Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen
Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen
33 von Wilhelm Feuerhake, dem Begründer der größten ansässigen Industriefirma, der weit über Fröndenberg hinaus bekannten Firma UNION, damals einer der namhaftesten Hersteller von Fahrradteilen. Interessant deswegen, weil eben dieser Industrielle kurz vor dem als sicher anzunehmenden Konkurs 3 seiner Firma 1925 Selbstmord verübte und damit den bereits in den Startlöchern lauernden „Vereinigten Stahlwerken“ im Besitz des Hugenbergkonzerns der Weg geebnet war, die kurz vorher noch vor dem Konkurs stehende Firma zu übernehmen. Hauptgesellschafter wurde der Schwerindustrielle Albert Vögler, der den Geschäftsführer Fritz Sils mit der kaufmännischen Führung des Betriebes beauftragte. Sowohl der Hugenbergkonzern als auch Vögler selbst waren nicht unbeteiligt an der finanziellen Unterstützung der NSDAP gewesen, ihrer Wahlkämpfe und damit deren Aufstieg. Zwar waren die Arbeitsplätze in der Fröndenberger UNION 1925 gerettet worden, aber es bleib ein schaler Beigeschmack an der neuen Geschäftsführung haften, was den Freitod des Firmengründers und das weitere Schicksal seiner Familie in Fröndenberg anbelangte. 1933 nun wurde er posthum mit der Benennung der am Werk vorbeiführenden Straße geehrt und in Veröffentlichungen der Werksleitung wieder an vorderster Stelle als Firmengründer hervorgehoben. Somit wurde eine Kontinuität hergestellt, die es so nie gegeben hatte, der Firma UNION aber eine „Historie“ verliehen, die nun bis 1895 zurückreichte und das Prozedere der Übernahme und deren Umstände im Jahr 1925 in den Hintergrund rückte. Außerdem wurde der Sohn von Wilhelm Feuerhake im Frühjahr 1933 zu einem der fünf Prokuristen der UNION ernannt, führte aber nach Aussage von Firmenangehörigen ein Dasein im Windschatten der eigentlich Mächtigen. Wiederum nicht alleine unter nationalsozialistischer Flagge stand die nächste Straßenumbenennungsphase, die per Gemeinderatsbeschluss unter Punkt 8 in der Sitzung vom 27. Juni 1933 eingeleitet wurde. 4 Gleich 15 Straßen erhielten neue Namen und die Zusammensetzung des Gemeinderates aus Nationalsozialisten und national konservativ eingestellten Kräften wird erkennbar. Einstimmig beschloss das euphemistisch „Kollegium“ genannte Gremium die Beauftragung der Polizeiverwaltung mit der Umbenennung folgender Straßen: 1. „Antoniusstraße“ in „Goethestraße“ 2. “Karlstraße” in “Karl-Wildschützstraße” 3. „Friedrichstraße“ in „Friedrich-Beringstraße“ 4. „Himmelssiepen“ 5 in „Jägertal“ 5. „Löhnbachstraße“ in „Bismarckstraße“ 6. „Münzenfundstraße“(anteilig, d.V.) in „Hermann-Lönsstraße“ 7. „Eulenstraße“ und „Ostbürener Straße“ bis Abzweig nach Hohenheide in „Horst-Wessel-Straße“ 8. „Parkstraße“ in „von-Tirpitz-Straße“ 9. „Schulstraße“ in „Schlageterstraße“ 10. „Westickerstraße“ vom Markt bis Bahnübergang in „Hermann-Göringstraße“ 11. „Westickerfeldweg“ in „Schillerstraße“ 12. „Zwischen den Wegen“ in „Vom-Stein-Straße“ 3 Die Produktion der Firma war während des Weltkrieges auf Rüstungsgüter umgestellt worden und war durch die Neuorientierung auf Produktion ziviler Güter und auf Grund niedriger Binnennachfrage und in Folge der Inflation 1923 in Existenzschwierigkeiten geraten. 4 Kopie aus dem Protokollbuch der Gemeinderatssitzungen siehe Anhang 1 lfd. Nr.8 5 Die Bezeichnung „Himmelssiepen“ als Straßenname ist vor 1933 nicht nachzuweisen. Es handelt sich um die mündlich tradierte Bezeichnung eines bisherigen Feldweges parallel zur Straße „Am Hirschberg“, an dessen Ende ein Schießstand der Fröndenberger Bürgerschützen und des Fröndenberger Schützenbundes lag. In dieser Tradition ist die Umbenennung, bzw. die erste offizielle Benennung dieses Weges zu sehen.
34 13. „Wilhelmplatz“ in „Wilhelm-Himmelmann-Platz“ 14. „Westickerfeldweg“ in „Annette-von-Droste-Hülshoff-Straße“ 15. (ein weiterer Teil, d.V.) der „Münzenfundstraße“ in „Lessingstraße“ Somit waren nicht nur die beiden „Märtyrer der Bewegung“ Horst Wessel und Albert-Leo Schlageter sondern auch der preußische Ministerpräsident zu Ehren gekommen, wie auch der Reichsgründer Otto von Bismarck, in nationalsozialistischer Deutung als Reichskanzler ein Vorgänger des neuen Reichskanzlers Adolf Hitler. Zu Ehren kam auch der Tradition der Fröndenberger Schiffs- und Ankerkettenproduktion folgend, der Initiator der kaiserlichen Schlachtflotte, Alfred von Tirpitz. Immerhin kam um die Jahrhundertwende mehr als jede zweite Schiffs- und Ankerkette deutscher Produktion aus der Industriegemeinde an der Ruhr. Ebenso wurden die bisher nur „verschlüsselt“ geehrten Fröndenberger Bürger, der Industrielle Wilhelm Himmelmann, der Arzt Friedrich Bering und der Kaufmann Karl Wildschütz zu Straßennamenträgern. Geschickt eingewoben wurden in diese Phalanx die deutschen „Dichter und Denker“, wobei es äußerst kurios ist und ein Schlaglicht auf das Bildungsniveau der Gemeinderäte wirft, dass ausgerechnet der Dichter des „Nathan der Weise“ im Juni 1933 und damit bereits in der Anfangsphase der Ausgrenzung jüdischer Bürger mit dem Ziel der Ausgrenzung und Umkehrung ihrer Emanzipation als Staatsbürger zum Träger eines Straßennamens wird. Zum antisemitischen Essayist und „Heidedichter“ Hermann Löns hätte sicherlich Ernst- Moritz Arndt besser gepasst als der Begründer der bürgerlichen Literatur und Lichtgestalt der Aufklärung und Judenemanzipation. Unter der laufenden Nummer 536 wurden diese Namensänderungen im Amtsblatt der preußischen Regierung zu Arnsberg veröffentlicht, unterzeichnet von Amtsbürgermeister Villaret als Ortspolizeibehörde. Ein in der Nachbetrachtung tragische Randbemerkung ist im Protokollbuch der Gemeindeverwaltung am 25.8.1933 zu lesen: „Die Danksagung des Deutschen Botschafters in Rom, Herrn Dr. von Hassel, über die Benennung einer Straße nach seinem Schwiegervater Großadmiral von Tirpitz wurde dankend zur Kenntnis genommen“ 6 Im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli 1944 wurde der ehemalige deutsche Botschafter in Rom, Ulrich von Hassel, Schwiegersohn des Alfred von Tirpitz und seit 1933 Mitglied der NSDAP, wegen seiner Verbindungen zu General Beck, Karl Goerdeler und anderen Oppositionellen vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee erhängt. Am 28.9.1934 wurde das „Dichter- und Denkerviertel“ mit der Benennung der „Körnerstraße“ erweitert. Der Gemeinderat beschloss die Benennung einer zwischenzeitlich bebauten Parzelle an einem noch unbenannten Weg, die beim Katasteramt des Kreises Unna noch unter der Verwendung als Acker verzeichnet war, nach dem Dichter der deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon, der als Kriegsfreiwilliger im Freikorps Lützow 1815 tödlich verwundet wurde. Die nächsten Neubenennungen datieren vom Dezember 1936 im gleichen Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick.; dieses Mal etwas weiter westlich zwischen der Bismarckstraße im Norden und der Graf-Adolf-Straße im Süden. Als Parallelstraße zur Wasserwerkstraße entsteht die neue „Löhnbachstraße“ im rechten Winkel nach Süden abzweigend von der Bismarckstraße, 6 Kopie aus dem Protokollbuch der Gemeinderatssitzungen siehe Anhang 1 lfd. Nr.9
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von Wilhelm Feuerhake, dem Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> größten ansässigen Industriefirma, <strong>der</strong> weit über<br />
Fröndenberg hinaus bekannten Firma UNION, damals einer <strong>der</strong> namhaftesten Hersteller von<br />
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Interessant deswegen, weil eben dieser Industrielle kurz vor dem als sicher anzunehmenden<br />
Konkurs 3 seiner Firma 1925 Selbstmord verübte und damit den bereits in den Startlöchern<br />
lauernden „Vereinigten Stahlwerken“ im Besitz des Hugenbergkonzerns <strong>der</strong> Weg geebnet<br />
war, die kurz vorher noch vor dem Konkurs stehende Firma zu übernehmen. Hauptgesellschafter<br />
wurde <strong>der</strong> Schwerindustrielle Albert Vögler, <strong>der</strong> den Geschäftsführer Fritz Sils<br />
mit <strong>der</strong> kaufmännischen Führung des Betriebes beauftragte.<br />
Sowohl <strong>der</strong> Hugenbergkonzern als auch Vögler selbst waren nicht unbeteiligt an <strong>der</strong> finanziellen<br />
Unterstützung <strong>der</strong> NSDAP gewesen, ihrer Wahlkämpfe und damit <strong>der</strong>en Aufstieg.<br />
Zwar waren die Arbeitsplätze in <strong>der</strong> <strong>Fröndenberger</strong> UNION 1925 gerettet worden, aber es<br />
bleib ein schaler Beigeschmack an <strong>der</strong> neuen Geschäftsführung haften, was den Freitod des<br />
Firmengrün<strong>der</strong>s und das weitere Schicksal seiner Familie in Fröndenberg anbelangte.<br />
1933 nun wurde er posthum mit <strong>der</strong> Benennung <strong>der</strong> am Werk vorbeiführenden Straße geehrt<br />
und in Veröffentlichungen <strong>der</strong> Werksleitung wie<strong>der</strong> an vor<strong>der</strong>ster Stelle als Firmengrün<strong>der</strong><br />
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Firma UNION aber eine „Historie“ verliehen, die nun bis 1895 zurückreichte und das Proze<strong>der</strong>e<br />
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Außerdem wurde <strong>der</strong> Sohn von Wilhelm Feuerhake im Frühjahr 1933 zu einem <strong>der</strong> fünf<br />
Prokuristen <strong>der</strong> UNION ernannt, führte aber nach Aussage von Firmenangehörigen ein<br />
Dasein im Windschatten <strong>der</strong> eigentlich Mächtigen.<br />
Wie<strong>der</strong>um nicht alleine unter nationalsozialistischer Flagge stand die nächste Straßenumbenennungsphase,<br />
die per Gemein<strong>der</strong>atsbeschluss unter Punkt 8 in <strong>der</strong> Sitzung vom 27. Juni<br />
1933 eingeleitet wurde. 4<br />
Gleich 15 Straßen erhielten neue Namen und die Zusammensetzung des Gemein<strong>der</strong>ates aus<br />
Nationalsozialisten und national konservativ eingestellten Kräften wird erkennbar.<br />
Einstimmig beschloss das euphemistisch „Kollegium“ genannte Gremium die Beauftragung<br />
<strong>der</strong> Polizeiverwaltung mit <strong>der</strong> Umbenennung folgen<strong>der</strong> Straßen:<br />
1. „Antoniusstraße“ in „Goethestraße“<br />
2. “Karlstraße” in “Karl-Wildschützstraße”<br />
3. „Friedrichstraße“ in „Friedrich-Beringstraße“<br />
4. „Himmelssiepen“ 5 in „Jägertal“<br />
5. „Löhnbachstraße“ in „Bismarckstraße“<br />
6. „Münzenfundstraße“(anteilig, d.V.) in „Hermann-Lönsstraße“<br />
7. „Eulenstraße“ und „Ostbürener Straße“ bis Abzweig nach Hohenheide in<br />
„Horst-Wessel-Straße“<br />
8. „Parkstraße“ in „von-Tirpitz-Straße“<br />
9. „Schulstraße“ in „Schlageterstraße“<br />
10. „Westickerstraße“ vom Markt bis Bahnübergang in „Hermann-Göringstraße“<br />
11. „Westickerfeldweg“ in „Schillerstraße“<br />
12. „Zwischen den Wegen“ in „Vom-Stein-Straße“<br />
3 <strong>Die</strong> Produktion <strong>der</strong> Firma war während des Weltkrieges auf Rüstungsgüter umgestellt worden und war durch<br />
die Neuorientierung auf Produktion ziviler Güter und auf Grund niedriger Binnennachfrage und in Folge <strong>der</strong><br />
Inflation 1923 in Existenzschwierigkeiten geraten.<br />
4 Kopie aus dem Protokollbuch <strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>atssitzungen siehe Anhang 1 lfd. Nr.8<br />
5 <strong>Die</strong> Bezeichnung „Himmelssiepen“ als Straßenname ist vor 1933 nicht nachzuweisen. Es handelt sich um die<br />
mündlich tradierte Bezeichnung eines bisherigen Feldweges parallel zur Straße „Am Hirschberg“, an dessen<br />
Ende ein Schießstand <strong>der</strong> <strong>Fröndenberger</strong> Bürgerschützen und des <strong>Fröndenberger</strong> Schützenbundes lag. In dieser<br />
Tradition ist die Umbenennung, bzw. die erste offizielle Benennung dieses Weges zu sehen.