Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen
Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen
38 Exkurs 3 Straßenumbenennungen in anderen Kommunen des Regierungsbezirks Arnsberg von Januar 1933 bis 1934 Die Suche nach Bestätigung von Straßenumbenennungen in der Gemeinde Fröndenberg ab 1933 und den amtsangehörigen Gemeinden im „Amtsblatt der Preußischen Regierung zu Arnsberg“ führte hin zu einer Fülle von Veröffentlichungen anderer Kommunen im Regierungsbezirk, die gleich Fröndenberg, Langschede und Ardey ab 1933 Umbenennungen, teils auch Neubenennungen, zahlreicher Straßen vorgenommen haben. Wenn diese im Folgenden tabellarisch widergegeben werden, so entspricht die Summe der genannten Vorgänge keineswegs der Summe der tatsächlich vorgenommenen Änderungen, da es keine Veröffentlichungspflicht im genannten Amtsblatt gegeben hat, es gleichwohl zum „guten Ton“ und zur Selbstdarstellung der Kommunen gehörte, den „nationalen Aufbruch“ nach dem Amtsantritt des neuen Reichskanzlers Hitler auch nach außen hin gegenüber anderen Kommunen und natürlich auch gegenüber der Bezirksregierung zu dokumentieren. Die Auflistung macht deutlich, dass es keineswegs nur stereotypische Benennungen nach Hitler und Göring, Schlageter und Wessel gab, sondern eine große Bandbreite von Straßennamenpaten und einen, keineswegs nur nationalsozialistisch geprägten, Konsens des gesamten nationalkonservativen öffentlichen Spektrums mit dem die neue Regierung der „nationalen Konzentration“ von breitesten Bevölkerungsschichten als Erlösung vom als Chaos wahrgenommenen „System von Weimar“ begrüßt und mitgetragen wurde. Die Sicht auf den Regierungsbezirk Arnsberg mit seiner Bandbreite an ländlich wie industriell geprägten Regionen, dazu konfessionell ausgeglichen bietet einen guten Querschnitt 1 hinsichtlich des Themas der Straßenumbenennungen nach 1933 für das Gebiet des heutigen Bundeslandes NRW, ohne dass dieses Thema auf diesen wenigen Seiten erschöpfend dargestellt werden kann. Chronologisch sind folgende Benennungen von April 1933- Ende 1934 nachweisbar: (Genannt sind in gedrängter Form Ort, Datum und namensgebende Persönlichkeit, nicht weitere Straßenbenennungen ohne Bezug auf den „30. Januar 1933“ ) Iserlohn, 28.3.33: Hitler Herne, 8.4.33: Josef Wagner Holzwickede, 12.4.33: Hindenburg, Hitler, Göring, Wessel und Schlageter Heeren-Werwe, 12.4.33: Bismarck, Moltke, Roon, Hitler, Göring, Goebbels, Wessel Schwelm, 15.4.33: Josef Wagner Castrop-Rauxel, 18.4.33: Hitler Lippstadt, 19.4.33: Hitler(Straße) Voerde, 20.4.33: Hitler Arnsberg, 20.4.33: Hitler Fröndenberg, 20.4.33: Hitler, Hindenburg Halver, 26.4.33, Hindenburg, Hitler Heggen, 28.4.33: Hitler Unna, 27.4.33: Hitler, Göring, Wessel, Seldte, Hugenberg Wanne-Eickel, 27.4. Hitler, Göring, Schlageter, Wessel, Frick, Josef Wagner Hamm, 28.4.1933: Hitler, Göring, Goebbels, Wessel Herdecke, 28.4.33: Hitler 1 Zu berücksichtigen ist hier allerdings das Fehlen der großen Städte wie Dortmund, Hagen oder Bochum, die ihre zweifelsohne ebenfalls vorgenommenen Umbenennungen nicht im Amtsblatt veröffentlichten.
39 Fröndenberg, 3.7.33: Bismarck, v.Tirpitz, vom Stein, Wessel, Schlageter Meinerzhagen, 1.5.33: Hitler Wetter, 2.5.33: Hitler Berleburg, 9.5.33: Hitler, Hindenburg Lippstadt, 9.5.33: Hitler (Platz), Hindenburg, v.Papen Werl, 12.5.33: Hitler, Hindenburg, v.Papen Witten, 18.5.33: Seldte Altena, 20.5.33: Schlageter Vosswinkel (b.Arnsberg), 29.5.33: Hitler Kreuztal, 31.5.33: Hitler, Göring, Wessel, Hindenburg Herne, 27.6.33: Schlageter Kann (b.Weidenau), 14.8.33: Wessel, Schlageter Olpe, 26.8.33: Hitler Nachrodt, 22.9.33: Schlageter, bereits früher ohne Datum: Hitler, Göring, Hindenburg Dahl (b.Breckerfeld), 3.10.33: Wessel Herne, 5.10.33: Seldte (von Mitte Oktober 1933 bis September 1933 vermeldet das Amtsblatt keine Neubenennungen) Olpe, 5.9.34: Hindenburg, Schlageter, Wessel 74 Umbenennungen nach Personen sind im Amtsblatt nachzuweisen, ohne Berücksichtigung der nach nationalgeschichtlichen Orten (Tannenberg etc.) oder Parteiorganisationen (SA) benannten Straßen. Vorherrschend sind es die kleineren Kommunen, die ihre Umbenennungen veröffentlichen ließen. Hier nicht berücksichtigt werden konnte die Sicht auf die vorhergegangenen ehemaligen Namen, die ab 1933 eliminiert wurden. Umbenannt wurden Straßen, die nach republikanischen Politikern der „Systemzeit“ wie Ebert, Erzberger, Rathenau benannt waren, nach jüdischen Dichtern wie Heinrich Heine ebenso wie Straßennamen aus der Frühzeit der Sozialdemokratie; derartige Umbenennungen blieben aber auf die größeren und ehemals sozialdemokratisch regierten Städte beschränkt, selbstverständlich gab es in kleineren Orten keine „Walter Rathenau-Straße. Neue Namensträger waren nahezu flächendeckend der neue Reichskanzler Hitler und der preußische Ministerpräsident und Präsident des Reichstages Göring, wie fast durchgehend die beiden „Märtyrer der Bewegung“ Albert Leo Schlageter und dem in Berliner Straßenkämpfen ermordeten SA-Mann Horst Wessel, wobei Ersterer im engeren Sinne kein Nationalsozialist gewesen war, sondern auf Grund seiner terroristischen Anschläge gegen die französische Rheinlandbesetzung und damit gegen die „Schmach von Versailles“ sowie Freikorpsführer 1919/20 gegen die „Rote Ruhrarmee“ kämpfend, von den Nationalsozialisten posthum, erst Jahre nach seiner Hinrichtung durch die französische Besatzungsmacht 1923, für deren Ziele als „Märtyrer der Bewegung“ vereinnahmt wurde. Auffällig ist die Häufigkeit der Berücksichtigung des 1882 in Magdeburg geborenen nationalkonservativen Politikers, Mitbegründer des „Stahlhelm“ und der „Harzburger Front“ Franz Seldte gerade in den Industriestädten Unna, Witten und Herne, wahrscheinlich auf in Dortmund, Bochum und Hagen. Seldte war zur Zeit der Straßenumbenennungsphase parteiloses Mitglied der Reichsregierung Arbeitsminister, später wurde er mehr oder weniger als Führer des zunächst freiwilligen Reichsarbeitsdienstes politisch kaltgestellt. Seine zunächst häufige Ehrung erklärt sich aus der großen Bedeutung, die der Arbeitsmarkt und damit die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den ersten Regierungsjahren der NS-Zeit hatte und welche Hoffnungen gerade in diesem Sektor mit dem Regierungswechsel 2 verbunden waren. 2 Ungeachtet der späteren Folgen und der Geschwindigkeit der Machtkonsolidierung der NSDAP war es zunächst äußerlich keine Machtergreifung im Sinne der späteren NS-Geschichtsschreibung, waren doch neben
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Fröndenberg, 3.7.33: Bismarck, v.Tirpitz, vom Stein, Wessel, Schlageter<br />
Meinerzhagen, 1.5.33: Hitler<br />
Wetter, 2.5.33: Hitler<br />
Berleburg, 9.5.33: Hitler, Hindenburg<br />
Lippstadt, 9.5.33: Hitler (Platz), Hindenburg, v.Papen<br />
Werl, 12.5.33: Hitler, Hindenburg, v.Papen<br />
Witten, 18.5.33: Seldte<br />
Altena, 20.5.33: Schlageter<br />
Vosswinkel (b.Arnsberg), 29.5.33: Hitler<br />
Kreuztal, 31.5.33: Hitler, Göring, Wessel, Hindenburg<br />
Herne, 27.6.33: Schlageter<br />
Kann (b.Weidenau), 14.8.33: Wessel, Schlageter<br />
Olpe, 26.8.33: Hitler<br />
Nachrodt, 22.9.33: Schlageter, bereits früher ohne Datum: Hitler, Göring, Hindenburg<br />
Dahl (b.Breckerfeld), 3.10.33: Wessel<br />
Herne, 5.10.33: Seldte<br />
(von Mitte Oktober 1933 bis September 1933 vermeldet das Amtsblatt keine Neubenennungen)<br />
Olpe, 5.9.34: Hindenburg, Schlageter, Wessel<br />
74 Umbenennungen nach Personen sind im Amtsblatt nachzuweisen, ohne Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> nach nationalgeschichtlichen Orten (Tannenberg etc.) o<strong>der</strong> Parteiorganisationen (SA) benannten<br />
Straßen.<br />
Vorherrschend sind es die kleineren Kommunen, die ihre Umbenennungen veröffentlichen<br />
ließen. Hier nicht berücksichtigt werden konnte die Sicht auf die vorhergegangenen ehemaligen<br />
Namen, die ab 1933 eliminiert wurden. Umbenannt wurden Straßen, die nach<br />
republikanischen Politikern <strong>der</strong> „Systemzeit“ wie Ebert, Erzberger, Rathenau benannt waren,<br />
nach jüdischen Dichtern wie Heinrich Heine ebenso wie <strong>Straßennamen</strong> aus <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong><br />
Sozialdemokratie; <strong>der</strong>artige Umbenennungen blieben aber auf die größeren und ehemals<br />
sozialdemokratisch regierten Städte beschränkt, selbstverständlich gab es in kleineren Orten<br />
keine „Walter Rathenau-Straße.<br />
Neue Namensträger waren nahezu flächendeckend <strong>der</strong> neue Reichskanzler Hitler und <strong>der</strong><br />
preußische Ministerpräsident und Präsident des Reichstages Göring, wie fast durchgehend die<br />
beiden „Märtyrer <strong>der</strong> Bewegung“ Albert Leo Schlageter und dem in Berliner Straßenkämpfen<br />
ermordeten SA-Mann Horst Wessel, wobei Ersterer im engeren Sinne kein Nationalsozialist<br />
gewesen war, son<strong>der</strong>n auf Grund seiner terroristischen Anschläge gegen die französische<br />
Rheinlandbesetzung und damit gegen die „Schmach von Versailles“ sowie Freikorpsführer<br />
1919/20 gegen die „Rote Ruhrarmee“ kämpfend, von den Nationalsozialisten posthum, erst<br />
Jahre nach seiner Hinrichtung durch die französische Besatzungsmacht 1923, für <strong>der</strong>en Ziele<br />
als „Märtyrer <strong>der</strong> Bewegung“ vereinnahmt wurde.<br />
Auffällig ist die Häufigkeit <strong>der</strong> Berücksichtigung des 1882 in Magdeburg geborenen nationalkonservativen<br />
Politikers, Mitbegrün<strong>der</strong> des „Stahlhelm“ und <strong>der</strong> „Harzburger Front“ Franz<br />
Seldte gerade in den Industriestädten Unna, Witten und Herne, wahrscheinlich auf in<br />
Dortmund, Bochum und Hagen. Seldte war zur Zeit <strong>der</strong> Straßenumbenennungsphase parteiloses<br />
Mitglied <strong>der</strong> Reichsregierung Arbeitsminister, später wurde er mehr o<strong>der</strong> weniger als<br />
Führer des zunächst freiwilligen Reichsarbeitsdienstes politisch kaltgestellt.<br />
Seine zunächst häufige Ehrung erklärt sich aus <strong>der</strong> großen Bedeutung, die <strong>der</strong> Arbeitsmarkt<br />
und damit die Bekämpfung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit in den ersten Regierungsjahren <strong>der</strong> NS-Zeit<br />
hatte und welche Hoffnungen gerade in diesem Sektor mit dem Regierungswechsel 2 verbunden<br />
waren.<br />
2 Ungeachtet <strong>der</strong> späteren Folgen und <strong>der</strong> Geschwindigkeit <strong>der</strong> Machtkonsolidierung <strong>der</strong> NSDAP war es<br />
zunächst äußerlich keine Machtergreifung im Sinne <strong>der</strong> späteren NS-Geschichtsschreibung, waren doch neben