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Anmerkungen zu den rechtlichen Grundlagen der - Bkjpp

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Forum 3 – 2004<br />

Betrachten wir <strong>zu</strong>nächst die Auswirkungen auf das Kind, lässt sich heute<br />

nicht mehr differenzieren, welchen Einfluss die Infektion selbst, die Trennung<br />

des Kindes von seiner Mutter, die Hospitalisierung mit <strong>den</strong> medizinischen<br />

Eingriffen und <strong>zu</strong>letzt die inkonsistente Beziehungsgestaltung durch<br />

unterschiedliche Be<strong>zu</strong>gspersonen in <strong>der</strong> Primärversorgung (Säuglingsschwestern,<br />

Vater, Oma und Mutter) im Einzelnen hatten. Auf dem Hintergrund<br />

neurobiologischer Erkenntnisse besteht kein Zweifel, dass in so frühem<br />

Alter je<strong>der</strong> dieser Faktoren als potentiell traumatisch in Betracht gezogen<br />

wer<strong>den</strong> muss. In <strong>der</strong> Kumulation je<strong>den</strong>falls kann eine folgenreiche<br />

Beeinträchtigung <strong>der</strong> Hirnentwicklung des Säuglings mit unauslöschlichen<br />

Erinnerungsspuren an Schmerzen, Verlassenheitsangst und existenzielles<br />

Panikerleben nicht ausgeschlossen wer<strong>den</strong>.<br />

Betrachten wir die weitere Entwicklung des Jungen, so sind <strong>zu</strong>sätzlich erhebliche<br />

Belastungsfaktoren <strong>zu</strong> berücksichtigen, die sich über die Jahre<br />

kumulierend aneinan<strong>der</strong> gereiht und sein Selbstwertgefühl geschwächt<br />

haben: permanente Frustrationen durch sensumotorische Ungeschicklichkeit<br />

und dysfunktionalem Körpererleben, eine permanent angespannte,<br />

durch Ambivalenz gekennzeichnete Beziehungsgestaltung innerhalb seiner<br />

Familie verbun<strong>den</strong> mit <strong>der</strong> Zuweisung einer Sün<strong>den</strong>bockrolle, soziale<br />

Zurückweisungen außerhalb <strong>der</strong> Familie seit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenzeit mit Episo<strong>den</strong><br />

von Mobbing durch Gleichaltrige, Leistungsversagen in <strong>der</strong> Schule<br />

und eine generalisierte, immer intensiver wer<strong>den</strong>de Erfahrung von Ausweglosigkeit.<br />

Aktuell waren bei Sven Symptome beobachten, die als typisch für traumatische<br />

Verarbeitungsprozesse beschrieben wer<strong>den</strong>. Eine „Übererregung“<br />

im Sinne von ständiger innerer Unruhe und Getriebenheit, von Hyperaktivität,<br />

einer ständig erhöhten Anspannung und einer Unfähigkeit, motorisch<br />

und psychisch in Entspannung <strong>zu</strong> kommen. „Intrusionen“ waren unserer<br />

Beobachtung nur indirekt <strong>zu</strong>gänglich. Sven berichtete von periodisch auftauchen<strong>den</strong><br />

für ihn nicht erklärlichen Angstträumen mit nächtlichem Einnässen.<br />

Unerwartet auftauchende Affektschwankungen im Alltag ließen<br />

sich hypothetisch als Angsteinbrüche deuten. Und auffällig war seine Neigung,<br />

im Spiel Horrorphantasien aus<strong>zu</strong>leben und sich häufig angeberisch<br />

in Mutproben <strong>zu</strong> stürzen. Phänomene <strong>der</strong> „Konstriktion“ waren augenfällig<br />

in Leistungssituationen und im Wettbewerb mit Gleichaltrigen <strong>zu</strong> beobachten.<br />

Sven neigte da<strong>zu</strong>, Unterlegenheits- und Hilflosigkeitsgefühle präventiv<br />

<strong>zu</strong> vermei<strong>den</strong>. Er brach Spiele ab, um nicht <strong>zu</strong> verlieren, konnte keine<br />

Fehler eingestehen und zeigte eine Ten<strong>den</strong>z, seine Leistungsmöglichkeiten<br />

<strong>zu</strong> überschätzen und seine Grenzen <strong>zu</strong> leugnen.<br />

Die hier aufgezeigten Zusammenhänge zwischen Belastungserfahrungen<br />

und Symptomentwicklung gehören <strong>zu</strong>r vertrauten Perspektive von Kin<strong>der</strong>-

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