Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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116 beginnt die planmäßige Bebauung vorhandenen oder neu angelegter Straßen. Die bisher „wild genummerten“ Häuser erhalten eine durchgehend am Straßenverlauf orientierte Hausnummerierung und der Gemeinderat beschließt offizielle Straßennamen, die durch die Polizeiverwaltung zu bestätigen und zu genehmigen sind. Bei der Bebauung des Sümberg und der dort notwendigen Straßenbenennung werden bezugnehmend und vorausschauend auf die 1930 groß begangene 700-Jahr-Feier Straßen nach Gestalten der märkischen Geschichte, sowie der Kloster- und Kirchengeschichte gewählt. Durch Benennungen in den 1950er Jahren, sowie in der Umbenennungsphase 1968/70 wird diese Benennung mit geschichtlichem Hintergrund abgerundet. Mit Beginn der Tätigkeit eines nationalsozialistisch ausgerichteten Gemeinderats ab Frühjahr 1933 wird durch umfangreichen Straßenbau, Pflasterung und Kanalisation vorhandener Straßen und umfangreiche Benennung von Straßen im deutschnationalen („Dichter und Denker“) und nationalsozialistischen Sinn (von Hitler bis zur Ostmark) in Teilen durchaus erfolgreich die bisherige Industriegemeinde äußerlich zu eine „aufgeräumte“ Kleinstadt umzuwandeln. Erfolgreich durchgeführte Maßnahmen werden jedoch zu Kriegsende durch Zerstörungen (Möhnekatastrophe, Bombenangriffe und Bodenkämpfe) zunichte gemacht; 1945-46 werden einige 1933 geänderte Straßennamen rückbenannt. Zwischen 1949 und 1967 setzt eine rege Wohnbautätigkeit ein und die entstehenden Wohnstraßen werden möglichst neutral nach Blumen und Bäumen benannt, die Benennung nach „Dichtern und Denkern“ wird nicht fortgesetzt, nur in Einzelfällen werden Gemarkungs- und Flurnamen bevorzugt. Entwicklung in den Gemeinden: Beginnend in den Industriegemeinden Langschede und Ardey noch vor 1945 und fortgesetzt in den ebenfalls westlich gelegenen Gemeinden Strickherdicke und Dellwig ab 1949/50 bis hin zum Jahr 1960 in der Gemeinde Frömern setzt eine ähnliche Entwicklung in den amtsangehörigen Gemeinden erst später ein. Bis 1967 gibt es in den östlichen amtsangehörigen Gemeinden keine offiziellen Stras-sennamen; die Gemeinderäte und Bürgermeister halten dieses für unnötig und überflüssig. Mehr als in der Kernstadt wird in den Gemeinden Wert auf die Überlieferung von Flur- und Gemarkungsnamen gelegt, daneben kommen örtliche Gegebenheiten, wie etwa die Lage rund um die Kirche, oder die Führung der Straßen längs des Bahnhofs, eines Sportplatzes oder einer Schule zum Tragen. Wachsendes Primat der Verwaltung gegenüber dem Rat: Nach dem Zweiten Weltkrieg übernimmt zunehmend die Verwaltung von der einen Seite und der vom Rat benannte Wegebau- und Friedhofsausschuss von der anderen Seite her dem Gemeinde- und Stadtrat abstimmungsfähige Vorlagen zu Straßenbenennungen zu liefern. Ab den 1990er Jahren werden Straßenbe-nennungen alleine durch die Zusammenarbeit von Ausschüssen und Bauamt durchgeführt; dem Rat werden die Ergebnisse zugeleitet, denen er seine Zu-stimmung verweigern kann; es findet zu diesem Thema i.d.R. keine grundsätzliche Beratung mehr im Stadtrat statt, eine vorherige Einigkeit im zuständigen Aus-schuss vorausgesetzt. Ostgebiete kontra Widerstand: Ende der 1960er Jahre werden die Straßen im Neubaugebiet des westlichen Mühlenberges nach Personen des deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime benannt, der Vorschlag einer Benennung

117 nach Städtenamen der „Ostgebiete“ scheitert zu diesem Zeitpunkt an den Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat wie auch einige Jahre später durch Einspruch der Anlieger in einem anderen geschlossenen Wohngebiet. Die kommunale Neuordnung zum 1.1.1968 bedingt die Umbenennung zahlreicher Straßen wegen Namensdoppelung in einigen Stadtteilen und die bisher straßennamenlosen Gemeinden und nunmehrigen Stadtteile im Osten des Stadtgebietes erhalten erstmals Straßennamen. Überwiegend werden die Straßen nach alten Gemarkungs- und Flurnamen benannt. Auch Benennungen nach 1970 richten sich in erster Linie nach diesem Kriterium. Ausnahme ist der Stadtteil Frömern, in dem alleine dort drei Straßen nach Persönlichkeiten der Ortsgeschichte benannt sind. Wachsender Einfluss der Anlieger und Bürgerschaft: Die umfangreichen Veränderungen werden durch das Bauamt, den Wegebau- und Friedhofsausschuss, sowie von einer extra dafür eingerichtete Sonderkommission geplant. Im Nachgang, sowie in Einzelfällen bereits in der Planungsphase, kommt es zu teils massiven Protesten der Anlieger, die sich eine Benennung oder Umbenennung ihrer Wohnstraßen nicht mehr in allen Fällen durch die Verwaltung und Politik vorschreiben lassen wollen. Zunächst reagiert die Verwaltung darauf ablehnend und „obrigkeitsstaatlich“, trifft aber im Jahr 1981/82 die bürgernahe und „wegweisende“ Entscheidung, dass vor Benennung und Umbenennung einer Straße die betroffenen Anlieger in jedem Fall zu befragen, bzw. in den Namenfindungsprozess einzubeziehen sind. Im Umkehrschluss wird dadurch allerdings bis heute die in einigen Fällen politisch gewollte Umbenennung einiger mit umstrittenen Straßennamen versehener Straßen massiv behindert und abgeblockt. Mit Hinweis auf die notwendige und meist nicht zu erreichende Zustimmung der Anlieger wurden somit Umbenennungspläne vereitelt. („Von-Tirpitz-Straße“, „Hengstenbergstrasse“ oder „Ostmarkstraße“) Benennung von Industriestraßen: Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre entsteht im Ruhrtal entlang der Bahnlinie im Osten des Stadtgebiets ein Industriegebiet, dessen Straßen nach Pionieren der Industriegeschichte benannt werden, ebenso wird an die Rolle der Gewerkschaften erinnert, sowie des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer gedacht. Bis heute ist dies das letzte größere thematisch zusammenhängend benannte Straßenviertel im Stadtgebiet. Anfang der 1990er Jahre entsteht noch die flächenmäßig aber sehr viel kleinere geschlossene Wohnbebauung rund um die Kettelerstraße und Kolpingstraße. Rechtliche Grundlagen: Die Straßenbenennung war ist ein Aufgabenfeld der amtlichen Verwaltungs-tätigkeit in der Verantwortung der politischen Gremien für die nahezu uneinge-schränkt die „Allzuständigkeit“ der Kommunen zum Tragen kommt gem §§ 1 und 2 der gültigen Kommunalverfassung. Diese Aussage hatte auch eingeschränkt für die Jahre 1918 - 1933 Gültigkeit, bzw. galt eingeschränkt seit Verabschiedung der revidierten Gemeindeordnung 1946, sowie uneingeschränkt seit Verabschiedung der neuen Gemeindeordnung für das Land NRW 1952. Nur in begründeten Aus-nahmefällen (die in Fröndenberg bisher nicht vorgekommen sind) kann die Kommunalaufsicht des Kreises, der Bezirksregierung oder des Landes in diesem Punkt in den Entscheidungsprozess der Kommune eingreifen. Es bleibt der Kommune überlassen, ob sie für den Bereich der Straßenbenennung eine eigene Satzung erlässt. In Fröndenberg ist dies bisher nicht für nötig erachtet worden. Im Allgemeinen richtet sich die Benennung von

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beginnt die planmäßige Bebauung vorhandenen o<strong>der</strong> neu angelegter Straßen. <strong>Die</strong><br />

bisher „wild genummerten“ Häuser erhalten eine durchgehend am Straßenverlauf<br />

orientierte Hausnummerierung und <strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>at beschließt offizielle <strong>Straßennamen</strong>,<br />

die durch die Polizeiverwaltung zu bestätigen und zu genehmigen sind. Bei<br />

<strong>der</strong> Bebauung des Sümberg und <strong>der</strong> dort notwendigen Straßenbenennung werden<br />

bezugnehmend und vorausschauend auf die 1930 groß begangene 700-Jahr-Feier<br />

Straßen nach Gestalten <strong>der</strong> märkischen <strong>Geschichte</strong>, sowie <strong>der</strong> Kloster- und<br />

Kirchengeschichte gewählt. Durch Benennungen in den 1950er Jahren, sowie in<br />

<strong>der</strong> Umbenennungsphase 1968/70 wird diese Benennung mit geschichtlichem<br />

Hintergrund abgerundet.<br />

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Mit Beginn <strong>der</strong> Tätigkeit eines nationalsozialistisch ausgerichteten Gemein<strong>der</strong>ats<br />

ab Frühjahr 1933 wird durch umfangreichen Straßenbau, Pflasterung und<br />

Kanalisation vorhandener Straßen und umfangreiche Benennung von Straßen im<br />

deutschnationalen („Dichter und Denker“) und nationalsozialistischen Sinn (von<br />

Hitler bis zur Ostmark) in Teilen durchaus erfolgreich die bisherige Industriegemeinde<br />

äußerlich zu eine „aufgeräumte“ Kleinstadt umzuwandeln. Erfolgreich<br />

durchgeführte Maßnahmen werden jedoch zu Kriegsende durch Zerstörungen<br />

(Möhnekatastrophe, Bombenangriffe und Bodenkämpfe) zunichte gemacht;<br />

1945-46 werden einige 1933 geän<strong>der</strong>te <strong>Straßennamen</strong> rückbenannt.<br />

Zwischen 1949 und 1967 setzt eine rege Wohnbautätigkeit ein und die entstehenden<br />

Wohnstraßen werden möglichst neutral nach Blumen und Bäumen<br />

benannt, die Benennung nach „Dichtern und Denkern“ wird nicht fortgesetzt, nur<br />

in Einzelfällen werden Gemarkungs- und Flurnamen bevorzugt.<br />

Entwicklung in den Gemeinden: Beginnend in den Industriegemeinden Langschede<br />

und Ardey noch vor 1945 und fortgesetzt in den ebenfalls westlich<br />

gelegenen Gemeinden Strickherdicke und Dellwig ab 1949/50 bis hin zum Jahr<br />

1960 in <strong>der</strong> Gemeinde Frömern setzt eine ähnliche Entwicklung in den amtsangehörigen<br />

Gemeinden erst später ein. Bis 1967 gibt es in den östlichen amtsangehörigen<br />

Gemeinden keine offiziellen Stras-sennamen; die Gemein<strong>der</strong>äte und<br />

Bürgermeister halten dieses für unnötig und überflüssig. Mehr als in <strong>der</strong> Kernstadt<br />

wird in den Gemeinden Wert auf die Überlieferung von Flur- und Gemarkungsnamen<br />

gelegt, daneben kommen örtliche Gegebenheiten, wie etwa die Lage rund<br />

um die Kirche, o<strong>der</strong> die Führung <strong>der</strong> Straßen längs des Bahnhofs, eines Sportplatzes<br />

o<strong>der</strong> einer Schule zum Tragen.<br />

Wachsendes Primat <strong>der</strong> Verwaltung gegenüber dem Rat: Nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg übernimmt zunehmend die Verwaltung von <strong>der</strong> einen Seite und <strong>der</strong> vom<br />

Rat benannte Wegebau- und Friedhofsausschuss von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite her dem<br />

Gemeinde- und Stadtrat abstimmungsfähige Vorlagen zu Straßenbenennungen zu<br />

liefern. Ab den 1990er Jahren werden Straßenbe-nennungen alleine durch die<br />

Zusammenarbeit von Ausschüssen und Bauamt durchgeführt; dem Rat werden die<br />

Ergebnisse zugeleitet, denen er seine Zu-stimmung verweigern kann; es findet zu<br />

diesem Thema i.d.R. keine grundsätzliche Beratung mehr im Stadtrat statt, eine<br />

vorherige Einigkeit im zuständigen Aus-schuss vorausgesetzt.<br />

Ostgebiete kontra Wi<strong>der</strong>stand: Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre werden die Straßen im<br />

Neubaugebiet des westlichen Mühlenberges nach Personen des deutschen<br />

Wi<strong>der</strong>standes gegen das NS-Regime benannt, <strong>der</strong> Vorschlag einer Benennung

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