Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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40 Selten sind Straßenbenennungen nach anderen Nationalsozialisten, die zu dieser Zeit (wie etwa Himmler) noch nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen, bzw. denen doch zunächst mit einer gewissen Zurückhaltung und nur eingeschränkter Begeisterung begegnet wurde, wie Joseph Goebbels. Vizekanzler von Papen wurde natürlich in seiner Heimatstadt Werl und der näheren Umgebung (Lippstadt) berücksichtigt du auch Gauleiter Joseph Wagner wurde mit Straßennamen geehrt. Auffällig ist jedoch auch die uneingeschränkte Hochachtung, die dem noch amtierenden Reichspräsidenten von Hindenburg zuteil wurde, eine Hochachtung gegenüber dem Repräsentanten des „alten Deutschland“ und des Militärs, den Hitler selber nur noch zweimal nach Antritt seiner Kanzlerschaft im März am „Tag von Potsdam“ und zur Unterzeichnung der Reichstagsbrandverordnung im Februar 1933 vor seinem Tod 1934 als Marionette benötigte. Bereits 1934, auch begründet mit entsprechenden Äußerungen Hitlers und Verlautbarungen der Münchner Parteizentrale, ebbte die Benennung und Umbenennung von Straßen ab und es kam im weiteren Verlauf der NS-Zeit, wie im Kapitel D am Beispiel von Fröndenberg aufgezeigt, nur noch zur Ehrung von verstorbenen Partei- und Staatsgrößen. Orte, die „zu spät“ gekommen waren, wie etwa Meschede im Sauerland, mussten sich Anfang 1938 zum 5. Jahrestag der „Machtergreifung“ mit Wilhelm Gustloff, Herbert Norkus oder Dietrich Eckart begnügen; verstorbenen (oder ermordeten) Randfiguren der NS-Bewegung. In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit konnte nicht weiter verfolgt werden, was die betroffenen Kommunen in den Fällen taten, wenn Straßennamenpaten in Ungnade gefallen waren, wie etwa (zeitweise) v.Papen oder Hugenberg, später auch Joseph Wagner. Gemessen an anderen wichtigen und wichtigeren Veränderungen in Deutschland seit 1933 ist die Straßennamengebung natürlich nur von marginaler Bedeutung; die Schnelligkeit der Durchführung ist jedoch ein seismographisch für die Messung der Zeitstimmung und Zeitströmung interessantes Faktum für die insgesamt gesehen reibungslose und schnelle Wandlung einer noch 1929 nahezu bedeutungslosen „Bewegung“ hin zu einer staatstragenden Körperschaft des öffentlichen Rechts, die scheinbar mühelos alles Sehnsüchte und Wunschvorstellungen der breiten Masse der Bevölkerung zu adaptieren in der Lage war. So markiert das Ende der Straßenumbenennungsphase gleichsam den Beginn des vollkommen gleichgeschalteten totalitären Staates und den Beginn der heute noch in der Erinnerung vieler Zeitzeugen fatal als „goldene Jahre“ der NS-Zeit wahrgenommenen Jahre von 1935 bis Ende 1938. Hitler selbst nur zwei NSDAP-Minister im ersten Kabinett Hitler neben sieben Ministern, die (zunächst oder auch dauerhaft zeit ihrer Kabinettszugehörigkeit) nicht der NSDAP angehörten.

41 E. Straßenbenennungen und Umbenennungen in der Gemeinde Fröndenberg (ab 1952 Titularstadt) von 1945 bis 1967 In der ersten Aprilwoche wurde Fröndenberg von amerikanischen Truppen eingenommen, nachdem ein Bombenangriff am 12. März 1945 den Bahnhof, das Industriegebiet am Fuß des Haßleiberges nördlich der Bahn, die katholische Marienkirche und auch einige Wohn- und Geschäftsgebäude zerstört hatte. Hinzu kamen Schäden durch Artilleriebeschuss in den letzten Kampftagen, als die amerikanischen Truppen von Norden und Osten her vorrückten und letzte deutsche Wehrmachts- und Volkssturmeinheiten erst vom Fröndenberger Ruhrnordufer und noch später vom südlichen Ruhrufer her Widerstand leisteten. Bereits Anfang Mai endete die amerikanische Besetzung und die britische Armee übernahm die militärische und zivile Verwaltung des Fröndenberger Raumes. Ab dem Juli des Jahres 1945 wurden der personell neugebildeten deutschen Verwaltung des Amtes und der Gemeinde sukzessive Aufgaben wieder oder neu übertragen. Dazu gehörte auch die Umsetzung britischer Befehle und Weisungen, u.a. die Weisung, nationalsozialistisch benannte Straßen und Plätze um- oder rückzubenennen. Verschwinden sollten auch Straßennamen der Militärgeschichte nach 1914. Sozialdemokratisch bzw. kommunistisch orientierte Gemeindegremien der unmittelbaren Nachkriegszeit legten diese Weisung dahingehend aus, freiwillig auch Straßennamen der militärischen preußischen Geschichte ab 1871 zu beseitigen. In Fröndenberg gab es dazu mit Ausnahme der „von-Tirpitz-Straße“ keine Veranlassung und Amtsbürgermeister Clemens (parteilos) und Gemeindevorsteher Richard Fohs (Zentrum) beschränkten sich auf die wörtliche Durchführung der britischen Weisung, nationalsozialistische Straßennamen zu ändern, die ihrerseits zwischen 1933 und 1945 vergeben worden waren. Von den im Kapitel D genannten zweiundzwanzig um- oder neubenannten Straßen wurden auf Beschluss der Gemeinderatssitzung vom 31. Juli 1945, Tagesordnungspunkt 6, fünf Straßen umbenannt, sowie eine weitere Straße, die gar nicht in diesem Zusammenhang der „Straßenentnazifizierung“ hätte umbenannt werden brauchen und ihren Namen seit 1924 trug, allerdings mit dem 1945 belasteten Mittelstück „Adolf“ im Namen; ein eher komisch anmutendes Kuriosum der Zeitgeschichte: 1. der „Adolf-Hitler-Platz“ zurück in „Marktplatz“ 2. die „Hermann-Göringstraße“ in „Alleestraße“ (alte Bezeichnung war „Westicker Straße“ gewesen) 3. die Hans-Schemm-Straße“ in „Magdalenenstraße“ (Neubaustraße nach 1933) 4. die „Schlageter-Straße“ in „Marienstraße“ (alte Bezeichnung war „Schulstraße“) 5. die „Horst-Wessel-Straße“ in „Lutherstraße“ (alte Bezeichnung „Eulenstraße), bzw. zurück in „Ostbürener Straße“ (wie vor 1933) 6. die „Graf-Adolf-Straße“ in „Moellerstraße“ Unter dem gleichen Tagesordnungspunkt wurden die Schulen in „Lutherschule“ und „Overbergschule“ zurückbenannt. Unangetastet blieben die Namen „Ostmarkstraße“, „Hindenburghain“ und „von-Tirpitz-Straße“, ebenso wie die „Bismarckstraße“ und die politisch unbelasteten Dichter und Denker- Straßen wie auch die „Springstraße“, benannt nach einer Bachquelle im Umfeld, ebenso die Bezeichnung „Jägertal“. Im Prinzip richtig war die Beibehaltung der zwei Straßen und des einen Platzes nach den Fröndenberger Honoratioren Bering, Himmelmann und Wildschütz. Die Umbenennung der „Graf-Adolf-Straße“ in „Moellerstraße“ erfolgte allerdings nicht nur wegen des kompromittierenden Vornamen des märkischen Adeligen, sondern auch um die Verdienste des Chefs des Wasser- und Elektrizitätswerks zu würdigen, der zunächst 1933

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E. Straßenbenennungen und Umbenennungen in <strong>der</strong> Gemeinde<br />

Fröndenberg (ab 1952 Titularstadt) von 1945 bis 1967<br />

In <strong>der</strong> ersten Aprilwoche wurde Fröndenberg von amerikanischen Truppen eingenommen,<br />

nachdem ein Bombenangriff am 12. März 1945 den Bahnhof, das Industriegebiet am Fuß des<br />

Haßleiberges nördlich <strong>der</strong> Bahn, die katholische Marienkirche und auch einige Wohn- und<br />

Geschäftsgebäude zerstört hatte. Hinzu kamen Schäden durch Artilleriebeschuss in den<br />

letzten Kampftagen, als die amerikanischen Truppen von Norden und Osten her vorrückten<br />

und letzte deutsche Wehrmachts- und Volkssturmeinheiten erst vom <strong>Fröndenberger</strong> Ruhrnordufer<br />

und noch später vom südlichen Ruhrufer her Wi<strong>der</strong>stand leisteten.<br />

Bereits Anfang Mai endete die amerikanische Besetzung und die britische Armee übernahm<br />

die militärische und zivile Verwaltung des <strong>Fröndenberger</strong> Raumes.<br />

Ab dem Juli des Jahres 1945 wurden <strong>der</strong> personell neugebildeten deutschen Verwaltung des<br />

Amtes und <strong>der</strong> Gemeinde sukzessive Aufgaben wie<strong>der</strong> o<strong>der</strong> neu übertragen.<br />

Dazu gehörte auch die Umsetzung britischer Befehle und Weisungen, u.a. die Weisung,<br />

nationalsozialistisch benannte Straßen und Plätze um- o<strong>der</strong> rückzubenennen. Verschwinden<br />

sollten auch <strong>Straßennamen</strong> <strong>der</strong> Militärgeschichte nach 1914.<br />

Sozialdemokratisch bzw. kommunistisch orientierte Gemeindegremien <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Nachkriegszeit legten diese Weisung dahingehend aus, freiwillig auch <strong>Straßennamen</strong> <strong>der</strong><br />

militärischen preußischen <strong>Geschichte</strong> ab 1871 zu beseitigen.<br />

In Fröndenberg gab es dazu mit Ausnahme <strong>der</strong> „von-Tirpitz-Straße“ keine Veranlassung und<br />

Amtsbürgermeister Clemens (parteilos) und Gemeindevorsteher Richard Fohs (Zentrum)<br />

beschränkten sich auf die wörtliche Durchführung <strong>der</strong> britischen Weisung, nationalsozialistische<br />

<strong>Straßennamen</strong> zu än<strong>der</strong>n, die ihrerseits zwischen 1933 und 1945 vergeben worden<br />

waren.<br />

Von den im Kapitel D genannten zweiundzwanzig um- o<strong>der</strong> neubenannten Straßen wurden<br />

auf Beschluss <strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>atssitzung vom 31. Juli 1945, Tagesordnungspunkt 6, fünf<br />

Straßen umbenannt, sowie eine weitere Straße, die gar nicht in diesem Zusammenhang <strong>der</strong><br />

„Straßenentnazifizierung“ hätte umbenannt werden brauchen und ihren Namen seit 1924 trug,<br />

allerdings mit dem 1945 belasteten Mittelstück „Adolf“ im Namen; ein eher komisch anmutendes<br />

Kuriosum <strong>der</strong> Zeitgeschichte:<br />

1. <strong>der</strong> „Adolf-Hitler-Platz“ zurück in „Marktplatz“<br />

2. die „Hermann-Göringstraße“ in „Alleestraße“ (alte Bezeichnung war „Westicker<br />

Straße“ gewesen)<br />

3. die Hans-Schemm-Straße“ in „Magdalenenstraße“ (Neubaustraße nach 1933)<br />

4. die „Schlageter-Straße“ in „Marienstraße“ (alte Bezeichnung war „Schulstraße“)<br />

5. die „Horst-Wessel-Straße“ in „Lutherstraße“ (alte Bezeichnung „Eulenstraße),<br />

bzw. zurück in „Ostbürener Straße“ (wie vor 1933)<br />

6. die „Graf-Adolf-Straße“ in „Moellerstraße“<br />

Unter dem gleichen Tagesordnungspunkt wurden die Schulen in „Lutherschule“ und „Overbergschule“<br />

zurückbenannt. Unangetastet blieben die Namen „Ostmarkstraße“, „Hindenburghain“<br />

und „von-Tirpitz-Straße“, ebenso wie die „Bismarckstraße“ und die politisch<br />

unbelasteten Dichter und Denker- Straßen wie auch die „Springstraße“, benannt nach einer<br />

Bachquelle im Umfeld, ebenso die Bezeichnung „Jägertal“.<br />

Im Prinzip richtig war die Beibehaltung <strong>der</strong> zwei Straßen und des einen Platzes nach den<br />

<strong>Fröndenberger</strong> Honoratioren Bering, Himmelmann und Wildschütz.<br />

<strong>Die</strong> Umbenennung <strong>der</strong> „Graf-Adolf-Straße“ in „Moellerstraße“ erfolgte allerdings nicht<br />

nur wegen des kompromittierenden Vornamen des märkischen Adeligen, son<strong>der</strong>n auch um<br />

die Verdienste des Chefs des Wasser- und Elektrizitätswerks zu würdigen, <strong>der</strong> zunächst 1933

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