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Anmerkungen zu den rechtlichen Grundlagen der - Bkjpp

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Forum 3 – 2004<br />

2. 3. Traumaphänomene sind in unserem Arbeitskontext eher die Regel<br />

als die Ausnahme<br />

Gegenüber Modeerscheinungen in Fachdiskursen ist naturgemäß eine<br />

gewisse skeptische Vorsicht geboten. Wenn Themen sich so beeindrucken<strong>der</strong><br />

„Einschaltquoten“ erfreuen, wie <strong>zu</strong>rzeit das Trauma, wer<strong>den</strong> leicht<br />

auch Übertreibungen transportiert und unangemessene Heilungserwartungen<br />

geweckt. Es kann nicht sinnvoll sein, alle psychischen Belastungen<br />

als traumatisch ein<strong>zu</strong>stufen, hinter je<strong>der</strong> Verhaltensauffälligkeit ein<br />

Trauma <strong>zu</strong> suchen und je<strong>den</strong> schwierigen Klienten als Traumapatienten<br />

<strong>zu</strong> etikettieren. An<strong>der</strong>erseits muss man nicht ausschließlich mit Opfern<br />

von Krieg, Gewaltverbrechen o<strong>der</strong> Naturkatastrophen beschäftigt sein, um<br />

dem Trauma und seinen Bewältigungsmechanismen <strong>zu</strong> begegnen. In <strong>den</strong><br />

Anamnesen unserer Familien fin<strong>den</strong> wir eine weit überproportionale statistische<br />

Häufung schwerwiegen<strong>der</strong> prä-, peri- und postpartaler Belastungen<br />

und früher Vernachlässigungs- Misshandlungs- und Trennungserfahrungen<br />

mit traumatischem Charakter. Deshalb scheint die Vermutung berechtigt,<br />

dass bei Familien, die ihre Kin<strong>der</strong> bei Therapeuten o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />

vorstellen, das Vorliegen traumatischer (Vor)- Erfahrungen sowohl<br />

bei Eltern wie auch bei Kin<strong>der</strong>n eher die Regel darstellt als die Ausnahme.<br />

„Schocktraumata“, von Leonore Terr (1995) als Traumatyp I klassifiziert,<br />

bei <strong>den</strong>en Individuen einem einzelnen dramatischen Ereignis <strong>zu</strong>m Opfer<br />

gefallen sind, tauchen in unserem Arbeitskontext eher selten auf. Sehr<br />

häufig sind wir allerdings mit Traumaprozessen konfrontiert, die durch ein<br />

komplexes Geschehen in einer traumatischen Beziehungskonstellation<br />

(Typ II) <strong>zu</strong>stande gekommen sind. Typisch für unsere Fälle ist eher das<br />

Zusammenwirken mehrerer Belastungsfaktoren. Häufig erfahren wir von<br />

„sequenziellen“ Traumata (Keilson 1979), die sich in <strong>den</strong> Lebensgeschichten<br />

von Eltern und Kin<strong>der</strong>n aneinan<strong>der</strong> reihen, sodass jeweils alten Schä<strong>den</strong><br />

neue hin<strong>zu</strong>gefügt wor<strong>den</strong> sind. Keilson hat Kin<strong>der</strong> jüdischer Eltern in<br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit untersucht und beschrieben, dass die erlebten Traumasequenzen<br />

im Verlauf des Lebens einerseits <strong>zu</strong>sammenwirkten, an<strong>der</strong>erseits<br />

in <strong>der</strong> Verarbeitung unterschiedliche Auswirkungen hatten, je nach<br />

dem, in welchen Phasen sie erfolgt waren. Er konnte zeigen: je früher die<br />

Belastung, desto nachhaltiger die Auswirkung im Erwachsenenalter. Ein<br />

weiteres sehr bedeutsames Phänomen, dem wir bei unseren Kin<strong>der</strong>n und<br />

ihren Eltern begegnen, besteht in <strong>der</strong> Kumulation traumatischer Erfahrungen.<br />

Nach Kahn (1963) sind „kumulative Traumata“ dann gegeben, wenn<br />

Dauerbelastungen sich <strong>zu</strong> einem traumaäquivalenten Gesamtergebnis<br />

summieren, obwohl jedes Einzelereignis für sich unterhalb <strong>der</strong> Traumaschwelle<br />

liegt.

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