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Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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Heute, 60 Jahre nach <strong>der</strong> Vertreibung, beginnt eine Neubewertung <strong>der</strong> Vertriebenenfrage<br />

beson<strong>der</strong>s hinsichtlich <strong>der</strong> seelischen und psychologischen Beschädigungen, die <strong>der</strong> einzelne<br />

Mensch o<strong>der</strong> ganze Gruppen durch Flucht und Vertreibung erlitten haben. Dabei geht es auch<br />

oft um „Verletzungen“, die den vertriebenen Menschen erst nach <strong>der</strong> Flucht in <strong>der</strong> „neuen<br />

Heimat“ zugefügt wurden durch Unverständnis, Ablehnung und Hartherzigkeit angesichts <strong>der</strong><br />

eigenen schwierigen Situation seitens <strong>der</strong> Eingesessenen in den ersten Nachkriegsjahren.<br />

Vielfach wird Rückschau gehalten und dabei ist auch die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Straßenbenennungen<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Verhin<strong>der</strong>ung ein kleiner Mosaikstein hin zu einer Gesamtbewertung.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung in Fröndenberg<br />

Der Heimatvertreibung wurde bis 1958 mit nur einer Straße, <strong>der</strong> Schlesierstraße im heutigen<br />

Stadtteil Ardey, gedacht. 5 Allerdings gab es an<strong>der</strong>e Vorstellungen und Planungen wie im Folgenden<br />

aufgezeigt werden soll.<br />

Erstaunlich ist, dass bis 1958 zunächst einmal gar nichts passierte, obwohl <strong>der</strong> Amtsbezirk<br />

Fröndenberg 1949 mit nahezu 28 % Anteil von Heimatvertriebenen an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung<br />

die Spitzenposition im Kreis Unna einnahm. Wie unterschiedlich die Verteilung <strong>der</strong><br />

Heimatvertriebenen auf das Gebiet <strong>der</strong> drei westlichen Besatzungszonen war, wird deutlich,<br />

wenn man die Zahlen aus <strong>der</strong> französischen Zone betrachtet, <strong>der</strong>en Militärregierung sich bis<br />

1947 strikt weigerte überhaupt Heimatvertriebene aufzunehmen. Erst ab Spätherbst 1947<br />

wurden hier in den späteren Bundeslän<strong>der</strong>n Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf<br />

Drängen <strong>der</strong> übrigen Besatzungsmächte die Heimatvertriebenen aus Südosteuropa (Ungarn,<br />

Rumänien und Jugoslawien) aufgenommen, die zu diesem Zeitpunkt zumeist in Auffanglagern<br />

Österreichs Zuflucht gefunden hatten. Hier lag <strong>der</strong> prozentuale Anteil <strong>der</strong> Heimatvertriebenen<br />

in Ämtern mit vergleichbarer Bevölkerungsdichte bei höchstens 7 %, in <strong>der</strong><br />

Regel unter 5 % <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung. 6<br />

Eine Schlesierstraße in Ardey<br />

Grund für die zögerliche Straßenbenennung war im Amt Fröndenberg <strong>der</strong> relativ späte Beginn<br />

von Neubausiedlungen und die zunächst schnelle Unterbringung <strong>der</strong> Heimatvertriebenen in<br />

privaten Wohnungen und später in eigenen meist kommunalen Häusern über den gesamten<br />

Amtsbezirk verteilt, so dass erst spät eine Siedlerbewegung <strong>der</strong> Heimatvertriebenen entstand,<br />

bzw. mit <strong>der</strong> Ausnahme von Ardey keine Siedlungstätigkeit <strong>der</strong> Heimatvertriebenen in<br />

geschlossenen Neubau-Siedlungsgebieten erfolgte, die eine Namensgebung nach ihrer Herkunft<br />

logisch zur Folge hätte haben können.<br />

Am Rande erwähnt, dass von Seiten <strong>der</strong> Gemeinde- und Amtsverwaltung in <strong>der</strong> heutigen<br />

Kernstadt auch nach Aussage von Zeitzeugen eine solche Siedlungspolitik bis in die 60er<br />

Jahre nicht unbedingt geför<strong>der</strong>t worden sei. „Man solle froh sein, überhaupt ein Dach über<br />

dem Kopf bekommen zu haben“, so die kolportierte Aussage einer Amtsperson, die sich nicht<br />

schriftlich in den Akten wie<strong>der</strong>findet, aber als im Gedächtnis haften gebliebene Kernaussage<br />

zur sozialen Situation <strong>der</strong> Heimatvertriebenen an dieser Stelle Erwähnung finden soll. 7<br />

In einem handschriftlichen Brief, unterzeichnet von Alfred Schreiber und Fritz Langner, vom<br />

9.September 1958 wird die Gemeindeverwaltung in Ardey gebeten, auf Wunsch aller<br />

5 Hinsichtlich <strong>der</strong> in Dellwig benannten Eichendorffstraße ist kein direkter Bezug zur Ansiedlung von<br />

Ostvertriebenen nachzuweisen; eher <strong>der</strong> Wunsch, zusammen mit <strong>der</strong> Nennung von H.Löns ein wenn auch<br />

kleines eigenes „Dichterviertel“ im Gemeindegebiet als Zeichen <strong>der</strong> Kulturverbundenheit zu besitzen.<br />

6 Ohne das heute gute Verhältnis zu Frankreich damit unnötig belasten zu wollen, muss deutlich gesagt werden,<br />

dass es zunächst die Franzosen waren, die eine Gesamtregierung <strong>der</strong> vier Siegermächte über Deutschland im<br />

alliierten Kontrollrat ständig torpedierte, Son<strong>der</strong>recht beanspruchte und gemeinsame Entscheidungen<br />

behin<strong>der</strong>te. Erst ab 1948 übernahm die Sowjetunion diese Rolle des „Störfaktors“ mit dem sich abzeichnenden<br />

Ost-West-Konflikt und Frankreichs Annäherung an die amerikanisch-britischen Positionen.<br />

7 Gespräch mit <strong>der</strong> Vorsitzenden des Bundes <strong>der</strong> Heimatvertriebenen in Fröndenberg, Frau M.Janotta aus<br />

Schlesien stammend.

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