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Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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die bis Juni 1933 diesen Namen Löhnbachstraße führte. <strong>Die</strong> „neue“ Löhnbachstraße verlauft<br />

nun parallel zu diesem Bach, ihre Vorgängerin hatte ihn gekreuzt.<br />

<strong>Die</strong> zweite neu Straße in diesem Wohngebiet, die „Hans-Schemm-Straße“, verbindet die<br />

beiden parallel verlaufenden Straßen Löhnbachstraße und Wasserwerkstraße auf halber<br />

Strecke zwischen Bismarckstraße und Graf-Adolf-Straße.<br />

Sie wurde benannt nach dem im März 1935 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen<br />

Gauleiter <strong>der</strong> ostbayerischen Gaue Oberfranken und Oberpfalz-Nie<strong>der</strong>bayern. In dieser<br />

Funktion in Westfalen relativ unbekannt, erreichte er reichsweit in Lehrer- und Schulkreisen<br />

einen größeren Bekanntheitsgrad als Begrün<strong>der</strong> des NS-Lehrerbundes, dessen „Reichswalter“<br />

er bis zu seinem Tode war.<br />

Im Jahr 1939 wurden die evangelische Lutherschule und die katholische Overbergschule auf<br />

dem Sümberg an <strong>der</strong> Overberg- und Friedhofsstraße gelegen, in Hans-Schemm-Schule I und<br />

II umbenannt. Auch dieses eine Ehrung des NS-Schulpolitikers und Manifestation <strong>der</strong> bereits<br />

einige Jahre vorher vollzogenen strickten Trennung <strong>der</strong> Schul- und Kirchenangelegenheiten in<br />

finanzieller und verwaltungstechnischer Hinsicht und Ausschaltung <strong>der</strong> Kirchen als Träger<br />

allgemeinbilden<strong>der</strong> Volksschulen.<br />

Beide neuen Straßenbenennungen wurden im Amtsblatt <strong>der</strong> preußischen Regierung zu<br />

Arnsberg im Stück 97 vom 9.12.1936 unter <strong>der</strong> lfd. Nummer 702 7 veröffentlicht, unterzeichnet<br />

vom Landrat als Genehmigungsbehörde auf Vorschlag des <strong>Fröndenberger</strong> Bürgermeisters.<br />

Berechtigt scheint die Frage, warum trotz aller „Verdienste“ des Nationalsozialisten Hans<br />

Schemm nicht an<strong>der</strong>e <strong>Straßennamen</strong>patrone aus <strong>der</strong> NS-Führungsriege zum Zuge gekommen<br />

sind, die auf höherer Ebene den „neuen Staat“ verkörperten, wie beispielsweise Heinrich<br />

Himmler o<strong>der</strong> Joseph Göbbels?<br />

<strong>Die</strong>s ist damit zu erklären, dass Hitler selber in einem in <strong>der</strong> Presse lancierten Aufruf vom<br />

27.4.1933 8 zur Zurückhaltung bei <strong>der</strong> Umbenennung historischer <strong>Straßennamen</strong> aufrief,<br />

soweit davon nicht <strong>Straßennamen</strong> nach Marxisten, Juden und Sozialdemokraten betroffen<br />

seien, was in Fröndenberg nicht <strong>der</strong> Fall war; nicht einmal <strong>der</strong> erste Präsident <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik Friedrich Ebert war nach seinem Tod mit einem <strong>Straßennamen</strong> geehrt worden.<br />

Bestätigt wurde Hitlers Haltung, nach <strong>der</strong> „nur das, was die nationale Revolution für die<br />

Zukunft selber aufbaut, darf sie mit ihren und dem Namen ihrer führenden Männer<br />

verbinden“, durch einen wenige Wochen später veröffentlichten Aufruf <strong>der</strong> Münchner Parteizentrale,<br />

unterzeichnet vom „Stellvertreter des Führers“ Rudolf Heß.<br />

<strong>Die</strong>se Aufrufe, wenn sie denn in Fröndenberg wahrgenommen wurden, verhin<strong>der</strong>ten zwar<br />

nicht mehr die Umbenennungen im Juni/Juli dieses Jahres, Ministerpräsident Göring<br />

betreffend, aber wenn schon <strong>der</strong> oberste Führer zur Zurückhaltung mahnte, dann war Vorsicht<br />

geboten hinsichtlich <strong>der</strong> zukünftigen Ehrung seiner Paladine.<br />

Beispiele in an<strong>der</strong>en Städten und Gemeinden zeigten den Verantwortlichen darüber hinaus in<br />

den folgenden Jahren die Richtigkeit <strong>der</strong> Zurückhaltung vor Ort; so wird die Stadt Unna über<br />

ihre schnelle Entscheidung, Hugenberg und Vizekanzler v.Papen mit <strong>Straßennamen</strong> zu ehren,<br />

einiges Kopfzerbrechen bereitet haben, nachdem beide wenig später in Ungnade fielen. 9<br />

Ein weiterer Grund ist die in vielen Biographien, Tagebüchern etc. dieser Jahre nachgewiesene<br />

Unbeliebtheit gerade solcher Männer wie Himmler und Göbbels, was sich zwar nicht<br />

in oppositioneller Haltung nie<strong>der</strong>schlug, aber vielen „Volksgenossen“ waren diese immer<br />

7 <strong>Die</strong> Rechnung über die Kosten dieser Veröffentlichung hat sich im Stadtarchiv in <strong>der</strong> Akte A 5305 erhalten;<br />

<strong>der</strong> Rechnungsbetrag betrug 4,70 Reichsmark und war binnen 5 Tage auf das Reichsbankgirokonto <strong>der</strong><br />

Regierungshauptkasse zu Arnsberg zu entrichten.<br />

8 Zitiert nach: Bernd Leupold, „Ehre wem Ehre gebührt – <strong>Straßennamen</strong> als Spiegel des Zeitgeistes. Bayreuth<br />

und Bamberg im Vergleich“, recherchiert im Internet unter<br />

http://www.ini-bayreuth.de/departements/neueste/ZeitgeistLeupold.htm (22.09.2004)<br />

9 Mehr zur <strong>Straßennamen</strong>entwicklung dieser Zeit in an<strong>der</strong>en Städten des Regierungsbezirk Arnsberg siehe im<br />

Exkurs 3 <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit.

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