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interview<br />
interview<br />
Ende November war es im Cocoon Club zu Frankfurt<br />
wieder soweit: Sven Väth lud zur alljährlichen Releaseparty<br />
seiner Ibiza Doppel-Mix-CD ein. Traditionell hat<br />
Väth dabei auf eine CD die knackigen Sounds gepackt,<br />
die er nachts im Amnesia auflegt. Auf der zweiten hat<br />
er die lockeren, housigen Tracks, die tagsüber auf seinen<br />
Plattentellern landen versammelt. Die CD stellt für viele<br />
immer den Abschluss und einen Rückblick auf die heiße<br />
Sommersaison dar - wir haben Sven Väth sein persönliches<br />
Ibizareview entlockt und zu seinen kommenden<br />
Projekten befragt.<br />
Bevor wir auf den eigentlichen Grund – die neue CD –<br />
zu sprechen kommen, wollen wir wissen, wie Sven die<br />
Veränderungen der letzten zwei, drei Jahre auf Ibiza<br />
bewertet. Es gab einige gravierende Baumaßnahmen,<br />
wie die neue Autobahn, und neue Gesetze der Inselregierung<br />
haben das Ausmaß des Feierns auf der weißen<br />
Insel verändert. Die Meinungen gehen hier weit auseinander,<br />
denn viele wollen den alten Charakter Ibizas<br />
beibehalten, andere wiederum fordern die Modernisierung.<br />
„Man kann sich nicht ewig wünschen,<br />
dass alles so bleibt wie in den 70er Jahren,<br />
als die Hippies die Insel bevölkerten.<br />
Die Insel muss sich im modernen, internationalen<br />
Tourismus positionieren und deswegen sind der neue<br />
Jachthafen und der Golfplatz für eine anspruchsvolle Urlaubsklientel<br />
wichtig. Für mich persönlich, der ich immer<br />
„auf dem Sprung“ bin, bringt die Autobahn auch den<br />
Vorteil, dass ich schneller am Flughafen sein kann. Die<br />
wilde Zeit auf Ibiza geht ja auch hauptsächlich nur von<br />
Juni bis September. In den Herbst-, Winter- und Frühlingsmonaten<br />
kann man weiterhin die schöne Landschaft und<br />
die Ruhe genießen. Und genau diese Mischung aus dem<br />
unglaublichen Nachtleben, den vielfältigen Restaurants,<br />
der farbenfrohen Natur und den Locals die dort leben,<br />
machen Ibiza zu einem einmaligen Ort auf der Erde. Ich<br />
liebe Ibiza!“<br />
Die Liebe zur Insel ist sicher auch ein wichtiger Grund,<br />
warum Sven seit mittlerweile neun Jahren mit seiner<br />
Cocoon-Crew jeden Montag das Amnesia zu einem der<br />
heißesten Plätze Ibizas macht. Von Anfang an hat sich die<br />
Party von anderen Events abgehoben durch das Motto der<br />
jeweiligen <strong>Sa</strong>ison, die darauf abgestimmte Deko und die<br />
exklusiven Bookings. „Die anderen Veranstalter<br />
und Promoter haben schnell gemerkt, dass<br />
wir frische Energie ins Nachtleben bringen.“<br />
Auch beim Sound sind die Cocooner der Konkurrenz fast<br />
immer einen Schritt voraus. Wie Sven Väths Sound diesen<br />
Sommer ausgesehen hat, gibt es jetzt auf der neuen Mix-<br />
CD zu hören. Die erste CD geht in diesem Jahr wieder<br />
kompromisslos nach vorne. Mathew Jonson macht den<br />
Anfang und wird dann von Kollegen wie <strong>Sa</strong>sha, Timo<br />
Maas und Radio Slave abgelöst. Hier gibt es nicht viel zu<br />
diskutieren – mit der CD kann man sich das Amnesia ins<br />
Wohnzimmer holen. Bei der zweiten CD haben sich allerdings<br />
ein paar Überraschungen ergeben, denn die hatte<br />
in den letzten Jahren oft auch experimenteller Stücke<br />
eines Villalobos- oder Jay Haze-Kalibers hervorgebracht.<br />
Dieses Mal gibt es dort aber einen Johnny D., Kollektiv<br />
Turmstrasse oder Robert Babicz zu hören. Sicher qualitativ<br />
anspruchsvolle und innovative Stücke - allerdings<br />
wurden sie in den letzten Monaten dann doch von etlichen<br />
DJs landauf, landab gespielt. Die Zusammenstellung<br />
auf der zweiten CD hat aber nichts damit zu tun, dass<br />
Sven die Experimentierfreude, oder die Ideen ausgegangen<br />
sind. Für ihn gibt es dafür ganz andere Gründe: „Im<br />
vergangenen Jahr kam die erfolgreichste<br />
deutsche, elektronische Musik zum größten<br />
Teil aus meiner Homebase. Das Rhein-Main-<br />
Gebiet hat mit SiS, Johnny D., Reboot und Labels wie<br />
Oslo und Cécille viel frischen Wind in die Szene gebracht.<br />
Deswegen haben es die Jungs auch verdient, durch meine<br />
CD gepushed zu werden.“<br />
Eine weitere Besonderheit bei der zweiten CD ‚Invaders‘<br />
ist auch, dass sie von Sven am Computer gemischt wurde,<br />
obwohl er normal voll und ganz auf Vinyl setzt. Unsere<br />
Befürchtung, dass er das Plattenschleppen nach all den<br />
Jahren langsam satt hat, verneint er auch heftig: „Wer<br />
sagt, Plattenkisten zu tragen sei zu schwer,<br />
der hat den Spirit des Auflegens einfach<br />
nicht geschnallt! Jeder Musiker trägt sein Instrument<br />
doch auch selbst. Für mich gehört auch nicht nur das fertige<br />
Medium Vinyl zum Auflegen, sondern auch der ganze<br />
Prozess im Voraus. Vom Mastering über die Pressung bis<br />
zum Artwork des Covers. Wenn gute Arbeit geleistet wird,<br />
sollte man auch bereit sein, dafür Geld liegen zu lassen.“<br />
Klare Aussagen zur vergangenen <strong>Sa</strong>ison und zur CD. Auch<br />
Petrus hat dies wohl als Abschluss des Ibizasommers gesehen,<br />
da es in der Releaseparty-Nacht gleich mal den<br />
ersten Schneesturm über Frankfurt gab. Nachdem zu Ibiza<br />
also genug gesagt wurde, haben wir mit Sven auch noch<br />
über das kommende Jahr 2009 gesprochen. Trotz der vielen<br />
Gigs, die bis zum Sommer durch die Release-Tour anstehen,<br />
gibt er natürlich auch bei Cocoon und im eigenen<br />
Frankfurter Club weiter Vollgas und bringt seine Ideen<br />
ein. Vor allem im Club wird weiter getüftelt und wie Sven<br />
es ausdrückt: „Immer weiter an den kleinen Stellschrauben<br />
gedreht.“ Das Dezemberprogramm hat mit Thomas<br />
D. und Public Enemy mal wieder gezeigt, dass nicht nur<br />
auf elektronische Musik Wert gelegt wird, sondern alle<br />
kulturellen Bereiche im Club vertreten sein sollen. Auch<br />
Pop und Jazz sind Gedanken, mit denen gespielt wurde<br />
und wird. „Meine Wunschgäste im Cocoon Club wären<br />
mal Björk und der britische Avantgarde-Pop-Poet David<br />
Sylvian, oder ein Kunst- und Musikprojekt mit Brian Eno.“<br />
Das sind allerdings nur Svens Wünsche und keine konkreten<br />
Projekte - aber Sven wäre nicht Sven, wenn nicht so<br />
ein Spruch gleich hinterherkommen würde: „Wünsche<br />
schaffen aber natürlich immer auch neue<br />
Energien, um sie zu realisieren. Lasst euch<br />
also überraschen!“<br />
Zum Abschluss haben wir natürlich auch noch kurz nachgehakt,<br />
warum Sven Väth seit einigen Jahren - bis auf<br />
wenige Ausnahmen - nicht mehr bei uns in der Region<br />
zu hören ist. Wie er uns versichert, hat das hat aber keine<br />
persönlichen Gründe, sondern liegt an der Exklusivität,<br />
die er dem Cocoon Club und den Events im Rhein-Main-<br />
Gebiet sichern will. „In den 90ern und Anfang<br />
der 2000er habe ich viel und geil mit euch<br />
Schwaben gefeiert. Ob ganz früher im Oz oder<br />
dann im M1 und Zapata, es hat immer gerockt. Deswegen<br />
kann ich mir 2009 auch vorstellen, endlich mal wieder<br />
einen Stopp in Stuttgart einzulegen.“<br />
Das würde uns alle natürlich sehr freuen – hoffen wir,<br />
dass es die Planung zulässt.<br />
Danke für das Interview, einen guten Rutsch und einen<br />
guten Tourstart im Januar!<br />
20 <strong>Partysan</strong> BaWü | Januar 2009 Januar 2009 | <strong>Partysan</strong> BaWü 21