<br />
zu gewinnen. Alteingesessene <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
genauso wie Zug’reiste und Neo-<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
will der Verein künftig anziehen. Deshalb<br />
ist es heute Franz Schlager, der schon mal zu den<br />
Jugendlichen im Ort sagt: „Na wie sieht‘s aus,<br />
hast du Zeit? Ich zeig dir mal einen Schuhplattler-Schlag.“<br />
Oder er schmeißt <strong>sich</strong> in die Lederne<br />
und ins Trachtenhemd, bindet <strong>sich</strong> den Schmies<br />
mit den blau-weißen Schnürln um und wartet<br />
an ungewöhnlichen Orten mit publikumswirksamen<br />
Darbietungen auf. Zum Beispiel im modernen<br />
Café Milano, vis à vis vom Schuhhaus<br />
Zottl, oder in der Disco Bolero. Da schunkeln<br />
heimische wie internationale Gäste im Takt des<br />
Schuhplattlers oder einer Bayrisch-Polka, genannt<br />
„Boarischen“, mit. Vielleicht wird Schlager<br />
bald Organisator <strong>von</strong> traditionellen Flashmobs<br />
im Wechselschritt. Denn fürs Brauchtum tanzt er<br />
auch gern mal aus der Reihe und wartet ge duldig<br />
auf den nächsten Boom. Denn der kommt in<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ganz bestimmt.<br />
Der Verein 1993 in neuer Tracht.<br />
Der Trachten- und<br />
Heimatverein<br />
<strong>Leobersdorf</strong>-Kottingbrunn<br />
Der heutige Trachten- und Heimatverein „d’Triestingtaler“<br />
wurde im Jahre 1919 <strong>von</strong> Alvin Matschin, Peter Scharler<br />
sowie Alois und Frank Wolfsbauer unter dem Namen „Ge-<br />
birgstrachten-, Erhaltungs- und Schuhplattler Ortsgruppe<br />
<strong>Leobersdorf</strong>“ gegründet. In dieser wirtschaftlich und sozial<br />
schwierigen Zeit fand der Verein regen Zulauf und bald<br />
wurde eine einheitliche Bekleidung eingeführt. Diese bestand<br />
bei den Männern aus einer grauen, kurzen Lederhose,<br />
einem weißen Hemd und einem Bünd’l. Die Frauen trugen<br />
ein Dirnd’l mit schwarzem Oberteil, rotem Rock, weißer<br />
Bluse und Schürze und buntem Schultertuch. In den Jahren<br />
1935 bis 1946 wurde jedoch jede Form <strong>von</strong> Gruppierungen,<br />
so auch dieser Verein, verboten. Ab 1947 wurde die Vereinstätigkeit<br />
wieder aufgenommen und es konnten zahl reiche<br />
Tanzpaare – auch aus der jüngeren Bevölkerung – für<br />
den Verein gewonnen werden. Anlässlich des 60-jährigen<br />
Jubiläums hat er den Beschluss für eine neue, einheitliche<br />
Tracht gefasst. Sie wurde händisch <strong>von</strong> den Frauen Baumgartner,<br />
Hütter, Koizar, Parzer und Stikolorum angefertigt.<br />
Auch die Burschen wurden mit neuen Lederhosen eingekleidet.<br />
Am 21. Dezember 1978 bestand der Verein bereits aus<br />
124 Mit gliedern, wo<strong>von</strong> 16 aktiv dem Verein angehörten. 1989<br />
erreichte man dann den historischen Höchststand mit fast<br />
300 Mitgliedern. Heute, im Jahr 2013, unterstützen immer noch<br />
zahlreiche Mitglieder den Verein, während da<strong>von</strong> vier bis<br />
fünf Tanzpaare immer wieder bei Auftritten im Einsatz sind.<br />
Foto: zVg<br />
Markt.Wappen
Dirndl<br />
ohne Tradition?<br />
„Tracht“ kommt vom althochdeutschen<br />
Wort „traht(a)“ beziehungsweise<br />
dem mittelniederdeutschen<br />
„dracht“. Es steht für das, was getragen<br />
wird. Die meisten Volkstrachten sind<br />
bezüglich Farbe, Schnitt, Stoffwahl<br />
und Art des Tragens genau definiert.<br />
„Dirndln“, wie sie heute modern<br />
sind, wurden zwar durch regionale<br />
Trachten geprägt, haben aber ursprünglich<br />
keinen bestimmten re-<br />
gionalen Bezug und waren ein rein<br />
städtisches Modephänomen. Anfangs<br />
noch Dienstbotentracht, waren sie um<br />
1870 in der städtischen Oberschicht<br />
als ländliche Sommerkleider in Mode.<br />
In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg<br />
waren sie die preiswerte Alternative<br />
zu den oft teuren und aufwendig<br />
gearbeiteten historischen trachten, bevor sie später für nationalsozialistisch-ideologische<br />
Zwecke zur<br />
Frauen-<br />
Schaffung einen neuen Frauentypus<br />
instrumentalisiert werden sollten.<br />
Den Kirtagbaum<br />
haben’s umg’schnitten!<br />
Foto: zVg<br />
1. Mai 2013, 5 Uhr Früh. Plötzlich schrillt der Feuerwehr pager<br />
los. Franz Schlager fährt aus dem Bett und sitzt kurz darauf<br />
im Auto, um zum Feuerwehrhaus zu eilen. Auf dem Weg<br />
dahin erreicht ihn ein Anruf <strong>von</strong> Feuer wehrkommandant<br />
Werner Heiden: „Franz, heute haben wir gleich zwei Ein-<br />
sätze! Erstens: Einen technischen wegen einem Autounfall.<br />
Und zweitens: Unseren Kirtagbaum haben’s umgeschnitten<br />
und den Wipfel ge stohlen!“<br />
Damit hatte wohl niemand gerechnet, als der Baum heuer ein<br />
paar Tage früher als normal aufgestellt wurde. „Wir fanden,<br />
dass das Schneiden, Rinden und Dekorieren des Kirtagbaums<br />
zu viel Arbeit dafür ist, dass der Baum dann nur einen<br />
Tag steht. Also stellten wir ihn schon vor dem ersten Mai<br />
beim Volksheim <strong>Leobersdorf</strong> auf. Ein gravierender Fehler,<br />
wie <strong>sich</strong> herausstellte.“ Trotz des Schutzes der „eisernen<br />
Jungfrau“, einer zweieinhalb Meter langen Stahlröhre, die<br />
um den Baum geklappt und mit Klampfen fixiert wird, wurde<br />
dieser auf drei Metern Höhe gekappt.<br />
Der Gipfel wurde später in Gainfarn am Hauptplatz ge<strong>sich</strong>tet.<br />
Was die Gain farner nicht wussten: Dass sie nicht<br />
den Gipfel eines Maibaums erobert, sondern eben einen<br />
Kirtagbaum geköpft hatten. Und der bringt nach den Spielregeln<br />
beim traditionellen Maibaumstehlen Unglück.<br />
63<br />
Markt.Wappen
Die Alltagstracht der <strong>Leobersdorf</strong>erinnen<br />
Die Grundfarbe der <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Alltagstracht ist Grün. Das Oberteil<br />
und der Rock werden aus Baumwoll-<br />
oder Leinenstoffen gefertigt. Für die<br />
Dekoration sorgen Streumuster mit<br />
Tupfen oder Blümchen.<br />
Das Oberteil<br />
Die Grundlage für die Oberteilform ist<br />
die alte Leibbinde, die ein Hauptmerkmal<br />
der Individualität einer Tracht<br />
darstellt. Der sogenannte Brustfleck<br />
ist ziemlich glatt, reicht <strong>von</strong> Seitennaht<br />
zu Seitennaht und wird auf eine glatte<br />
Passe aufgesetzt. Drei auf springende<br />
Einnäher geben dem „Fleck“ die<br />
nötige Weite. Das Leibchen ist vorne<br />
geknöpft – mit eigenen <strong>Leobersdorf</strong>-<br />
oder Perlmuttknöpfen. Der Arm-und<br />
Halsausschnitt des Leibchens werden<br />
mit demselben Stoff passepoiliert,<br />
während der Rücken durch zwei<br />
passepoilierte Bogennähte geteilt<br />
wird.<br />
Alltagstracht<br />
Der Rock<br />
Für den Rock der <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Alltagstracht ist der Stehfaltenzug<br />
charakteristisch. Der Rock kann mit<br />
oder ohne Kittelblech, also der etwa<br />
zehn Zentimeter breiten Bordierung<br />
an der Innenseite am unteren Ende<br />
des Dirndls, ausgeführt sein. Er muss<br />
jedenfalls zirka 20 Zentimeter vor dem<br />
Boden enden.<br />
Die Schürze<br />
Die Schürze ist wiederum aus Baumwolle<br />
oder Leinen und soll harmonisch<br />
das Oberteil ergänzen. Traditionell<br />
besteht sie aus gestreiftem Bettzeug,<br />
das hellgrundig in Blau- Grün- oder<br />
Rottönen gehalten wird. Der Saum ist<br />
etwa drei bis vier Zentimeter kürzer als<br />
der Rock.<br />
Die Bluse<br />
Bei der Bluse kann <strong>sich</strong> die Trägerin<br />
zwischen einem Modell mit Puffärmel<br />
oder für das sogenannte NÖ-Hemderl<br />
in T-Form entscheiden. Es soll <strong>sich</strong> bei<br />
Stoff jedoch um weiße Blusenwebe-<br />
Baumwolle oder auch feines Leinen<br />
handeln.<br />
Bei der Puffärmelbluse wird vorne ein<br />
runder Ausschnitt leicht gezogen und<br />
rolliert, während an der Armkugel<br />
leicht gezogene Puffärmel oder auch<br />
reichlich mit Stehfältchen gezogene<br />
Puffärmel wirken. Auch ein kurzer,<br />
nur an der Armkugel leicht gezogener<br />
Ärmel, ist möglich. Die Bluse kann mit<br />
einfachen roten oder blauen Zierstichen<br />
(zum Beispiel Kreuzstichstickerei,<br />
Bäumchenstich oder Hexenstich)<br />
ausgeziert werden und ein<br />
Monogramm und Lebensbäumchen<br />
enthalten.<br />
Oberteil<br />
64<br />
Markt.Wappen<br />
Ausziermöglichkeiten
Die Festtracht der <strong>Leobersdorf</strong>erinnen<br />
Die Schürze<br />
Die Schürze ist aus Seide oder Halbsei-<br />
de und gestreift. Die Farbe soll harmonisch<br />
abgestimmt sein. Hier dominiert<br />
die Farbe Gold, die auch mit Blau, Grün<br />
oder Rot kombiniert werden kann. Der<br />
Saum ist drei oder vier Zentimeter kürzer<br />
als der Rock.<br />
Das Oberteil<br />
Das Oberteil der <strong>Leobersdorf</strong>er Festtracht<br />
besteht aus Seide oder Halbseide<br />
und ist in <strong>sich</strong> gemustert. Es<br />
ist in gedeckten grünen, roten oder<br />
blauen Farbtönen gehalten und wird<br />
durch Streublümchen dekoriert. Das<br />
Latzleibchen wird vorne mit Häckchen<br />
geschlossen. Die Verschnürung reicht<br />
zirka bis zur halben Höhe des Latzes.<br />
Der Halsausschnitt und der vordere<br />
Latz sind entweder aus demselben<br />
Stoff und mit Blümchen bestickt aus<br />
einem harmonisch abgestimmten, gemusterten<br />
Seidenbrokat. Arm- und<br />
Halsausschnitt werden mit ein und<br />
demselben Stoff passepoiliert.<br />
Sonst dominiert eine einfache Bogennaht<br />
und ein spitzer Ausschnitt am<br />
Rücken.<br />
Der Rock<br />
Der Rock besteht aus Wollbrokat oder<br />
Wollsatin und ist an die Ausführung des<br />
Oberteils angepasst. Auch hier sind die<br />
Farben Grün, Rot und Blau und der<br />
Rock endet etwa drei oder vier Fingerbreit<br />
über dem Knöchel. Es kann zwischen<br />
der Ausführung mit oder ohne<br />
Kittelblech aus Halbseide entschieden<br />
werden, jedoch kann nicht auf einen<br />
Stehfaltenzug verzichtet werden.<br />
Die Bluse<br />
Aus weißer Blusenwebe-Baumwolle<br />
wird die Bluse gefertigt, die im Vorderteil<br />
ein runder leicht gezogener und<br />
rollierter Ausschnitt prägt. An der<br />
Armkugel sitzt ein leicht gezogener<br />
Puffärmel, der über den Ellbogen<br />
reicht oder auch mit reichlicher mit<br />
Stehfältchen ausgeführt ist. Die Bluse<br />
kann mit weißer Stickerei ausgeziert<br />
werden (etwa mit Smok- oder Hohl-<br />
saumstickerei). Zarte Klöppelspitzen<br />
dürfen die Ärmel und Halsausschnitt<br />
zieren.<br />
Ob<br />
O<br />
Oberteil<br />
Festtracht<br />
Fe<br />
F<br />
es<br />
t<br />
Eine neue Tracht für<br />
<strong>Leobersdorf</strong>!<br />
Früher ein alltägliches Kleidungsstück, heute das spezielle<br />
Outfit für besondere Anlässe: Tracht ist wieder en vogue.<br />
Das ist auch auf den <strong>Leobersdorf</strong>er Festen seit einiger Zeit<br />
zu beobachten. Damit man in der Triesting-Gemeinde aber<br />
nicht nur Mode-Dirndln in schrillen Farben mit ungewöhnlichen<br />
Schnitten trägt, wurde Anfang 2013 eine eigene Tracht<br />
für <strong>Leobersdorf</strong> entworfen und ihr Aussehen offiziell vom<br />
Netzwerk Volkskultur NÖ festgeschrieben. „Zwar trug man<br />
im Trachtenverein eine eigene traditionelle Kleidung und<br />
viele <strong>Leobersdorf</strong>er haben für <strong>sich</strong> selbst Gewänder entworfen,<br />
aber keine war bisher eine offizielle <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Tracht“, berichtet Andrea Nöbel, Leiterin des Leovital und<br />
Initiatorin der Bemühungen um ein heimisches Gewand aus<br />
Leib und Rock.<br />
Gemäß den Regeln der niederösterreichischen Tradition,<br />
angelehnt an die regionalen Überlieferungen und mit den<br />
Farben des <strong>Leobersdorf</strong>er Wappens wurden so eine Alltags-<br />
und eine Festtracht entworfen. Präsentiert wurden sie<br />
bei den Festivitäten anlässlich des 700-Jahre-Marktrecht-<br />
Jubiläums. Noch werden die Dirndln einzeln handgefertigt,<br />
wofür die heimischen Näherinnen des Vereins LeoS eigene<br />
Kurse besucht haben. Produzenten werden gesucht!<br />
65<br />
Markt.Wappen
Der <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
trägt seinen Janker!<br />
Nicht nur die <strong>Leobersdorf</strong>er Damen, sondern auch die<br />
Herren kleiden <strong>sich</strong> seit geraumer Zeit im ortsspezifischen<br />
Zwirn. Erst dachten die Mitglieder des „Ersten <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Herrrenclub“ nur an ein gemeinsames Outfit für den<br />
Stammtisch — nun wurde aus dieser Idee der erste „<strong>Leobersdorf</strong>-Janker“<br />
in den Gemeindefarben Blau, Grün und Weiß.<br />
Die ersten Trendsetter führten das identitätsstiftende<br />
Kleidungsstück mit dem Ortswappen auf den Knöpfen reits im Vorjahr aus. Pünktlich zur 700-Jahre-Marktrechtbe-<br />
Feier wird die Jacke nun <strong>von</strong> mehr als 80 stolzen Trägern<br />
offiziell ausgeführt. „Die <strong>Leobersdorf</strong>er sind eng mit ihrem<br />
Ort verbunden und deshalb sehr interessiert, <strong>sich</strong> auch<br />
kleidungstechnisch zu <strong>Leobersdorf</strong> zu bekennen“, berichtet<br />
Herrenclub-Präsident Gerhard „James“ Holzinger.<br />
BRAUCHTUM<br />
Das Wort „Brauch“ kommt vom althochdeutschen<br />
„bruh“ für Nutzen. Es bezeichnet<br />
eine innerhalb einer festen sozialen<br />
Gemeinschaft erwachsene Gewohnheit,<br />
auch Tradition genannt.<br />
Traditionelle Action am Marktfest<br />
Informationsportal, Heiratsmarkt, Jobbörse oder Auszeit vom Alltag. All das würde man<br />
im 21. Jahrhundert ins Treffen führen, um den mittelalterlichen Jahrmarkt zu beschreiben.<br />
So ein mehrtätiger Markt fand in der Regel einmal pro Jahr in der <strong>Leobersdorf</strong>er Gegend<br />
statt und hat <strong>sich</strong> über die Jahre immer mehr zum Volksfest gewandelt. Neben dem Erwerb<br />
<strong>von</strong> nicht alltäglichen Gütern, besuchte man den Jahrmarkt auch, um <strong>sich</strong> zu amüsieren.<br />
66<br />
Damals wie heute war das Einkaufen mehr als der Austausch <strong>von</strong> Waren gegen Geld. Zum<br />
Markttreiben gehörten Show und Action schon immer dazu: Es reisten nicht nur Händler<br />
aus fernen Gebieten sondern auch Schausteller des fahrenden Volks an. Der Jahrmarkt bot<br />
so auch eine Gelegenheit, das Tanzbein zu schwingen. Die bunten Röcke der Damen drehten<br />
<strong>sich</strong> bei Reigen-, Paar- und Springtänzen im Rhythmus zünftiger Volksmusik. Brauchtümliche<br />
Tänze und traditionelle Musik sind seit Jahrhunderten fixer Bestandteil solcher gemeinschaftlicher<br />
Ereignisse. Erst sie verleihen ihnen Festcharakter.<br />
Markt.Wappen
Landeshauptmann<br />
Dr. Erwin Pröll:<br />
<strong>Leobersdorf</strong> war immer<br />
imstande, Menschen<br />
Heimat zu geben.<br />
Foto: zVg<br />
Warum und wie gelingt es <strong>Leobersdorf</strong> – aus Ihrer<br />
Sicht – immer wieder „<strong>von</strong> <strong>sich</strong> Reden zu machen“?<br />
Mittlerweile gibt es in <strong>Leobersdorf</strong> viele beliebte<br />
sportliche Events und Freizeitangebote, die Gäste<br />
aus Nah und Fern anziehen und die auch für die<br />
örtliche Gastronomie und Tourismuswirtschaft <strong>von</strong><br />
besonderer Bedeutung sind. Beste Beispiele dafür<br />
sind der <strong>Leobersdorf</strong>er Brückenlauf, das Tennis-<br />
Schnuppern vom Tennisclub ATUS, das Jugend-<br />
Bahnengolfturnier, die Rutschspeed-Meisterschaft,<br />
der Nordic-Walking-Treff oder das Erlebnis-Freibad.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> genießt aber nicht nur als beliebte<br />
Sport- und Freizeitgemeinde einen ausgezeichneten<br />
Ruf, sondern verfügt auch über einen besonders<br />
guten Boden für Kunst und Kultur. Das zeigt <strong>sich</strong><br />
auch am Lichtmuseum LEUM, am <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Sommerzaubern, an der Malakademie und im Kasperl-Theater<br />
in der Passage. Dadurch wird <strong>Leobersdorf</strong><br />
zu einem Ausflugsziel und zu einem attraktiven<br />
Wohnort für Sportbegeisterte, Kulturgenießer und<br />
für jene, die erlesene und bodenständige Gastronomie<br />
zu schätzen wissen. In <strong>Leobersdorf</strong> finden aber<br />
nicht nur die verschiedensten Aktivitäten statt, sondern<br />
im Rahmen der Veranstaltungen wird auch das<br />
Gesellschaftsleben gefördert und gelebt.<br />
Heute steht der Wirtschaftsstandort <strong>Leobersdorf</strong> in<br />
einem Wettbewerb zu großen urbanen Zentren in<br />
der Nachbarschaft. Welche Chance sehen Sie für die<br />
Zukunft?<br />
Heute stehen wir, in einem gewandelten europäischen<br />
Umfeld, vor der Herausforderung, die Attraktivität<br />
des Wirtschaftsstandortes zu steigern<br />
und unsere Heimat als Zukunftsregion im Herzen<br />
des Kontinents zu positionieren. Die Basis dafür<br />
wird auch in unseren Kommunen gelegt, ganz besonders<br />
auch in der Marktgemeinde <strong>Leobersdorf</strong>.<br />
Die Gemeinden als wichtige Investoren für die regionale<br />
Wirtschaft sind eine Grundlage des Erfolges<br />
und tragen wesentlich dazu bei, dass Niederösterreich<br />
heute ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum<br />
mit einem historischen Höchststand an<br />
Beschäftigten ausweist.<br />
Besonders die Region um Wien und das Industrieviertel<br />
haben in den letzten Jahren einen enormen<br />
Aufschwung genommen. Die Kommunalpolitik und<br />
die Landespolitik waren dabei besonders gefordert,<br />
dafür die Voraussetzungen, die Rahmenbedingungen<br />
und die Infrastruktur bereit zu stellen. Erinnern<br />
möchte ich in diesem Zusammenhang an die neue<br />
Veranstaltungshalle, den Umbau des Rathausplatzes,<br />
das Seniorenwohnheim „Leovital“, die großen<br />
Leistungen im Straßenbau, die Erweiterung des<br />
Kindergartens und die neue Park & Drive-Anlage.<br />
Das Land Niederösterreich war immer bereit, bei<br />
den verschiedensten Vorhaben als Partner mitzuwirken.<br />
Und selbstverständlich, das verspreche ich<br />
Ihnen als Landeshauptmann, werden wir <strong>Leobersdorf</strong><br />
auch in Zukunft nach besten Kräften unterstützen.<br />
Das Ge<strong>sich</strong>t <strong>Leobersdorf</strong>s hat <strong>sich</strong> in den letzten<br />
Jahren immer wieder verändert. Wie ist es gelungen,<br />
den Charakter und die Identität des Ortes dennoch<br />
zu erhalten?<br />
<strong>Leobersdorf</strong> spannt den Bogen vom Mittelalter bis<br />
ins 21. Jahrhundert und steht damit symbolisch für<br />
die Verknüpfung zwischen Vergangenem und Zukünftigem.<br />
Dabei zeigt <strong>sich</strong> immer wieder, in wel-<br />
cher Vielfalt <strong>sich</strong> <strong>Leobersdorf</strong> baulich entwickelt<br />
und wie sehr baukulturelle Werte in <strong>Leobersdorf</strong><br />
hochgehalten werden. Aber auch Umbauten, die<br />
eine bedachtsame Einfügung in Bestehendes darstellen,<br />
sind Beispiele einer selbstbewussten, zeitgenössischen<br />
Architektur.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> ist heute ein Ort mit hoher Lebensqualität.<br />
Diese Marktgemeinde hat Tradition und Geschichte,<br />
aber auch Gegenwart und Zukunft und ist<br />
als eine überschaubare kommunale Einheit immer<br />
imstande gewesen, den Menschen „Heimat“ zu geben.<br />
Möglich wurde dies durch eine zukunftsorientierte<br />
Politik, vor allem aber durch das Engagement,<br />
den Fleiß und die Tüchtigkeit der<br />
Bevölkerung. Dabei sind die vielen<br />
Freiwilligen ein unverzichtbarer<br />
Faktor, der aus unserer Gesellschaft<br />
und aus unseren Vereinen einfach<br />
nicht mehr wegzudenken ist, und<br />
denen wir heuer, anlässlich dieses<br />
außergewöhnlichen Jubiläums, ein<br />
besonderes Danke sagen wollen.<br />
67<br />
Kapitelname
Ein Wappen für den Markt<br />
In Blau auf grünem Grund eine silberne Kirche mit einem<br />
nach rechts versetzten Turm.<br />
Turm und Kirche tragen ein rotes Dach, wobei der Turm zwei<br />
übereinandergestellte Zinnenreihen zeigt.<br />
Auf dem Kirchendach sitzt ein linksgewendeter silberner<br />
Hahn, während über der Kirche vier silberne Lerchen nach<br />
rechts fliegen.<br />
So beschrieb die NÖ-Landesregierung auf der <strong>sich</strong> im Rat-<br />
haus befindlichen Pergament-Urkunde vom 22. Juli 1959<br />
offiziell das Marktwappen. Dabei wird ein Wappen in<br />
seiner Beschreibung immer <strong>von</strong> innen heraus betrachtet.<br />
Schon sehr lange dürfte die Kirche auf dem Wappen domi-<br />
nieren: Brief-Verschlussmarken aus 1819 zeigen bereits ein<br />
Wappen, das dem heutigen sehr stark ähnelt.<br />
Blau-Weiß-Grün …<br />
… sind die Farben des <strong>Leobersdorf</strong>er Marktwappens. Diese<br />
tragen auch einige Länder auf der ganzen Welt in ihren<br />
Flaggen:<br />
Baschkortostan<br />
Usbekistan<br />
68<br />
Sierra Leone<br />
Dschibuti<br />
Markt.Wappen<br />
Lesotho
70<br />
Markt.Wappen
35.000<br />
Blumen<br />
werden jährlich zur<br />
Ortsgestaltung<br />
gepflanzt<br />
6.180<br />
Bücher<br />
beheimatet die<br />
Gemeindebibliothek<br />
<strong>Leobersdorf</strong> im sprachlichen Wandel<br />
Liubetsendorf – so lautete 1165 / 1174 die erste Nennung <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> in den Bayrischen<br />
Traditionsbüchern.<br />
Ljubac – <strong>von</strong> diesem altslawischen Personennamen wollen Slawisten den Namen ableiten.<br />
Möglicherweise kommt der Name aber auch aus dem Keltischen.<br />
Lewer oder Loben<br />
– diese keltischen Worte stehen für Grenz- oder Grabhügel. Solche Hügel<br />
waren noch um 1050 für die ersten bayrischen Kolonisten im Gemeindegebiet <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong><br />
<strong>sich</strong>tbar.<br />
Lewbesdorf<br />
– dies war nach mehreren anderen Schreib weisen um 1311 der Ortsname.<br />
Leubesdorf – um das Jahr 1350 nannte man die Triesting gemeinde so.<br />
<strong>Leobersdorf</strong> – um 1588 spricht man erstmals <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong>, wie es auch heute noch gilt.<br />
55<br />
aktive Senioren<br />
wohnen im Leovital<br />
12<br />
Mal im Jahr<br />
gibt es einen<br />
Dirndlstammtisch<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
4<br />
Liubetsendorf<br />
Personen arbeiten<br />
im Leovital<br />
1<br />
Gemeinde weltweit<br />
trägt den Namen<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
71<br />
LEOBERSDORF<br />
Markt.Wappen
<strong>Leobersdorf</strong>erinnen malen wieder blau<br />
Was mancherorts in <strong>Leobersdorf</strong><br />
schon in Vergessenheit geraten ist,<br />
ist in internationalen Kunstsammlerkreisen<br />
nach wie vor Thema: die blau<br />
bemalten <strong>Leobersdorf</strong>er Birnkrüge. Im<br />
18. Jahrhundert siedelten <strong>sich</strong> im Steinfeld<br />
rund um <strong>Leobersdorf</strong> 35 Hafner<br />
an, die bäuerliche Gebrauchskeramik<br />
herstellten. Das Gebiet war weit über<br />
die Grenzen hinaus für sein Tonvorkommen<br />
und seine hervorragende<br />
Tonqualität bekannt. Die Krügler und<br />
Weißgeschirrmacher waren in samt neun Werkstätten in <strong>Leobersdorf</strong><br />
tätig, wie nachgewiesen werden<br />
konnte. Neben den blau bemalten<br />
Birn krügen produzierte man auch<br />
Teller, Deckeldosen und insge-<br />
Walzenkrüge.<br />
Geheimnisvolles Rot auf alten<br />
Birnkrügen<br />
Aber typisch für <strong>Leobersdorf</strong> war ursprünglich<br />
nicht die Blau-, sondern die<br />
Rotmalerei. Die Zusammensetzung der<br />
roten Farbe konnte bisher nicht restlos<br />
rekonstruiert werden. Man ver mutet<br />
aber, dass für die Herstellung des<br />
Farbstoffes Gold verwendet wurde<br />
und die Rotmalerei aus Kostengründen<br />
<strong>von</strong> der Blaumalerei verdrängt wurde.<br />
Für den gut florierenden Markt waren<br />
damals nicht die Einzelkunden aus den<br />
umliegenden Ortschaften verantwortlich,<br />
sondern Geschirrhändler aus<br />
Wien. Sie wurden mit Fuhrwerken aus<br />
<strong>Leobersdorf</strong> beliefert und die Keramik<br />
fand in der Stadt viele Abnehmer.<br />
Die Wiener Händler hatten wiederum<br />
Handelspartner in Ungarn und Siebenbürgen,<br />
wo die <strong>Leobersdorf</strong>er Produkte<br />
sehr geschätzt wurden.<br />
Probestück überzeugt auswärts<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s bekanntester Weißgeschirrmacher<br />
war Johann Michael<br />
Moser. Im Jahre 1736 wanderte er nach<br />
Salzburg aus, um eine Werkstätte zu<br />
gründen, stieß aber bei den dort ansässigen<br />
Hafnern und Zinngießern<br />
auf enormen Widerstand. Zunächst<br />
musste er Gesuch um Errichtung eines<br />
„Brennöfels samt Werkstätte“ beim<br />
Erzbischof Leopold Anton Freiherr<br />
<strong>von</strong> Firmian auf der hochfürstlichen<br />
Riedenburg einbringen. Dann wurde<br />
auch noch die Fertigung eines „Probestückes“,<br />
des Fayence-Ofenmodells,<br />
gewünscht. Dieses überzeugte letzt-<br />
lich und so durfte er seinem Handwerk<br />
nachgehen. Im Laufe der Jahre baute<br />
Moser seine kleine Werkstatt zu einer<br />
berühmten Weißgeschirrmanufaktur<br />
aus.<br />
Alte Tradition <strong>von</strong> LeoS revitalisiert<br />
Die alten <strong>Leobersdorf</strong>er Krüge erzielen<br />
heute auf dem Kunstmarkt<br />
Preise in der Höhe <strong>von</strong> mehreren<br />
tausend Euro und sind in vielen<br />
europäischen Museen, wie zum Beispiel<br />
im Stockholmer Museum, ausgestellt.<br />
Grund genug für einige Damen<br />
aus der Triesting-Gemeinde, die ent-<br />
schlafene Kultur wieder zum Leben<br />
zu erwecken: „Besonders in der Heimat<br />
sollte eine so wertvolle Tradition<br />
geschätzt und hochgehalten werden.<br />
Deshalb ließen wir uns unter professioneller<br />
Anleitung monatelang in<br />
der Technik der Blaumalerei schulen“,<br />
berichtet Irmgard Greimel, eine der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Krügelmacherinnen<br />
vom Verein LeoS – Leovitale Seniorenfreunde.<br />
Ihre Neuinterpretationen der<br />
alten Tradition wurden bereits im Rahmen<br />
einer Ausstellung im Haus Leo vital<br />
präsentiert.<br />
LEOBERSDORFER<br />
GASTGESCHENK!<br />
Schon Fürst Esterházy schätzte<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Produkte:<br />
Er schenkte Zar Peter dem Ersten <strong>von</strong><br />
Russland bei seinem Besuch in<br />
Schloss Kittsee 1698 einen <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Krug als Gastgeschenk.<br />
72<br />
V.l.: Susanne Stangl,<br />
Lotte Greiner, Irmgard Greimel<br />
und Sylvia Madl<br />
Fotos: zVg<br />
Markt.Wappen
4.905<br />
Mitglieder zählen alle<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Vereine zusammen –<br />
das sind mehr<br />
als <strong>Leobersdorf</strong><br />
Einwohner hat<br />
<strong>Leobersdorf</strong> kauft Hirtenberg!<br />
2.489<br />
Gleich nach der Hainfelder<br />
Straße endet in Richtung<br />
Kottingbrunn das Leobers-<br />
dorfer Gemeindegebiet. Im<br />
Osten beginnt Schönau an<br />
der Triesting unmittelbar<br />
hinter dem Generationenpark.<br />
Und während im Süden<br />
die Wiener Neustädter<br />
Straße nach Matzendorf hinaus<br />
führt, grenzt <strong>Leobersdorf</strong><br />
im Westen an Enzesfelder<br />
Land. Aber das war<br />
nicht immer so …<br />
Gemeinde errichtet. Das<br />
lag vermutlich daran, dass<br />
Hirtenberg mit <strong>Leobersdorf</strong><br />
räumlich nicht verwachsen<br />
und damals auch schwer<br />
zu erreichen war. 1931 erfolgte<br />
aber eine <strong>von</strong> beiden<br />
Seite gewünschte Grenz-<br />
änderung: Im Rahmen eines<br />
Grundstücksaustausches<br />
<strong>von</strong> mehr als 11.000 ratmetern wurde teilweise<br />
bebautes Grünland gegen<br />
Industriegründe getauscht<br />
Quad-<br />
und die Gemeindegrenze<br />
<strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> begradigt.<br />
Es war einmal Pölla<br />
Bis etwa 1600 gab es auf <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Gemeindegebiet<br />
ein Dorf, das heute <strong>von</strong><br />
der Landkarte verschwunden<br />
ist: „Pölla“. Siedlungsreste<br />
aus der Bronzezeit<br />
weisen auf den Ort hin, der<br />
damals <strong>von</strong> seinen Einwohnern<br />
verlassen wurde. Er<br />
befand <strong>sich</strong> vermutlich in<br />
der Umgebung des Pöllakreuzes<br />
an der Matzendorfer<br />
Straße oder beim Heilsamen<br />
Brunnen.<br />
Als die Enzesfelder einmal<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er waren<br />
Im 16. Jahrhundert, unter der<br />
freigiebigen Witwe Susanne<br />
Freiin <strong>von</strong> Tobar, begann<br />
schrittweise die Eingemeindung<br />
des halben Hirtenberg.<br />
Die Gemeinde erwarb 1568<br />
<strong>von</strong> der Herrschaft Enzesfeld<br />
die Nutzungsrechte der<br />
Gebiete, da <strong>Leobersdorf</strong><br />
Weideland brauchte, das es<br />
in Hirtenberg zur Genüge<br />
gab. Um 1870 wird Hirtenberg<br />
jedoch wieder vom<br />
Markt <strong>Leobersdorf</strong> losgelöst<br />
und als selbstständige<br />
Siebenhaus: ein bisschen<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
Immer wieder hat man in<br />
der Geschichte <strong>Leobersdorf</strong>s<br />
die Eingemeindung<br />
<strong>von</strong> Siebenhaus themati-<br />
siert, angeregt diskutiert<br />
und zu realisieren versucht.<br />
Schließlich ist Siebenhaus<br />
Teil <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong>, aber<br />
vom Ortskern der Gemeinde<br />
Schönau, der es eigentlich<br />
zugehört, einige Kilometer<br />
entfernt. 1908 und 1921 etwa<br />
wurde die Eingemeindung<br />
offiziell bei der Niederösterreichischen<br />
Landes-<br />
regierung beantragt ¬– samt<br />
Dornau und Wagram.<br />
Pläne <strong>von</strong> 1922, <strong>Leobersdorf</strong>,<br />
Kottingbrunn und<br />
Schönau zu einer Großgemeinde<br />
zu verbinden,<br />
scheiterten. Der letzte Einsatz<br />
der Siebenhauser für<br />
die Eingemeindung war im<br />
Jahr 2000 zu verzeichnen<br />
und blieb ebenfalls ohne<br />
Erfolg.<br />
Vereinsmitglieder<br />
leben in <strong>Leobersdorf</strong><br />
1.862<br />
sind aktive Mitglieder<br />
43<br />
Vereine gibt es<br />
3<br />
Ortsteile gibt es:<br />
<strong>Leobersdorf</strong>,<br />
Wittmannsdorf und<br />
Ared-Park<br />
8<br />
Orte grenzen<br />
an <strong>Leobersdorf</strong>:<br />
Enzesfeld-Lindabrunn<br />
Hirtenberg<br />
Berndorf<br />
Bad Vöslau<br />
Kottingbrunn<br />
Schönau a. d. Tr.<br />
Matzendorf<br />
Sollenau<br />
73<br />
Markt.Wappen
74 Im Gespräch:<br />
Dipl.-Ing. Dr. Ernst Huttar, Geschäftsführer der<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Maschinenfabrik<br />
Welt.Markt
Welt.Markt<br />
Von <strong>Leobersdorf</strong><br />
in alle Welt & aus aller Welt<br />
nach <strong>Leobersdorf</strong><br />
LMF – <strong>Leobersdorf</strong>s<br />
Exportartikel Nr. 1<br />
Natürlich. Es gibt den <strong>Leobersdorf</strong>er Wein. Der kommt viel herum. Sogar auf den<br />
Weinkarten westösterreichischer Hotels <strong>macht</strong> er eine gute Figur. Weltgeltung<br />
blieb jedoch anderen Erzeugnissen aus der Triestinggemeinde vorbehalten.<br />
Kompressoren samt hochkomplexem Zubehör aus der <strong>Leobersdorf</strong>er Maschinenfabrik<br />
(LMF) sind <strong>Leobersdorf</strong>s Exportartikel Nr. 1 – sie stehen am Einkaufszettel<br />
der weltgrößten Erdgas- und Erdölgesellschaften. ››<br />
75<br />
Welt.Markt
VON DER ENTWICKLUNG BIS ZUR<br />
PRODUKTION:<br />
ES GIBT NUR MEHR WENIGE BETRIEBE<br />
IN NIEDERÖSTERREICH,<br />
WO DAS MIT DIESEM GLOBALEN<br />
EINSATZGEBIET MÖGLICH IST.<br />
Ernst Huttar<br />
76<br />
Ihre weltweit führende Position hält die LMF<br />
im Kompressor-Anlagenbau für Raffinerien,<br />
Chemie- und Petrochemie-Anlagen. Zusätzlich<br />
werden mobile Anlagen für LKW und Standardkompressoren<br />
erzeugt. Das zehn Hektar große,<br />
traditionsreiche Industriegelände liegt im östlichsten<br />
Teil <strong>Leobersdorf</strong>s und erstreckt <strong>sich</strong> sogar<br />
über die Grenzen der Marktgemeinde hinaus.<br />
Josef Berger, der Gründer der seinerzeitigen<br />
Eisengießerei am Standort hatte seine Wahl mit<br />
großem Weitblick getroffen. Das Fundament<br />
der ersten Halle entstand vor über 160 Jahren<br />
nahe der Wasserstraße Wr. Neustädter Kanal und<br />
direkt an den Geleisen der heutigen Südbahn<br />
(damals Wien-Gloggnitzer Bahn). Auch heute<br />
finden noch 400 Menschen an diesem Hauptstandort<br />
der LMF Beschäftigung. ››<br />
DIPL.-ING.<br />
DR. ERNST HUTTAR<br />
Der studierte Maschinenbauer wurde am<br />
2. Dezember 1953 im niederösterreichischen Klosterneuburg<br />
geboren. Seit 1991 ist er in der LMF tätig,<br />
da die Möglichkeiten der Entwicklung, des Baus und des<br />
weltweiten Verkaufs der Kompressoren eine spannende<br />
Herausforderung für ihn darstellten. Nachdem er als Leiter<br />
der Entwicklung, Konstruktion und Produktion eingetreten<br />
war, wurde er 1994 in den Vorstand<br />
berufen und ist seit der Umwandlung der LMF<br />
<strong>von</strong> der AG zur GmbH & Co.KG im Jahr 2007<br />
Geschäftsführer. Täglich pendelt er <strong>von</strong> seinem<br />
Wohnsitz in Klosterneuburg in die Triestinggemeinde.<br />
Welt.Markt
Die Lage der industriellen Entwicklung und Produktion<br />
an der Kreuzung alter Handelswege sowie am<br />
Knotenpunkt moderner Verkehrsströme ist noch<br />
heute <strong>von</strong> großer Bedeutung für die LMF. Bei der<br />
Auslieferung der komplexen Raffinerie-Teile aus<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Fertigung werden die High-Tech-<br />
Produkte gleich an Ort und Stelle in hochseetaugliche,<br />
salzwasserresistente Holzkisten verpackt. Das<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er Werksgelände verlassen ausschließ-<br />
lich LKW-Ladungen, die nicht breiter als 3,5 und<br />
nicht höher als vier Meter sind. Das garantiert, dass<br />
die Meeres häfen in Rotterdam, Antwerpen oder<br />
Hamburg – ohne Sondertransporte im Autobahnverkehr<br />
– durch Tunnels und unter Brücken angesteuert<br />
werden können.<br />
98 PROZENT EXPORT:<br />
DURCH DIE LMF KENNT DIE WELT LEOBERSDORF<br />
In Richtung Osten verlassen die LMF-Anlagen<br />
nach wie vor auf der Eisenbahn das Werk. Insgesamt<br />
98 Prozent der Produktion sind für den Export<br />
bestimmt. Die internationale Betriebsamkeit<br />
am Werkseingang an der Südbahnstraße gleicht<br />
einem Luftfahrtdrehkreuz im Miniatur-Maßstab. Im<br />
Schnitt begrüßt LMF-Chef Ernst Huttar wöchentlich<br />
zwei internationale Delegationen <strong>von</strong> Exxon<br />
Mobil, Shell, Statoil, Total, dem größten LMF-<br />
Kunden Gazprom bis hin zu Österreichs Big Player<br />
OMV in <strong>Leobersdorf</strong>. Die Namen der Kundschaft<br />
lesen <strong>sich</strong> wie das „Who is Who“ der globalen Ölund<br />
Gasindustrie.<br />
Bei ihren Besuchen in <strong>Leobersdorf</strong> gilt ihr Interesse<br />
der <strong>von</strong> ihnen in Auftrag gegebenen, maßgefertigten<br />
Großanlage. Unter den prüfenden Augen der Kundschaft<br />
wird die Maschine technisch abgenommen.<br />
Manchmal werden zusätzlich noch neutrale Experten<br />
des TÜV zur Prüfung zugezogen. Huttar:<br />
„Das ist für unsere Leute jedes Mal ein spannender,<br />
aber auch sehr schöner Moment. Es handelt <strong>sich</strong><br />
dabei ja nicht um ein Modell, sondern um eine voll<br />
einsatzfähige Anlage. Bei der Abnahme tut sie zum<br />
ersten Mal das, wofür sie gebaut wurde. Der Vergleich<br />
mit einer Geburt ist gar nicht so falsch.“<br />
Auf eine geglückte Geburt darf dann freilich auch<br />
angestoßen werden. Dabei kann <strong>sich</strong> <strong>Leobersdorf</strong><br />
<strong>von</strong> seiner gastfreundlichen Seite zeigen und die<br />
Gäste erfahren am eigenen Leib, was <strong>sich</strong> hinter<br />
dem „L“ <strong>von</strong> LMF verbirgt. „Ein Besuch in der Vinothek<br />
samt Verkostung des Terminator-Cuvees vom<br />
Weingut Fischer wird selten ausgelassen“, erzählt<br />
LMF-Chef Huttar. Vor allem bei den französischen<br />
LMF-Kunden kommt die Lebenskultur im Ort gut<br />
an und erlaubt es, nicht nur positive Eindrücke sondern<br />
auch genussfreundliche Produkte in die Heimat<br />
mitzunehmen.<br />
GLOBALES ARBEITEN FÜR DIE LMF:<br />
DIE 100-TAGE-MÄNNER<br />
Nach erfolgreicher Anlagen-Abnahme kommt das<br />
LMF-Drehkreuz wieder frisch in Schwung. Diesmal<br />
weist der Weg jedoch in die umgekehrte Richtung,<br />
nämlich in die Exportnationen. Dorthin machen<br />
<strong>sich</strong> die etwa 20 LMF-Monteure auf den Weg, um<br />
den Namen „<strong>Leobersdorf</strong>“ höchstpersönlich in<br />
alle Welt hinaus zu tragen. Ihre Mission ist der ex-<br />
akte Zusammenbau der hochkomplexen Anlage<br />
beim Kunden, die für den Transport an ihren Bestimmungsort<br />
in viele Puzzlesteine zerlegt werden<br />
musste. „Weil dieses Puzzle hochkomplex ist,<br />
können wir das nur mit den bestausgebildeten<br />
Technikern aus unserem Haus machen.“ Sie leben<br />
im Schnitt mehr als 100 Tage fern der Heimat, aus<br />
dem Koffer – wie Tennis- oder Golfprofis.<br />
Die Internationalität und das Projektgeschäft stellen<br />
die LMF-Teams immer wieder vor spannende<br />
Aufgaben und verleihen den Arbeitsplätzen in<br />
<strong>Leobersdorf</strong> besondere Strahlkraft. „Wir entwickeln<br />
und produzieren für die Energiewirtschaft. Das<br />
interessante Produkt und die relativ große Fertigungstiefe<br />
– also die Vollständigkeit, mit der<br />
wir unsere Entwicklungen realisieren – machen<br />
uns für Uni-, FH- und HTL-Absolventen gleichermaßen<br />
attraktiv. Es gibt nur mehr wenige Betriebe<br />
in Nieder österreich, wo das mit diesem globalen<br />
Einsatzgebiet möglich ist“, sagt Ernst Huttar und<br />
tippt lächelnd auf ein Erinnerungsstück an die<br />
jüngste internationale Tagung, an der er teilgenommen<br />
hatte – ein Schild, das seinen Namen samt<br />
Funktions bezeichnung in kyrillischer Schrift anzeigt.<br />
„Bei der LMF geht das.“<br />
77<br />
Welt.Markt
Mit kontrolliertem Druck<br />
zum Erfolg –<br />
die LMF-Produkte<br />
Wie schon zu Rudolf Diesels Zeiten werden in <strong>Leobersdorf</strong><br />
auch heute hochkomplexe Maschinen entwickelt, konstruiert,<br />
montiert und bis zum Probe lauf gebracht. Vor knapp<br />
120 Jahren (1896 / 97) hatte Rudolf Diesel mehrfach persönlich<br />
in der Triestinggemeinde geweilt, um die Entwicklung<br />
des nach ihm benannten Motors voranzutreiben. Während<br />
zur Zeit des wohl bedeutendsten Konstrukteurs, der jemals<br />
in der LMF wirkte, Turbinen und Motoren das Hauptgeschäft<br />
prägten, machen heute Kompressoren die kompetenz der LMF aus.<br />
Im Vergleich zur Turbine, die eine Maschine zur Erzeugung<br />
<strong>von</strong> elektrischer Energie aus Wasserkraft ist, arbeitet der<br />
Kompressor nach dem umgekehrten Prinzip. Der Kompressor<br />
wandelt Energie in Druck um, mit dem zum Beispiel Gase<br />
verdichtet, also auf verkleinerten Raum gepackt werden.<br />
Zum Einsatz kommen die LMF-Kompressoren beim Auf-<br />
Spezial-<br />
spüren neuer Erdgas- oder Erdölquellen im Meer oder<br />
zur transportfreundlichen „Verpackung“ <strong>von</strong> Erdgas. Erdgasbetriebene<br />
Fahrzeuge können beispielsweise nur dann<br />
ausreichend Treibstoff mitführen, wenn die erforderliche<br />
Gasmenge unter einem Druck <strong>von</strong> 250 Bar steht.<br />
Die in <strong>Leobersdorf</strong> hergestellten Kompressor-Anlagen<br />
haben unterschiedliche Dimensionen. Sie reichen vom sogenannten<br />
CNG-Tankstellen-Verdichter im Wert <strong>von</strong> rund<br />
250.000 Euro bis zur Großanlage für Raffinerien mit einer<br />
Antriebsleistung <strong>von</strong> 2.000 Kilowatt im Wert <strong>von</strong> bis zu<br />
15 Millionen Euro.<br />
Große Erfolge feierte die LMF zuletzt mit dem Spezial produkt<br />
für Offshore-Seismik. Diese Entwicklung er leichtert die<br />
Auffindung <strong>von</strong> neuen Erdöl- und Erdgasquellen im Ozean.<br />
Dabei werden sogenannte Airguns verwendet: Das sind<br />
kleine Behälter, die einige Liter Luft beinhalten und die unter<br />
einem Druck <strong>von</strong> 140 bis 210 Bar stehen. Unter Wasser öffnen<br />
<strong>sich</strong> synchron die Ventile der Airgun und die ausströmende<br />
Luft erzeugt einen Knall, der auf den Meeresboden trifft.<br />
Aus dem Muster der reflektierenden Schallwellen können<br />
Geologen auf die Gesteinsschichten am Meeresboden<br />
schließen und eine sehr treff<strong>sich</strong>ere Prognose über mögliche<br />
Rohstoffvorkommen erstellen.<br />
Geschichtl’n<br />
aus dem Gebäu<br />
Nur einige Jahre nachdem Josef Berger 1850 das Fundament<br />
der heutigen <strong>Leobersdorf</strong>er Maschinen-<br />
fabrik mit einer Eisen gießerei gelegt hat, zeigte <strong>sich</strong><br />
in <strong>Leobersdorf</strong> bereits ein Bedarf an Wohnraum<br />
für die Mitarbeiter. So entstand 1858 gegenüber der<br />
Fabrik ein Beamtenwohnhaus, das 1888 durch zwei<br />
Arbeiterhäuser sowie ab 1894 schrittweise durch<br />
fünf weitere Wohnhäuser ergänzt wurde. Bald waren<br />
die Zweckhäuser unter dem Namen „Gebäu“ oder<br />
„Gebäi“ unter den Leobers dorfern bekannt.<br />
Für mehr als 1.000 Menschen, die in der Regel alle einen<br />
Arbeitsplatz in der LMF hatten, boten die Häuser in der<br />
Südbahnstraße und der Arbeitergasse Platz. Wie <strong>sich</strong><br />
die Wohnsituation dort gestaltete und wie die bedingungen aussahen, er zählten unlängst viele dieser<br />
früheren Bewohner dem ehemaligen <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Hauptschuldirektor Gerhard Vorauer. Er hat die Be-<br />
Lebensrichte<br />
der sogenannten „Gebäiler“ in seinem 62 Seiten<br />
umfassenden Buch „G‘schichtl’n aus dem ‚Gebäu‘ “ gesammelt.<br />
Die kurzen Anekdoten, geschmückt mit alten<br />
Fotos und Zeichnungen, illustrieren <strong>Leobersdorf</strong>er Geschichte<br />
und geben Einblick in eine längst ver gangene<br />
Zeit, in der die Wohnverhältnisse mitunter prekär waren.<br />
GEBÄU<br />
Unter „Gebäu“ oder „Gebäi“ versteht man<br />
die Arbeiterwohnungen in der <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Südbahnstraße und Arbeitergasse.<br />
Die ursprüngliche Bezeichnung für die<br />
Arbeiterhäuser war „Kolonie“. „Gebäu“ und<br />
„Gebäi“ haben <strong>sich</strong> erst nach und nach<br />
durchgesetzt.<br />
„Gebäi“ leitet <strong>sich</strong> <strong>von</strong> „Gebäude“ ab.<br />
78<br />
Welt.Markt
Foto: Stockmann / Bezirksblätter<br />
4 FRAGEN AN AUTOR GERHARD VORAUER<br />
Herr Vorauer, was hat Sie dazu bewogen, <strong>sich</strong> so genau mit dem Gebäu zu be-<br />
schäftigen?<br />
Das hat in den 1950er-Jahren begonnen: Viele meiner Jugend freunde sind im<br />
Gebäu aufgewachsen, deshalb war ihre Lebenssituation dort immer wieder<br />
Gesprächsthema. So habe ich deren Sorgen und Freuden sehr nahe bekommen und bin schnell zu der Überzeugung gelangt, dass ihre Geschichten<br />
niedergeschrieben werden mussten. Dann entstand eine kleine Broschüre über<br />
das Gebäu, die viel Anklang fand. Meine Freunde – genauso wie viele meiner<br />
ehemaligen Schüler – haben mich dann immer wieder ermuntert, weiter nachzuforschen.<br />
Bald hieß es: „Machen wir ein Buch daraus.“ Daneben habe ich ja<br />
mit-<br />
auch für die Chronik der LMF umfassende Recherchen angestellt.<br />
Woher haben Sie Ihre Informationen?<br />
Ich habe das Gespräch mit so vielen Menschen wie möglich gesucht und sie befragt.<br />
Das begann während meiner Tätigkeit als Hauptschuldirektor, wo ich viele<br />
Schüler und Eltern motivieren konnte, gemeinsam mit mir Nachforschungen<br />
anzustellen und auch historische Objekte zu sammeln. So konnte ich insgesamt<br />
15 Ausstellungen organisieren – die Exponate reichten <strong>von</strong> Skiern über Weinbaugeräte<br />
bis hin zu Lampen.<br />
Gab es einen Aspekt, der Sie bei der Recherche besonders überrascht hat?<br />
Die Schilderungen der prekären Lebensumstände haben mich berührt: Sieben<br />
Personen bewohnten nicht selten eine 32 Quadratmeter große Wohnung. Oder:<br />
Als die Wasserspülung der Klosetts eingeführt wurde, vergaß man, die Senkgruben<br />
entsprechend zu vergrößern. Sie gingen in der Folge regelmäßig über.<br />
Als die Abwässer im Winter zufroren, nutzten sie die Kinder zum Eislaufen.<br />
Generell funktionierte die Wasserversorgung mittels zwei hoher Windräder:<br />
Diese pumpten das Wasser in ein großes Fass auf dem Dachboden der Arbeiterhäuser.<br />
Von dort aus wurde es dann gemäß dem Belegplan im Gebäu auf die<br />
Wohnungen aufgeteilt.<br />
Was verbindet Sie mit <strong>Leobersdorf</strong>?<br />
Ich bin zwar kein gebürtiger <strong>Leobersdorf</strong>er,<br />
aber seit 1968 hier ansässig. Damals hat man<br />
mich mit offenen Armen empfangen und<br />
mich stark unterstützt. Dafür habe ich auch<br />
maximales Engagement und Einsatz versprochen.<br />
79
Gemüse, Baklava und<br />
andere Importgüter<br />
Im Gespräch:<br />
Unternehmer und<br />
Gemischtwarenhändler<br />
Bayram Irmak<br />
BAYRAM IRMAK<br />
Der Inhaber der nach ihm benannten Bayram<br />
Irmak GmbH wurde am 7. Oktober 1978 in der Stadt<br />
Ortaköy in der gleichnamigen mitteltürkischen Provinz<br />
geboren. Nach 13 Jahren Schulbildung entschied er <strong>sich</strong><br />
für die Selbstständigkeit – wie sein Vater, der in der Türkei<br />
Inhaber eines Lebensmittelgeschäftes ist. Er folgte jedoch<br />
seinem Onkel, Muzaffer Irmak, nach <strong>Leobersdorf</strong>.<br />
2001 übernahm er dessen Geschäft in der Südbahnstraße,<br />
das zu dem Zeitpunkt bereits 20 Jahre lang bestand.<br />
Nicht weit da<strong>von</strong> entfernt lebt er mit seiner Frau<br />
und seinen zwei Kindern, die beide in Österreich<br />
geboren wurden.<br />
Knallrote Paprika, frische Feigen, saftige Birnen.<br />
Kommt man an Bayram Irmaks Lebensmittelgeschäft<br />
in der Südbahnstraße vorbei, bleibt der<br />
Blick an einem bunten Potpourri an Gemüse und<br />
Obst hängen. Vor dem Laden türmt <strong>sich</strong> eine ansehnliche<br />
Vielfalt, die man eher am Wiener Naschmarkt<br />
erwarten würde. Aber die Kunden erstehen nicht nur<br />
Gesundes bei Irmak: auch auf ihr Stück Baklava<br />
möchten viele mittlerweile nicht mehr verzichten.<br />
„Die <strong>Leobersdorf</strong>er kaufen am liebsten Obst bei mir,<br />
aber auch viel Gemüse“, , berichtet Bayram Irmak.<br />
Von süßen Kirschen, Himbeeren und Melonen über<br />
reife Paradeiser. Was gerade an Obstbäumen und<br />
auf Gemüsefeldern Saison hat, füllt auch die Steigen<br />
vor und im Geschäftslokal der Irmak GmbH. Diese<br />
gesunde Produktpalette wird aber großteils nicht<br />
aus der Türkei importiert, auch wenn diese Vermutung<br />
die türkische Herkunft des Geschäftsinhabers<br />
nahelegen würde: „Mein Angebot an Obst und Gemüse<br />
stammt zu 70 Prozent aus Österreich und Italien,<br />
da ich die Transportwege kurz halten will. Aus<br />
der Türkei importiere ich zirka dreißig Prozent“, in-<br />
formiert Irmak.<br />
DER KONTAKT MIT MENSCHEN UND<br />
DIE ZUSAMMENARBEIT MIT DER FAMILIE<br />
BRINGEN MIR FREUDE AN DER ARBEIT.<br />
Bayram Irmak<br />
80<br />
SÜSSE PRODUKTPALETTE<br />
Zwischen heimisches Obst und Gemüse mischt<br />
<strong>sich</strong> so die eine oder andere internationale Spezialität.<br />
So manche zeugt dabei vom Geburtsland<br />
des Unternehmers – wie eben die Süßspeise<br />
Baklava. Das Gebäck aus Filoteig, gefüllt mit gehackten<br />
Nüssen und mit Zuckersirup übergossen,<br />
ist in dem südländischen Staat der klassische Begleiter<br />
zum starken, schwarzen Mokka. Ein Genuss,<br />
der dank Bayram Irmaks Produktpalette auch zusehends<br />
in <strong>Leobersdorf</strong>er Haushalten auf den Tisch<br />
kommt. ››<br />
Welt.Markt
Zuckersirup<br />
Filoteig<br />
Gewürze<br />
Pistazien<br />
gehackte Nüsse<br />
Mischung aus gehackten<br />
Nüssen, Zucker und<br />
Gewürzen.<br />
Mit geschmolzener Butter<br />
bestrichene Filoteig-Blätter übereinander<br />
geschichtet.<br />
30 bis 45 Minuten im Ofen gebacken.<br />
Mit heißem Zuckersirup übergossen.<br />
Baklava<br />
DIE NACHFRAGE VON HEUTE …<br />
Welche Waren bei Irmak ins Regal kommen, ist<br />
dennoch eine Frage der Qualität und nicht des Ur-<br />
sprungslandes. Was qualitativ hochwertig ist, frisch<br />
angeboten werden kann und zur Vielfalt des Angebotes<br />
beiträgt, kommt ins Sortiment. Natürlich<br />
bestimmt der Kunde als König dabei auch mit. Anders<br />
als im Supermarkt können selbst individuelle<br />
Spezialwünsche erfüllt werden: Auf Anfrage besorgt<br />
Irmak auch vitaminreiche Granatäpfel, speziellen<br />
Schwarztee oder orientalische Gewürzmischungen.<br />
… UND DAS INTERNATIONALE ANGEBOT<br />
VON MORGEN<br />
Im Inneren des Gemischtwarenladens findet man<br />
nicht zuletzt deshalb eine üppige internationale<br />
Varietät, die kein herkömmliches Lebensmittelgeschäft<br />
bieten kann: Jugoslawischer Kaffee steht neben<br />
orientalischem Goran-Tee in Ein-Kilo-Packungen.<br />
So schwingt beim Einkauf in Irmaks Geschäft<br />
viel südländisches Flair mit und erweckt in so manchem<br />
schöne Erinnerungen an die letzte Urlaubsreise.<br />
Irmak selbst erinnert <strong>sich</strong> wohl auch manchmal<br />
an seinen letzten Besuch in seiner Heimatstadt<br />
Ortaköy im Zentrum der Türkei und das heimische<br />
kulinarische Angebot. „Die <strong>Leobersdorf</strong>er schätzen<br />
internationale Spezialitäten“, sagt Irmak. „Die eingelegten<br />
Oliven zum Beispiel, die importiere ich aus<br />
der Türkei, denn das Original schmeckt einfach am<br />
besten.“<br />
LEOBERSDORF?<br />
EIN KLEINER ORT MIT FREUNDLICHEN<br />
MENSCHEN, DIE QUALITÄT UND<br />
GUTE WARE ZU SCHÄTZEN WISSEN.<br />
NAHVERSORGER MIT FLEXIBILITÄT<br />
Wichtig ist den <strong>Leobersdorf</strong>er Kunden auch das<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis. Das weiß Irmak und<br />
richtet seine Preisgestaltung danach: „Wenn es<br />
etwas an der Ware zu bemängeln gibt, muss der<br />
Preis runter. Da muss man als Verkäufer flexibel<br />
sein.“ Bayram Irmaks Flexibilität bestätigt Sandra<br />
Stadlmair aus Siebenhaus, Stammkundin seit über<br />
zehn Jahren. „Auch wenn ich einmal die Geldbörse<br />
daheim vergesse – mit leeren Händen bin ich hier<br />
noch nicht rausgegangen“, schätzt sie das Ent-<br />
gegenkommen des Händlers. Für sie ist die Irmak<br />
GmbH der Nahversorger, der selbst am Wochenende<br />
kundenfreund liche Öffnungszeiten hat und<br />
wo werktags schon um halb sechs Uhr morgens die<br />
frischen Jausen weckerl bereit liegen.<br />
ALTE, NEUE HEIMAT<br />
Fragt man Bayram Irmak zwischen Packungen Türkischer<br />
Hochzeitssuppe, getrockneten Datteln und<br />
Salzlakenkäse, wo er <strong>sich</strong> Zuhause fühlt, erntet man<br />
zunächst einen leicht verwunderten Blick, um dann<br />
zu hören: „Na, <strong>Leobersdorf</strong>. Seit 13 Jahren! Meine<br />
Kinder sind in Österreich geboren und auch zweisprachig<br />
türkisch-deutsch aufgewachsen.“ Und die<br />
Überzeugung, die in seiner Antwort mitschwingt,<br />
ebbt auch nicht bei der Frage ab, ob er denn sein<br />
Geburtsland vermisse. „Seit zehn Jahren war ich<br />
nicht mehr in der Türkei. Heuer im Sommer fahre<br />
ich zum ersten Mal wieder hin, weil ich meinen<br />
Vater und meine Schwester dort besuche.“ Vielleicht<br />
entdeckt er auf dieser Reise in die alte Heimat<br />
auch ein paar Spezialitäten wieder, die den <strong>Leobersdorf</strong>ern<br />
schon bald den Sonntagskaffee versüßen<br />
werden.<br />
81<br />
Bayram Irmak<br />
Welt.Markt
Markt.Kultur<br />
Lebensgefühl und Marktvielfalt –<br />
ein Erlebnis für Geist und Körper<br />
Den Kaffee<br />
<strong>von</strong> McDonalds,<br />
die Brettljaus’n<br />
<strong>von</strong> Familie Scheibenreif<br />
82<br />
Im Gespräch:<br />
Heurigenwirt der Bacchusschenke Gerhard<br />
Scheibenreif mit Marion Flammer-Olof, McDonalds<br />
<strong>Leobersdorf</strong>-Chefin, und Ursula Riegler,<br />
Unternehmenssprecherin McDonalds Österreich<br />
Markt.Kultur
45 Sekunden Zeit. Gerhard Scheibenreif garniert den getoasteten Deckel des<br />
Burger-Brötchens mit Senf und Ketchup. Es folgen gehackte Zwiebeln und die<br />
Gurkerl-Scheibe für den typischen Geschmack. Schließlich eine Scheibe Käse,<br />
bevor er liebevoll das Rindfleisch-Leibchen darüber platziert. Obendrauf der<br />
Brötchen-Boden. Bei „Burger fertig“ sind die 45 Sekunden schon längst überschritten<br />
– trotz der detaillierten Anleitung <strong>von</strong> Marion Flammer-Olof und<br />
Ursula Riegler, die genau wissen, wie es geht. Aber für den Betrieb seines<br />
Heurigen lokals „Bacchusschenke“ muss der Winzer Gerhard Scheibenreif ja auch<br />
gar keinen Burger in Rekordzeit zusammenbauen können. ››<br />
83<br />
Markt.Kultur
Gerhard Scheibenreif teilt <strong>sich</strong> mit Ursula Riegler<br />
eine Kostprobe vom <strong>Leobersdorf</strong>er Rebensaft.<br />
84<br />
GERHARD<br />
SCHEIBENREIF<br />
1962 geboren, war der <strong>Leobersdorf</strong>er Heurigenwirt<br />
und Weinhauer 28 Jahre lang im Vorstand des<br />
Weinbauvereins und acht Jahre lang Obmann.<br />
Die Geschichte seines Heurigenbetriebs, der heutigen<br />
Bacchusschenke, reicht lange zurück: Schon der Großvater<br />
bewirtete Gäste – ab 1924 im eigenen Lokal in der Hauptstraße.<br />
Anders als die meisten Heurigen, hatte die Familie<br />
für die Ausschank schon eine eigene Lokalität und musste<br />
in der Ausg‘steckt-Zeit nicht ihr Wohnzimmer räumen.<br />
Heute ist die Bacchusschenke in der Wiener<br />
Neustädter Straße 2 als Mischbetrieb bekannt für<br />
gute Eigenbau-Sortenweine, Hausge<strong>macht</strong>es<br />
und Saisongerichte.<br />
DAS MCCAFÉ<br />
LÄDT ZUM VERWEILEN UND<br />
PLAUDERN EIN.<br />
Ursula Riegler<br />
Mit seinem Einsatz als Burger-Koch hat Gerhard<br />
Scheibenreif vermutlich auch nicht gerechnet, als<br />
er <strong>sich</strong> für einen nachmittäg lichen Besuch beim<br />
„Mäci“ an der A 2-Abfahrt <strong>Leobersdorf</strong> angekündigt<br />
hat. Ihm ging es eher um den Cappuccino<br />
und die Erdbeer-Buttermilchschnitte; genussvoll<br />
verzehrt beim Plaudern mit den Damen aus dem<br />
McDonald’s-Management.<br />
HIPPE GASTLICHKEIT IM WEINBAUORT<br />
Immer wieder einmal ist der Weinbauer in<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s inter nationalstem Lokal anzutreffen,<br />
seit die einst neumodische Art der Verköstigung<br />
1998 in die Weinbaugemeinde einge zogen ist. Er<br />
selbst isst dort aber meist nur das, was die Tochter<br />
übrig lässt. „Meine 14-jährige Tochter ist da die<br />
treibende Kraft für die Besuche“, gibt Scheibenreif<br />
zu: „In ihrem Alter kennt sie <strong>Leobersdorf</strong> ohne<br />
McDonald’s ja gar nicht. Sie war schon als Kleinkind<br />
Fan der Junior Tüte.“ Eine klasse Marketingidee,<br />
wie der langjährige Weinbauvereinsobmann<br />
anerkennt. Schnell, amerikanisch und jugendlich<br />
ist die Gastlichkeit in dem modernen Lokal, das<br />
seit der Gründung kaum jemanden kalt gelassen<br />
hat. Die Skepsis der <strong>Leobersdorf</strong>er gegenüber dem<br />
„Schachtel wirt“ war anfangs nicht zu überhören.<br />
„Jeder Mensch hat zu McDonald’s eine Meinung,<br />
denn 99 % kennen McDonald’s“, weiß Ursula<br />
Riegler, Unternehmenssprecherin des schnellen<br />
Restaurants in Österreich.<br />
Markt.Kultur
GEMÜTLICHKEIT VS. FAST-FOOD?<br />
MARION<br />
Apropos Fast-Food. Heute muss auch bei FLAMMER-OLOF UND<br />
McDonald’s nicht mehr alles „fast“ (also<br />
URSULA RIEGLER<br />
„schnell“) sein. Es ist eine auch andere zeitliche<br />
Qualität eingezogen: „Das McCafé lädt<br />
1998 entstand in <strong>Leobersdorf</strong> unter der Leitung<br />
<strong>von</strong> Marion Flammer-Olof Filiale Nummer 111<br />
zum Verweilen und gemütlichen Plaudern ein. <strong>von</strong> heute 186 McDonald’s-Restaurants. Der Standort<br />
Statt Schnell-rein-schnell-raus soll nur mehr<br />
an der A 2 war und ist als Hochfrequenzort besonders<br />
das Service-Tempo rasant sein“, , erklärt Riegler.<br />
interessant für McDonald‘s. Flammer-Olof startete mit<br />
Die Gäste sollen <strong>sich</strong> wohlfühlen bei Produkten<br />
35 – 38 Mit arbeitern, heute sind es knapp 60.<br />
in Top-Qualität, <strong>von</strong> denen sie wissen, woher<br />
Der Erfolg rechtfertigte 2008 einen Umbau: Um 80 m²<br />
sie kommen. Das galt in <strong>Leobersdorf</strong> schon<br />
vor 700 Jahren, zu Zeiten der mittelalterlichen<br />
Wochenmärkte, als die gestrenge Marktpolizei<br />
mit der Lebensmittelkontrolle betraut war. Für<br />
die Qualität der im 21. Jahrhundert feilgebotenen<br />
Waren sorgen Gütesiegel und die gestiegenen<br />
Ansprüche des Käufers: Viele der McDonald’s-<br />
Rohwaren kommen aus Österreich, manches<br />
wurde das Lokal vergrößert, ein McCafé integriert und der<br />
Ronald GymClub, eine Bewegungszone für Kinder,<br />
geschaffen. 6,50 Euro Umsatz bringt der Durchschnittsgast.<br />
Seit Mai 2009 verantwortet die in<br />
Salzburg geborene Ursula Riegler als Unternehmenssprecherin<br />
die interne und externe<br />
Kommunikation <strong>von</strong> McDonald's<br />
Österreich.<br />
auch <strong>von</strong> kontrollierten Landwirtschaftsbetrieben<br />
in Niederösterreich und im Burgenland,<br />
gar nicht weit <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> entfernt.<br />
Die Ver teilung an die Standorte erfolgt zentral.<br />
Speis und Trank der Bacchusschenke stehen<br />
zwar nicht mehr ausschließlich im Zeichen der<br />
Eigenvermarktung der Scheibenreif‘schen Landwirtschaft,<br />
stammen aber auf jeden Fall aus<br />
<strong>Leobersdorf</strong> oder den umliegenden Gemeinden<br />
und werden vom Produzenten des Vertrauens<br />
zugekauft. „Nur so gewinnt man Stammgäste“,<br />
ist Scheibenreif überzeugt.<br />
85<br />
Markt.Kultur
WIR SIND STOLZ DARAUF,<br />
DASS WIR IN LEOBERSDORF<br />
EINE SO HOHE DICHTE AN HEURIGEN<br />
HABEN.<br />
Gerhard Scheibenreif<br />
86<br />
LEOBERSDORFER GOURMETS<br />
MIT WECHSELWIRKUNG<br />
Längst aber vertrauen Stammgäste nicht mehr nur<br />
auf Gewohntes, Typisches. „Bei uns holen sie <strong>sich</strong><br />
nach dem Big Mac zunehmend auch Kaffee und<br />
Kuchen. Immer öfter sind das Seniorenrunden aus<br />
dem Leovital“, berichtet Flammer-Olof. Ebenso ergänzt<br />
Scheibenreif: „Das Achterl reichen wir nicht<br />
mehr nur zur deftigen Brettljausn, sondern manchmal<br />
gar zum feinen Fischfilet, wenn es die Saison<br />
zulässt.“ Beim Heurigen genauso wie im Burger-<br />
Tempel haben <strong>sich</strong> die Schichten durchmischt und<br />
die Eigenheiten und Annehmlichkeiten beider Lokale<br />
werden gleichermaßen <strong>von</strong> den Einheimischen<br />
geschätzt. Nicht zuletzt deshalb kennen <strong>sich</strong> Gerhard<br />
Scheibenreif und Marion Flammer-Olof auch<br />
aus beruflichen Gründen, wie <strong>sich</strong> die McDonald’s-<br />
<strong>Leobersdorf</strong>-Chefin erinnert: „Zwei Mal schon habe<br />
ich mit meiner Crew die Weihnachtsfeier in der<br />
Bacchusschenke veranstaltet.“ Mit fast 60 Mitarbeitern<br />
ist die Weihnachtsfeier des McDonald’s-<br />
<strong>Leobersdorf</strong> beim Heurigen schon ein kleiner Event<br />
für das fünf Köpfe starke Familienteam <strong>von</strong> Gerhard<br />
Scheibenreifs Lokal.<br />
BEIM HEURIGEN, NICHT WEIT VOM MARKTPLATZ<br />
Selbst wenn man <strong>sich</strong> beruflich dem Fast-Food<br />
verschrieben hat, gilt: Geht es um ein gutes Glas<br />
Wein, dann muss das beim Heurigen konsumiert<br />
sein. „Für McDonald’s ist der Verkauf <strong>von</strong> Alkohol<br />
kein Thema, wir bieten lediglich Bier an, aber auch<br />
das wird nicht aktiv beworben“, , bestätigt Ursula<br />
Riegler, als sie gemeinsam mit Marion Flammer-<br />
Olof auf der sonnigen Terrasse <strong>von</strong> Gerhard<br />
Scheiben reifs Bacchusschenke sitzt. Für die geborene<br />
Salzburgerin ist der Gegenbesuch beim<br />
Heurigen gleichzeitig ihr erster Aufenthalt in<br />
<strong>Leobersdorf</strong>. Nicht weit vom alten Marktplatz, in<br />
schöner ruhiger Umgebung mit Zentrumsnähe, liegt<br />
der Traditionsheurige. Für Weinfreunde <strong>von</strong> Wiener<br />
Neustadt kommend, ist dieser das erste Haus am<br />
Platz, weil der erste Heurige, wenn ausg’steckt ist.<br />
GASTFREUNDLICHKEIT MARKE EIGENBAU<br />
Dort fühlt <strong>sich</strong> die Verweil-Atmosphäre ganz anders<br />
als im McCafé an: Auf der Terrasse inmitten<br />
des scheinbar immergrünen Innenhofes wartet<br />
Scheibenreif eine zünftige Brettljausn mit allerhand<br />
Schmankerl auf und schenkt ein Glas Muskat Ottonel<br />
2011 Marke Eigenbau ein. „Wir sind stolz darauf,<br />
dass wir in <strong>Leobersdorf</strong> eine so hohe Dichte an<br />
Heurigen haben“, sagt der langjährige Weinbauvereinsobmann.<br />
„Viele benachbarte Orte, die mehr<br />
Einwohner haben als <strong>Leobersdorf</strong>, zählen weit<br />
weniger solcher Top-Lokale.“ Gefeiert wird beim<br />
Mäci wie in der Bacchusschenke ohnehin, wie die<br />
Feste fallen. Ob es nun Geburtstage <strong>von</strong> Stammgästen<br />
sind, für die der Heurigenwirt gerne seine<br />
Räumlichkeiten auch außerhalb der Aus’gsteckt-<br />
Termine zur Verfügung stellt, oder Polterabende, die<br />
beim spätnächtlichen McDonald’s-Menü ihr Ende<br />
finden. Dann, wenn <strong>sich</strong> der eine oder andere beim<br />
Heurigen noch sein letztes Achterl ausspielt und mit<br />
dem Atout-Ass den allesentscheidenden Stich beim<br />
Schnapsen einstreift.<br />
Markt.Kultur
MARKTPLATZ DER GEMÜTLICHKEIT<br />
Augenscheinlich nimmt die Gemütlichkeit in <strong>Leobersdorf</strong><br />
einen sehr wichtigen Platz ein: 19 rige öffnen regelmäßig Tür und Tor und McDonald’s<br />
verzeichnet an Spitzentagen bis zu 3.000 Gäste. Wie<br />
eine Gemeinde mit weniger als 5.000 Einwohnern<br />
ein so guter Gastronomiestandort sein kann?<br />
„Wir<br />
profitieren alle da<strong>von</strong>, wenn die Gemeinde was tut“,<br />
sind <strong>sich</strong> Scheibenreif, Riegler und Flammer-Olof<br />
Heu-<br />
einig. Egal ob der Anlass Parkheuriger, Sommerzaubern<br />
oder Brückenlauf heißt. „Knapp 1.500 Leute<br />
sind etwa beim Lauf in <strong>Leobersdorf</strong> auf der<br />
Strecke – die Fans entlang der Route noch gar nicht<br />
eingerechnet. Da schaut schon der eine oder andere<br />
auch bei uns vorbei. Konkurrenzgedanken gibt’s<br />
da keinen“, , ver<strong>sich</strong>ert Scheibenreif und Flammer-<br />
Olof bekräftigt:<br />
„Das ist ein wertvoller Event, denn<br />
kaum ist der vorbei, geht’s bei uns los! Wir spüren<br />
die Auswirkungen massiv.“<br />
Und auch wenn es zulasten<br />
einer sportlichen Teilnahme geht – da steht<br />
man lieber für die Kunden hinterm Herd. Wobei:<br />
Marion Flammer-Olof hält <strong>sich</strong> da ohnehin an das<br />
Motto ihrer Mutter: Eine Dame läuft nicht. Der Zulauf<br />
zu McDonald’s und Bacchusschenke ist ihnen<br />
uneingeschränkt wichtiger. Und die <strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Gäste schätzen offen<strong>sich</strong>tlich beide Definitionen<br />
<strong>von</strong> Gastlichkeit und Lebensgefühl.<br />
FAST FACTS DER GASTLICHKEIT<br />
MC DONALDS LEOBERSDORF<br />
• besteht seit 1998<br />
• hat 365 Tage im Jahr, 19 Stunden am Tag geöffnet<br />
• beschäftigt knapp 60 Personen<br />
• bereitet „Klassiker“ wie Hamburger & Chicken McNuggets,<br />
diverse Salate, Mehlspeisen, verschiedene Heiß- und Kaltgetränke<br />
im McCafé zu<br />
• bezieht die Waren zu einem großen Anteil <strong>von</strong> Bauern aus<br />
Österreich, diese werden zentral an die Restaurants verteilt.<br />
BACCHUSSCHENKE<br />
• besteht seit 1968<br />
• hat acht Mal zwei Wochen im Jahr ausg’steckt und<br />
14 – 18 Stunden am Tag geöffnet<br />
• beschäftigt 5 Personen im Familienbetrieb<br />
• bereitet traditionelle Jausen mit regionalen Schmankerln,<br />
Mittagsmenüs, Tagesspezialitäten und Saisongerichte<br />
<strong>von</strong> Spargel bis Wild<br />
• bezieht die Waren <strong>von</strong> Großhändlern, Produzenten aus<br />
Nachbargemeinden und dem Triestingtal.<br />
87<br />
Markt.Kultur
Reiner Wein mit Vergangenheit<br />
Schon in vorrömischer Zeit<br />
sollen laut Heimatforschern<br />
auf <strong>Leobersdorf</strong>er Gebiet<br />
Kulturreben gepflanzt worden<br />
sein – vor allem am<br />
Linden- und am Sollenauer<br />
Berg.<br />
Der Weinbau <strong>macht</strong>e die<br />
Region rasch reich und daher<br />
bedeutend. Er brachte<br />
Wohlstand und viel Wert-<br />
schöpfung, da der Wein<br />
<strong>von</strong> überregionaler tung war. Das betraf vor allem<br />
den Donauhandel. Der<br />
Wein wurde rasch zur Aktie<br />
der damaligen Zeit: Viele<br />
Wiener investierten in der<br />
Region in Wein güter und<br />
Weingärten. Die Bürgerhäuser<br />
in Wien Bedeu-<br />
waren<br />
damals stark unter kellert,<br />
nicht zuletzt um Lager fläche<br />
für den Wein zu schaffen.<br />
Dadurch stieg der Einfluss<br />
der Gemeinde und das<br />
Marktrecht wurde <strong>Leobersdorf</strong><br />
schnell zuerkannt.<br />
Das Recht der Weinhauer,<br />
den Eigenbauwein in ihrem<br />
Haus ohne besondere Lizenz<br />
ausschenken zu dürfen,<br />
geht auf eine Verordnung<br />
<strong>von</strong> Kaiser Joseph II.<br />
<strong>von</strong> 1784 zurück. Bevor<br />
man noch vom Heurigen als<br />
Jungwein und der Lokalität<br />
in welcher der Wein ausgeschenkt<br />
wird, sprach, nannte<br />
man sie um 1860 Leutgeb-<br />
schänkern.<br />
Im Laufe der Jahre professionalisierte<br />
<strong>sich</strong> der Weinbau<br />
zusehends. Bis in die<br />
Siebziger wurde <strong>Leobersdorf</strong><br />
in Heurigen-Viertel<br />
eingeteilt: In jedem Viertel<br />
durfte immer nur ein Winzer<br />
gerade ausg’steckt haben.<br />
Seit 1979 zeugt der traditionsreiche<br />
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Parkheurige, ein weit über<br />
die Grenzen hinaus be-<br />
kanntes Weinfest, <strong>von</strong> der<br />
Berühmtheit der gemeindeeigenen<br />
Reben. Eine Hauergemeinschaft<br />
bietet dabei<br />
ihre Eigenbauweine im<br />
schattigen<br />
Gemeindepark<br />
bei Livemusik an. Ihr Motto:<br />
Bei uns gibt’s an guatn Wein,<br />
a knusprig’s Hendl und jeden<br />
Tag a Hetz!<br />
Gebietstypisch sind vor allem<br />
Weißweine, die an der<br />
Thermenlinie die besten<br />
klimatischen Bedingungen<br />
finden, wobei die Palette<br />
vom Grünen Veltliner über<br />
Müller-Thurgau und Muskat<br />
bis hin zum Chardonnay<br />
reicht. Zur traditionellen<br />
Sortenvielfalt gehören aber<br />
auch der Blaue Portugieser<br />
oder der Neuburger, ebenso<br />
moderne Weine aus der<br />
Burgunderfamilie wie St.<br />
Laurent und Zweigelt, aber<br />
auch Merlot.<br />
700 JAHRE-<br />
JUBLIÄUMSWEIN<br />
Foto: zVg<br />
Auf das 700 Jahre Markt-Jubiläum wird<br />
mit einem besonderen Tropfen angestoßen.<br />
Je 100 Liter ihres besten Rebensaftes haben<br />
Reinhard Dungel, Richard Fischer, Paul<br />
Fridrich, Wolfgang Pöltl, Anton Rauscher,<br />
Franz Scheibenreif und Bernhard Weiszbart<br />
dafür in Barrique-Fässern reifen lassen.<br />
Es entstanden 700 Liter einzigartiger<br />
Cuvée: tief dunkelrot mit violetten<br />
Reflexen, kräftig-würzig im<br />
Geschmack.<br />
88<br />
Die Winzer (<strong>von</strong> links):<br />
Anton Rauscher, Franz Scheibenreif,<br />
Richard Fischer, Wolfgang Pöltl, Paul Fridrich,<br />
Bernhard Weiszbart, Reinhard Dungel<br />
Markt.Kultur
80<br />
73<br />
35<br />
18<br />
Heurigen<br />
zählte man 1860<br />
Hektar ist die<br />
Weinbaufläche groß<br />
Mal fand bis 2013<br />
der Parkheurige statt<br />
Heurigen gibt es 2013<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
6<br />
4<br />
3<br />
Weinbauern schenken<br />
jährlich beim<br />
Parkheurigen aus<br />
haben im Durchschnitt<br />
immer gleichzeitig<br />
ausg’steckt<br />
landwirtschaftliche<br />
Biobetriebe gibt es in<br />
<strong>Leobersdorf</strong><br />
2<br />
Heurigen sind<br />
Nebenerwerbsbetriebe<br />
2<br />
Weinbaubetriebe<br />
haben nur Flaschen-<br />
weinverkauf<br />
BUSCHENSCHANK =<br />
HEURIGEN –<br />
ODER UMGEKEHRT?<br />
1<br />
Mostheurigen<br />
gibt es heute<br />
in <strong>Leobersdorf</strong><br />
Heuriger<br />
bezeichnet in Österreich sowohl<br />
einen Jungwein als auch die Lokalität,<br />
wo der Wein ausgeschenkt wird. Es kann<br />
<strong>sich</strong> dabei um einen Buschenschank, dem<br />
saisonal begrenzten Ausschank des<br />
Erzeugungsbetriebes handeln oder<br />
um einen als Heurigen geführten<br />
Gastgewerbebetrieb.<br />
Quelle: Wikipedia<br />
Heurigen international<br />
Straußen- oder Besenwirtschaft<br />
nennt man Buschenschanken<br />
in Deutschland.<br />
Die Namen gehen auf den<br />
vor die Tür gehängten<br />
Buschen zurück.<br />
Hecken- oder Häckerwirtschaft<br />
sagt man in der<br />
deutschen Region Franken<br />
zu einem Buschenschank.<br />
Der Name geht auf das<br />
fränkische Wort „Häcker“,<br />
die Bezeichnung für den<br />
Winzer, zurück.<br />
Törggelen ist der Brauch<br />
der Südtiroler, nach der<br />
Weinlese eine gemeinsame<br />
Mahlzeit einzunehmen, die<br />
in der Regel vom Winzer<br />
für seine Mitarbeiter und<br />
Lesehelfer ausgerichtet<br />
wird.<br />
Osmiza heißt der Buschenschank<br />
in den ehemals<br />
österreichischen Gebieten<br />
in Italien. Das Wort leitet<br />
<strong>sich</strong> vom slowenischen<br />
osem (acht) ab, da die<br />
Konzession ursprünglich<br />
auf acht Tage beschränkt<br />
war).<br />
89<br />
Markt.Kultur
Ihr professioneller<br />
Entsorgungspartner t<br />
für:<br />
• Abfallentsorgung aller Art<br />
• Altölrecycling<br />
•<br />
Abfälle und Wertstoffe<br />
• Ölabscheiderinhalte<br />
• Bauschutt und Sperrmüll<br />
• Container- und Muldenservice<br />
• Tankreinigungen und Demontagen<br />
• Entrümpelungen<br />
90<br />
Killer GmbH & Co KG<br />
Hirtenberger Straße 28<br />
2544 <strong>Leobersdorf</strong><br />
www.killer.at<br />
Markt.Kultur<br />
Tel.: + 43 (0) 2256 / 620 42<br />
Fax: + 43 (0) 2256 / 620 34<br />
E-Mail: abfall@killer.at
Von der<br />
Triesting<br />
bis zum<br />
Nordkap<br />
und retour<br />
Foto: Gregor Nesvadba<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s schweißtreibendstes Highlight<br />
Exakt zehn Kilometer ist der Kurs des Hauptlaufes lang – das wurde im Vorjahr auch<br />
<strong>von</strong> der AIMS, dem internationalen Marathon- und Laufverband, bestätigt.<br />
Folglich darf<br />
<strong>sich</strong> <strong>Leobersdorf</strong> mit dem Brückenlauf um nationale und internationale Laufwertungen<br />
wie etwa Staatsmeisterschaften bewerben. Angespornt werden die Läufer dabei jeden-<br />
falls nicht nur <strong>von</strong> den Zusehern, sondern den Strecken gegebenheiten: Der Lauf führt vom<br />
Rathaus weg vorbei am historischen Marktplatz, durch den Generationen- sowie den<br />
Gemeindepark, bis an die Grenzen des örtlichen Gewerbegebietes. Seit 2001 organisiert<br />
Sportreferent und Vizebürgermeister Harald Sorger das schweißtreibendste Highlight<br />
im <strong>Leobersdorf</strong>er Veranstaltungskalender und konnte 2013 mit seinen 200 Helfern fast<br />
1.700 Sportler anfeuern.<br />
Gelaufen wird in Leobers-<br />
dorf auch im Herbst:<br />
Bereits zum fünften Mal<br />
veran stalteten die gemeinde <strong>Leobersdorf</strong> und<br />
Markt-<br />
Bobby’s Sport Shop am<br />
1. September 2013 den Rote<br />
Nasen Lauf. Jeder zurückgelegte<br />
Kilometer bringt<br />
wertvolles<br />
Spenden geld:<br />
Insgesamt 3.722,6 Kilo -<br />
meter liefen die 351 Teilnehmer<br />
2013 – eine Distanz,<br />
die dem Weg <strong>von</strong> dorf bis zum Nordkap und<br />
wieder retour Leobers-<br />
entspricht.<br />
250<br />
Kilogramm<br />
Kaiserschmarren<br />
aßen die Läufer<br />
insgesamt beim<br />
Brückenlauf 2013<br />
Jahre war der<br />
älteste Teilnehmer alt<br />
74<br />
74 war die<br />
älteste Teilnehmerin<br />
76 33<br />
Grad betrug<br />
die Außentemperatur<br />
beim heißesten<br />
Brückenlauf 2012<br />
15<br />
Grad betrug<br />
die Außentemperatur<br />
beim kältesten<br />
Brückenlauf 2007<br />
26<br />
17<br />
Polizeiorgane<br />
sorgen<br />
für die<br />
Verkehrs<strong>sich</strong>erung<br />
bei der<br />
Veranstaltung<br />
Nationalitäten waren<br />
bisher vertreten:<br />
Österreich, Deutschland,<br />
Tschechien,<br />
Frankreich, Schweiz,<br />
Irland, Türkei, Großbritannien,<br />
USA,<br />
Belgien, Nieder lande,<br />
Ungarn, Kroatien,<br />
Südafrika, Tunesien,<br />
Serbien-Montenegro,<br />
Kanada.
Kompetenz und Know How in der Wasseraufbereitung u. Wärmetechnik<br />
Die<br />
GWT Gesellschaft<br />
für Wasser- und<br />
Wärmetechnik<br />
GmbH<br />
schöpft aus über 30<br />
Jahren Erfahrung in der<br />
Planung und Ausführung<br />
<strong>von</strong> Wasseraufbereitungsanlagen<br />
und wärmetechnischen<br />
Anlagen. Im<br />
Lauf der Jahre hat <strong>sich</strong><br />
GWT kontinuierlich zu<br />
einem Komplettanbieter<br />
auf dem Gebiet der<br />
Wasseraufbereitung<br />
entwickelt und <strong>sich</strong> in<br />
allen Leistungssegmenten<br />
bestens etabliert. Der<br />
Hauptsitz<br />
des<br />
Unternehmens liegt in<br />
<strong>Leobersdorf</strong>.<br />
Zwei weitere Standorte<br />
befinden <strong>sich</strong> in Salzburg<br />
und Sollenau.<br />
Ein<br />
kompetentes<br />
Team<br />
<strong>von</strong><br />
Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern<br />
deckt<br />
mit<br />
umfassendem<br />
Know-how alle<br />
Bereiche des<br />
Anlagenbaus ab –<br />
<strong>von</strong><br />
der<br />
ingenieurmäßigen<br />
Planung über die<br />
Fertigung <strong>von</strong><br />
Komponenten bis<br />
hin<br />
zur<br />
professionellen<br />
Montage vor Ort.<br />
Zufriedene Kunden<br />
auf der ganzen<br />
Welt setzen auf die<br />
Innovationskraft<br />
und Verlässlichkeit<br />
<strong>von</strong> GWT.<br />
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<strong>Leobersdorf</strong><br />
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www.gwt.at<br />
Tel.:+43 2256 622 97<br />
Fax +43 2256 620 32<br />
Unser Liefer- und Leistungsspektrum:<br />
• Verfahrensbestimmung unter<br />
wirtschaftlichen Aspekten, Planung,<br />
Behördeneinreichungen<br />
• maschinelle und elektrische<br />
Konstruktion, Fertigung Montage,<br />
Inbetriebnahme, Einschulung<br />
• Servicedienstleistungen<br />
• Chemikalienberatung und –handel<br />
• Energie- und Betriebsmitteloptimierungen,<br />
Wasseranalytik<br />
Unsere Tätigkeitsbereiche:<br />
• kommunale<br />
Trinkwasseraufbereitungsanlagen<br />
• kommunale und gewerbliche<br />
Schwimmbadwasseraufbereitungsanlagen<br />
und Beckenanlagen<br />
• Wärmetechnische Anlagen<br />
• Kompaktanlagen >Aqua Module<<br />
• Industrielle<br />
Wasseraufbereitungsanlagen<br />
• Kommunale<br />
Abwasseraufbereitungsanlagen<br />
• Servicedienstleistungen und<br />
Chemikalienhandel
PAUL EISENKIRCHNER<br />
Der Autor wurde 1977 in Wien geboren und ist<br />
in Enzesfeld aufgewachsen. Er lebt und arbeitet als<br />
freier Grafiker und Fotograf in Wiener Neustadt und<br />
betreibt eine Buchhandlung in Bad Fischau. Von 2007<br />
bis 2013 war Eisenkirchner beruflich in <strong>Leobersdorf</strong> tätig<br />
und hat in dieser Zeit unter anderem die Lesereihe<br />
„Literatur in <strong>Leobersdorf</strong>“ (www.leolit.at) gegründet. Neben<br />
der eigenen Autorentätigkeit ist er auch Heraus geber und<br />
Veranstalter. Als <strong>Leobersdorf</strong>er Markt schreiber verfasst er<br />
insgesamt 7 Texte zu je 700 Wörtern,<br />
die <strong>sich</strong> in 100 Zeilen zu je 7 Wörter gliedern.<br />
Foto: zVg<br />
Die Texte sind im Internet unter<br />
marktschreiber.blogspot.co.at<br />
zu finden.<br />
DER MARKTSCHREIBER IM INTERVIEW<br />
Warum haben Sie <strong>sich</strong> entschlossen, Marktschreiber <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong> zu<br />
werden?<br />
Ich bin nicht in <strong>Leobersdorf</strong> aufgewachsen, habe nie hier gelebt und hatte<br />
trotzdem immer eine Verbindung zu diesem Ort. Zugegebenermaßen waren<br />
zu Beginn die Argumente die Einladung zum <strong>Leobersdorf</strong>er Marktschreiber<br />
auszuschlagen eindeutiger. Erst nach und nach habe ich aus meiner Bio-<br />
graphie die Verbindungen zu diesem Ort freigelegt und mich an die ersten<br />
Textentwürfe ge<strong>macht</strong>. Dieses erste Wandern durch die Erinnerung spiegelt<br />
<strong>sich</strong> schließlich in den Texten wider.<br />
Wie und was schreibt ein Marktschreiber?<br />
Man sitzt und beginnt nachzudenken, lässt <strong>sich</strong> <strong>von</strong> den Gedanken treiben<br />
und kommt <strong>von</strong> einem zum anderen. Ein Wortfluss ohne klare Verbindungen<br />
und Regeln. Es wird nicht eine Geschichte erzählt, es werden viele Geschichten<br />
zugleich erzählt. Jede Zeile hat <strong>von</strong> der nächsten nichts zu erwarten und ist<br />
zu nichts verpflichtet. Und doch spannt <strong>sich</strong> ein roter Faden durch jeden einzelnen<br />
Text. Und doch bleiben am Ende, für jene die <strong>sich</strong> auf diese kleinen<br />
Ausflüge einlassen, immer Bilder und Stimmungen. Bilder und Stimmungen<br />
zusammengesetzt aus dem Textmaterial, sowie den eigenen Erinnerungen<br />
und Erfahrungen, die zwischen den Zeilen genügend Platz finden. Der Text<br />
lebt durch den Leser.<br />
Wie sehen die Texte eines modernen Markt schreibers aus?<br />
Um dem Fließen <strong>von</strong> Gedanken, Bildern und Wörtern den größtmöglichen<br />
Freiraum zu geben fehlen Interpunktion und ein gewohntes Satzgefüge.<br />
Der Text orientiert <strong>sich</strong> nicht an der erzählenden Form, sondern an der lyrischen.<br />
Insgesamt sind sieben Texte entstanden und wurden auf marktschreiber.blogspot.co.at<br />
publiziert. Um den Texten eine Gemeinsamkeit zu geben<br />
besteht jeder Text aus je 100 Zeilen zu je sieben Worten – jeder Text also gesamt<br />
aus 700 Wörtern.<br />
ICH BIN NICHT IN LEOBERSDORF AUFGEWACHSEN,<br />
HABE NIE HIER GELEBT, UND TROTZDEM<br />
IMMER EINE VERBINDUNG ZU DEM ORT GEHABT.<br />
<strong>Leobersdorf</strong>s<br />
frühere<br />
Markt schreiber<br />
Paul Eisenkirchner darf<br />
<strong>sich</strong> nicht als Erster Markt-<br />
schreiber <strong>von</strong> <strong>Leobersdorf</strong><br />
nennen.<br />
Gemeindeunter-<br />
lagen belegen, dass einige<br />
Gemeindebedienstete<br />
zuvor auch schon als<br />
Marktschreiber bezeichnet<br />
wurden: So zum Beispiel<br />
war Michael Mayerhofer -<br />
ehemals Marktrichter - bis<br />
1651 Marktschreiber. Von<br />
1790 bis 1802 hatte Franz<br />
Wenger die Position inne<br />
und war gleichzeitig auch<br />
Marktrichter. Die beiden<br />
Funktionen überschneiden<br />
<strong>sich</strong> in der Geschichte <strong>Leobersdorf</strong>s<br />
immer wieder,<br />
denn die Schreiber waren<br />
im Spätmittelalter und der<br />
Frühen Neuzeit nicht beobachtende<br />
Autoren sondern<br />
wichtige Instanzen der kommunalen<br />
Verwaltung. Mit<br />
zunehmendem Handel und<br />
Verkehr stieg ihre Wichtigkeit<br />
in der Gemeindeverwaltung<br />
stetig an.<br />
93<br />
Paul Eisenkirchner<br />
Markt.Kultur
Die Feierlichkeiten<br />
zum 700 Jahre<br />
Markterhebungs-<br />
Jubiläum<br />
4. bis 6. Oktober 2013 –<br />
ein ganzer Ort ist Bühne<br />
94<br />
FREITAG, 04. OKTOBER 2013<br />
14.00 – 22.00 Uhr<br />
Großes Mittelalterfest (Volksschulgarten)<br />
14.00 – 19.00 Uhr<br />
Helikopterrundflüge über <strong>Leobersdorf</strong><br />
(Volksschulparkplatz)<br />
20.00 Uhr Die Seer Live (Rathausplatz)<br />
20.00 Uhr 3D-Lichtshow (Rathausplatz)<br />
Markt.Kultur<br />
SAMSTAG, 05. OKTOBER 2013<br />
11.00 – 22.00 Uhr<br />
Großes Mittelalterfest (Volksschulgarten)<br />
11.00 – 19.00 Uhr<br />
Helikopterrundflüge über <strong>Leobersdorf</strong><br />
(Volksschulparkplatz)<br />
18.00 – 20.00 Uhr<br />
„Zeitreise“-Showabend<br />
mit Moderator Tom Schwarzmann<br />
(Volksschulgarten)<br />
21.00 u. 22.00 Uhr 3D-Lichtshow (Rathausplatz)
SONNTAG, 06. OKTOBER 2013<br />
10.00 – 18.00 Uhr<br />
Großes Mittelalterfest (Volksschulgarten)<br />
10.00 – 19.00 Uhr<br />
Helikopterrundflüge über <strong>Leobersdorf</strong><br />
(Volksschulparkplatz)<br />
10.30 – 12.00 Uhr<br />
Radio NÖ Frühschoppen (Rathausplatz)<br />
Ab 12.30 Uhr Festakt mit Vergraben<br />
der Zeitkapseln (Rathausplatz)<br />
95<br />
Markt.Kultur
<strong>Leobersdorf</strong>er<br />
Pfadfinder<br />
geben<br />
Rätsel auf<br />
Die Pfadfindergruppe<br />
<strong>Leobersdorf</strong> veranstaltet<br />
rund um die Feierlichkeiten<br />
des 700jährigen Jubiläums<br />
der <strong>Leobersdorf</strong>er Markt-<br />
erhebung eine Rätselrallye<br />
für alle <strong>Leobersdorf</strong>er sowie<br />
alle Freunde der Markt-<br />
gemeinde.<br />
Diese müssen für<br />
die Lösung des Rätsels aufmerksam<br />
im Oktober und<br />
November des Jubiläumsjahres<br />
durch <strong>Leobersdorf</strong><br />
gehen und gleichzeitig ihr<br />
Wissen über die Gemeinde<br />
und ihre Geschichte unter<br />
Beweis stellen: Die zehn<br />
Aufgaben, die es dabei<br />
zu lösen gilt, sind in ver-<br />
schiedenen Auslagen der<br />
Leobers dorfer<br />
Geschäftswelt<br />
zu finden. Aus den richtigen<br />
Antworten werden im<br />
Rahmen des Filmfestes der<br />
Pfadfinder <strong>Leobersdorf</strong> im<br />
November fünf Sieger gezogen.<br />
Foto: zVg<br />
96<br />
Markt.Kultur
Der Gemeinderat 2013<br />
Bgm.<br />
Andreas Ramharter<br />
Vbgm.<br />
gfGR<br />
gfGR<br />
Harald Sorger<br />
gfGR<br />
gfGR<br />
Walter Cais<br />
Margit Federle<br />
Kurt Ludikovsky<br />
Claudia Winkler<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
Bernhard Bauer<br />
Florian Detter<br />
Friedrich Formanek<br />
Bernhard Gmeiner<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
Martina Herzog<br />
Roland Herzog<br />
Dieter Kornfeld<br />
Franz Nöbel<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
Johannes Petermair<br />
Harald Pisarik<br />
Franz Pöltl<br />
Anton Rauscher<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
Ingrid Rothensteiner<br />
Friedrich Sorger<br />
Gerhard Stampf<br />
Gerhard Tschakert<br />
GR<br />
GR<br />
GR<br />
Andreas Witzany<br />
Lisa-Marie Witzany<br />
Johann Zöhling