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Bertolt Brecht und Fritz Lang<br />
-Über den Film Hangmen Also Die-<br />
Akira Ichikawa (Universität Osaka)<br />
Vorwort<br />
Hangmen Also Die, entstanden 1942/43 in einer Zusammenarbeit von Bertolt Brecht<br />
und Fritz Lang im amerikanischen Exil, gilt als Meisterwerk des antifaschistischen<br />
Films. Als Drehbuchautor wird jedoch der bei den Arbeiten dazugestoßene John<br />
Wexley genannt, während das Ausmaß von Brechts Beitrag zu diesem Film lange Zeit<br />
unbekannt blieb. In die dreißigbändige Brecht-Gesamtausgabe, vollendet im Jahr 2000,<br />
wurde das Werk nicht aufgenommen, da nicht genügend Belege zur Anerkennung als<br />
Werk Brechts vorhanden waren. Vor einigen Jahren hat man jedoch in der Bibliothek<br />
der University of Southern California zwei Manuskripte entdeckt, die das Fundament<br />
des Szenarios bilden. Da es auch einige neue Materialien von amerikanischer Seite<br />
gibt, fällt nun neues Licht auf die historische Filmforschung zu Brecht. In meiner<br />
Arbeit will ich mit Hilfe einer detaillierten Auseinandersetzung mit beiden<br />
Manuskripten, unveröffentlichten Korrespondenzen, Interviews und neuen Materialien<br />
beweisen, dass Hangmen Also Die ein Werk von Brecht ist, und dabei auch die<br />
Verbindungen des Films zu seinen Theaterstücken untersuchen.<br />
1. Entstehungsgeschichte<br />
In den Jahren 1997/98 kam Irène Bonnaud, eine Doktorandin der Sorbonne, an die<br />
University of Southern California, um in der dortigen Bibliothek Materialien für ihre
52 브레히트와 현대연극<br />
Arbeit über „Brecht in Amerika“ zu sammeln. Dabei entdeckte sie wertvolle Quellen<br />
zu Hangmen Also Die. Bei Filmen wird normalerweise als erste Produktionsstufe die<br />
„Outline“ (Synopsis, Exposé), als zweite Stufe das „Treatment“ (Kurzform des<br />
Drehbuchs) angefertigt, auf deren Basis danach das Drehbuch geschrieben wird. In der<br />
Bibilothek hatte man nun die Outline und das Treatment zu Hangmen Also Die<br />
gefunden, die seit über fünfzig Jahren als verschollen galten. Die Outline ist ein<br />
deutscher Text mit dem Titel 437!! Ein Geiselfilm, das Treatment eine englische<br />
Übersetzung mit dem Titel Never Surrender (das deutsche Original ist nach wie vor<br />
verschollen). Beide Texte wurden im Brecht-Jahrbuch Nummer 28 (2003) und 30<br />
(2005) der International Brecht Society veröffentlicht. Ich werde nun unter<br />
Berücksichtigung dieser Texte den Verlauf der gemeinsamen Arbeiten am Film<br />
skizzieren.<br />
Prag während der Annexion Tschechiens unter der deutschen Naziherrschaft: Der<br />
als „Henker von Prag“ bekannte stellvertretende Reichsprotektor Reinhard Heydrich<br />
wurde am 27. Mai 1942 in einem Attentat durch Widerstandskämpfer der<br />
tschechischen Untergrundbewegung getötet. 1) Als der Regisseur Fritz Lang von diesem<br />
Ereignis erfuhr, bekam er die Idee, einen Film über das Heydrich-Attentat zu drehen<br />
und bat Brecht darum, sich als Partner zu beteiligen. Langs Ziel war, über Brecht an<br />
die notwendigen politische Kenntnisse für einen Antinazifilm zu kommen und diese in<br />
seinen Film zu integrieren. Am Tag nach dem Attentat vermerkt Brechts Journal: „Mit<br />
Lang an der beach über Geiselfilm nachgedacht (anläßlich Heydrichs Exekution in<br />
Prag).“ 2) Die Geschwindigkeit, mit der sich die beiden an die Arbeit machten, mag<br />
erstaunlich scheinen, aber wenn man an die eiserne Regel Hollywoods denkt, dass das<br />
„Produkt“ noch vor Ablauf des Verfallsdatums an den Markt gebracht werden muss,<br />
versteht sich dies von selbst.<br />
Fritz Lang, der während der Weimarer Republik mit Filmen wie Dr. Mabuse,<br />
1) Das Attentat wurde am 27. Mai 1942 durch die in England ausgebildeten Unteroffiziere der<br />
ehemaligen tschechoslowakischen Armee Jan Kubis und Josef Gabcik ausgeführt. (Mittenzwei, S. 40)<br />
2) GBA 27, S. 99.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 53<br />
Metropolis oder M als Regisseur berühmt wurde, verließ Deutschland im Jahr 1933.<br />
Goebbels hatte ihn gebeten, eine zentrale Position in der deutschen Filmindustrie zu<br />
übernehmen; Lang lehnte ab und gelangte 1934 über Paris nach Hollywood. Er kannte<br />
Brecht schon vor dem Exil und brachte seinem Schaffen große Hochachtung entgegen.<br />
Auch Brecht war mit Lang und seinen Filmen vertraut, zumal seine Frau Helene<br />
Weigel auch in einer kleinen Rolle in Metropolis aufgetreten war und sein Freund<br />
Peter Lorre die Hauptrolle in M spielte. So begann die Zusammenarbeit der beiden.<br />
Lang erinnerte sich mit folgenden Worten an ihre gemeinsame Arbeit im Juni 1942:<br />
„In ein paar Tagen, kaum mehr als vier oder fünf, hatten wir zusammen eine kurze<br />
Outline zu Papier gebracht.“ 3) Der Teil, der die Kernhandlung des Films ausmacht, ist<br />
also vermutlich innerhalb weniger Tage entstanden. Im Journal vom 29. Juni 1942<br />
beschreibt Brecht die Lage nach Beendigung der Arbeit an der Outline:<br />
Ich arbeite mit Lang für gewöhnlich von früh neun Uhr bis abends sieben Uhr an der<br />
Geisel-Story. Bemerkenswert ein term, der immer wieder auftaucht, wenn die Logik eines<br />
Vorgangs oder Fortgangs zu diskutieren wäre: „Das akzeptiert das Publikum.“ Den<br />
mastermind der Untergrundbewegung, der sich hinter einem Fenstervorhang versteckt, wenn<br />
die Gestapo Haussuchung hält, akzeptiert das Publikum. Auch aus Kleiderschränken fallende<br />
Kommisarleichen. Auch „geheime“ Volksversammlungen zur Zeit des Naziterrors. Derlei<br />
„kauft“ Lang. Interessant auch, daß er weit mehr an Überraschungen interessiert ist als an<br />
Spannungen. 4)<br />
Im Gegensatz zu Lang, der die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm und auch<br />
zunehmend unter dem Einfluss von Hollywood stand, lehnte Brecht, der nach wie vor<br />
als „Ausländer“ residierte, den Kommerzialismus der dortigen Filmindustrie ab. Er<br />
versuchte, auch im Film sein Ideal der Publikumserziehung zu verwirklichen. Die<br />
„tausend Tabus“ von Hollywood waren für Brecht nur lästige Störfaktoren und Langs<br />
populistische Produktionsmethoden, seine Flirts mit dem Publikum, waren ihm<br />
3) Vgl. HB 3, S. 457. Töteberg, S. 99.<br />
4) GBA 27, S. 109.
54 브레히트와 현대연극<br />
ebenfalls ein Dorn im Auge. Dennoch ging die Arbeit am Film gut voran; der<br />
Unterhaltungsfaktor, auf den Lang abzielte, und die Brechtsche Volkstümlichkeit<br />
fanden gut zueinander und in der Frühphase der Produktion gab es noch keine großen<br />
Probleme. Outlines in Hollywood waren normalerweise eine zehn- bis fünfzehnseitige<br />
Zusammenfassung der späteren Handlung; sie bildeten die erste Stufe zum eigentlichen<br />
Drehbuch. Der Text der Outline 437!! Ein Geiselfilm war mit seinen 39 Seiten jedoch<br />
weitaus umfangreicher als gewöhnlich. 5)<br />
Die über die Ermordung Heydrichs erzürnten Nazis forderten die Attentäter damals<br />
auf, sich zu stellen und drohten mit der Hinrichtung tschechischer Geiseln als<br />
Vergeltung, falls dieser Forderung nicht Folge geleistet werden sollte. Die Zahl 437 im<br />
Titel entspricht der Zahl der tatsächlichen Opfer der Hinrichtungen. Lang und Brecht,<br />
die ihre Arbeiten auf deutsch begonnen hatten, ließen eine englische Übersetzung<br />
(Übersetzer unbekannt) mit dem Kurztitel 437 anfertigen. Die „Outline“ und ihre<br />
englische Übersetzung wurden am 30. Juni 1942 von der Agentur Sam Jaffe an die<br />
Screen Writers Guild unter dem Namen der beiden abgegeben. Die deutsche<br />
Originalfassung (die englische Fassung ging verloren) kann man nun lesen; sie enthält<br />
signifikante Teile des späteren Szenarios. Aus den handschriftlichen Korrekturen und<br />
Durchstreichungen der beiden geht hervor, dass während der Schreibarbeit diskutiert<br />
wurde. Dennoch ist es so gut wie unmöglich, zu beurteilen, welcher Teil von Brecht<br />
und welcher von Lang stammt.<br />
Die kommunistischen Untergrundkämpfer des tschechischen Widerstands, die an<br />
dem Heydrich-Attentat beteiligt waren, wurden von den Nazis als kriminelle Attentäter,<br />
aus tschechischer Sicht hingegen als Volkshelden betrachtet. In der Filmversion finden<br />
sich für Lang typische Spannungsmomente: Das atemberaubende Katz-und-Maus-Spiel<br />
zwischen den Nazis, die die Attentäter jagen, und den Tschechen, die in fester<br />
Solidarität versuchen, sie zu schützen, ist ein Genre, in dem Lang bereits mit M,<br />
seinem ersten Tonfilm in Weimar, sowie dem antifaschistischen Film Manhunt in<br />
5) Vgl. HB 3, S. 457f. JB 28, S. 1f. Text: JB 28, S. 9-30.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 55<br />
Amerika sein Können bewiesen hatte. Manhunt basiert auf dem antifaschistischen<br />
Widerstand; doch hier fungiert er nur als Hintergrund für die dramatische Flucht des<br />
Protagonisten und seiner Geliebten, einem Straßenmädchen. Elemente, die in Manhunt<br />
nicht vorkommen, wie etwa der Widerstand des Volkes gegen die Gestapo oder der<br />
sich allmählich formende Bund der Solidarität, stammen ohne Zweifel aus der Feder<br />
von Brecht.<br />
Nach Vollendung der Outline begann die Arbeit am Treatment. Wie festgestellt<br />
wurde, hatte Brecht teilweise alleine daran gearbeitet. Im Journal vom 5. Juli ist<br />
vermerkt, dass er die Story einer Sekretärin diktiert hatte. Die 39-seitige Outline<br />
entwickelt sich allmählich zum in Prosaform ausgeweiteten Treatment. Das Treatment,<br />
die normalerweise 50 bis 75-seitige Vorstufe zum eigentlichen Szenario, umfasste hier<br />
bereits 100 Seiten und bekam den Titel Never Surrender. 6) Hans Viertel, der Sohn des<br />
mit Brecht seit der Weimarer Zeit befreundeten Regisseurs Berthold Viertel und seiner<br />
Frau Salka, die in Hollywood als Drehbuchautorin Erfolg hatte, war damals Student; er<br />
fertigte auf Bitte von Brecht und Lang die englische Übersetzung dazu an. Ihm<br />
zufolge hatte er ein deutsches Treatment über 100 Seiten erhalten. Auch wenn sich<br />
Lang nicht an den Übersetzungsauftrag erinnern konnte und das deutsche Original<br />
verschollen ist - die englische Übersetzung, die 1998 entdeckt wurde, umfasst 95<br />
Seiten. Wenn man berücksichtigt, dass englische Sätze im Allgemeinen etwas kürzer<br />
ausfallen als deutsche, erscheint Viertels Aussage also glaubwürdig. 7) Die englische<br />
Fassung des Treatment wurde von der Agentur Sam Jaffe bei der Screen Writers<br />
Guild mit dem Datum 16.07.1942 eingetragen.<br />
Die beiden Manuskripte 437!! Ein Geiselfilm (deutsche Fassung) und Never<br />
Surrender (englische Übersetzung) enthalten alle Hauptelemente der Handlung sowie<br />
sämtliche wichtigen Figuren; auch ca. die Hälfte der Dialoge des späteren Films lassen<br />
sich dort lesen. In den frühen Entwürfen gibt es natürlich geringfügige Abweichungen;<br />
Professor Nowotny heißt dort Majek, seine Tochter Mascha heißt Maria. Dennoch: die<br />
6) Vgl. HB 3, S. 458. JB 28, S. 2. Text: JB 30, S. 7-60.<br />
7) Ebd.
56 브레히트와 현대연극<br />
Beschreibungen von Widerstand und Sabotage, die auch in Prosawerken Brechts aus<br />
jener Zeit, wie etwa Die langsame Anna 8) oder das Lied Bruder, es ist die Zeit, 9) eine<br />
Hymne auf die Widerstandsbewegung gegen die Nazis, lassen auf eine intensive<br />
Beteiligung Brechts an den Arbeiten schließen. Es lässt sich auf jeden Fall feststellen,<br />
dass die größere Hälfte der Arbeiten, die die Grundlage des fertigen Szenarios bilden,<br />
zum 16. Juli abgeschlossen waren.<br />
Ab Mitte Juli begannen auf Basis des fertigen Treatment die Arbeiten zum<br />
Drehbuch, das auf englisch geschrieben werden musste. Brecht hatte weder<br />
Erfahrungen als Drehbuchautor in Hollywood, noch konnte er Englisch, deswegen<br />
engagierte Lang den bekannten Theater- und Filmautoren John Wexley, der auch gute<br />
Deutschkenntnisse hatte, um ein passendes englisches Szenario für den Film<br />
anzufertigen. 10) Wexley war zuvor als Drehbuchautor für den antifaschistischen Film<br />
Confessions of a Nazi Spy (Berichte eines Nazispions, 1939) tätig. Am 5. August 1942<br />
begann er, sich an der Gruppenarbeit zu beteiligen; während den etwa zehn Wochen<br />
bis Mitte Oktober arbeitet er zu zweit mit Brecht, zuweilen auch alleine, am<br />
Drehbuch.<br />
Der Tag, an dem die gemeinsame Arbeit begann, ist wichtig für das spätere Urteil<br />
darüber, wer der wahre Autor des Drehbuchs ist. Nach Wexleys Aussage gaben ihm<br />
Brecht und Lang bei seiner Ankunft Anfang August 1942 ein einziges Blatt mit ein<br />
paar Notizen; eine Story, Handlung, Szenen usw. gab es noch nicht. 11) Zur selben Zeit<br />
war jedoch Viertels englische Übersetzung bereits fertiggestellt und Lang hatte ihm<br />
dieses Treatment auch ohne Zweifel überreicht. Wie zuvor erwähnt, weisen die Outline<br />
und das Treatment von Brecht und Lang prinzipiell keine großen Unterschiede zum<br />
späteren Drehbuch auf.<br />
Wexley jedoch betrachtete von Anfang an sich selbst als einzigen Drehbuchautor<br />
8) GBA 20, S. 95f.<br />
9) GBA 15, S. 74.<br />
10) Brief von Fritz Lang an Albin Poetsch am 21. Maerz 1967. Vgl. HB 3, S. 459.<br />
11) Lyon, S. 93f.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 57<br />
dieses Films. Er behauptet, die deutsche und englische Fassung des Szenarios auf<br />
Basis von Brechts und Langs Geschichte alleine angefertigt zu haben. Brecht war für<br />
ihn nur ein Amateur, der wenig oder nichts von der Filmtechnik verstand; er sei nur<br />
als eine Art Assistent, als Experte für die Mentalität der Nazis und Ausdrücke des<br />
Deutschen, an seiner Schreibarbeit beteiligt gewesen, was sich auch in ihrem<br />
unterschiedlichen Gehalt niederschlug. Wexley erhielt vertraglich jede Woche 1500<br />
Dollar, Brecht für seine gesamte Arbeit 5000 Dollar und einen geringfügigen Bonus. 12)<br />
Dass Brecht weniger bezahlt wurde als Wexley, entspricht den Tatsachen. Es gab<br />
auch mehrere Verhandlungen zwischen ihm und der Agentur. Ein weiterer Beleg findet<br />
sich im Journal vom 20. Juli 1942: „Die ganze Zeit Brotarbeit an der Geiselstory mit<br />
Lang. Soll dafür 5000 $ bekommen, dazu weitere 3000 $ für weitere Mitarbeit.“ 13)<br />
Am Ende verdiente Brecht mit dieser Arbeit 10.000 Dollar, mit denen er am 12.<br />
August 1942 in das Haus in 1063, 26th Street Santa Monica umzog, welches er später<br />
als Eigenheim erwarb. 14) Wenn man den durchschnittlichen Monatslohn von 200<br />
Dollar berücksichtigt, den ein Arbeiter damals bekam, war das Geld, das Brecht hier<br />
verdient hatte, eine beträchtliche Summe. Auf die Zusammenarbeit von Brecht und<br />
Lang (die bis zum 20. Juli andauerte) folgte nach dem 5. August hauptsächlich eine<br />
Zusammenarbeit von Brecht und Wexley. Im Journal findet sich eine Eintragung, aus<br />
der die Arbeitssituation vom 5. August hervorgeht:<br />
Ich arbeite jetzt in einer office von United Artists in Laspalmasstreet in Hollywood. Heiße<br />
Büroräume mit Sekretärinnen. Ein amerikanischer writer, John Wexley, der 1500 $ in der<br />
Woche bekommt. Es gilt als sehr links und anständig. Zuerst nehme ich mit ihm eine<br />
Sequenz durch, er diktiert sie englisch der Sekretärin. Sie macht vier Kopien, und als ich<br />
eine haben will, macht er die kindischsten Ausflüchte. Am Kopf steht „John Wexley“ und<br />
Datum, und die „suggestions“ sind nicht benamt. In einer Szene braucht er eine deutsche<br />
12) Vgl. HB 3, S. 459.<br />
13) GBA 27, S. 115.<br />
14) Das Haus ist ein kalifornisches Holzhaus, getüncht. ... Brecht hat einen langen (fast sieben Meter)<br />
Arbeitsraum. ... Miete 60$ im Monat, 12$ 50 mehr als in der 25. Straße. (Vgl. GBA 27, S. 119)
58 브레히트와 현대연극<br />
Übersetzung; so überträgt er in eine Kopie handschriftliche Zufügungen und gibt sie mir. Ich<br />
nehme den Zettel mit; danach wird herumtelefoniert, ich hätte ein Blatt mitgenommen, das er<br />
brauche, er könne nicht weiterarbeiten. Wie es scheint, werden diese Tricks hoch bezahlt. 15)<br />
Damals konnte Brecht noch nicht ahnen, welche Intention hinter diesen „Tricks“<br />
steckt. Wexley wusste aus Erfahrung als Autor, dass bei Urheberrechtsprozessen der<br />
Screen Writers Guild derjenige als Verfasser anerkannt wird, der mehr<br />
Manuskriptseiten mit seinem eigenen Namen vorweisen kann. Er hob von Beginn an<br />
jedes beschriebene Blatt auf, versah es mit seinem Namen und nahm es als sein<br />
„Eigentum“ mit nach Hause. 16) Da Brecht bereits am 14. Juli und 22. August mit<br />
Lang Verträge gemacht hatte, in denen er ihm sämtliche Rechte und auch das<br />
Drehbuch überließ, hatte er nichts mehr in den Händen; das Drehbuch, das Brecht und<br />
Wexley gemeinsam erarbeitet hatten, war bei Lang, und Wexley hatte die Kopien bei<br />
sich. Es deutete sich hier bereits an, dass das spätere Urteil gegen Brecht entscheiden<br />
und Wexley als Verfasser anerkennen würde.<br />
Brecht unterhielt zu dem linksorientierten Autor Wexley jedoch, soweit aus dem<br />
Journal hervorgeht, äußerst freundschaftliche Beziehungen. Differenzen bestanden eher<br />
mit Lang, nämlich über dessen Produktionsmethoden. Dass der im Englischen wie im<br />
Deutschen bewanderte Wexley die Führungsrolle beim Umschreiben des in Prosaform<br />
verfassten Treatment zu einem englischen Szenario mit umgangssprachlichen Dialogen<br />
übernehmen würde, kann man sich ebenfalls leicht vorstellen. Brecht lieferte zahlreiche<br />
Vorlagen und prüfte Wexleys Entwürfe aufs Genaueste. Vom äußeren Schein her<br />
betrachtet hatte Brecht, wie in Wexleys Behauptung, vielleicht nur die Rolle eines<br />
Assistenten während der Arbeiten. Aber Brecht war derjenige, der Wexley einen<br />
ausgezeichneten „Rohdiamanten“ überlassen hatte, an dem bereits viele Detailarbeiten<br />
gemacht waren. Am 14. September, 40 Tage nach Beginn der Zusammenarbeit,<br />
schreibt Brecht folgende Zeilen:<br />
15) GBA 27, S. 118f.<br />
16) Vgl. HB 3, S. 457.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 59<br />
Die Arbeit am Film (den ich gern „Trust the People“ nennen würde) geht besser vorwärts,<br />
seit statt Lang ich mit Wexley die Übertragung der outline in das Drehbuch vorbespreche<br />
(und ich korrigiere dann auch noch seine Arbeit). Vor allem aber habe ich Wexley dazu<br />
gewonnen, mit mir und in meinem Haus abends ein völlig neues Idealscript zu schreiben, das<br />
Lang vorgelegt werden soll. Natürlich lege ich das Schwergewicht auf die Volksszenen. 17)<br />
Aus Langs Notizen vom 25. September 1942 geht hervor, dass an diesem Tag die<br />
Endfassung des Szenarios fertiggestellt wurde. Brecht und Wexley andererseits waren<br />
der Meinung, dass das Drehbuch noch nicht fertig war und arbeiteten weiter an einem<br />
„Idealscript“; letztendlich waren es finanzielle Gründe, die sie zu einem früheren<br />
Drehbeginn als geplant zwangen, und so reichten sie das, was zu diesem Zeitpunkt<br />
fertig war, als Letztfassung weiter an Lang. Brecht klagt im Journal vom 5. Oktober<br />
darüber, dass er „Wexley nicht mehr zum Weiterarbeiten am „Idealscript“ bewegen“<br />
konnte. 18) Es hatte zu diesem Zeitpunkt nur 70 Seiten. Am 6. Oktober überreicht<br />
Wexley das Script zusammen mit einem kurzen Brief: „Attached hereto are the first<br />
60 polished pages of screenplay. Regarding the proposed changes in certain scenes as<br />
herein rewritten, and speaking for Bert Brecht and myself, we are sure they will help<br />
tremendously because we tried to approach each and every scene and character all<br />
over again.“ 19) Auch wenn die Seitenzahlen nicht exakt übereinstimmen, kann man<br />
erkennen, dass die Arbeit der beiden vorerst abgeschlossen war.<br />
In einem unveröffentlichten Briefwechsel aus dem Jahr 1967 erinnert sich Lang:<br />
„Das Manuskript hatte ursprünglich beinahe 300 Seiten und durch die Mißstimmung<br />
zwischen den beiden Autoren war ich gezwungen, die notwendigen Kürzungen -<br />
(sonst hätte der Film über drei Stunden gedauert, was 1942-43 nicht moeglich war)<br />
selbst vorzunehmen.“ 20) Zum damaligen Zeitpunkt hatten Drehbücher im Durchschnitt<br />
etwa 120 bis 150 Seiten, aber das Szenario von Wexley und Brecht umfasste<br />
17) GBA 27, S. 124.<br />
18) GBA 27, S. 125.<br />
19) Bibliothek der University of Southern California, Los Angels.<br />
20) BBA 2216/45
60 브레히트와 현대연극<br />
insgesamt 280 Seiten. Dieses Drehbuch wurde von Lang zu einer Fassung von 192<br />
Seiten gekürzt. Für die Kürzungsarbeiten stellte er Milton L. Gunzberg ein, ohne<br />
Brecht und Wexley darüber zu informieren. Für einen bestimmten Zeitraum verliefen<br />
die Kürzungsarbeiten durch Lang und Gunzberg parallel zu den Arbeiten am<br />
„Idealscript“ von Brecht und Wexley. Bald ließ Lang wieder Wexley an Stelle von<br />
Gunzberg am Drehbuch weiterarbeiten, wobei letztendlich weitere 70 Seiten und 50<br />
Einstellungen den Kürzungen zum Opfer fielen. Brecht entfernte sich zu diesem<br />
Zeitpunkt bereits von den Arbeiten am Film. Vielleicht entspricht es aber eher den<br />
wahren Verhältnissen, dass Lang die Arbeiten als beendet betrachtete und Brecht auf<br />
Distanz halten wollte. Brechts Journal vom 16. Oktober 1942 vermerkt Folgendes:<br />
Wexley und ich arbeiteten „nach bestem Wissen und Gewissen“ an dem script von „trust the<br />
People“ (unser Titel). Jetzt, vor dem shooting, schleppte Lang den armen Wexley in seine<br />
office und schreit mit ihm hinter verschlossenen Türen, er wünschte ein Hollywoodpicture zu<br />
machen, scheiße auf Volksszenen usw. (...) Er sitzt, mit den Allüren eines Diktators und<br />
alten Filmhasen, hinter seinem Boßschreibtisch, (...) sammelnd „Überraschungen“, kleine<br />
Spannungen, schmutzige Sentimentalitäten und Unwahrhaftigkeiten, und nimmt „licenses“ für<br />
die boxoffice. 21)<br />
So entstand das Drehbuch in weniger als vier Monaten; die Dreharbeiten fanden<br />
zwischen Oktober und Dezember 1942 statt. Im Dezember 1942, während der letzten<br />
Phase der Produktion, begann Hanns Eisler mit der Komposition der Musik für<br />
Hangmen Also Die. Der „Titelsong“ des Films heißt No Surrender, er ist das<br />
Kampflied der Geiseln und auch im Abspann zu hören. Die Textgrundlage dazu bildet<br />
Brechts Gedicht Bruder es ist Zeit, das auch unter dem Namen Das Lidicelied bekannt<br />
ist. Er hatte es Dezember 1942 für Trust the People (so sollte der Film nach Brechts<br />
Vorstellung heißen) verfasst. Lidice ist der Prager Vorort, dessen männliche Bewohner<br />
nach dem Heydrich-Attentat in einer Racheaktion der Nazis exekutiert und dessen<br />
21) GBA 27, S. 126.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 61<br />
Frauen in Konzentrationslager deportiert wurden. Rhythmus und Stil von Brechts<br />
Protestlyrik in Amerika haben Verbindungen zur revolutionären proletarischen Lyrik<br />
aus der Weimarer Republik und der Frühphase des Exils. Dass so ein Lied in einem<br />
Hollywoodfilm Verwendung fand, mag erstaunlich scheinen; ebenfalls beachtenswert<br />
ist, dass Eisler heimlich die Melodie des Kominternlieds in die Komposition<br />
miteinfließen ließ. 22)<br />
Der Film wurde zusammen mit den Musikaufnahmen im Frühjahr 1943<br />
fertiggestellt. Zuvor trug er bereits zahlreiche Titel, die jeweils verschiedene Ideen<br />
enthielten: Silent City, 437!! Ein Geiselfilm, Never Surrender, Unconquered, The<br />
Hostage of Prague und Trust the People. Ein letztendlicher Titel stand jedoch noch<br />
nicht fest. Um vor der Premiere noch einen neuen Titel zu finden, schrieben die<br />
Produzenten Pressburger und Lang in den Studios einen Preis auf den besten Filmtitel<br />
aus. Den Preis über 100 Dollar gewann eine Sekretärin mit ihrem Vorschlag Hangmen<br />
Also Die (Auch Henker müssen sterben). 23) Am 26. März feierte der Film im Capitol<br />
in Los Angeles Premiere. Nur zehn Monate nach dem Attentat war der Film in<br />
unglaublicher Geschwindigkeit fertiggestellt.<br />
2. Typisch Brechtsche Elemente<br />
Als die Dreharbeiten begannen und die Arbeit sich zum Filmset verlagerte, fühlte<br />
Brecht, wie er nach und nach aus dem Kreis der Gruppenarbeiten ausgeschlossen<br />
wurde. Er war enttäuscht, als er merkte, dass Lang, „wie die meisten guten<br />
Regisseure, das Drehbuch als Leitfaden, nicht als heilige Schrift betrachtete“. 24) Brecht<br />
umgekehrt war aus der Perspektive des Produzenten Pressburger oder des Regisseurs<br />
Lang ein perfektionistischer Schriftsteller, der sich am Film nicht auskannte, und galt<br />
22) GBA 27, S. 146. Vgl. HB 3, S. 461.<br />
23) Mittenzwei, S. 47. Völker, S. 325.<br />
24) Lyon, S. 101.
62 브레히트와 현대연극<br />
eher als lästig. Im Januar 1943, als der Film fast fertiggestellt war, gab es einen<br />
Zwischenfall. Im Journal vom 21. Januar vermerkt Brecht:<br />
Sitzung der Screen Writer Guild, die ich anrufen mußte, weil Pressburger und Lang mir<br />
keinen credit für die Arbeit am screenplay gaben – Wexley war dagegen. Und nun saß er,<br />
vor einem halben Zentner Manuskripten, und behauptete, er hätte mich kaum je gesprochen.<br />
– Der credit würde mich eventuell instand setzen, einen Filmjob zu kriegen, wenn das<br />
Wasser mir bis an den Hals geht. 25)<br />
Den Ausdruck „credit“ benutzt Brecht hier im englischen Sinne von „Urheberrecht“.<br />
Es kam zu einem großen Streit, da Wexley nur seinen eigenen Namen als<br />
Drehbuchautor im Titel genannt haben wollte. Beim Disput der beiden „Autoren“ über<br />
die Urheberrechte kam es zu einem Urteil, aus dem Wexley als Sieger hervorging. Der<br />
Verlauf des Prozesses lässt sich aus zwei privaten Korrespondenzen von Lang<br />
rekonstruieren. Albin Poetsch, der Vorstand des Filmklubs Meissen, bat Lang 1966 um<br />
die Aufführungsrechte für Hangmen Also Die; dabei stellte er etliche Fragen über die<br />
Entstehungsgeschichte des Films, die Lang mit seinen persönlichen Erinnerungen<br />
beantwortete. Die erste Korrespondenz ist eine Antwort auf Poetschs Brief vom 22.<br />
August, die mit dem 5. November 1966 datiert ist. Dort heißt es, „Brecht arbeitete nur<br />
an dem Manuskript und hatte nichts mit der Regie zu tun“, und weiter: „Die<br />
Manuskript- und Vor-Manuskriptarbeit gehört zu den erfreulichsten Erinnerungen<br />
meiner Tätigkeit im Film“. 26) Wichtig ist vor allem der Brief Langs an Poetsch vom<br />
21. März 1967. Er beginnt mit den Aussagen, dass alle Ideen für den Film von Lang<br />
stammen, dass er zunächst Brecht zur Mitarbeit aufgefordert habe, und dass Wexley<br />
für Brecht, der absolut kein Englisch verstand, eingestellt wurde. Danach werden die<br />
Gerichtsverhandlungen beschrieben:<br />
25) GBA 27, S. 148.<br />
26) BBA 2216/43.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 63<br />
Brecht und Wexley vertrugen sich im Anfang sehr gut. Als aber nach Beendigung des<br />
Manuskripts die Frage aufs Tapet kam, wer als Verfasser des Manuskripts genannt werden<br />
sollte, entspann sich ein Streit zwischen beiden und wie das in solchen Fällen hier üblich ist,<br />
werden zur Schlichtung der Streitfrage die beiden Parteien vor ein Schiedsgericht der Screen<br />
Writers Guild of America geladen. Obwohl Hanns Eisler, der Kommunist, und ich hundert<br />
prozentig für Brecht eintraten, wurde Wexley die alleinige Autorenschaft zu dem Drehbuch<br />
zugesprochen.<br />
Dass das nicht nur eine große Ungerechtigkeit war, sondern auch ein kompletter Blödsinn,<br />
wird jedem klar sein, der Brechts Schreibweise kennt und der auch nur ein paar Szenen des<br />
endgültigen Manuskript liest. (...) Die Motivierung dieses merkwürdigen Schiedsgerichts war,<br />
dass Brecht nach dem gewonnenen Krieg ohnedies nach Deutschland zurückkehren würde<br />
und daher der alleinige Autorentitel für Wexley wichtiger wäre als für Brecht. 27)<br />
Brecht versuchte im Januar 1943 beim Schlichtungsverfahren der Screen Writers<br />
Guild zu belegen, dass er signifikante Beiträge zur Entstehung des Films geliefert<br />
hatte. Dennoch wurde Wexley auf Basis von Falschaussagen zum einzigen Autor<br />
erklärt. Den entscheidenden Anlass für das Urteil lieferte das Treatment, das Wexley<br />
vorlegte. Brecht und Lang hatten das Treatment zwar schon am 16. Juli abgeschlossen,<br />
aber es besteht große Wahrscheinlichkeit, dass Wexley es nach Erhalt mit seinem<br />
eigenen Namen versehen und als sein eigenes Werk eingereicht hatte. In der offiziellen<br />
Urteilsbegründung der Screen Writers Guild findet sich folgender Satz: „(Wexleys?)<br />
treatment contains about ninety percent of the structure of the screen play and goes<br />
extensively beyond the limits normally considered an original story“. 28) Diese Worte<br />
hätten ohne Zweifel an Lang und Brecht gerichtet sein müssen. Lyon, der das<br />
Treatment und die letzte Drehbuchfassung miteinander verglichen hat, spricht ebenfalls<br />
dafür, dass Brecht und Lang die Autoren des Treatment sind, und stellt das Urteil der<br />
Screen Writers Guild mit ihrem eigenen Argument auf den Kopf: „It is evident that<br />
Wexley had almost nothing to do with determining the story line in Hangmen Also<br />
27) BBA 2216/45. Vgl. Eisler/Bunge, S. 46.<br />
28) Brief vom 23. 1.1943; Bibliothek der University of Southern California, Los Angels.
64 브레히트와 현대연극<br />
Die. By a conservative estimate, at least 90 % of the plot elements found in the<br />
screenplay are already contained in Never Surrender.” 29)<br />
Wexleys Hauptaufgabe bei den Arbeiten mit Brecht bestand darin, das englische<br />
Treatment in Drehbuchform zu bringen. Er fertigte ein Szenario an, das dem Format<br />
entsprach. Man kann davon ausgehen, dass Wexley die Kamera- und<br />
Schnittanweisungen, die Nummerierung der Schnitte und - falls notwendig - ihr<br />
Rearrangement unter Langs Anweisungen angefertigt hat. Daneben dürfte er auch<br />
einige von Brechts Szenen gekürzt und Ideen und Lines, die dem amerikanischen<br />
Publikum gefallen könnten, integriert haben. Dies sind jedoch alles technische Fragen<br />
- die sprachlichen und inhaltlichen Elemente des Drehbuchs waren, wie bereits zuvor<br />
erwähnt, schon in den zwei Manuskripten von Brecht und Lang fertiggestellt. Das<br />
Urteil hätte leicht für ihn gefällt werden können, aber Brecht konnte den Prozess nicht<br />
gewinnen.<br />
Nach dem Urteil wurde Brecht im Vorspann zusammen mit Lang unter „Adaption“<br />
und „Original Story“ genannt. „Original Story“ bedeutet hier eher, dass der<br />
ursprüngliche Entwurf von ihm stammt, als dass er das Original verfasst hätte. Im<br />
„Agreement“, das Wexley am 23. Juli 1942 mit der Promotionsagentur ausgetauscht<br />
hatte, ist seine Aufgabe klar definiert: „to otherwise write, compose, adapt and arrange<br />
such literary material JOHN WEXLEY, hereinafter referred to as Writer“ 30) Schon bei<br />
der Letztfassung (final shooting script) Unconquered, die mit dem 17. November 1942<br />
datiert ist, heißt es bereits: „‚Unconquered‘́, Screenplay by John Wexley, Original<br />
Story by Fritz Lang and Bertolt Brecht“. 31) Später wird die Reihenfolge der Namen<br />
nach Vorschlag von Lang geändert und Brecht als erster der beiden im Film genannt.<br />
Zurück zum Urteil: Lang lieferte damals Argumente dafür, dass das Szenario aus<br />
der Feder von Brecht stammt. Der zuvor erwähnte Brief an Poetsch vom 21. März ist<br />
noch etwas detaillierter, aber beinahe derselbe Inhalt findet sich auch im Buch von<br />
29) JB 30, S. 3.<br />
30) BBA 2183/192.<br />
31) BBA 2182/02.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 65<br />
Peter Bogdanovich, von dem das erste lange Interview mit Fritz Lang stammt.<br />
(...) zum Beispiel wenn der Professor, bevor der Attentäter bei ihm Zuflucht sucht, ihr in<br />
seinem Studierzimmer einen Vortrag über die Gestapo hielt, oder die Szene, wo er im<br />
Gefängnis seiner Tochter einen Brief an seinen Sohn vorsagt, den sie auswendig lernen soll,<br />
und viele andere. 32)<br />
Brecht war von dem Urteil schwer getroffen. Hangmen also Die wird in der<br />
Brechtforschung nur äußerst selten erwähnt und auch in Japan gab es bisher<br />
niemanden, der direkt auf die Bezüge des Films zu Brecht eingegangen ist. Das liegt<br />
auch daran, dass die Beiträge Brechts zum Filmszenario bisher unterschätzt wurden<br />
und er als typisches Werk von Lang in Amerika gesehen wird. Wolfgang Gersch, der<br />
Verfasser von Film bei Brecht, bezeichnet Hangmen Also Die „als typisches Erzeugnis<br />
der amerikanischen Filmindustrie“; er sieht in ihm also nur einen Unterhaltungsfilm. 33)<br />
Auch Ernst Schumacher schreibt: „Tatsächlich ist Hangmen Also Die lediglich als<br />
einer der nicht allzu vielen Filme mit antifaschistischer Tendenz erwähnenswert, die<br />
während des Krieges in Hollywood hergestellt wurden, kaum aber wegen seines<br />
künstlerischen Wertes.“ 34) Versuche, die Stärken dieses Films, der eine feine Balance<br />
zwischen Brechts und Langs Qualitäten wahrt, zu erforschen, wurden bisher durch die<br />
Prämisse, er sei „kein Brecht-Film“, verhindert.<br />
Welche Rolle spielte Brecht für diesen Film? Welche Beiträge leistete er in den<br />
Arbeiten, die fast ein halbes Jahr dauerten? Wenn man 437!! Ein Geiselfilm liest,<br />
bemerkt man, dass der Text weitaus mehr Dialoge enthält als normale Outlines und er<br />
deswegen auch viel länger ist als gewöhnlich. Die zahlreichen Konversationen in<br />
indirekter Rede sowie Formulierungen, die Dialoge antizipieren, lassen sich wie von<br />
selbst in Drehbuchform bringen. Charakteristika, die nur vom Theaterautor Brecht<br />
32) Bogdanovich (Japanische Übersetzung), S. 80.<br />
33) Gersch, S. 216. Vgl. HB 3, S. 463.<br />
34) Schumacher, S. 165.
66 브레히트와 현대연극<br />
stammen können, tauchen bereits auf der Ebene der Story auf und kommen im<br />
späteren Treatment noch stärker zur Geltung. Die Methode, verschiedene Szenen mit<br />
kurzen Beschreibungen und Geschichten aneinanderzureihen, ähnelt im Format etwa<br />
der Filmstory zu Das Mysterium der Jamaika-Bar, Der Brillantenfresser und Drei im<br />
Turm, die Brecht 1921 skizziert hatte. 35)<br />
Ob die Einfügungen in der deutschen Outline, mal in Englisch, mal in broken<br />
english, von Brecht oder von Lang stammen, ist unbekannt. Lang hatte sehr gute<br />
Englischkenntnisse; ebenfalls möglich ist aber, dass Brecht, der dabei war sein<br />
Englisch sehr schnell zu verbessern, empfänglich für solche Begriffe war und sie daher<br />
einfügte. Zum Beispiel wird die umgangssprachliche Wendung „to frame“ (jmd.<br />
hereinlegen) als solche in die deutsche Grammatik implementiert und anstelle des<br />
englischen „framed“ das Mischwort „geframt“ verwendet: „Er (Czaka) weiß natürlich,<br />
dass er geframt wird.“ Im Journal verwendet Brecht auf dieselbe Weise das Verb „to<br />
name“ (benennen) zusammen mit der deutschen Vorsilbe „be-“, die für transitive<br />
Verben verwendet wird, als Partizip Perfekt: „die ‚suggestions‘ sind nicht benamt.“ 36)<br />
Da der Wortgebrauch derselbe ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass solche Sätze in der<br />
Outline ebenfalls von Brecht stammen.<br />
Ungewöhnlich für eine Outline ist, dass nicht nur ein Abriss der Handlung, sondern<br />
auch kurze Episoden miteingeflochten sind. Dort findet man z.B. eine geistreiche<br />
Anekdote, die der Vater (Professor Nowotny) seiner Tochter erzählt, um zu erklären,<br />
was es heißt niemandem zu trauen („Niemand ist NIEMAND“):<br />
Ein Vater sagt zu seinem Jungen, der auf einer kleinen Mauer stand, Spring herunter, mein<br />
Junge, ich fange dich auf. Der Junge zögert. Spring, sagt der Vater, wenn ich, dein Vater<br />
dir schon sage, ich fange dich auf! Der Junge fasst sich schwerlich ein Herz, tut einen<br />
Schritt vorwärts und springt. Der Vater tut einen Schritt zurück, der Sohn knallt auf den<br />
Boden und ihn betrübt betrachtend sagt der Vater: Habe ich dir nicht gesagt, du sollst dich<br />
35) JB 30, S. 3.<br />
36) GBA 27, S.119.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 67<br />
verlassen auf NIEMANDEN? 37)<br />
Diese Geschichte stammt mit Sicherheit von Brecht - sie hat Ähnlichkeiten zu Herr<br />
Keuner und der hilflose Knabe aus den Geschichten vom Herrn Keuner, 38) einer<br />
Erzählung über Geschick und Weisheit, um in einer kalten und gefühllosen Welt zu<br />
überleben.<br />
Dass 90 Prozent des Treatment im Drehbuch übernommen wurden, hatte ich bereits<br />
erwähnt. Die Version des Films, die mit Brecht im Mittelpunkt entstanden ist, enthält<br />
den grundlegenden Handlungsstrang, die Ausarbeitung der Figuren und auch zahlreiche<br />
Dialoge. Die Dreharbeiten haben also die Handschrift Brechts nicht verwischt, sondern<br />
sie mit visuellen Elementen angereichert. Dennoch gab es etwas, das Brecht<br />
unzufrieden stimmte. Vielleicht war es ein Gefühl der Entfremdung oder die Angst<br />
davor, dass sein Werk zu einem „Hollywoodfilm“, also einem Produkt der<br />
Kulturindustrie, gemacht wurde? Die offiziellen Dreharbeiten begannen am 2.<br />
November 1942. Das Journal vom selben Tag berichtet davon, dass Lang sich über<br />
zwei Wochen nicht mehr bei ihm gemeldet hatte, Brecht von dessen Sekretärin in die<br />
Studios eingeladen wurde und dass Lang dort mit den Worten „Hallo, Brecht! Sie<br />
bekommen morgen ein Manuskript!“ auf ihn gewartet habe. 39) Man kann leicht<br />
nachvollziehen, dass zwischen den beiden ein etwas rauher Wind wehte.<br />
Die zahlreichen Abänderungen, die am Ende während der Verfilmung hinzugefügt<br />
wurden, verwässerten den ursprünglichen Text von Brecht und Lang zwar nicht, aber<br />
Brecht war dennoch verärgert darüber, dass sie ohne sein Mitwissen vonstatten gingen.<br />
Liest man die vielen Beschwerden über Lang in Brechts Journal, so erhält man leicht<br />
den Eindruck, dass Brecht sich komplett vom Drehbuch und auch den Dreharbeiten<br />
distanziert hatte. Wider dieser Annahme kam er jedoch häufig in die Studios und<br />
entdeckt z.B. in der Schlägerei zwischen Gestapokomissar und Bräutigam der Heldin<br />
37) JB 28, S. 15f.<br />
38) GBA 18, S. 19.<br />
39) GBA 27, S. 133.
68 브레히트와 현대연극<br />
sogar „beinahe etwas Kunstähnliches“. 40) Im Journal vom 18. Oktober findet sich<br />
zudem ein wichtiger Hinweis im Zusammenhang mit Brechts Theatertheorie:<br />
Der Film ist episch konstruiert, aus drei Geschichten, die sich ablösen. Die Geschichte eines<br />
Attentäters, die eines Mädchens, deren Vater als Geisel genommen wird und die etwas weiß,<br />
die eines Quislings, den eine ganze Stadt zur Strecke bringt. Das z. B. ist nicht schlecht;<br />
auch nicht, daß die Untergrundbewegung Fehler macht, die das breite Volk korrigiert<br />
usw.usw. 41)<br />
Brecht erkennt im epischen Aufbau dieses Filmdrehbuchs eine seiner großen<br />
Qualitäten. Drei Handlungen - die des Attentäters, die des politisch desinteressierten<br />
Mädchens und die des Nazispions, der sein Land verrät - entwickeln sich parallel<br />
zueinander und werden am Ende zu einem Strang zusammengefügt. Wexley wollte,<br />
wie andere Drehbuchschreiber aus Hollywood auch, eine Katharsis herbeiführen, indem<br />
er an die Gefühle des Zuschauers appellierte. Brecht hingegen wollte mit diesem<br />
Drehbuch belehren, indem er an die Vernunft und den gesunden Menschenverstand des<br />
Betrachters appellierte. Wenn man z.B. das Verhältnis von Untergrundbewegung und<br />
Volk im obigen Zitat berücksichtigt, wird klar, dass Brecht in den Film eine<br />
lehrstückartige Funktion integrieren wollte; er hatte eine Struktur gewählt, die auf sein<br />
episches Theater zurückgeht. Auch das Komitee für unamerikanische Umtriebe<br />
(HUAC) hatte bereits Ähnlichkeiten zwischen diesem Film und dem Lehrstück Die<br />
Maßnahme bemerkt. 42)<br />
Im „Idealscript“ versuchte Brecht, die Massenszenen, vor allem jene im<br />
Gefangenenlager, zu vermehren; auch wollte er noch fünf Minuten vor der<br />
Hinrichtungsszene intensive Kritik am Antisemitismus üben. Sein Wunsch war, dass<br />
40) GBA 27, S. 134.<br />
„Das ist artistisch nicht uninteressant, wie exakt und elegant der Stiefeltritt in den Brustkasten eines<br />
liegenden Mannes, dann in die Rippengegend ausgeführt wird!“<br />
41) GBA 27, S. 129.<br />
42) Hecht, S. 795. Vgl. GBA 27, S. 247.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 69<br />
der Film nach Ende des Hitlerregimes auch in Deutschland als historisches Dokument<br />
gezeigt werden konnte. Lang waren Brechts Massenszenen zuwider, Brecht hingegen<br />
machte Langs Populismus „krank“. Dennoch war er mit dem fertigen Drehbuch<br />
zufrieden, wie aus einem Brief an seinen Freund Karl Korsch, einem Philosoph, der<br />
ebenfalls im Exil war, hervorgeht: „Ich weiß nicht, wie die Story am End auf der<br />
Leinwand aussehen wird, aber zumindest das Script ist keine Gemeinheit.“ 43) Die<br />
Szenen, in denen das Volk als Masse auftritt, begrenzen sich nicht nur auf die Dialoge<br />
der Geiseln im Gefangenenlager. Auch anhand des Publikums, das sich gegen die<br />
Nazis verbündet, als der Attentäter in ein Kino flüchtet, oder der Bürger, die Mascha<br />
auf dem Weg ins Gestapo-Hauptquartier umstellen und tadeln, oder auch anhand der<br />
gemeinschaftlichen Trauerfeier am Ende kann man erkennen, dass in diesem Film<br />
Massenszenen eine wichtige Rolle spielen. Die Solidarität der Masse und das Gefühl<br />
der Begeisterung, das daraus hervorgeht, ziehen sich wie ein roter Faden durchs<br />
gesamte Werk. Auch in diesem Sinne kann man sagen, dass der Film sehr stark durch<br />
die Handschrift Brechts geprägt war.<br />
Held der Geschichte ist weder der Widerstandskämpfer noch der Verräter Czaka,<br />
sondern die junge Mascha, die mit beiden Seiten und ihren Aktivitäten zunächst nichts<br />
zu tun hat. Die Figur ihres Vaters ist zwar ein Intellektueller, ein ehemaliger<br />
politischer Aktivist, der nun an der Universität Unterrichtsverbot hat und seine<br />
Studenten bei sich zu Hause pazifistisch erzieht, aber weder seine Tochter noch ihr<br />
Verlobter stehen unter seinem Einfluss. Im Film wird eine Tochter gezeigt, die<br />
zunächst kein Interesse an der Politik hat, sich aber Schritt für Schritt<br />
weiterentwickelt, bis sie sich zu einem handelnden und kämpfenden Menschen<br />
verwandelt. Genealogisch ist sie mit der Simone aus Die Gesichte der Simone<br />
Machard oder der Grusche aus Der kaukasische Kreidekreis verwandt. Auch in Die<br />
Mutter und Schweyk finden sich Parallelen im Bezug auf die Volksszenen. Die<br />
Redeweise des Professors („Du erzählst es A, A berichtet es B (...) und G bedeutet<br />
43) GBA 29, S. 253f.
70 브레히트와 현대연극<br />
Gestapo“) erinnert stark an die volkstümliche Erzählweise, die auch in Schweyk zum<br />
Einsatz kommt, und auch der humorvolle Erzählton kann nur von Brecht stammen,<br />
wie Lang bemerkt. Interessant ist dabei, dass Brecht durch die Arbeit am Film wieder<br />
Interesse an Hašeks Roman entwickelte, und so über Hangmen Also Die zu seinem<br />
Stück Schweyk kam. 44)<br />
Was Brecht ebenfalls verärgerte, war, dass Lang sich nicht an die Abmachung hielt,<br />
die Rolle der Gemüsehändlerin mit seiner Frau Helene Weigel zu besetzen. 45) Die Art<br />
und Weise, wie die Gemüsehändlerin stumm ihren Kopf schüttelt und Mascha<br />
beschützt, erinnert an das Kopfschütteln von Mutter Courage, der Hauptfigur aus<br />
Mutter Courage und ihre Kinder, die vor der Leiche ihres Sohnes gefragt wird, ob sie<br />
ihn kenne und dies verneint. Diesen Vergleich regt auch die Tatsache an, dass die<br />
Mutter Courage später in Berlin tatsächlich von Weigel gespielt wurde. Die Szene, in<br />
der Mascha ihren Vater in der Zelle besucht, nachdem sie von seinem Todesurteil<br />
erfahren hatte, hat Ähnlichkeiten zu Die Mutter, in der die Mutter ihren Sohn, den<br />
Aktivisten, im Gefängnis besucht. Der Vater, der seine Tochter den Brief an den<br />
Sohn, der die Zensur nicht passieren kann, auswendig lernen lässt, hat<br />
Überschneidungen mit der Hauptfigur aus Die Mutter, die sich im Gefängnis die<br />
Wohnorte der Genossen ihres Sohnes einprägt. Diese Szene erinnert auch an die<br />
„Volksabstimmung“, die Schlussszene aus Furcht und Elend des Dritten Reiches, in<br />
der eine Frau den Brief liest, der vom Vater vor seiner Hinrichtung an seinen Sohn<br />
geschrieben wurde. Auch gibt es Verbindungen zum Gedicht An die Nachgeborenen.<br />
Im Gegensatz zu Brecht, dem „Mann der Ohren“, war Lang ein „Mann der Augen“.<br />
Er fertigte seine Cuts mit einer für Regisseure typischen Beobachtungsgabe an. Der<br />
44) Gersch, S. 212.<br />
„Der Lang-Film (jetzt heißend „Hangmen Also Die“) hat mir Luft für drei Stücke verschafft. („Die<br />
Gesichte der Simone Machard“, Die Herzogin von Malfi“, „Schweyk“)“ GBA 27, S. 152.<br />
45) GBA 27, S. 139.<br />
„Die besonders rüde Art, in der Lang die strikte Abmachung, die Rolle einer Gemüsefrau in unserer<br />
Story der Weigel zu geben, brach.“<br />
Vgl. BBA 2211
Bertolt Brecht und Fritz Lang 71<br />
auf eine Karte des Restaurants gedruckte Aufruf zum Widerstand, Briefe und Notizen<br />
um die Gestapo zu täuschen, Dokumente mit persönlichen Informationen, das<br />
Feuerzeug mit den Initialen E. C. (Emil Czaka), der Scheck und die Unterschrift von<br />
Czaka an Gruber, der Befehl des Gestapohauptquartiers, den Fall zu beenden - alles<br />
Großaufnahmen, die die Handlung vorantreiben. Auf der Bühne kann man solche<br />
Dinge nur mit den „Ohren“ hören, hier kann man sie mit den „Augen“ sehen. Diese<br />
filmtypische Form der Bearbeitung ist eine Technik, die Lang besonders gut<br />
beherrschte. Etwa Grubers Tod: Von der Rückseite des Schreibtisches werden seine<br />
Beine gezeigt, die von oben herabhängen; seine Mütze fällt auf den Boden. Als die<br />
Leiche von Gruber entdeckt wird, steht das Ende seiner Beine samt Schuhen aus<br />
einem Haufen Kohle vor Czakas Haus heraus. Oder der schwerverletzte Dedic: Als er<br />
sich hinter einem Vorhang versteckt, beginnt Blut langsam, auf eine Zeitung<br />
herabzutropfen. All diese Bilder hinterlassen einen heftigen Eindruck auf dem<br />
Publikum - fast so heftig, dass man den Film eher für ein Mordstück oder einen<br />
Thriller halten könnte als für ein Drama über den Widerstand der tschechischen Bürger<br />
gegen die Nazis und eine Hymne auf die Menschenliebe des tschechischen Volkes.<br />
Lang vermied bewusst jeden Realismus; er versuchte nicht, Prag unter deutscher<br />
Besatzung darzustellen, sondern wollte die Geschichte über ein Verfolger-und-<br />
Verfolgten-Schema konstruieren. Die Schwachpunkte des „Mannes der Augen“, in<br />
diesem Fall seine gesellschaftlichen und politischen Versäumnisse, werden vom „Mann<br />
der Ohren“ jedoch vollkommen abgedeckt. Die Sabotage tschechischer Arbeiter in den<br />
Skodawerken, die Unterdrückung des Widerstands durch die Nazis, die Hinrichtung<br />
von Arbeitern und das darauffolgende Heydrich-Attentat, die Solidarität der Tschechen<br />
mit den Attentätern - der gesellschaftlich-historische Hintergrund dieses Films ist<br />
dank der Arbeit von Brecht, der ein zeitgenössisches Drama beinahe in Echtzeit<br />
präsentiert, adäquat dargestellt.<br />
Wie sichtbar wurde, sind Brechtsche Elemente in Hangmen Also Die im Kern der<br />
Story fest enthalten. So gesehen handelt es sich hier um einen Film, in dem Brechts<br />
und Langs Stärken sich gegenseitig positiv ergänzen. Auch ist Hangmen Also Die der
72 브레히트와 현대연극<br />
einzige Film Langs in Amerika, in dem er vom Entwurf der Story bis zur Arbeit als<br />
Produzent und Regisseur in allen Bereichen selbst aktiv war. Eventuell wollte er sich<br />
den amerikanischen Medien gegenüber absichtlich als solider Nazigegner präsentieren.<br />
Der Film wurde als legitimer Antinazifilm anerkannt, was auch Langs Reputation in<br />
die Höhe schnellen ließ. Aber auch mit diesem Erfolg ließ sich die Kluft zwischen<br />
ihm und Brecht nicht mehr überbrücken.<br />
3. Abschied aus Amerika<br />
Eine Untersuchung durch das Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) vom<br />
Oktober 1947 wirft äußerst ironisches Licht auf Brechts Position in Hollywood. Am<br />
30. Oktober wurde er als elftes (amerikanisches) Mitglied der Hollywood Ten vor das<br />
Komitee zitiert, um über die kommunistische Beeinflussung der Filmszene in<br />
Hollywood auszusagen. Brecht, dem verweigert wurde, einen vorbereiteten Text<br />
vorzulesen, war gezwungen, in gebrochenem Englisch eine politische Komödie<br />
aufzuführen:<br />
Nebenbei erwähnt, bin ich kein Filmschreiber. Ich bin mir keines Einflusses bewußt, den ich<br />
auf die Filmindustrie ausgeübt haben könnte, weder eines politischen noch eines<br />
künstlerischen. 46)<br />
I sold a story to a Hollywood firm, “Hangmen Also Die”, but I did not write the screen<br />
play myself. I am not a professional screen-play writer. I wrote another for a Hollywood<br />
firm but that story was not sold. 47)<br />
Seine Intention dahinter, die eigene Beteiligung an den Arbeiten zu Hangmen Also<br />
46) GBA 23, S. 61.<br />
47) Vgl. Mews, S. 33.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 73<br />
Die möglichst geringfügig aussehen zu lassen, sind offensichtlich. Er war in die Enge<br />
getrieben und musste „lügen“, um der „Inquisition“ (durch den McCarthyismus) zu<br />
entgehen. Diese „Lügen“ haben auch Brechts Namen aus der Geschichte Hollywoods<br />
gelöscht. Das Leben im amerikanischen Exil endete nach sechs Jahren: Am Tag nach<br />
dem Verhör verließ Brecht das Land. Das romantische wilde Amerika, das coole<br />
Chicago seiner Jugend, hatten bereits ihren Glanz verloren.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Primärliteratur<br />
BBA = Bertolt-Brecht-Archiv, Nachlaßbibiliothek.<br />
GBA = Brecht, Bertolt: Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe.<br />
Hg. v. Werner Hecht, Jan Knopf, Werner Mittenzwei, Klaus-Detlef Müller. 30<br />
Bde. u. ein Registerbd. Frankfurt am Main 1988-2000.<br />
HB 2 = Brecht Handbuch. Band 2, Gedichte. Hg. von Jan Knopf. Stuttgart 2001.<br />
HB 3 = Brecht Handbuch. Band 3, Prosa, Filme, Drehbücher. Hg. von Jan Knopf.<br />
Stuttgart 2002.<br />
JB 28 = Das Brecht-Jahrbuch 28. Hg. von Stephen Brockmann. Wisconsin 2003.<br />
JB 30 = Das Brecht-Jahrbuch 30. Hg. von Stephen Brockmann. Wisconsin 2005.<br />
DVD: Hangmen Also Die. Monochrom 135 Minuten<br />
Sekundärliteratur<br />
Betz, Albrecht: Hanns Eisler. Musik einer Zeit, die sich eben bildet. München 1976.<br />
Bogdanovich, Peter: Fritz Lang in America. London 1967. Übersetzt von Masaaki<br />
Inoue, Tokyo 1995.<br />
Fuegi, John: Brecht & Co. Biografie. Hamburg 1997.<br />
Gersch, Wolfgang: Film bei Brecht. Berlin 1975.<br />
Hecht, Werner: Brecht Chronik 1898-1956. Frankfurt am Main 1997.
74 브레히트와 현대연극<br />
Knopf, Jan: Bertolt Brecht. Frankfurt am Main 2006.<br />
Lang, Joachim: Episches Theater als Film. Bühnenstücke Bertolt Brechts in den<br />
audiovisuellen Medien. Würzburg 2006.<br />
Lucchesi/Shull = Lucchesi, Joachim / Shull, Ronald K.: Musik bei Brecht. Berlin 1988.<br />
Lyon, James K.: Bertolt Brecht in Amerika. Frankfurt am Main 1984.<br />
Maibohm, Ludwig: Fritz Lang und seine Filme. München 1981.<br />
Mews, Siegfried: Hitler in Hollywood: Hangmen Also Die Revisited. In: JB 28, S.<br />
32-46.<br />
Mittenzwei, Werner: Das Leben des Bertolt Brecht oder Der Umgang mit den<br />
Welträtseln. Band 2. Frankfurt am Main 1987.<br />
Schebera, Jürgen: Hanns Eisler. Eine Biographie in Texten, Bildern und Dokumenten.<br />
Mainz 1998.<br />
Schnauber, Cornelius: Deutschsprachige Künstler in Hollywood. Emigration zwischen<br />
1910 und 1945. Bonn 1996.<br />
Schumacher, Ernst: Leben Brechts in Wort und Bild. Berlin 1979.<br />
Stern, Carola: Männer lieben anders. Helene Weigel und Bertolt Brecht. Reinbek bei<br />
Hamburg 2002.<br />
Toeplitz, Jerzy: Geschichte des Films. Band 4, 1939-1945. Berlin 1992.<br />
Töteberg, Michael: Fritz Lang. Reinbek bei Hamburg 1985.<br />
Völker, Klaus: Bertolt Brecht. Eine Biographie. München 1976.
Bertolt Brecht und Fritz Lang 75<br />
국문요약<br />
베르톨트 브레히트와 프리츠 랑<br />
-영화 를 중심으로-<br />
아키라 이치카와 (오사카 대학)<br />
영화 는 1942/43년 베르톨트 브레히트와 프리츠 랑이 미국<br />
망명시절 공동으로 제작한 반파시스트 영화의 대표작품에 속한다. 이 영화의 시나리<br />
오 작가는 존 웩슬리로 알려져 있으며, 브레히트의 이름은 오랫동안 거론되지 못했<br />
다. 이런 연유로 인해 이 작품은 2000년에 30권으로 새롭게 편찬된 브레히트의 전집<br />
에는 수록되지 못한 작품이다. 이 영화가 브레히트와 밀접한 연관이 있다는 사실은<br />
비로소 1997/98년 미국 서던 캘리포니아 대학 도서관에서 우연히 두 편의 원고가 발<br />
견되면서부터 본격적으로 재기되기 시작하였다. 본 논문은 미국에서 발견된 두 편의<br />
원고 및 인터뷰자료들을 비교분석하면서 이 작품이 브레히트의 작품이라는 것을 그<br />
의 연극적인 특징들을 통해 규명해 보고자 한다.<br />
본 논문은 크게 두 부분으로 구성되어 있는데, 첫 번째 부분은 영화의 생성사에<br />
관한 것이며, 두 번째 부분은 영화에서 브레히트적인 요소에 관한 것이다. 우선, 영화<br />
의 생성사는 프리츠 랑의 아이디어로부터 출발한다. 프리츠 랑은 1942년 5월 나치정<br />
권의 옹호자 라인하르트 하이드리히가 체코의 지하운동조직에 의해 암살당한 소식을<br />
접하고 브레히트와 공동으로 이와 연관된 내용을 영화로 제작할 계획을 세우게 된다.<br />
브레히트와 랑에 의해 공동으로 기획된 트리트먼트에는 라는 독일<br />
어 제목이 붙여졌고, 이를 영어로 번역한 원고에는 라는 제목<br />
이 붙여졌다. 브레히트와 랑이 공동으로 기획한 트리트먼트는 이어 영화제작을 위한<br />
시나리오로 각색되었는데, 이를 맡은 사람은 미국의 시나리오 작가 존 웩슬리였다.<br />
그러나 영화 시나리오의 저작권을 둘러싸고 브레히트와 웩슬리 사이에 소송이 제기<br />
되었으며, 이 소송에서 브레히트는 저작권을 잃게 된다. 이 영화는 1943년 3월 26일
76 브레히트와 현대연극<br />
로스앤젤레스에서 라는 제목으로 초연되었다.<br />
브레히트가 소송에서 저작권을 상실하긴 하였지만, 이 영화는 많은 부분에서 브레<br />
히트적인 요소들이 발견되고 있다. 우선, 이 영화는 전체 세 개의 이야기로 구성된<br />
서사극적인 형식을 취하고 있다. 영화는 크게 체코 지하운동조직의 암살이야기, 아버<br />
지가 인질로 잡힌 어느 소녀의 이야기, 나치 비밀경찰의 이야기로 구성되어 있다. 또<br />
한 이야기의 내용적인 측면에서도 브레히트적인 요소가 발견되고 있다. 이 영화에서<br />
실제 주인공은 소녀라고 할 수 있는데, 이 소녀는 처음에는 정치에 전혀 관심이 없다<br />
가 점점 정치에 관심을 가지는 투쟁자로 변모해간다. 더 나아가 영화의 마지막 장면<br />
에서도 브레히트적인 요소가 드러나고 있음을 알 수 있다. 이 영화의 종결 부분은 웩<br />
슬리에 의해 구현된 ‘대중의 감각에 호소하는 카타르시스적인 요소’와 브레히트에 의<br />
해 구현된 ‘대중의 이성에 호소하는 계몽적인 요소’가 서로 혼합되어 있음을 알 수<br />
있다.<br />
Keyword<br />
(한글/독일어)<br />
존 웩슬리<br />
John Wexley<br />
베르톨트 브레히트<br />
Bertolt Brecht<br />
할리우드<br />
Hollywood<br />
프리츠 랑<br />
Fritz Lang<br />
반파시즘적 영화<br />
antifaschistischer Film<br />
∙ 필자 E-Mail: ichikawa@let.osaka-u.ac.jp (Akira Ichikawa)<br />
∙ 투고일: 2013년 6월 28일/ 심사일: 2013년 7월 16일/ 심사완료일: 2013년 7월 31일