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Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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Exkurs 6<br />

Der „Storchenweg“ o<strong>der</strong> die Straßenbenennung im Spannungsfeld zwischen<br />

bürgerlicher Moral und bürgerschaftlichem Engagement.<br />

Zur Vorgeschichte: Am 2.11.1960 wurde in <strong>der</strong> Stadt Fröndenberg (spätere Kernstadt) eine<br />

Neubaustraße mit dem Namen „Drosselweg“ benannt.<br />

Zwischen 1963 und 1967 wurde in <strong>der</strong> amtsangehörigen Gemeinde Langschede (später<br />

Großgemeinde Langschede-Ardey-Dellwig) ein ganzes Straßengeviert nach Singvögeln benannt,<br />

so u.a. eine Straße als „Drosselstiege“.<br />

Zum 1.1.1968 wurde die 2neue“ Stadt Fröndenberg begründet und die ehemals amtsangehörigen<br />

Gemeinden als Stadtteile eines nunmehr gemeinsamen Stadtgebietes verloren ihre<br />

kommunalpolitische Selbständigkeit.<br />

Seit spätestens März 1968 bis Juli 1970 1 waren das Bauamt, verschiedene Ausschüsse und <strong>der</strong><br />

neugebildete Stadtrat u.a. damit beschäftigt nach Lösungen für doppelt o<strong>der</strong> ähnlich benannte<br />

Straßen zu suchen, um in Zukunft Verwechselungen für Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr,<br />

Fehlsendung von Post etc. zu vermeiden.<br />

Ins Visier <strong>der</strong> Ausschüsse geriet auch die Ähnlichkeit zwischen „Drosselweg“ und „Drosselstiege“.<br />

Nach dem Grundsatz, diejenige Straße mit den wenigsten Anwohnern umzubenennen,<br />

wurde in Vorschlag gebracht, die in Langschede gelegene „Drosselstiege“ in „Storchenweg“<br />

umzubenennen. So wurde verfahren.<br />

Bereits die Umbenennung als solche rief den Unwillen <strong>der</strong> Anwohner hervor, war doch nach<br />

<strong>der</strong>en Meinung eine „Drosselstiege“ mit einem „Drosselweg“ nicht zu verwechseln.<br />

Richtiggehend erbost und empört aber waren die Anwohner, dass <strong>der</strong> ihrer Meinung nach<br />

diskriminierende Name „Storchenweg“ gewählt worden war; zu dieser Zeit Anfang <strong>der</strong><br />

1970er Jahre gerade auf dem noch nicht von <strong>der</strong> „Aufklärungswelle“ überschwemmten Land<br />

noch ganz eindeutig mit <strong>der</strong> Symbolik des „Kin<strong>der</strong>bringers“ behaftet, <strong>der</strong> den Familienzuwachs<br />

im Schnabel, diesen zu gegebener Zeit zur „Überraschung“ <strong>der</strong> älteren Geschwister<br />

vor <strong>der</strong> Haustüre abzulegen pflegte.<br />

So heißt es in einem Protestschreiben einer im „Storchenweg“ ansässigen Familie D. vom<br />

31.10.1970 u.a: 2 „Wir Einwohner <strong>der</strong> Drosselstiege möchten nicht (...) als allgemeine Belustigung<br />

dastehen (...)“. Hintergrund dieses Protestes war die Tatsache, dass in <strong>der</strong> ehemaligen<br />

„Drosselstiege“ immerhin 26 Kin<strong>der</strong> wohnten, u.a. die zehn Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie D.<br />

Was Familie D. und die an<strong>der</strong>en betroffenen Familien nicht wussten und ansonsten noch viel<br />

mehr in Harnisch gebracht hätte, war ein Zusatz im Protokoll des Son<strong>der</strong>ausschusses <strong>der</strong><br />

Wegebau- und Friedhofskommission aus dem Jahr 1969, in dem es neben dem Vorschlag<br />

„Storchenweg“ wörtlich heißt: „...weil dort soviel kin<strong>der</strong>reiche Familien wohnen“<br />

Stadtdirektor Rebbert (SPD) beantwortete die Proteste <strong>der</strong> Anwohner in einem Brief vom<br />

13.11.1970 in dem es u.a. heißt: „Der Grund für die Auswahl <strong>der</strong> neuen Straßenbezeichnung<br />

hat mit <strong>der</strong> rein zufällig in <strong>der</strong> Drosselstiege wohnenden Kin<strong>der</strong>zahl nichts zu tun (...) und ich<br />

bin auch <strong>der</strong> Meinung, dass die Reaktion Außenstehen<strong>der</strong> nach einer gewissen Zeit verflachen<br />

wird, so dass Ihnen durch die gewählte Bezeichnung Nachteile nicht entstehen dürften“.<br />

Damit gaben sich jedoch die Anwohner keineswegs zufrieden, son<strong>der</strong>n wandten sich erneut<br />

am 28.1.1971 an die Stadt, dieses Mal direkt an die Adresse des Bürgermeisters, mit <strong>der</strong><br />

dringenden Bitte um Umbenennung, da es „doch so viele an<strong>der</strong>e Vögel gibt“!<br />

1 Siehe dazu ausführlich das vorangegangene Kapitel G <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit<br />

2 Alle hier und im folgenden Text des Exkurses wie<strong>der</strong>gegebenen Zitate entstammen <strong>der</strong> Überlieferung in den<br />

Verwaltungsakten des Bauamtes <strong>der</strong> laufenden Verwaltung, die im Quellenverzeichnis unter Punkt C, Absatz<br />

d aufgeführt sind.

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