Die Geschichte der Fröndenberger Straßennamen

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100 Sohn Friedrich Feuerhake war als einer der Prokuristen (ohne eigene Kapitaleinlage) in den 1920er – 1940er Jahren bei der UNION tätig und war einer der führenden Vertreter der Fröndenberger „Besseren Gesellschaftskreise“, zu denen bis 1933 auch die jüdische Familie Bernstein gehörte; er war Trauzeuge bei drei Hochzeiten von Töchtern der Familie, von denen zwei später in Konzentrationslagern ermordet wurden. 11 Wilhelm Himmelmann (1841-1918) Begründer der Fröndenberger Papier- und Pappenindustrie, dem nach der Ketten- und Metallindustrie bis in die 1970er Jahre wichtigsten Industriezweig im Fröndenberger Raum. Er übernahm als Alleininhaber 1874 die bereits 1854 gegründete „Papierfabrik von der Becke & Co.“, hervorgegangen aus der ehemaligen Stiftsmühle am Mühlengraben nördlich der Ruhr gelegen. 1869 wurden die Anlagen durch ein Ruhrhochwasser vernichtet und 1870 wieder aufgebaut. Im Zusammenhang mit einer Ruhrregulierung und der Stilllegung des Mühlengrabens hielt die Dampfkraft als Energieträger erstmals Einzug in Fröndenberg und aus der „Papiermühle“ entwickelte sich eine stetig wachsende und technisch bis in die 1960er Jahre auf dem neuesten Stand der Pappenherstellung befindliche Papier-, Pappe- und Kartonfabrik. Wilhelm Himmelmann leitete die Fabrik bis zu seinem Tod 1918, sein Nachfolger wurde Schwiegersohn Paul Leesemann (1873-1921), der eine Adoptivtochter von Wilhelm Leesemann und seiner Ehefrau Elise, geb. Wildschütz geheiratet hatte. Ein Onkel von Paul Leesemann war der 1847 geborene Hermann Leesemann, von 1897-1919 Amtmann des Amtes Fröndenberg. Ähnlich wie Friedrich Bering, war Wilhelm Himmelmann ein Förderer des evangelischen Krankenhauses, dazu aktiv im Bürgerschützenverein und als Veteran des 1871/71er Krieges im Kriegerverein aktiv. Nach dem Tod von Wilhelm Himmelmann wurde der Platz unterhalb seines Wohnhauses im Stiftsbezirk zu seinem Andenken „Wilhelmplatz“ benannt und 1933 zum „Wilhelm- Himmelmann-Platz umbenannt. An diesem Platz lag auch das Wohnhaus der Fabrikantenfamilie Leesemann (ehemals im Besitz von Moritz Wildschütz, dem Vater von Karl Wildschütz) und nur einen Steinwurf entfernt die Grundstücke und Häuser der Familie Wildschütz an der Ruhr- und Karlstraße (später Karl-Wildschütz-Straße) 12 (Wilhelm) Willi Kettmann (ca. 1910 – 1978) Gebürtiger Frömerner und in seiner Heimatgemeinde langjähriger Bürgermeister, Mitglied der SPD. Auf deren Veranlassung und Vorschlag wurde im Oktober 1982 eine Straße nach dem Kommunalpolitiker benannt. Für die vorliegende Arbeit ist der Name Willi Kettmann deswegen von herausragender Bedeutung, da er der bisher einzige ehemalige Bürgermeister im gesamten Raum Fröndenberg ist, nach dem eine Straße benannt wurde. Keinem Amtmann, Vorsteher oder Bürgermeister der Kernstadt und ihrer Stadtteile wurde eine solche Ehrung zuteil. 13 Diederich von Steinen (1699-1759) Gebürtig aus Frömern, Sohn einer weit verzweigten Pfarrerdynastie im märkischen Raum. Diederichs Urgroßvater Heinrich von Steinen sen. feierte mit seiner Gemeinde im November 1545 als Pastor der Gemeinde Frömern erstmals den Gottesdienst nach der Lehre Luthers und begründete somit dort die Reformation. Bereits 1542 hatte der 1529 zum Priester geweihte 11 Angaben zur Familie Feuerhake aus Stefan Klemp, „...richtige Nazis hat es hier nicht gegeben“, Münster 2000 sowie Eigendarstellung der Firma UNION aus dem Jahr 1998 zum 100. Firmenjubiläum 12 Angaben zu Wilhelm Himmelmann aus den Festschriften der Firma Himmelmann zum 75. und 100. Jubiläum der Firma, Fröndenberg 1929 und 1954, sowie Fritz Klute, Fröndenberg Einst & Jetzt, Fröndenberg 1925 13 Angaben zu Willi Kettmann aus den Ratsprotokollen der Stadt Fröndenberg

101 und als Chorherr im Kloster Scheda ansässige Heinrich „wieder die Römisch-katholischen Lehrsätze“ geheiratet und „mit großem Eifer gepredigt.“ Urenkel Diederich war der erste gebürtige Westfale, der 1750 von Friedrich II. von Preußen zum Konsistorialrat ernannt wurde und bereits seit 1749 das Amt des „Generalinspekteurs der lutherisch-märkischen Synode“ bekleidete. Sein überkonfessioneller Verdienst ist die Bearbeitung, Auswertung und Sammlung unzähliger Urkunden und schriftlichen Überlieferungen des gesamten westfälischen Raumes. Daraus entstand eine noch heute bis zur Zeit um die Mitte des 18. Jahrhunderts maßgebende Geschichte Westfalens in mehreren Bänden. Zu Lebzeiten wurde seine diesbezügliche Leistung kaum wahrgenommen und tragischerweise verbrannte seine Sammlung wichtiger Dokumente und Unterlagen bei der Brandschatzung Frömerns während des Siebenjährigen Krieges. Nur durch die bereits gedruckt vorliegenden Abschriften und Transkriptionen sind so heute diese Dokumente noch greifbar. Mit dem Tod seines Sohnes und Amtsnachfolger starb die Pfarrerdynastie von Steinen in männlicher Linie 1797 in Frömern aus. 14 Karl Wildschütz (1850 -1921) Gebürtiger Fröndenberger, Hotelier und Kaufmann in Fröndenberg, dessen Vater Moritz in den 1820er Jahren mehrere Häuser im Stiftsbezirk von der preussischen Domänenverwaltung in Hamm erworben hatte, darunter das spätere Wohnhaus der Fabrikantenfamilie Leesemann und das größte Haus am späteren „Himmelmannplatz“, das ehemalige Back- und Brauhaus des Stifts, dass er wenige Jahre später weiter verkaufte an die jüdische Familie Neufeld, die dort bis zum Zwangsverkauf des Hauses an die Gemeindeverwaltung im Herbst 1939 wohnte. Kein Mitglied der 1933 vierzehnköpfigen Familie überlebte den Holocaust. Sohn Karl Wildschütz betrieb ein Hotel in der späteren Villa Leesemann und war als Nachfolger seines Vaters bis 1882 Betreiber einer Brückenwirtschaft und Pächter des Ruhrbrückenzolls, den dieser wie die Häuser im Stiftsbezirk aus dem Nachlass des Stiftes erworben hatte. Nach dem Bahnbau 1870/71 verlegte er seine Tätigkeit in ein in den 1880er Jahren neu gebautes Hotel an der Ruhrstraße näher hin zur Eisenbahn und erwarb zahlreiche Grundstücke am Verlauf der später zu seinen Ehren benannten „Karlstraße“,1933 umbenannt in „Karl-Wildschütz-Straße.“ Karl Wildschütz war ein Bruder der Ehefrau des Fabrikanten Wilhelm Himmelmann. 15 14 Angaben zu Diederich von Steinen in: Klaus Basner, „Reformation und Gegenreformation im Raum Fröndenberg“, Fröndenberg 1989 15 Angaben zu Karl Wildschütz aus Fritz Klute, Fröndenberg Einst & Jetzt, Fröndenberg 1925, „Sammlung Kulczak“ im Stadtarchiv Fröndenberg und Jochen von Nathusius/Stefan Klemp. Spuren jüdischen Lebens in Fröndenberg, Ausstellungskatalog, Fröndenberg 2005

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Sohn Friedrich Feuerhake war als einer <strong>der</strong> Prokuristen (ohne eigene Kapitaleinlage) in den<br />

1920er – 1940er Jahren bei <strong>der</strong> UNION tätig und war einer <strong>der</strong> führenden Vertreter <strong>der</strong><br />

<strong>Fröndenberger</strong> „Besseren Gesellschaftskreise“, zu denen bis 1933 auch die jüdische Familie<br />

Bernstein gehörte; er war Trauzeuge bei drei Hochzeiten von Töchtern <strong>der</strong> Familie, von denen<br />

zwei später in Konzentrationslagern ermordet wurden. 11<br />

Wilhelm Himmelmann (1841-1918)<br />

Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Fröndenberger</strong> Papier- und Pappenindustrie, dem nach <strong>der</strong> Ketten- und<br />

Metallindustrie bis in die 1970er Jahre wichtigsten Industriezweig im <strong>Fröndenberger</strong> Raum.<br />

Er übernahm als Alleininhaber 1874 die bereits 1854 gegründete „Papierfabrik von <strong>der</strong> Becke<br />

& Co.“, hervorgegangen aus <strong>der</strong> ehemaligen Stiftsmühle am Mühlengraben nördlich <strong>der</strong> Ruhr<br />

gelegen. 1869 wurden die Anlagen durch ein Ruhrhochwasser vernichtet und 1870 wie<strong>der</strong><br />

aufgebaut. Im Zusammenhang mit einer Ruhrregulierung und <strong>der</strong> Stilllegung des<br />

Mühlengrabens hielt die Dampfkraft als Energieträger erstmals Einzug in Fröndenberg und<br />

aus <strong>der</strong> „Papiermühle“ entwickelte sich eine stetig wachsende und technisch bis in die 1960er<br />

Jahre auf dem neuesten Stand <strong>der</strong> Pappenherstellung befindliche Papier-, Pappe- und<br />

Kartonfabrik. Wilhelm Himmelmann leitete die Fabrik bis zu seinem Tod 1918, sein<br />

Nachfolger wurde Schwiegersohn Paul Leesemann (1873-1921), <strong>der</strong> eine Adoptivtochter von<br />

Wilhelm Leesemann und seiner Ehefrau Elise, geb. Wildschütz geheiratet hatte. Ein Onkel<br />

von Paul Leesemann war <strong>der</strong> 1847 geborene Hermann Leesemann, von 1897-1919 Amtmann<br />

des Amtes Fröndenberg.<br />

Ähnlich wie Friedrich Bering, war Wilhelm Himmelmann ein För<strong>der</strong>er des evangelischen<br />

Krankenhauses, dazu aktiv im Bürgerschützenverein und als Veteran des 1871/71er Krieges<br />

im Kriegerverein aktiv.<br />

Nach dem Tod von Wilhelm Himmelmann wurde <strong>der</strong> Platz unterhalb seines Wohnhauses im<br />

Stiftsbezirk zu seinem Andenken „Wilhelmplatz“ benannt und 1933 zum „Wilhelm-<br />

Himmelmann-Platz umbenannt. An diesem Platz lag auch das Wohnhaus <strong>der</strong> Fabrikantenfamilie<br />

Leesemann (ehemals im Besitz von Moritz Wildschütz, dem Vater von Karl<br />

Wildschütz) und nur einen Steinwurf entfernt die Grundstücke und Häuser <strong>der</strong> Familie Wildschütz<br />

an <strong>der</strong> Ruhr- und Karlstraße (später Karl-Wildschütz-Straße) 12<br />

(Wilhelm) Willi Kettmann (ca. 1910 – 1978)<br />

Gebürtiger Frömerner und in seiner Heimatgemeinde langjähriger Bürgermeister, Mitglied<br />

<strong>der</strong> SPD. Auf <strong>der</strong>en Veranlassung und Vorschlag wurde im Oktober 1982 eine Straße nach<br />

dem Kommunalpolitiker benannt.<br />

Für die vorliegende Arbeit ist <strong>der</strong> Name Willi Kettmann deswegen von herausragen<strong>der</strong><br />

Bedeutung, da er <strong>der</strong> bisher einzige ehemalige Bürgermeister im gesamten Raum Fröndenberg<br />

ist, nach dem eine Straße benannt wurde. Keinem Amtmann, Vorsteher o<strong>der</strong> Bürgermeister<br />

<strong>der</strong> Kernstadt und ihrer Stadtteile wurde eine solche Ehrung zuteil. 13<br />

<strong>Die</strong><strong>der</strong>ich von Steinen (1699-1759)<br />

Gebürtig aus Frömern, Sohn einer weit verzweigten Pfarrerdynastie im märkischen Raum.<br />

<strong>Die</strong><strong>der</strong>ichs Urgroßvater Heinrich von Steinen sen. feierte mit seiner Gemeinde im November<br />

1545 als Pastor <strong>der</strong> Gemeinde Frömern erstmals den Gottesdienst nach <strong>der</strong> Lehre Luthers und<br />

begründete somit dort die Reformation. Bereits 1542 hatte <strong>der</strong> 1529 zum Priester geweihte<br />

11 Angaben zur Familie Feuerhake aus Stefan Klemp, „...richtige Nazis hat es hier nicht gegeben“, Münster 2000<br />

sowie Eigendarstellung <strong>der</strong> Firma UNION aus dem Jahr 1998 zum 100. Firmenjubiläum<br />

12 Angaben zu Wilhelm Himmelmann aus den Festschriften <strong>der</strong> Firma Himmelmann zum 75. und 100. Jubiläum<br />

<strong>der</strong> Firma, Fröndenberg 1929 und 1954, sowie Fritz Klute, Fröndenberg Einst & Jetzt, Fröndenberg 1925<br />

13 Angaben zu Willi Kettmann aus den Ratsprotokollen <strong>der</strong> Stadt Fröndenberg

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