Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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19 Der 26. Oktober 1912 ist der Tag, für dem zum ersten Mal ein Gemeinderatsbeschluss für die Benennung einer Straße nachgewiesen werden kann. An diesem Tag erhält die „Sümbergstraße“ offiziell ihren Namen und erschließt in den folgenden Jahren von Süden her das Baugebiet auf dem Gelände des Sümbergs, in der Folgezeit neben der Erstbebauung des Mühlenberg und der Bebauung des Wiesengeländes zwischen der Ruhrstraße im Westen und der ehemaligen Gemeinde Westick im Osten eines der drei wichtigen Bebauungsgebiete innerhalb der Gemeinde Fröndenberg. Ihr Name leitet sich ab von dem Besitzer der meisten Baugrundstücke in diesem Bereich der Gemeinde, dem Bauern Sümmermann, in einer Teilungskarte für die „Dorfschaft Fröndenberg“ aus dem Jahr 1778 „Sümersberg“ bezeichnet. Im bereits genannten Neubaugebiet zwischen Westick und der damaligen Ostgrenze der ehemaligen Gemeinde „Stift Fröndenberg“ 3 erhält noch vor Ausbruch des 1. Weltkrieges mindestens eine von drei zu bebauenden Wohnstraßen einen Namen. Nachzuweisen im Gemeinderatsprotokoll vom 6.Juni 1914 ist die Benennung der „Friedrichstraße“, nicht nachgewiesen werden kann hingegen die Benennung der „Antoniusstraße“ und der „Gartenstraße“; hier ist eine Benennung für die Jahre nach 1918 anzunehmen aber nicht exakt nachzuweisen. Hinsichtlich der „Friedrichstraße“ verhält es sich hinsichtlich der Namensgebung ähnlich wie bei der bereits erwähnten „Karlstraße“. In der Friedrichstraße entstehen gemeindeeigene Wohnhäuser des Gemeinnützigen Bauvereins, dem zu dieser Zeit der angesehenen Arzt Dr. Friedrich Bering vorsteht. Damit endet die Benennung von Straßen während der Kaiserzeit mit einer Ausnahme, die jedoch erst rückwirkend durch einen Verweis im Gemeinderatsprotokoll vom 13. Juni 1921 zeitlich eingeordnet werden kann. An diesem Tag wird dem Schwiegersohn des 1918 verstorbenen Fabrikanten Wilhelm Himmelmann, Paul Leesemann, für die Ausgestaltung des „zu Ehren seines Vaters am 28. Mai 1918 benannten Marktplatzes im Stift“ gedankt. 4 Es ist dies der „zweite“ und eigentlich ältere der beiden Marktplätze in Fröndenberg, ein im Stiftsbezirk liegender freier Platz umgeben von ehemaligen Funktionsgebäuden der wirtschaftlich autarken Stiftsverwaltung, dem Kornhaus, dem Brau- und Backhaus und anderen Gebäuden. An diesem Platz lagen durch Neubau oder Umbau ehemals stiftischer Gebäude die Wohnhäuser der Fabrikantenfamilien Leesemann und Himmelmann Eine Benennung dieses „Wilhelmplatzes“ im Protokollbuch der Gemeindeverwaltung kann jedoch für den Mai 1918 nicht nachgewiesen werden. Der Name „Wilhelmplatz“ und nicht „Wilhelm-Himmelmann-Platz“ wird deutlich an der Entscheidung des Gemeinderates im Juli 1933, als der „Wilhelmplatz“ offiziell in „Wilhelm-Himmelmann-Platz“ umbenannt wird; zum gleichen Zeitpunkt wurden auch die bereits erwähnten Straßen „Karlstraße“ und „Friedrichstraße“ durch den Zusatz der Familiennamen Wildschütz und Bering namentlich „vervollständigt“. In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg wurden die bereits in Teilbereichen vor 1914 aufgeschlossenen Baugebiete weiterbebaut und entsprechende Straßen eingerichtet und benannt. Der zeitliche Rahmen liegt dabei genau in den Jahren der politischen und wirtschaftlichen Stabilitätsphase der Weimarer Republik zwischen 1924 und 1928. Somit deckt sich die allgemeine Situation im Deutschen Reich mit der Situation in der Industriegemeinde Fröndenberg. 3 Dieses große Baugebiet, das bis Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts flächendeckend bebaut wurde, verdankt seine Entstehung der Begradigung des Ruhrverlaufs im Zuge der Entstehung des Wasserwerks (1897) und des Elektrizitätswerks (1907) und der Zuschüttung des Mühlengrabens auf dem Firmengelände der Papierfabrik Himmelmann, als diese Dampf und Elektrizität anstatt der bisherig genutzten Wasserkraft als Energiequelle einsetzte. 4 Wilhelm Himmelmann (1841-1918) war der Mitbegründer und später alleinige Besitzer der ab 1854 entstandenen Papierfabrik Himmelmann, noch vor der Firma UNION die erste große Industriegründung in Fröndenberg, die bis in die 1970er Jahre für die Stadt von großer Bedeutung als Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler war. Die 1921 erwähnte Benennung des Wilhelmplatzes im Jahre 1918 dürfte kurz nach dem Tod des Firmengründers erfolgt sein.

20 Zwischen 1924 und 1929 entstanden 55 Wohnhäuser mit 150 Wohnungen. 5 Nicht zeitlich in den Gemeinderatsprotokollen nachzuweisen ist die namentliche Benennung der Verbindungsstraße zwischen der Westicker Straße und dem Wohnplatz Hohenheide. Diese Straße erhielt wahrscheinlich mit Inbetriebnahme des katholischen Marienkrankenhauses Ende der 1920er Jahre auf dem Hirschberg und der in ihrem südlichen Verlauf beginnende Wohnbebauung die Bezeichnung „Am Hirschberg“ . In zeitlicher Reihenfolge wurden ab 1924 folgende Straßen benannt: 19.08.1924 „Bertholdusstraße“ (Baugebiet Sümberg) 19.08.1924 „Engelbertstraße“ (Baugebiet Sümberg) 19.08.1924 „Graf-Adolf-Straße“ (Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick) 19.08.1924 „Irmgardstraße“ (Baugebiet Sümberg) 03.10.1924 „Klusenweg“ (Baugebiet östlicher Mühlenberg) 03.10.1924 „Mühlenbergstraße“ (Baugebiet östlicher Mühlenberg) 03.10.1924 „Wasserwerkstraße“ (Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick) 05.01.1926 „Westickerfeldweg“ (nachgewiesen ist hier nicht die Benennung, sondern die Planung der Bebauung an einem bereits lange bestehenden Feldweg) 10.08.1926 „Auf dem Beisen“ (Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick) 10.08.1926 „Fischerssiepen“ (Altbestand nördlich des Stifts auf der Freiheit, bisher aber noch ohne Namen gewesen) 10.08.1926 „Zwischen den Wegen“ (Baugebiet Fröndenberg/Ost/Westick) 10.08.1926 „Hengstenbergstraße“ (Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick) 10.08.1926 „Münzenfundstraße“ (Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick) Herbst 1928, wahrscheinlich mit Fertigstellung des Neubaus der gleichnamigen katholischen Volksschule „Overbergschule“, die „Overbergstraße“, wobei hierzu die Umwidmung eines Teils der Sümbergstraße notwendig war. Die Straßen im Baugebiet Fröndenberg-Ost/Westick bildeten ab 1933 die Basis für die Entstehung eines „Dichter- und Denkerviertels“, 6 während ihre ursprüngliche Benennung den alten Flurbezeichnungen folgte mit Ausnahme der „Münzenfundstraße“, die nach einem hier Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Münzschatzes benannt wurde. Zwischen Ende 1928 und März 1933 kamen keine neuen Straßennamen hinzu; entweder wurden an bereits mit Namen versehenen Straßen noch bestehende Baulücken geschlossen oder die heraufziehende Weltwirtschaftskrise verhinderte weitere Bau- und Ausbaumaßnahmen. Hinsichtlich der Namensgebung sind für diese Zeit zwei neue Tendenzen sichtbar. Zum einen wird erstmals 1926 mit der „Hengstenbergstraße“ eine überregional bekannte Persönlichkeit geehrt, die in Fröndenberg geboren wurde; Näheres dazu im Exkurs 1 der vorliegenden Arbeit. Zwar wurden bereits vorher etwas verklausuliert andere bekannte Fröndenberger Persönlichkeiten in dieser Form geehrt, aber erstens waren diese nicht überregional bekannt und zweitens wurden (zunächst) nur die Vornamen verwendet, wobei der nicht mit der Ortsgeschichte vertraute Betrachter auch auf die Idee hätte kommen können, dass hier Straßen nach bekannten Vornamen von Landesherren, preussischen Herrschergestalten etc. benannt wurden (z.B. Karl nach Karl dem Großen, Friedrich nach Friedrich dem Großen oder Wilhelm nach dem 1888 verstorbenen Kaiser Wilhelm, um nur einige wenige mögliche Gestalten der Geschichte zu nennen). 5 „Hellweger Anzeiger“ vom 19.11.1929 6 Siehe dazu Kapitel D der vorliegenden Arbeit

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Der 26. Oktober 1912 ist <strong>der</strong> Tag, für dem zum ersten Mal ein Gemein<strong>der</strong>atsbeschluss für die<br />

Benennung einer Straße nachgewiesen werden kann. An diesem Tag erhält die „Sümbergstraße“<br />

offiziell ihren Namen und erschließt in den folgenden Jahren von Süden her das<br />

Baugebiet auf dem Gelände des Sümbergs, in <strong>der</strong> Folgezeit neben <strong>der</strong> Erstbebauung des<br />

Mühlenberg und <strong>der</strong> Bebauung des Wiesengeländes zwischen <strong>der</strong> Ruhrstraße im Westen und<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Gemeinde Westick im Osten eines <strong>der</strong> drei wichtigen Bebauungsgebiete<br />

innerhalb <strong>der</strong> Gemeinde Fröndenberg.<br />

Ihr Name leitet sich ab von dem Besitzer <strong>der</strong> meisten Baugrundstücke in diesem Bereich <strong>der</strong><br />

Gemeinde, dem Bauern Sümmermann, in einer Teilungskarte für die „Dorfschaft Fröndenberg“<br />

aus dem Jahr 1778 „Sümersberg“ bezeichnet.<br />

Im bereits genannten Neubaugebiet zwischen Westick und <strong>der</strong> damaligen Ostgrenze <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Gemeinde „Stift Fröndenberg“ 3 erhält noch vor Ausbruch des 1. Weltkrieges mindestens<br />

eine von drei zu bebauenden Wohnstraßen einen Namen. Nachzuweisen im Gemein<strong>der</strong>atsprotokoll<br />

vom 6.Juni 1914 ist die Benennung <strong>der</strong> „Friedrichstraße“, nicht nachgewiesen<br />

werden kann hingegen die Benennung <strong>der</strong> „Antoniusstraße“ und <strong>der</strong> „Gartenstraße“;<br />

hier ist eine Benennung für die Jahre nach 1918 anzunehmen aber nicht exakt<br />

nachzuweisen.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> „Friedrichstraße“ verhält es sich hinsichtlich <strong>der</strong> Namensgebung ähnlich wie<br />

bei <strong>der</strong> bereits erwähnten „Karlstraße“. In <strong>der</strong> Friedrichstraße entstehen gemeindeeigene<br />

Wohnhäuser des Gemeinnützigen Bauvereins, dem zu dieser Zeit <strong>der</strong> angesehenen Arzt<br />

Dr. Friedrich Bering vorsteht.<br />

Damit endet die Benennung von Straßen während <strong>der</strong> Kaiserzeit mit einer Ausnahme, die<br />

jedoch erst rückwirkend durch einen Verweis im Gemein<strong>der</strong>atsprotokoll vom 13. Juni 1921<br />

zeitlich eingeordnet werden kann. An diesem Tag wird dem Schwiegersohn des 1918 verstorbenen<br />

Fabrikanten Wilhelm Himmelmann, Paul Leesemann, für die Ausgestaltung des<br />

„zu Ehren seines Vaters am 28. Mai 1918 benannten Marktplatzes im Stift“ gedankt. 4 Es ist<br />

dies <strong>der</strong> „zweite“ und eigentlich ältere <strong>der</strong> beiden Marktplätze in Fröndenberg, ein im<br />

Stiftsbezirk liegen<strong>der</strong> freier Platz umgeben von ehemaligen Funktionsgebäuden <strong>der</strong> wirtschaftlich<br />

autarken Stiftsverwaltung, dem Kornhaus, dem Brau- und Backhaus und an<strong>der</strong>en<br />

Gebäuden. An diesem Platz lagen durch Neubau o<strong>der</strong> Umbau ehemals stiftischer Gebäude die<br />

Wohnhäuser <strong>der</strong> Fabrikantenfamilien Leesemann und Himmelmann<br />

Eine Benennung dieses „Wilhelmplatzes“ im Protokollbuch <strong>der</strong> Gemeindeverwaltung kann<br />

jedoch für den Mai 1918 nicht nachgewiesen werden. Der Name „Wilhelmplatz“ und nicht<br />

„Wilhelm-Himmelmann-Platz“ wird deutlich an <strong>der</strong> Entscheidung des Gemein<strong>der</strong>ates im Juli<br />

1933, als <strong>der</strong> „Wilhelmplatz“ offiziell in „Wilhelm-Himmelmann-Platz“ umbenannt wird;<br />

zum gleichen Zeitpunkt wurden auch die bereits erwähnten Straßen „Karlstraße“ und „Friedrichstraße“<br />

durch den Zusatz <strong>der</strong> Familiennamen Wildschütz und Bering namentlich „vervollständigt“.<br />

In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg wurden die bereits in Teilbereichen vor 1914 aufgeschlossenen<br />

Baugebiete weiterbebaut und entsprechende Straßen eingerichtet und benannt.<br />

Der zeitliche Rahmen liegt dabei genau in den Jahren <strong>der</strong> politischen und wirtschaftlichen<br />

Stabilitätsphase <strong>der</strong> Weimarer Republik zwischen 1924 und 1928. Somit deckt sich die allgemeine<br />

Situation im Deutschen Reich mit <strong>der</strong> Situation in <strong>der</strong> Industriegemeinde Fröndenberg.<br />

3 <strong>Die</strong>ses große Baugebiet, das bis Mitte <strong>der</strong> 60er Jahre des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts flächendeckend bebaut wurde,<br />

verdankt seine Entstehung <strong>der</strong> Begradigung des Ruhrverlaufs im Zuge <strong>der</strong> Entstehung des Wasserwerks (1897)<br />

und des Elektrizitätswerks (1907) und <strong>der</strong> Zuschüttung des Mühlengrabens auf dem Firmengelände <strong>der</strong><br />

Papierfabrik Himmelmann, als diese Dampf und Elektrizität anstatt <strong>der</strong> bisherig genutzten Wasserkraft als<br />

Energiequelle einsetzte.<br />

4 Wilhelm Himmelmann (1841-1918) war <strong>der</strong> Mitbegrün<strong>der</strong> und später alleinige Besitzer <strong>der</strong> ab 1854<br />

entstandenen Papierfabrik Himmelmann, noch vor <strong>der</strong> Firma UNION die erste große Industriegründung in<br />

Fröndenberg, die bis in die 1970er Jahre für die Stadt von großer Bedeutung als Arbeitgeber und<br />

Gewerbesteuerzahler war. <strong>Die</strong> 1921 erwähnte Benennung des Wilhelmplatzes im Jahre 1918 dürfte kurz nach<br />

dem Tod des Firmengrün<strong>der</strong>s erfolgt sein.

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