Die neue BGI 5148 – Einführungen und Erläuterungen - Die BG ETEM
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Schutz gegen Absturz beim Bau<br />
<strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> <strong>–</strong> <strong>Einführungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Erläuterungen</strong>
Schutz gegen Absturz beim Bau<br />
<strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>BG</strong>-Information <strong>5148</strong><br />
<strong>–</strong> <strong>Einführungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Erläuterungen</strong><br />
Dr. Reinhard Lux, Köln
Vorwort<br />
Absturzunfälle gehören neben Verkehrsunfällen zu den Arbeitsunfällen mit den schwersten<br />
Verletzungsfolgen. Nicht selten enden sie tödlich. Neben den dramatischen Folgen für die<br />
Betroffenen <strong>und</strong> ihre Angehörigen sollten auch die Konsequenzen für den Betrieb nicht<br />
unerwähnt bleiben: Von den Ausfallzeiten der Verletzten einmal abgesehen, werden auch<br />
Unfallzeugen <strong>und</strong> Ersthelfer schweren psychischen Belastungen ausgesetzt. Reibungslose<br />
betriebliche Abläufe sind nach einem Unfall kaum möglich.<br />
Mit der im Jahr 2011 veröffentlichten Berufsgenossenschaftlichen Information <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> konnte<br />
nach langjährigen Diskussionen in der Fachwelt ein abschließendes Konzept zu umfassenden<br />
Schutzmaßnahmen gegen Absturz für den Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen vorgelegt<br />
werden.<br />
Dabei stellt die <strong>BG</strong>-Information sowohl für das Besteigen von, als auch für die Durchführung<br />
unterschiedlicher Arbeiten auf Freileitungen zahlreiche Anforderungen zum Schutz gegen<br />
Absturz vor.<br />
<strong>Die</strong> vorliegende Broschüre kommentiert die Vielzahl der <strong><strong>BG</strong>I</strong>-Anforderungen <strong>und</strong> bietet<br />
vielfältige Hintergr<strong>und</strong>informationen zu mitgeltenden Rechtsvorschriften <strong>und</strong> Regelwerken,<br />
zur historischen Entwicklung der aktuellen Anforderungen, aber auch zur Auswahl <strong>und</strong> zum<br />
Einsatz persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz.<br />
<strong>Die</strong> vorliegenden <strong>Einführungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Erläuterungen</strong> zur <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> versetzen Sie in die Lage,<br />
Absturzgefährdungen frühzeitig zu erkennen <strong>und</strong> durch richtige Maßnahmen auf ein Minimum<br />
zu reduzieren. Zahlreiche Abbildungen geben praxisnahe Anregungen für unternehmensspezifische<br />
Lösungen zum Schutz gegen Absturz an Freileitungen.<br />
Köln, im April 2013<br />
<strong>–</strong> Dr. Reinhard Lux <strong>–</strong><br />
2
Inhalt<br />
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen 5<br />
Ein Blick in die Vergangenheit muss erlaubt sein! 5<br />
War der geringere Sicherheitsstandard in der Vergangenheit gerechtfertigt? 7<br />
<strong>Die</strong> <strong>BG</strong>-Regel 148 war lediglich ein Zwischenschritt 9<br />
Wie ist das Absturzrisiko an Freileitungen einzuschätzen? 11<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>BG</strong>-Information „Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb<br />
von Freileitungen“ 13<br />
Schutz gegen Absturz durch Kombination technischer Einrichtungen mit PSAgA 21<br />
Aktuelle Fragen zum Einsatz von Steigschutzeinrichtungen einschließlich<br />
fester Führung 23<br />
High-Step-Steigsystem 24<br />
Einsatz von Steigbolzen 25<br />
Einsatz von Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung 27<br />
Anforderungen im Normenwerk für Zugangswege an Freileitungen 29<br />
Wiederkehrende Prüfungen von Steigschutz- <strong>und</strong> anderen technischen<br />
Einrichtungen zur Benutzung mit PSAgA 30<br />
Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz 31<br />
Auffangsysteme 32<br />
Auffangsysteme mit mitlaufendem Auffanggerät<br />
einschließlich beweglicher Führung 33<br />
Auffangsysteme mit Höhensicherungsgerät 34<br />
Auffangsysteme mit mitlaufendem Auffanggerät<br />
einschließlich fester Führung 39<br />
3
Inhalt<br />
Komponenten von Auffangsystemen 41<br />
Auffanggurte 41<br />
Verbindungsmittel 47<br />
Mitlaufende Auffanggeräte einschließlich beweglicher Führung 50<br />
Falldämpfer 53<br />
Verbindungselemente 57<br />
Höhensicherungsgeräte 60<br />
Hilfsmittel zur Schaffung von Anschlagpunkten 62<br />
Methoden zum PSAgA-Einsatz beim Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf Freileitungen 63<br />
„Y-Seil“-Methode 64<br />
Kletterstangen-Methode 65<br />
Schlaufen-Methode 67<br />
Benutzung von Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung 71<br />
Beispiel einer Systematik zur Auswahl von Sicherungsmethoden 73<br />
Literaturverzeichnis 79<br />
4
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb<br />
von Freileitungen<br />
Mit Veröffentlichung der <strong>neue</strong>n <strong>BG</strong>-Information „Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb<br />
von Freileitungen“ (<strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong>) im Oktober 2011 spricht sich die Fachwelt für eine kontinuierliche<br />
Sicherung gegen Absturz aller Beschäftigten auf Freileitungen zu jedem Zeitpunkt <strong>und</strong><br />
bei jeder Tätigkeit aus. So wenig spektakulär diese Forderungen im ersten Ansatz erscheinen<br />
mögen, sind sie jedoch das Ergebnis jahrelanger Diskussionen im Fachausschuss „Elektrotechnik“,<br />
nachhaltiger Qualifizierungsmaßnahmen der betroffenen Freileitungsbetreiber sowie<br />
/-bauunternehmen <strong>und</strong> fußen gleichzeitig auf umfangreichen Entwicklungen zahlreicher<br />
Hersteller von Arbeitsmitteln <strong>und</strong> persönlichen Schutzausrüstungen.<br />
Ein Blick in die Vergangenheit muss erlaubt sein!<br />
Standards im Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz sind häufig das Ergebnis umfangreicher Bemühungen<br />
aller in einem Gewerbezweig aktiver Präventionsfachleute. Dabei erwachsen aktuelle<br />
Standards in der Regel aus Arbeitsverfahren <strong>und</strong> baulichen sowie technischen Verhältnissen<br />
früherer Jahre, die kontinuierlich eine Anpassung an den Stand der Technik erfahren.<br />
<strong>5148</strong><br />
<strong><strong>BG</strong>I</strong>/GUV-I <strong>5148</strong><br />
Schutz gegen Absturz<br />
beim Bau <strong>und</strong> Betrieb<br />
von Freileitungen<br />
Sachgebiet „Freileitungs-, Mast- <strong>und</strong> Kabelbau“<br />
im Fachausschuss Elektrotechnik<br />
der DGUV<br />
Januar 2011<br />
Abb. 1: <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> kann bei der<br />
<strong>BG</strong> <strong>ETEM</strong> angefordert werden.<br />
5
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Arbeiten an Freileitungen, <strong>und</strong> hierzu zählen selbstverständlich alle dazugehörigen Besteige<strong>und</strong><br />
Bewegungsvorgänge auf Masten <strong>und</strong> Leitungssystemen, waren schon immer mit Gefährdungen<br />
durch Absturz verknüpft. Allein die große Höhe der Bauwerke verursachte im Absturzfall<br />
schwerwiegende Verletzungen, die häufig tödlich verliefen. So mussten in den Jahren<br />
2000 bis 2010 von der Berufsgenossenschaft 54 Absturzunfälle an Freileitungen mit schwersten<br />
<strong>und</strong> häufig tödlichen Unfallfolgen untersucht werden.<br />
Bis in die Mitte der 90er Jahre vertrat die Fachwelt ein recht einfaches „Sicherungskonzept“<br />
gegen Absturz:<br />
• Sämtliche Besteigevorgänge auf Masten erfolgten ausschließlich auf Gr<strong>und</strong>lage des „sicheren<br />
Festhaltens“ der Beschäftigten an den Mastbauteilen. <strong>Die</strong>s setzte voraus, dass die<br />
Mastkonstruktion über eine ausreichende Anzahl von Bauelementen verfügte, die gleichzeitig<br />
so angeordnet sein mussten, dass die Beschäftigten jederzeit einen „Drei-Punkt-<br />
Kontakt“ zum Mast herstellen konnten. Für ein sicheres Besteigen wurde somit die Möglichkeit<br />
zum Baukörperkontakt durch zwei Füße <strong>und</strong> eine Hand oder durch zwei Hände <strong>und</strong><br />
einen Fuß als ausreichend eingestuft.<br />
• <strong>Die</strong> Durchführung der Arbeiten erfolgte seit alters her ausschließlich unter Sicherung der<br />
Beschäftigten am Arbeitsplatz durch persönliche Schutzausrüstungen. Unter Rückgriff auf<br />
einen Auffanggurt <strong>–</strong> ursprünglich kamen ausschließlich Haltegurte zum Einsatz <strong>–</strong> erfolgte<br />
eine „zweisträngige“ Sicherung mittels Halteseil um ein tragfähiges Mastbauteil.<br />
Absturzunfälle haben immer wieder gezeigt, dass die Beschäftigten sowohl beim Besteigen<br />
der Maste, als auch bei der Durchführung von Arbeiten abstürzten.<br />
Da ein sicheres Besteigen der Maste ausschließlich von der perfekten Funktion, also einem<br />
sicheren Festhalten jedes einzelnen Beschäftigten abhing, konnte das Risiko eines Absturzes<br />
nicht nachhaltig gesenkt werden <strong>–</strong> zu sehr war Leib <strong>und</strong> Leben an das fehlerbehaftete<br />
Verhalten des Menschen geknüpft.<br />
Auch die Sicherung am Arbeitsplatz unterlag fast ausschließlich dem bestimmungsgemäßen<br />
richtigen Verhalten des Beschäftigten. Jeder Wechsel des Arbeitsplatzes bedingte eine Lösung<br />
aus der zunächst bestehenden Sicherung, der kontinuierliche Wechsel zwischen Sicherung<br />
<strong>und</strong> unmittelbarer Absturzgefahr verursachte zahlreiche Unfälle. So manch ein Monteur<br />
lehnte sich in seine Schutzeinrichtung im vermeintlichen Glauben, er habe die Sicherung bereits<br />
durchgeführt <strong>und</strong> stürzte chancenlos in die Tiefe.<br />
6
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 2: <strong>Die</strong> Sicherung in der Haltefunktion bietet<br />
keinerlei Schutz gegen Absturz, sobald der Arbeitsplatz<br />
verlassen wird.<br />
War der geringere Sicherheitsstandard in der Vergangenheit gerechtfertigt?<br />
Auch in der Vergangenheit haben sich die Verantwortlichen für den Betrieb von <strong>und</strong> für den<br />
Bau von Freileitungen, aber auch die eingeb<strong>und</strong>enen Aufsichtsbehörden <strong>und</strong> Berufsgenossenschaften<br />
mit den erforderlichen <strong>und</strong> vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Betriebspraxis verhältnismäßigen<br />
Anforderungen zum Schutz gegen Absturz auseinandergesetzt.<br />
Insbesondere die Bauart <strong>und</strong> Ausführung der Freileitungsmaste stellte über Jahre den Stolperstein<br />
für die Entwicklung eines umfassenden Sicherungskonzeptes gegen Absturz dar.<br />
Kein Masttyp, ob Holz-, Beton- oder Stahlgittermast verfügte über bauseitige Zugangswege,<br />
die z. B. über Steigschutzeinrichtungen den Schutz gegen Absturz sicherstellten.<br />
Gleichzeitig formulierten Unfallverhütungsvorschriften, wie die UVV „Bauarbeiten“ oder die<br />
UVV „Arbeiten an Masten, Freileitungen <strong>und</strong> Oberleitungsanlagen“ Freiräume, die einen Verzicht<br />
auf Sicherungsmaßnahmen ermöglichten. <strong>Die</strong> frühere Auffassung, Gittermaste seien<br />
mit PSA gegen Absturz nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu besteigen, mündete in<br />
der Anforderung [1]:<br />
7
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
„Für Arbeiten auf Masten <strong>und</strong>, soweit es die Art der Maste zulässt, für das Besteigen<br />
von Masten, sind vom Unternehmer Sicherheitsgeschirre zur Verfügung zu<br />
stellen <strong>und</strong> von den Versicherten zu benutzen, sofern nicht andere Maßnahmen<br />
gegen Abstürzen getroffen sind.“<br />
Der Einsatz baulicher Einrichtungen, kollektiver oder persönlicher Schutzeinrichtungen gegen<br />
Absturz war:<br />
„… nicht erforderlich, wenn Arbeiten, deren Eigenart <strong>und</strong> Fortgang eine Sicherungseinrichtung<br />
oder -maßnahme nicht oder nicht rechtfertigen, von fachlich<br />
geeigneten Beschäftigten nach Unterweisung durchgeführt werden.“ [2]<br />
Trotz bestehender Absturzrisiken, insbesondere bei ungesicherten Besteigevorgängen, wurde<br />
der Absturzunfall im einzelnen Unternehmen als seltener Unfall wahrgenommen. Mit Blick<br />
auf die Gesamtheit aller auf Masten ungesichert steigenden Personen in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland wussten Absturzunfälle jedoch erwartet werden <strong>und</strong> traten wiederholt ein.<br />
Auf PSA gegen Absturz (PSAgA [3]) gestützte Sicherungskonzepte waren in den vergangenen<br />
Jahren nur in Ansätzen vorhanden <strong>–</strong> Erfahrungen in der praktischen Anwendung im betrieblichen<br />
Alltag lagen nur begrenzt vor.<br />
Auf Erkenntnisse aus dem Einsatz von Steigschutzeinrichtungen an Steigleitern konnte zwar<br />
zurück gegriffen werden, Leitungsmaste verfügten jedoch nicht über eine Ausstattung mit<br />
diesen Verkehrswegen. Darüber hinaus wurde eine weitreichende Nachrüstung von Leitungsmasten<br />
mit Steigleitern <strong>und</strong> Steigschutzeinrichtungen kritisch hinterfragt. Der umfangreiche<br />
Rahmen von Nachrüstmaßnahmen ließ Absturzunfälle als „Tribut“ für ein gesteigertes Sicherheitsniveau<br />
erwarten. Gleichzeitig fehlte eine Lösung für ein ganzheitliches Konzept, das eine<br />
sichere Begehung von Traversen <strong>und</strong> Mastwänden mit einschloss.<br />
<strong>Die</strong> Etablierung des aktuellen Standes der Schutzmaßnahmen gegen Absturz erforderte daher<br />
eine Reihe von Maßnahmen:<br />
• Entwicklung optimierter <strong>und</strong> auf den Einsatz an Freileitungen zugeschnittener PSAgA<br />
• Aufbereitung <strong>und</strong> Erprobung geeigneter Besteigeverfahren für Freileitungen unter PSAgA-<br />
Anwendung<br />
8
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
• Qualifizierung der auf Freileitungen tätigen Beschäftigten in der kompetenten PSAgA-Anwendung<br />
• Erstellung eines freileitungsbauspezifischen Regelwerks mit praxisorientierten Zielvorgaben<br />
<strong>und</strong> Anwendungsbeispielen.<br />
<strong>Die</strong> veröffentlichte <strong>BG</strong>-Information <strong>5148</strong> war mit Blick auf die vielfältigen Veränderungsprozesse<br />
nicht mit einem einzigen großen Sprung realisierbar. Der Fachausschuss „Elektrotechnik“<br />
entschied sich daher zu Beginn der 90er Jahre für die Erarbeitung einer <strong>BG</strong>-Regel, die<br />
einen weiter reichenden Schutz gegen Absturz festschreiben sollte, ohne feste Vorgaben für<br />
konkrete Lösungsansätze zu unterbreiten.<br />
<strong>Die</strong> <strong>BG</strong>-Regel 148 [4] war lediglich ein Zwischenschritt<br />
Nach umfangreichen <strong>und</strong> z. T. sehr kontroversen Diskussionen in den beteiligten Arbeitskreisen<br />
konnte der Fachausschuss „Elektrotechnik“ im Jahr 1995 die erste <strong>BG</strong>-Regel zum Schutz<br />
gegen Absturz an Freileitungen verabschieden. Das Regelwerk verfolgte diverse Ziele. Zum einen<br />
sollte neben der Unfallverhütungsvorschrift <strong>BG</strong>V D32 ein eigenständiges Regelwerk zu<br />
Gefährdungen durch <strong>und</strong> Sicherungsmaßnahmen gegen Absturz an Freileitungen installiert<br />
werden <strong>–</strong> eine Anpassung der Unfallverhütungsvorschrift an den Stand der Technik erschien<br />
zu diesem Zeitpunkt aus politischen Gründen nicht möglich.<br />
Zum anderen fixierte die <strong>BG</strong>R 148 einen umfangreichen, aber nicht allumfassenden Schutz<br />
gegen Absturz für das Besteigen von Freileitungen unter Benutzung von PSAgA.<br />
Bewusst verzichtete die <strong>BG</strong>R 148 auf die Darstellung konkreter Lösungsansätze für den PSAgA-Einsatz,<br />
um eine konstruktive Entwicklung einzelner PSA-Komponenten sowie neuartiger<br />
Auffangsysteme nicht zu behindern.<br />
Durch die Anforderungen der <strong>BG</strong>R 148 vertrat die Fachwelt die Auffassung, dass ein gesichertes<br />
Besteigen von Freileitungen auch weiterhin nicht in allen Fällen möglich oder verhältnismäßig<br />
erschien. Das Regelwerk kam somit an Ausnahmeregelungen nicht vorbei:<br />
9
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 3: <strong>Die</strong> <strong>BG</strong>R 148 stellte einen<br />
ersten Meilenstein bei der Entwicklung<br />
zum umfassenden Schutz gegen<br />
Absturz an Freileitungen dar.<br />
• Gr<strong>und</strong>sätzlich war für alle Besteigevorgänge auf für Arbeiten an Freileitungen ein Schutz<br />
gegen Absturz z. B. durch den Einsatz von PSAgA sicherzustellen.<br />
• Der Schutz musste jedoch nicht für die erste aufsteigende <strong>und</strong> die letzte absteigende Person<br />
im Rahmen des Tätigwerdens von Arbeitsgruppen realisiert werden.<br />
• Darüber hinaus war das Besteigen von Masten durch Einzelpersonen weiterhin ohne<br />
Schutzaßnahmen statthaft.<br />
<strong>Die</strong>ses nicht allumfassende Schutzkonzept der <strong>BG</strong>R 148 führte jedoch im Verlauf der Jahre zu<br />
umfangreichen Erfahrungen mit dem Einsatz von PSAgA, insbesondere beim Besteigen von<br />
Leitungsmasten. Neben zahlreichen Erfahrungen der Netzbetreiber <strong>und</strong> Leitungsbauunternehmen<br />
konnte durch innovative Entwicklungen der PSAgA-Hersteller ein wesentlicher Beitrag<br />
zur anwenderfre<strong>und</strong>lichen Gestaltung der Schutzausrüstungen geleistet werden.<br />
Vielfältige Entwicklungsschritte führten in zahlreichen Unternehmen automatisch zu einer<br />
gesteigerten Akzeptanz bzgl. der PSAgA-Anwendung, insbesondere auf Seiten der unmittelbar<br />
betroffenen Beschäftigten. <strong>Die</strong> Bereitschaft zur Inanspruchnahme der formulierten Freiräume<br />
für ein ungesichertes Besteigen verringerte sich <strong>–</strong> zwischenzeitlich hatten sich Verfah-<br />
10
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
ren auch für eine gesicherte „Erstbesteigung“ von Masten etabliert. Wer wollte unter solchen<br />
Randbedingungen noch der Erbesteigende oder der Letztabsteigende sein, dem die Freiräume<br />
des Regelwerkes ein deutlich höheres Absturzrisiko zugestanden oder besser „zumuteten“.<br />
<strong>Die</strong> zwischenzeitlich in der Praxis weitverbreiteten Sicherungsmaßnahmen gegen Absturz<br />
überschritten zuletzt das Anforderungsniveau der <strong>BG</strong>R 148 <strong>–</strong> eine <strong>neue</strong>rliche Anpassung des<br />
Regelwerks an gelebte Standards <strong>und</strong> die Fixierung des angestrebten umfassenden Schutzes<br />
gegen Absturz in einem <strong>BG</strong>lichen Regelwerk war angezeigt.<br />
Bevor die Konzepte <strong>und</strong> Inhalte der aktuellen <strong>BG</strong>-Information eine nähere Vorstellung finden,<br />
soll mit einer Betrachtung des Absturzrisikos an Freileitungen die Notwendigkeit zur Festschreibung<br />
von umfassenden Anforderungen gegen Absturz nochmals unterstrichen werden.<br />
Wie ist das Absturzrisiko an Freileitungen einzuschätzen?<br />
Der Begriff des Risikos findet in der Sicherheitswissenschaft eine unmittelbare Anwendung<br />
als Beurteilungsmaßstab einer Gefährdung. Bei der im Mittelpunkt dieses Beitrags stehenden<br />
Gefährdungsart „Absturz“ gilt es, wie bei allen anderen Gefährdungsarten, das mit der<br />
Absturzgefährdung im Einzelfall verb<strong>und</strong>ene Risiko zu bewerten. Dabei ist eine „Sammelbeurteilung“<br />
für vergleichbare Arbeitsplätze <strong>und</strong> Arbeitsverfahren zulässig.<br />
<strong>Die</strong> Beurteilung eines Absturzrisikos setzt eine Einschätzung der zu erwartenden Verletzungsschwere<br />
sowie der voraussichtlichen Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzes voraus. Bei<br />
der Betrachtung der Eintrittswahrscheinlichkeit sind u. a. folgende Gesichtspunkte mit zu berücksichtigen:<br />
• Kann auf selbsttätig wirkende Einrichtungen gegen Absturz zurückgegriffen werden?<br />
• Wie ist die bauliche Gestaltung der Maste hinsichtlich eines sicheren Besteigens zu bewerten?<br />
• Entspricht die fachliche Qualifikation der Beschäftigten den Anforderungen an eine sichere<br />
Benutzung technischer Einrichtungen oder PSAgA?<br />
• Wie hoch ist die körperliche Fitness der Beschäftigten einzustufen?<br />
• Über welchen Trainingsstand / welche Routine verfügen die Beschäftigten?<br />
• Muss mit ungesicherten Besteigevorgängen gerechnet werden?<br />
11
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
• Können die Beschäftigten im Falle eines Abrutschens von Mastbauteilen durch ihr persönliches<br />
Verhalten einem Absturz entgegenwirken?<br />
• Welche Witterungsbedingungen liegen im Rahmen der Tätigkeiten vor?<br />
<strong>Die</strong> Einschätzung möglicher Verletzungsschweren im Absturzfall gestaltet sich wesentlich<br />
leichter als die Abschätzung aller zuvor aufgelisteten Gesichtspunkte zur Betrachtung der<br />
Eintrittswahrscheinlichkeit derartiger Unfälle. Unter Berücksichtigung der Ausführungen in<br />
unserer Veröffentlichung „Schutz gegen Absturz“ [5] lässt sich zusammenfassend feststellen:<br />
• Bereits bei geringen Absturzhöhen, z. B. von ≤ 1m, können erhebliche Verletzungen auftreten<br />
<strong>–</strong> insbesondere bietet die mit einer geringen Fallhöhe verb<strong>und</strong>ene Falldauer der stürzenden<br />
Person so gut wie keine Möglichkeit einer Gegenwehr.<br />
• Mit zunehmender Absturzhöhe wächst zum einen die Wahrscheinlichkeit einer willentlichen<br />
Fallbeeinflussung durch die abstürzende Person, zum anderen nimmt die Fallenergie<br />
in einem Umfang zu, der vom menschlichen Körper nicht unbeschadet aufgenommen werden<br />
kann. Bei Absturzhöhen > 2 m ist bereits mit schwerwiegenden Verletzungen zu rechnen<br />
<strong>–</strong> auch tödliche Verletzungsfolgen können nicht mehr ausgeschlossen werden.<br />
Wird auf technische Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz verzichtet, ist die Sicherheit der<br />
Beschäftigten vollständig von ihrem perfekten sicherheitsgerichteten Verhalten abhängig.<br />
Bereits kleinste „Bewegungsfehler“, z. B. beim Besteigen eines Gittermastes, führen zum Absturz.<br />
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines von der „Ideallinie“ abweichenden Verhaltens<br />
des Beschäftigten als gering eingestuft werden kann, ist sie sicherlich nicht zu ignorieren.<br />
<strong>Die</strong> Kombination aus der dargestellten hohen Verletzungsschwere <strong>und</strong> einer nicht zu vernachlässigenden<br />
Eintrittswahrscheinlichkeit führt somit zu einem nicht vertretbaren Restrisiko<br />
eines Absturzunfalls. <strong>Die</strong> Betrachtung verdeutlicht, dass Gefährdungen durch Absturz keinesfalls<br />
ausschließlich durch verhaltensbezogene Maßnahmen der Beschäftigten beherrschbar<br />
sind.<br />
Der Fachausschuss „Elektrotechnik“ vertritt daher die Auffassung, dass Maßnahmen zum<br />
Schutz gegen Absturz stets zu treffen sind, wenn die mögliche Absturzhöhe 2 m übersteigt.<br />
<strong>Die</strong>se Position fand Eingang in allen vom Fachausschuss verabschiedeten <strong>BG</strong>-Informationen<br />
[6] der jüngeren Vergangenheit.<br />
12
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 4: <strong>Die</strong> Reduzierung eines ursprünglichen Absturzrisikos muss so erfolgen, dass keine Zweifel an<br />
der Einhaltung des erforderlichen Grenzrisikos bestehen. Erreicht wird dieses Ziel durch sich ergänzende<br />
Risikominderungsmaßnahmen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>BG</strong>-Information „Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen“<br />
Mit der <strong>neue</strong>n <strong>BG</strong>-Information leitet die Fachwelt eine<br />
<strong>neue</strong> Ära im Schutz gegen Absturz an Freileitungen ein.<br />
<strong>Die</strong> im Januar 2011 verabschiedete Fassung steht nach<br />
einer umfangreichen redaktionellen Aufbereitung als<br />
Druckfassung seit Oktober 2011 der Öffentlichkeit zur<br />
Verfügung. Es sei deutlich unterstrichen, dass mit der<br />
Veröffentlichung der <strong>BG</strong>- Information die bisherige<br />
gleichnamige <strong>BG</strong>-Regel 148 zurückgezogen wurde!<br />
Leider war im Sinne eines bleibenden Erkennungswertes eine unveränderte Nummerierung<br />
der <strong>neue</strong>n <strong>BG</strong>-Information nicht möglich. Vielleicht weckt die <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> jedoch Erinnerungen<br />
13
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
an die alte Kennzeichnung <strong>BG</strong>R 148. <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Information stellt den Standpunkt des ehemaligen<br />
Fachausschusses „Elektrotechnik“ im Sachgebiet „Freileitungs-, Mast- <strong>und</strong> Kabelbau“<br />
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) dar. Bei ihrer Erarbeitung haben<br />
Experten folgender Institutionen mitgewirkt:<br />
• B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales<br />
• Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />
• B<strong>und</strong>esvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände<br />
• Deutscher Gewerkschaftsb<strong>und</strong><br />
• Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse<br />
• Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft<br />
• Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />
• Eisenbahn-Unfallkasse<br />
• Unfallkasse Post <strong>und</strong> Telekom<br />
• B<strong>und</strong>esverband der Energie- <strong>und</strong> Wasserwirtschaft<br />
• Verein Deutscher Sicherheitsingenieure<br />
Der Anwendungsbereich der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> beschreibt Gefährdungen durch Absturz <strong>und</strong> zugehörige<br />
Schutzmaßnahmen beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen. Dabei verstehen sich Freileitungen<br />
[7] als Gesamtheit einer der Fortleitung von elektrischer Energie oder Information dienenden<br />
Anlage, die aus Freileitungsmasten, oberirdisch verlegten Leitern mit Zubehör <strong>und</strong><br />
Isolatoren mit Verbindungsteilen besteht.<br />
Diskussionen zum Schutz gegen Absturz an Freileitungen konzentrierten sich in der Vergangenheit<br />
häufig auf Maßnahmen an Freileitungsgittermasten, die <strong><strong>BG</strong>I</strong>-Anforderungen erstrecken<br />
sich aber ganz bewusst auch auf Betonmaste, Stahlvollwandmaste, Portalmaste sowie<br />
Portale.<br />
Eine Reihe von Freileitungsmasten verfügen über Zusatzeinrichtungen, z. B. in Form von Antennenträgern,<br />
Umsetzern, Signaleinrichtungen oder messtechnischen Einrichtungen für atmosphärische<br />
Messungen. Häufig werden diese Einrichtungen nicht durch die Netzbetreiber,<br />
sondern durch weitere Unternehmen, wie z. B. Funknetzbetreiber errichtet <strong>und</strong> betrieben.<br />
Auch für diese Unternehmen gelten die Anforderungen der <strong>BG</strong>-Information unverändert.<br />
Alle im Verlauf dieses Beitrages <strong>und</strong> in der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> vorgestellten Gefährdungen <strong>und</strong> beispielhaft<br />
aufgezeigten Lösungsansätze zum Schutz gegen Absturz an Freileitungen geben<br />
14
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
den adressierten Unternehmern eine Hilfestellung bei der Umsetzung seiner Verpflichtungen<br />
aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, entbinden sie jedoch nicht von ihrer gr<strong>und</strong>legenden<br />
Verpflichtung zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen [8].<br />
Das 1996 vom Arbeitsschutzgesetz installierte Werkzeug der Gefährdungsbeurteilung hat<br />
in den vergangenen Jahren immer wieder zu heftigen Diskussionen in Unternehmen <strong>und</strong> bei<br />
Führungskräften geführt. Vom Gr<strong>und</strong>satz verfolgt das Gesetz eine klassische <strong>und</strong> selbstverständliche<br />
Unternehmerpflicht, im Sinne der Sicherheit <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitsschutzes der<br />
Beschäftigten die mit den eingesetzten Arbeitsmitteln <strong>und</strong> Arbeitsverfahren verb<strong>und</strong>enen<br />
Gefährdungen zu ermitteln <strong>und</strong> in einem zweiten Schritt geeignete Maßnahmen zu deren<br />
Vermeidung oder Minimierung festzulegen. Abgesehen von Kleinbetrieben [9], fordert der<br />
Gesetzgeber darüber hinaus die Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>und</strong> der festgelegten Sicherheitsmaßnahmen.<br />
Abb. 5: <strong>Die</strong> denkbare Vielzahl spezifischer Ergebnisse von Gefährdungsbeurteilungen verdeutlicht,<br />
dass Regelwerke nur in Ausnahmefällen Freiräume von Schutzmaßnahmen fixieren können.<br />
15
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Komplexität aller denkbaren Tätigkeiten <strong>und</strong> eingesetzten Technologien<br />
wird deutlich, dass Regelwerke die Aufgabenstellung der Gefährdungsbeurteilung nicht<br />
für den Unternehmer übernehmen können <strong>–</strong> unternehmensspezifische Einzelbedingungen<br />
können <strong>und</strong> sollen vom gesetzlichen <strong>und</strong> berufsgenossenschaftlichen Regelwerk nicht abgebildet<br />
oder gar organisiert werden. Insbesondere ist die Fixierung allgemein anwendbarer<br />
Freiräume von technischen <strong>und</strong> organisatorischen Notwendigkeiten kaum vertretbar.<br />
<strong>Die</strong> hier angestellten allgemeinen Betrachtungen zur Gefährdungsbeurteilung sind selbstverständlich<br />
auch auf den Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen anzuwenden. <strong>Die</strong> Vielzahl der zu<br />
betrachtenden Aspekte ist beachtlich. So sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung z. B.<br />
auch witterungsbedingte Gefährdungen wie starker Wind, Regen, Schneefall oder Vereisung<br />
von Konstruktionsteilen zu bewerten.<br />
<strong>Die</strong> in der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> dargestellten Anwendungsbeispiele stellen daher ausschließlich beispielhafte<br />
Maßnahmen als Ergebnisse möglicher Gefährdungsbeurteilungen dar. <strong>Die</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong><br />
<strong>5148</strong> stellt somit keine in sich geschlossene Gefährdungsbeurteilung dar, die eine unmittelbare<br />
Anwendung in einem einzelnen Unternehmen finden kann.<br />
vorhanden<br />
?<br />
zweckmäßig<br />
?<br />
zweckmäßig<br />
?<br />
Abb. 6: <strong>Die</strong> Systematik zur Auswahl von Einrichtungen <strong>und</strong> Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz<br />
16
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Bereits im Abschnitt der Allgemeinen Anforderungen weist die <strong><strong>BG</strong>I</strong> auf die Einhaltung der<br />
Rangfolge technischer, organisatorischer <strong>und</strong> persönlicher Maßnahmen [10] bei der Auswahl<br />
der Schutzmaßnahmen hin.<br />
Bevor nachgehend unterschiedliche technische Maßnahmen, Sicherungsmethoden <strong>und</strong> der<br />
Einsatz von PSAgA an Freileitungen ihre Vorstellung finden, sollen die mit den Arbeiten beauftragten<br />
Personen im Mittelpunkt des Interesses stehen.<br />
<strong>Die</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> sieht ausschließlich die Beauftragung geeigneter Personen mit Arbeiten an Freileitungen<br />
vor. Nach den Begriffsbestimmungen der <strong><strong>BG</strong>I</strong> verfügen diese über die erforderliche<br />
körperliche <strong>und</strong> fachliche Eignung, die ihnen ein erfolgreiches Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten<br />
auf Freileitungen ermöglichen. Zur fachlichen Eignung zählen u. a. ein ausreichendes Verständnis<br />
zur technischen Beschaffenheit der Anlagen, hinreichende Kenntnisse zur Abfolge<br />
der Montagevorgänge sowie ein ausreichender Wissensstand hinsichtlich der Regelungen<br />
der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong>.<br />
Abb. 7: Geeignete Personen zum Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf Freileitungen haben<br />
eine Reihe von Anforderungen zu erfüllen.<br />
17
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> <strong>BG</strong> <strong>ETEM</strong> bietet allen interessierten Mitgliedsunternehmen <strong>und</strong> ihren Beschäftigten ein<br />
umfangreiches Seminarprogramm [11] an der Bildungsstätte Dresden an, das gezielt auf<br />
Gefährdungen durch Absturz abhebt <strong>und</strong> den Teilnehmern aktuelle Schutzmaßnahmen, z. T.<br />
mit praktischen Übungen, vermittelt.<br />
<strong>Die</strong> Beurteilung der körperlichen Eignung von Personen, die mit Arbeiten an <strong>und</strong> auf Freileitungen<br />
beauftragt werden sollen, hat in der Vergangenheit zu umfangreichen Diskussionen in<br />
der Fachwelt geführt. Selbst jüngere <strong>und</strong> dem ersten Anschein nach ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> körperlich<br />
trainierte Mitarbeiter können ges<strong>und</strong>heitliche Einschränkungen haben, die im Einzelfall<br />
selbst den Betroffenen nicht bekannt sind. Umso mehr kann eine kompetente Einschätzung<br />
der ges<strong>und</strong>heitlichen Gr<strong>und</strong>situation der zur Auswahl stehenden Beschäftigten durch die<br />
Vorgesetzten weder durchgeführt, noch verantwortet werden.<br />
Somit fußt jede verantwortbare Einschätzung der körperlichen Eignung auf einer ärztlichen<br />
Untersuchung [12], die durch eine Beurteilung des Vorgesetzten unter Einsatzbedingungen<br />
an der Freileitung ergänzt werden sollte.<br />
Selbstverständlich obliegt es vor Ort dem Arbeitsverantwortlichen [13], lediglich geeignete<br />
Personen, die offensichtlich keiner temporären körperlichen Beeinträchtigung unterliegen,<br />
mit Arbeiten an Freileitungen zu beauftragen. Temporäre körperliche Beeinträchtigungen<br />
können z. B. bei akuten stärkeren Erkältungsbeschwerden oder nach übermäßigem Konsum<br />
alkoholhaltiger Getränke auftreten.<br />
Selbstverständlich kann der Arbeitsverantwortliche nur dann eingreifen, wenn die Beeinträchtigung<br />
des Mitarbeiters offensichtlich ist oder dieser seine Beschwerden k<strong>und</strong>tut.<br />
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Jugendlichen [14] im Rahmen der<br />
hier beschriebenen Arbeiten nur statthaft ist, sofern dies zur Erreichung ihrer Ausbildungsziele<br />
erforderlich <strong>und</strong> ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachk<strong>und</strong>igen gewährleistet ist.<br />
Technische Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz sind zunächst selbsttätig wirkende Einrichtungen,<br />
die ungeachtet der Verhaltensweisen der Beschäftigten einen ausreichenden<br />
Schutz sicherstellen. <strong>Die</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong> spricht von technischen Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz,<br />
die feste Bestandteile der Freileitungsmaste sind <strong>und</strong> bei denen es sich z. B. um Brüstungen<br />
oder Geländer handelt. Auch Aufzüge oder Treppen <strong>und</strong> Geländer mit Seitenschutz<br />
gehören zu dieser Gruppe. Freileitungsmaste verfügen jedoch in der Regel aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
18
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
baulichen Gestaltung nicht über Aufzüge <strong>und</strong> nur in Ausnahmefällen über Bühnen mit Seitenschutz.<br />
Häufig geraten bei Diskussionen über geeignete Schutzmaßnahmen temporäre technische<br />
Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz in Vergessenheit. Zu derartige Einrichtungen zählen<br />
z. B. Hubarbeitsbühnen, Gerüste <strong>und</strong> Personenaufnahmemittel.<br />
Der Einsatz von Hubarbeitsbühnen [15] empfiehlt sich in der Praxis bei einer verkehrsgünstiger<br />
Lage der Maste, z. B. bei kurzzeitigen Tätigkeiten oder bei vereisten Masten. Ihr Einsatz<br />
setzt die Möglichkeit eines ordnungsgemäßen Aufbaus, insbesondere geeigneter Stellflächen<br />
voraus. <strong>Die</strong> Vergangenheit hat mit spektakulären Unfällen durch Umstürzen von Hubarbeitsbühnen<br />
gezeigt, dass die wesentliche Basis für eine sichere Verwendung dieser Arbeitsmittel<br />
einen kompetenten Aufbau der Bühnen voraussetzt. Im Extremfall muss mit einer Belastung<br />
der einzelnen Stütze von bis zu 80% des Gesamtbühnengewichts gerechnet werden, wenn<br />
der Arbeitskorb in maximaler Auslegung bei Volllast verfahren wird.<br />
Abb. 8: Hubarbeitsbühnen eignen sich im Einzelfall<br />
als hilfsreiches Arbeitsmittel zum Erreichen<br />
von Arbeitsstellen <strong>–</strong> hier im Rahmen von<br />
Tätigkeiten an Freileitungsdachständern.<br />
19
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Zwingend ist daher der konsequente Einsatz von Unterlegplatten an allen Stützen. Für jeden<br />
Einzelfall ist somit sicherzustellen, dass der Untergr<strong>und</strong> die entstehenden Flächenpressungen<br />
sicher aufnehmen kann.<br />
Ebenfalls haben Unfälle gezeigt, dass die Bediener von Hubarbeitsbühnen häufig nicht über<br />
die erforderlichen Fertigkeiten <strong>und</strong> das notwendige Fachwissen zum sichern Umgang mit diesen<br />
Arbeitsmitteln verfügen. <strong>Die</strong> häufigsten Ursachen für tragische Unfälle mit Hubarbeitsbühnen<br />
waren neben dem bereits beschriebenen Verlust der Standsicherheit der Maschine<br />
insbesondere das Herausschleudern von Personen aus der Arbeitsbühne, aber auch das Einklemmen<br />
der Bediener zwischen der Arbeitsbühne <strong>und</strong> Teilen der Umgebung.<br />
Das Erfolgsrezept für den sicheren Hubarbeitsbühneneinsatz liegt daher in einer höchstmöglichen<br />
Qualifizierung der Hubarbeitsbühnenbediener. Seit 2010 liegt ein entsprechender<br />
DGUV-Gr<strong>und</strong>satz [16] vor, der erstmalig einheitliche Kriterien zur Ausbildung von Hubarbeitsbühnen-Bedienern<br />
in Deutschland formuliert. In der <strong>BG</strong>G 966 werden zunächst die Anforderungen<br />
an den Bediener von Hubarbeitsbühnen dargelegt. Demnach darf der Unternehmer<br />
nur Personen mit dem selbständigen Bedienen von Hubarbeitsbühnen beauftragen, die u. a.<br />
• das 18. Lebensjahr vollendet haben,<br />
• in der Bedienung der Hubarbeitsbühne unterwiesen wurden <strong>und</strong><br />
• ihre Befähigung gegenüber dem Unternehmer nachgewiesen haben.<br />
Eine Ausbildung nach DGUV-Gr<strong>und</strong>satz 966 gilt als entsprechender Nachweis.<br />
Als temporärer Zugang zu Freileitungen können selbstverständlich auch Gerüste [17] zum Einsatz<br />
kommen. In der Vergangenheit haben sie sich wiederholt bei der Durchführung umfangreicher<br />
Arbeiten an Kabelaufführungen bewährt. Eine Verwendung von Gerüsten z. B. im Rahmen<br />
üblicher kurzfristiger Instandhaltungsarbeiten an Freileitungen ist jedoch mit Blick auf<br />
die Dauer der Tätigkeiten als nicht verhältnismäßig einzustufen. Das „Gerüstthema“ findet<br />
daher in der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> bewusst keine Vertiefung.<br />
Weitere Erfahrungen in der Schaffung alternativer Zugangsmethoden zu Freileitungsmasten<br />
konnten im Einsatz von Personenaufnahmemitteln [18], z. B. bei umfangreichen Korrosionsschutzarbeiten<br />
an großen Masten gesammelt werden. Ist das Personenaufnahmemittel erst<br />
einmal installiert, können großflächige Beschichtungsarbeiten an kompletten Mastwänden<br />
mit einem überschaubaren Zeitaufwand durchgeführt werden, ohne dass Personen die Konstruktionsteile<br />
der Masten mit Absturzgefährdungen mehrfach besteigen müssen.<br />
20
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Selbstverständlich müssen die statischen Voraussetzungen des Mastes einen sicheren Einsatz<br />
der Personenaufnahmemittel gewährleisten.<br />
Schutz gegen Absturz durch Kombination technischer Einrichtungen mit PSAgA<br />
<strong>Die</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> zählt zu den bereits vorgestellten technischen Einrichtungen zum Schutz gegen<br />
Absturz auch<br />
• Steigschutzeinrichtungen <strong>und</strong><br />
• Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung.<br />
Mit Blick auf die anspruchsvollen Benutzungsrandbedingungen dieser Einrichtungen stellen<br />
sie jedoch keine technischen Maßnahmen im klassischen Sinne dar.<br />
Zwar sind Steigschutzeinrichtungen, feste Führungen in Form installierter Stahlseile <strong>und</strong><br />
Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung für die unmittelbare <strong>und</strong> ausschließliche Benutzung<br />
mit PSAgA kreiert, die <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> zählt diese jedoch bewusst nicht zu den persönlichen Schutzausrüstungen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde in der <strong>neue</strong>n <strong><strong>BG</strong>I</strong> die Bezeichnung „Schutz gegen Absturz<br />
durch Kombination technischer Einrichtungen mit PSAgA“ gewählt.<br />
Steigschutzeinrichtungen mit fester Führung [19] sind fest am Mast montierte Einrichtungen.<br />
Der Schutz gegen Absturz wird durch die Verwendung eines Auffanggurtes, der über ein mitlaufendes<br />
Auffanggerät mit der Steigschutzeinrichtung verb<strong>und</strong>en ist, gewährleistet.<br />
<strong>Die</strong> häufigste Verwendung im gewerblichen Bereich finden Steigleitern [20], die mit Steigschutzschienen<br />
ausgestattet <strong>und</strong> als ein- oder zweiholmige Konstruktionen angeboten werden.<br />
Für den Einsatz an Freileitungsmasten bietet sich in der Regel eine Montage an den Eckstielen<br />
an. Selbstverständlich ist auch ein Verbau der Leitern in den Mastwänden oder im<br />
Mastinneren möglich, wenn dies z. B. mit Blick auf die Schutzabstände [21] hinsichtlich der<br />
elektrischen Gefährdungen durch die Freileitungen erforderlich ist.<br />
Tendenziell bieten sich Steigleitern mit Steigschutzeinrichtungen für die Ausstattung vertikaler<br />
Zugangswege an. Soll die Bewegungsrichtung gewechselt werden, z. B. beim Übersteigen<br />
auf Traversen, ist der Einsatz von Weichen erforderlich, sofern der Beschäftigte im Steig-<br />
21
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
schutzsystem verbleiben soll. Ein Besteigen beliebiger Maststellen, wie es bei Mastkontrollen<br />
erforderlich ist, darf somit unter alleiniger Anwendung dieser Sicherungsmaßnahme<br />
nicht erfolgen.<br />
Auch wenn eine passgenaue Montage von Steigschutzeinrichtungen an Masten als selbstverständlich<br />
gelten sollte, haben sich in der Vergangenheit wiederholt Unfälle ereignet, weil mitlaufende<br />
Auffanggeräte an den Übergangsstellen zweier Bauelemente aus den Steigschutzschienen<br />
herausrutschten. Zur passgenauen Montage gehört auch die Ausstattung der Steigschutzschienen<br />
mit einer Ein-/Ausführsicherung, die ausschließlich ein willentliches Herausnehmen<br />
des mitlaufenden Auffanggerätes aus der Schiene durch den Benutzer zulässt.<br />
Abb. 9: Feste Führung in Form einer Steigschutzschiene<br />
als Zugangsweg am Eckstiel eines Gittermastes<br />
Abb. 10: Nachträglich installierte feste Drahtseilführung<br />
an einem mit Steigbolzen ausgestatteten<br />
Eckstiel<br />
22
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
In den letzten Jahren haben verspannte Stahlseile als feste Führungen eine zunehmende<br />
Verbreitung gef<strong>und</strong>en. <strong>Die</strong> Flexibilität der Seile gestattet die Anpassung an unterschiedliche<br />
Konturen des jeweiligen Baukörpers.<br />
Feste Drahtseilführungen [22] müssen aus Stahl bestehen <strong>und</strong> einen Mindestdurchmesser<br />
von 8 mm aufweisen. Unlegierte Stahldrahtseile [23] dürfen nur in galvanisierter Ausführung<br />
zum Einsatz kommen. Wie auch bei Steigschutzschienen, sind Drahtseilführungen nach den<br />
Vorgaben des Herstellers zu installieren. Hierbei ist u. a. eine ausreichende Anzahl von Befestigungspunkten<br />
an der Mastkonstruktion zu realisieren.<br />
Für beide hier vorgestellten festen Führungen gilt gleichermaßen: Das mitlaufende Auffanggerät<br />
darf sich keinesfalls unbeabsichtigt aus/von der Führung lösen lassen. Ist ein Verlassen<br />
der festen Führung durch die Beschäftigten im Rahmen ihrer Tätigkeiten erforderlich, empfiehlt<br />
sich der Einsatz abnehmbarer mitlaufender Auffanggeräte <strong>–</strong> anderenfalls müsste das<br />
Auffanggerät an der „Ausstiegsstelle“, z. B. beim Übersteigen in eine Traverse, zurückgelassen<br />
werden.<br />
In derartigen Fällen behindert das verlassene Auffanggerät nachfolgende am Mast aufsteigende<br />
Personen oder rutscht ggf. an der Führung nach unten. Im letzteren Fall kann der Beschäftigte<br />
beim Herabsteigen nicht mehr auf seine ursprüngliche Sicherung zurückgreifen.<br />
Alle mitlaufenden Auffanggeräte mit Öffnungsvorrichtung sind so zu konstruieren, dass ihr<br />
Einsetzen in oder Abnehmen von der festen Führung nur mit zwei aufeinanderfolgenden<br />
Handhabungen möglich ist.<br />
Aktuelle Fragen zum Einsatz von Steigschutzeinrichtungen einschließlich fester Führung<br />
<strong>Die</strong> Norm EN 353-1 hat in jüngerer Vergangenheit für Aufsehen gesorgt <strong>und</strong> zahlreiche Diskussionen<br />
in den beteiligten Fachkreisen angeregt. Auf Initiative des Vereinigten Königreichs [24]<br />
kam es zur Streichung der Norm aus dem Verzeichnis der harmonisierten Normen im Amtsblatt<br />
der Europäischen Union [25].<br />
Das Zurückziehen der Konformitätsvermutung der Norm basiert auf der Feststellung, dass<br />
die bisherigen Prüfanforderungen der EN 353-1 die Aspekte eines rückwärtigen <strong>und</strong> seitwärtigen<br />
Fallens des Benutzers in die Schutzausrüstung nicht berücksichtigen. Im Einzelfall<br />
blockieren die mitlaufenden Auffanggeräte in Abhängigkeit der Position des Beschäftigten<br />
23
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
nicht oder nicht rechtzeitig, so dass ein Absturz nicht verhindert wird. Somit ist fortan ein Inverkehrbringen<br />
mitlaufender Auffanggeräte einschließlich fester Führung auf alleiniger Basis<br />
der EN 353-1 nicht mehr möglich.<br />
<strong>Die</strong> Hersteller <strong>und</strong> eingeb<strong>und</strong>ene Prüf- <strong>und</strong> Zertifizierungsstellen müssen in den beschriebenen<br />
Fällen die Konformität des Produktes mit der PSA-Herstellungsrichtlinie [26] erneut bewerten.<br />
Nach Auffassung des DGUV Fachbereichs „Persönliche Schutzausrüstungen“ kann<br />
aufgr<strong>und</strong> der mit den <strong>neue</strong>n Risiken verb<strong>und</strong>enen Gefahren mit tödlichen Verletzungsfolgen<br />
nicht von einem Bestandsschutz für bereits installierte Steigschutzeinrichtungen ausgegangen<br />
werden [27].<br />
Allen Benutzern von Steigschutzeinrichtungen einschließlich fester Führung wird daher dringend<br />
empfohlen, sich mit den jeweiligen Herstellern der Produkte in Verbindung zu setzen.<br />
Ggf. ist der Einsatz <strong>neue</strong>r mitlaufender Auffanggeräte erforderlich. Selbstverständlich müssen<br />
auch die neu beschafften Auffanggeräte über eine aktuelle EG-Baumusterprüfbescheinigung<br />
verfügen.<br />
Falls eine sofortige Ersatzbeschaffung der PSAgA nicht möglich ist, erfordert die Weiterbenutzung<br />
der mitlaufenden Auffanggeräte in der Übergangsphase eine erneute Gefährdungsbeurteilung<br />
unter Berücksichtigung der vom Hersteller beschriebenen Risiken. Abschließend haben<br />
die Betreiber geeignete Ersatzschutzmaßnahmen festzulegen, die bei Weiterverwendung<br />
der ursprünglichen Auffanggeräte die hier beschriebenen Absturzgefährdungen nicht erwarten<br />
lassen. <strong>Die</strong> Auswahl der Ersatzschutzmaßnahmen ist entsprechend zu dokumentieren<br />
<strong>und</strong> in die Betriebsanweisung aufzunehmen. Auch in der hier beschriebenen Ausnahmesituation<br />
setzt ein ausreichendes Schutzniveau eine umfangreiche Unterweisung <strong>und</strong> Sensibilisierung<br />
der Beschäftigten voraus.<br />
High-Step-Steigsystem<br />
Als Alternative zur Gestaltung von Zugangswegen an Masten steht das schienengeb<strong>und</strong>ene<br />
High-Step-Steigsystem zur Verfügung, das mit zugehörigen Steigschuhen oder Steighilfen benutzt<br />
wird. Das Schienensystem kann wie die eingeführten Steigleitersysteme an Eckstielen,<br />
auf Mastwänden <strong>und</strong> im Innenraum von Freileitungsmasten montiert werden. <strong>Die</strong> Schiene<br />
dient gleichzeitig als Steigschutzeinrichtung <strong>und</strong> kann alternativ auch mit einer elektromotorisch<br />
betriebenen Befahreinrichtung benutzt werden.<br />
24
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Das System stellt den Schutz gegen Absturz, wie bei den bereits vorgestellten festen Führungen,<br />
durch eine Kombination mit PSAgA her. In der nachfolgenden Abbildung ist das zugehörige<br />
mitlaufende Auffanggerät zu erkennen, das mit dem Auffanggurt des Beschäftigten zu<br />
verbinden ist.<br />
Für ein Besteigen der Mastwände <strong>und</strong> Traversen muss das Steigsystem verlassen <strong>und</strong> auf eine<br />
andere Sicherungsmethode zurückgegriffen werden.<br />
Abb. 11: Detaildarstellung der Steigschuhe zum<br />
Einsatz am High-Step-Steigsystem. <strong>Die</strong> Steigschuhe<br />
werden vor Arbeitsbeginn an der Schiene<br />
montiert.<br />
Abb. 12: Auf einer Mastwand installiertes High-<br />
Step-Steigsystem. <strong>Die</strong> Schiene schließt gleichzeitig<br />
ein unzulässiges Besteigen des Mastes durch<br />
unbefugte Personen aus.<br />
Einsatz von Steigbolzen<br />
Steigbolzengänge [28] stellen die häufigste Ausführung von Zugangswegen an Freileitungen<br />
dar. In der Regel werden sie an Eckstielen durch zweiläufig übereinander angeordnete Steigbolzen<br />
realisiert. Auch der Einsatz von Steigbolzen an Hilfskonstruktionen, z. B. an Steigbäumen,<br />
die auf Mastwänden oder im Mastinneren verbaut werden, ist wiederholt anzutreffen.<br />
25
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Steigbolzengänge haben u. a. folgenden baulichen Anforderungen zu entsprechen:<br />
• <strong>Die</strong> beiden Ebenen mit Steigbolzen müssen einen Winkel von ≥ 90° bilden.<br />
• <strong>Die</strong> Auftrittstiefe zwischen Steigbolzenmitte <strong>und</strong> beliebigen Mastbauteilen muss unabhängig<br />
von der Einbauart ≥ 150 mm betragen.<br />
• Steigbolzen sollten gr<strong>und</strong>sätzlich einen gleichbleibenden Abstand von ≤ 333 mm aufweisen.<br />
• Steigbolzengänge sind an Masten mit r<strong>und</strong>em <strong>und</strong> vieleckigem Querschnitt bis zu einem<br />
Mastdurchmesser von 500 mm zulässig.<br />
• Zum Schutz gegen ein Abrutschen sind alle Steigbolzen am äußeren Rand mit einer Überhöhung<br />
auszuführen. Beispiele möglicher Gestaltungsformen können der folgenden Abbildung<br />
entnommen werden.<br />
<strong>Die</strong> alleinige Benutzung von Steigbolzengängen stellt keinesfalls eine Sicherungsmaßnahme<br />
gegen Absturz dar. Vielmehr erleichtert der Steigbolzengang lediglich die Besteigbarkeit der<br />
Maste. Steigbolzen mit einem Durchmesser von 24 mm haben weitgehende Verbreitung gef<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> tragen zu einem flexiblen Einbau unterschiedlicher Bauformen bei.<br />
Nicht alle Maste können dabei beliebig mit<br />
Steigbolzen ausgestattet oder nachgerüstet<br />
werden, insbesondere an Freileitungen der<br />
110 kV-Ebene lässt die statische Auslegung<br />
der Maste häufiger einen Einbau der Steigbolzen<br />
mit Bohrungen in den Eckstielen<br />
nicht zu.<br />
Abb. 13: Beispiele für die Ausführung von Steigbolzen<br />
gemäß <strong>BG</strong>R 140<br />
In solchen Fällen hat sich die Ausführung von<br />
Zugangswegen durch die Installation von<br />
Steigbäumen bewährt, die häufig als U-Profile<br />
mit montierten Steigbolzen ausgeführt<br />
sind. Dabei ist die Montage der Steigbäume<br />
am Eckstiel, auf der Mastwand oder im Mastinneren<br />
denkbar. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist auch eine<br />
Montage einzelner Steigbolzen über Klemmvorrichtungen<br />
an Mastbauteilen möglich.<br />
26
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Bitte beachten Sie: <strong>Die</strong> bisher vorgestellten Steigbolzen eignen sich in keinem Fall zur<br />
Schaffung eines Anschlagpunktes für den Einsatz von PSAgA! Sie sind lediglich als Steighilfe<br />
zum Auftreten durch eine Person für eine Einzellast von mindestens 1500 N bemessen.<br />
Abb. 14: Beispiel für eine Installation<br />
von Sicherheitssteigbolzen am<br />
Eckstiel eines Gittermastes<br />
Einsatz von Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung<br />
Doch wie so häufig <strong>–</strong> auch in diesem Fall gibt es eine Ausnahme. Seit den 90iger Jahren wurde<br />
ein Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung, auch Sicherheitssteigbolzen genannt, eingeführt.<br />
Das Produkt wurde in den vergangenen Jahren umfangreich in unserem Nachbarland Österreich<br />
im Bereich der 380 kV-Freileitungen eingesetzt <strong>und</strong> erprobt. Eine nennenswerte Verbreitung<br />
hat der Sicherheitssteigbolzen bislang in Deutschland jedoch nicht gef<strong>und</strong>en.<br />
<strong>Die</strong> spiralförmig ausgeführte Öse des Sicherheitssteigbolzens dient zur Aufnahme eines Sicherungsseils,<br />
das als Bestandteil eines kompletten Auffangsystems ein gesichertes Bestei-<br />
27
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
gen von Masten ermöglicht. Somit stellen Sicherheitssteigbolzen im Gegensatz zu den üblicherweise<br />
eingesetzten Steigbolzen Anschlagpunkte für den Einsatz von PSAgA dar. Eine<br />
bestmögliche Wirkung wird mit einer größstmöglichen Anzahl von Sicherungssteigbolzen erreicht.<br />
Da das System nur an einer Seite eines Steigbolzenganges oder eines Steigbaums verbaut<br />
werden kann <strong>–</strong> eine gradlinige Seilführung ist erforderlich <strong>–</strong> empfiehlt sich die Installation<br />
der Sicherheitssteigbolzen an jeder zweiten Position des Bolzenverlaufs auf einer Seite.<br />
Abb. 15: Prinzipdarstellung für die<br />
Ausführung eines Steigbolzens mit<br />
Sicherheitseinrichtung. <strong>Die</strong> Öffnung<br />
der gedrehten Öse muss nach oben<br />
gerichtet sein <strong>–</strong> die Höhe der Seitenbegrenzung<br />
liegt bei ≥ 50 mm.<br />
Hierdurch wird ein Abstand der Sicherheitssteigbolzen von ca. 4 x 333 = 1332 mm erreicht.<br />
Theoretisch ist im ungünstigsten Fall ein Teilabsturz über den doppelten Installationsabstand<br />
zu unterstellen, sofern der Beschäftigte unmittelbar vor dem erneuten Einlegen des Sicherungsseils<br />
von seinem Standort abrutscht. In der Vergangenheit sind jedoch keine Absturzunfälle<br />
bei der Verwendung dieses Sicherungssystems auffällig geworden.<br />
Sicherheitssteigbolzen bieten eine nahezu vollständige Wartungsfreiheit, eine fast beliebige<br />
Austauschbarkeit gegen bereits montierte Steigbolzen <strong>und</strong> können in der gesamten Mastkonstruktion,<br />
also auch in Traversen verbaut werden <strong>und</strong> hier als reine Anschlagpunkte zum<br />
Einsatz kommen. <strong>Die</strong> Sicherungsmethode erweist sich auch bei schlechten Witterungsbedingungen<br />
als zuverlässig. Vereisungsprobleme der beschriebenen Steigbolzen sind nicht bekannt.<br />
Selbstverständlich setzt die Installation von bzw. der Austausch durch Sicherheitssteigbolzen<br />
eine ausreichende statische Dimensionierung des jeweiligen Freileitungsmastes<br />
voraus.<br />
Das vollständige Konzept zum gesicherten Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf Masten unter<br />
Rückgriff auf Sicherheitssteigbolzen wird an einer späteren Stelle dieses Beitrags vorgestellt.<br />
28
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Anforderungen im Normenwerk für Zugangswege an Freileitungen<br />
Ab 2011 konnte ein Schlussstrich unter langjährige Diskussionen zur sicheren Gestaltung von<br />
Zugangswegen an Freileitungsmasten gezogen werden. Für Freileitungen [29] über AC 45 kV<br />
erhebt das Normenwerk in VDE 0210-3 die Anforderung zur Ausstattung von Stahlgittermasten<br />
mit Zugangswegen, die über technische Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz verfügen<br />
müssen. Dabei können die Zugangswege ausgeführt sein als:<br />
• Steigleitern<br />
• Steigbolzengänge oder<br />
• Steigeisengänge.<br />
An Stahlgittermasten mit mehreren Stromkreisen sind die Zugangswege an mindestens zwei<br />
sich gegenüberliegenden Eckstielen vorzusehen. Alternativ sieht die Norm die Realisierung<br />
der Zugangswege in folgender Form vor:<br />
• als Steigleiter innerhalb des Mastschaftes oder<br />
• als einzelner Steigbolzengang oder einzelne Steigleiter an Mastwänden senkrecht zum Leitungsverlauf.<br />
Für alle in der Norm vorgestellten Zugangswege sind folgende technische Einrichtungen zum<br />
Schutz gegen Absturz alternativ erforderlich:<br />
• Seilsicherungssysteme [30]<br />
• Profilschienensysteme [31]<br />
• Sicherheitssteigbolzen<br />
Selbstverständlich greifen die Forderungen der VDE 0210-3 ausschließlich für den Neubau<br />
von Freileitungen ab 2011. Nachrüstverpflichtungen jeglicher Art sind aus der Norm nicht ableitbar.<br />
Unsere Berufsgenossenschaft begrüßt die beschriebenen baulichen Anforderungen<br />
für <strong>neue</strong> Maste ausdrücklich, rät jedoch von gezielten flächendeckenden Nachrüstkampagnen<br />
ab. Mit Blick auf die niedrige Besteigehäufigkeit von Freileitungsmasten erscheint es<br />
sinnvoller, Masten im Rahmen umfangreicher Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen mit Zugangswegen<br />
nachzurüsten, die über technische Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz verfügen.<br />
29
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Wiederkehrende Prüfungen von Steigschutz- <strong>und</strong> anderen technischen Einrichtungen zur<br />
Benutzung mit PSAgA<br />
Ein ausreichender Schutz gegen Absturz bei der Benutzung von Steigschutzschienen, Drahtseilführungen,<br />
Sicherheitssteigbolzen <strong>und</strong> anderen technischen Einrichtungen zur Benutzung<br />
mit PSAgA setzt die ordnungsgemäß Montage des Systems am Mast sowie einen betriebssicheren<br />
Zustand zum Zeitpunkt der jeweiligen Benutzung voraus. Natürlich unterliegen<br />
auch die hier genannten Einrichtungen einer möglichen Beeinflussung, z. B. durch bauliche<br />
Veränderungen am Mast oder durch Witterungs- <strong>und</strong> Umgebungsbedingungen.<br />
Der sichere Betrieb setzt somit wiederkehrende Prüfungen der Einrichtungen voraus. In der<br />
jüngeren Vergangenheit wurde die formale Zuordnung der hier beschriebenen technischen<br />
Einrichtungen zu den persönlichen Schutzausrüstungen kontrovers diskutiert. Zweifellos<br />
handelt es sich bei Steigschutzschienen, Sicherheitssteigbolzen <strong>und</strong> Co. nicht um Produkte,<br />
die für die ausschließliche persönliche Benutzung an einzelne Beschäftigte übergeben <strong>und</strong><br />
von diesen auch alleine benutzt werden.<br />
Im Sinne einer „guten Funktion“ der PSAgA fordert die PSA-Benutzungsverordnung [32] vom<br />
Arbeitgeber die Durchführung diverser Maßnahmen <strong>–</strong> Regelungen zu wiederkehrenden Prüfungen<br />
<strong>und</strong> deren Zyklen sind in der Verordnung jedoch nicht enthalten.<br />
Darüber hinaus gehend sind PSAgA nach den Vorgaben des <strong>BG</strong>lichen Regelwerks [33] vom<br />
Unternehmer entsprechend den Einsatzbedingungen <strong>und</strong> den betrieblichen Verhältnissen<br />
nach Bedarf, mindestens jedoch alle 12 Monate, auf ihren einwandfreien Zustand durch<br />
einen Sachk<strong>und</strong>igen prüfen zu lassen.<br />
Freileitungsmaste sind das Musterbeispiel für bauliche Einrichtungen, die nur gelegentlich,<br />
z. T. nur in Zyklen von mehreren Jahren erneut bestiegen werden. Kurze Prüfzyklen der technischen<br />
Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz würden daher eine regelmäßige Besteigung<br />
aller Freileitungsmaste zum alleinigen Zwecke der wiederkehrenden Prüfung, z. B. von Steigschutzeinrichtungen<br />
bedingen. Im Extremfall wäre mit Absturzunfällen in Folge der Prüfungstätigkeiten<br />
zu rechnen. Das beschriebene Szenario steht somit einer Verbreitung technischer<br />
Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz kontraproduktiv entgegen.<br />
<strong>Die</strong> Fachwelt vertritt jedoch die Auffassung, dass es sich bei den hier beschriebenen Steigschutzeinrichtungen,<br />
Sicherheitssteigbolzen u. ä. nicht um PSAgA handelt, sondern vielmehr<br />
30
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
um fest mit baulichen Einrichtungen verb<strong>und</strong>ene Produkte. Für derartige Fälle sieht die <strong><strong>BG</strong>I</strong><br />
198 für Prüfungen eine Sonderregelung vor:<br />
„Abweichend von … hat der Unternehmer für die Benutzung von Steigschutzeinrichtungen<br />
<strong>und</strong> Anschlageinrichtungen, die an einer baulichen Anlage fest montiert<br />
sind, zu überprüfen, dass die letzte Sachk<strong>und</strong>igenprüfung nicht länger als<br />
ein Jahr zurückliegt, wenn nicht kürzere Fristen festgelegt sind.“<br />
Vertiefende Informationen zu den mit wiederkehrenden Prüfungen an Anschlageinrichtungen<br />
verb<strong>und</strong>enen Gesichtspunkten können sie in einer speziellen Präventionsleitlinie [34] der<br />
DGUV nachlesen.<br />
Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz<br />
Ist der Einsatz der bislang vorgestellten technischen<br />
Einrichtungen zum Schutz gegen<br />
Absturz oder auch deren kombinierter Einsatz<br />
mit PSAgA nicht möglich oder aus betriebstechnischen<br />
Gründen nicht sinnvoll,<br />
ist das Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf Freileitungen<br />
unter alleiniger Anwendung von<br />
PSAgA durchzuführen.<br />
Abb. 16: Prinzipdarstellung eines Auffangsystems<br />
mit Falldämpfer<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> stellt zahlreiche Beispiele<br />
zum Einsatz von PSAgA vor, kann damit jedoch<br />
den Unternehmer nicht von seiner generellen<br />
Verpflichtung zur Durchführung einer<br />
Gefährdungsbeurteilung befreien. Somit<br />
obliegt es dem Unternehmer, auf Basis seiner<br />
Ergebnisse der betriebsspezifischen<br />
Gefährdungsbeurteilungen die geeigneten<br />
PSAgA auszuwählen <strong>und</strong> seinen Beschäftigten<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
31
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong>ser Beitrag stellt auf den folgenden Seiten unterschiedliche Auffangsysteme <strong>und</strong> deren<br />
einzelne Komponenten vor. Dabei konzentrieren sich die Beispiele auf Lösungen, die an Freileitungen<br />
zum Einsatz kommen können. Detaillierte Bau- <strong>und</strong> Prüfanforderungen an einzelnen<br />
PSAgA sind in den europäisch harmonisierten Normen enthalten, auf die im Folgenden<br />
bei Bedarf verwiesen wird.<br />
Auffangsysteme<br />
Generell kommen PSAgA in einer Gesamtheit, dem sogenannten Auffangsystem zum Einsatz.<br />
Nur wenn alle Komponenten des Systems auf den Verwendungszweck <strong>und</strong> auf die persönlichen<br />
Bedürfnisse des Benutzers abgestimmt sind, darf von einer ordnungsgemäßen Funktion<br />
der eingesetzten PSAgA im Absturzfall ausgegangen werden.<br />
Abbildung 16 verdeutlicht die Zusammenwirkung einzelner PSAgA-Komponenten im Auffangsystem.<br />
Den zentralen Bestandteil im System stellt stets ein Auffanggurt dar, der über<br />
ein Verbindungsmittel mit einem Anschlagpunkt zu verbinden ist.<br />
Generell überschreiten bereits bei geringen Sturzhöhen die entstehenden Auffangkräfte im<br />
System die Belastungsfähigkeit des menschlichen Körpers, sodass jedes Auffangsystem<br />
über ein falldämpfendes Element verfügen muss.<br />
<strong>Die</strong> europäische Normung hat 6 kN als vertretbaren Grenzwert für Auffangkräfte festgelegt<br />
<strong>und</strong> entsprechende Anforderungen an das Dämpfungsvermögen von Falldämpfer [35] formuliert.<br />
Abb. 17 verdeutlicht die erheblichen Auffangkräfte ohne den Einsatz von Falldämpfern,<br />
die in Abhängigkeit des Gewichts der zu sichernden Person im Falle eines Absturzes auf den<br />
Körper einwirken. Der zulässige Grenzwert wird dabei bereits bei einem Absturz über ~ 0,5 m<br />
erreicht. Nochmals wird deutlich: am Einsatz eines Falldämpfers führt kein Weg vorbei.<br />
Mit dem in Abb. 16 bereits vorgestellten Auffangsystem, existieren insgesamt vier europäisch<br />
definierte Auffangsysteme:<br />
• Auffangsystem mit Falldämpfer<br />
• Auffangsystem mit mitlaufendem Auffanggerät einschließlich beweglicher Führung<br />
• Auffangsystem mit Höhensicherungsgerät<br />
• Auffangsystem mit mitlaufendem Auffanggerät einschließlich fester Führung<br />
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Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 17: Ohne Falldämpfer<br />
wird die zulässige<br />
Auffangkraft<br />
bereits bei einer Fallhöhe<br />
von 1 m deutlich<br />
überschritten.<br />
Auffangsysteme mit mitlaufendem Auffanggerät einschließlich beweglicher Führung<br />
haben an Freileitungen zwischenzeitlich einen großen Verbreitungsgrad gef<strong>und</strong>en. Hinter<br />
dem kompliziert erscheinenden Namensgebilde versteckt sich ein Auffanggurt, der über ein<br />
Verbindungsmittel mit dem sogenannten mitlaufenden Auffanggerät verb<strong>und</strong>en ist. Letzteres<br />
kann frei entlang einer beweglichen Führung bewegt werden. Bei den beweglichen Führungen<br />
handelt es sich in der Regel um geschlagene Seile oder um Kernmantelseile. Letztere finden<br />
mit Blick auf das Seilgewicht einen umso höheren Verbreitungsgrad, je höher die zu besteigenden<br />
Maste sind.<br />
<strong>Die</strong> Wirkungsweise des Systems ist insbesondere bei vertikalem Einsatz des Sicherungsseils<br />
gewährleistet. Bei der Personensicherung in Traversen besteht gr<strong>und</strong>sätzlich die Gefährdung<br />
einer unerwünschten „Schlaffseilbildung“, die im Einzelfall zu Abstürzen mit risikoreichen<br />
Fallhöhen führen kann.<br />
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Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 18: Prinzipdarstellung eines<br />
Auffangsystems mit einem mitlaufenden<br />
Auffanggerät einschließlich<br />
beweglicher Führung<br />
Auffangsysteme mit Höhensicherungsgerät<br />
ähneln vom Gr<strong>und</strong>aufbau einfachen Systemen mit Falldämpfer. Anstelle des Falldämpfers<br />
<strong>und</strong> des Verbindungsmittels erfolgt eine Verbindung zwischen dem Auffanggurt <strong>und</strong> dem Anschlagpunkt<br />
über ein Höhensicherungsgerät, das unmittelbar am Anschlagpunkt eingehängt<br />
wird <strong>und</strong> je nach Baugröße über ausziehbare Seile oder Bänder unterschiedlicher Längen<br />
verfügt.<br />
<strong>Die</strong> an dieser Stelle angesprochenen in den Auffangsystemen verbauten PSAgA-Komponenten<br />
werden im Verlauf dieses Beitrags noch näher vorgestellt. Der Gr<strong>und</strong>aufbau der Systeme<br />
ist im Einzelfall durch unterschiedliche PSAgA realisierbar <strong>–</strong> nicht jede Ausrüstung kann mit<br />
einer beliebig anderen kombiniert werden. Es ist jedoch gr<strong>und</strong>sätzlich möglich, PSAgA-Komponenten<br />
unterschiedlicher Hersteller miteinander zu kombinieren.<br />
Da im Einzelfall die Gefahr besteht, die Auffangeigenschaften der Auffangsysteme zu beeinträchtigen,<br />
sollte bei eigenständigen Konfigurationen in jedem Fall auf die Kenntnisse <strong>und</strong><br />
Erfahrungen der PSAgA-Hersteller zurückgegriffen werden.<br />
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Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 19: Prinzipdarstellung eines<br />
Auffangsystems mit Höhensicherungsgerät<br />
Für jedes Auffangsystem gilt: <strong>Die</strong> Komponenten sind so auszuwählen <strong>und</strong> einzusetzen, dass<br />
die Fallstrecke möglichst gering ist <strong>und</strong> ein Aufschlagen der abstürzenden Person auf den<br />
Boden oder auf Bauteile des Freileitungsmastes, z. B. eine unter dem Arbeitsplatz befindliche<br />
Traverse, ausgeschlossen ist. Befinden sich die Beschäftigten z. B. beim Auf-/Absteigen<br />
oder auch bei Arbeiten am Mastschaft, muss in Abhängigkeit des gewählten Auffangsystems<br />
mit Teilabstürzen gerechnet werden, die im Einzelfall aufgr<strong>und</strong> der vorliegenden Verbindungsmittellängen<br />
nicht vollständig auszuschließen sind. In Folge dieser Teilabstürze sind<br />
die zu erwartenden Verletzungsfolgen durch ein Anschlagen an die Mastbauteile, z. B. an<br />
Steigbolzen, mit in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.<br />
Nachfolgend stellt dieser Beitrag die Problemstellung „Auswahl von Anschlagpunkten <strong>und</strong> zu<br />
erwartende Absturzhöhen“ schematisch für alle vier Auffangsysteme anhand von Grafiken<br />
vor.<br />
Für alle Auffangsysteme gilt gleichermaßen: Der Anschlagpunkt ist stets höchstmöglich <strong>und</strong><br />
am besten direkt oberhalb der zu sichernden Person zu wählen. Zweifellos ist diese Wunschvorstellung<br />
nicht in allen praktischen Situationen realisierbar, z. B. bei Arbeiten an Traversenspitzen<br />
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Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Das im Auffangsystem mit Falldämpfer zum Einsatz kommende Verbindungsmittel darf eine<br />
Länge von 2 m (einschließlich Falldämpfer) niemals überschreiten. <strong>Die</strong>se Vorgabe basiert auf<br />
den Anforderungen der harmonisierten Normen [36] für PSAgA. <strong>Die</strong> PSAgA werden flächendeckend<br />
einer Baumusterprüfung unterzogen, die standardmäßig die besagte Verbindungsmittellänge<br />
vorgibt. Größere Verbindungsmittellängen können daher bei einem Absturz zu einem<br />
Versagen der PSAgA <strong>und</strong> damit zu einem tödlichen Absturzunfall führen.<br />
Abb. 20 verdeutlicht die Konsequenzen einer Sicherung an einem Anschlagpunkt auf der Höhe<br />
der Standfläche des Beschäftigten. <strong>Die</strong> Auffangöse des Auffanggurtes des Beschäftigten<br />
befindet sich in Höhe seiner Schulterblätter bei ~ 1,5 m. Im Absturzfall fällt der Versicherte<br />
somit ~ 3,5m nach unten. Hinzu kommt die Länge des aufreißenden Falldämpfers von bis zu<br />
1,25 m (Ein 0,5 m langer Falldämpfer kann auf ~ 1,75 m Länge aufreißen. [37]). <strong>Die</strong> gesamte<br />
Absturzhöhe beträgt somit ~ 4,75 m. Darüber hinaus reichen die Beine des Versicherten<br />
nochmals ~ 1,5 m nach unten. Bei zusätzlicher Berücksichtigung eines Sicherheitsabstandes<br />
von 1 m zum Boden muss sich der Arbeitsplatz auf einer Höhe von mindestens 5,75 m befinden,<br />
damit das vorgestellte Auffangsystem die von ihm erwartete Schutzfunktion auch gewährleisten<br />
kann.<br />
Abb. 20: Prinzipdarstellung der Fallstrecken<br />
bei einem Sturz in ein Auffangsystem<br />
mit Falldämpfer<br />
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Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
An dieser Stelle wird bereits deutlich, dass der Einsatz von PSAgA im unteren Bereich von<br />
Masten, also beim Masteinstieg ggf. keinen Schutz gegen Absturz bietet. <strong>Die</strong>se missliche Situation<br />
würde im dargestellten Beispiel nachhaltig verbessert, wenn der Anschlagpunkt<br />
oberhalb des Beschäftigten gewählt wird. <strong>Die</strong>s ist in der Regel auch beim Masteinstieg an<br />
Mastbauteilen möglich, die oberhalb des Beschäftigten liegen.<br />
Eine gleiche Betrachtung soll nun für den Einsatz eines Auffangsystems mit mitlaufendem<br />
Auffanggerät einschließlich beweglicher Führung erfolgen.<br />
Abb. 21 unterstellt eine vertikale Lage der beweglichen Führung. Hier liegt der klassische Einsatz<br />
eines Sicherungsseils zum Besteigen des Mastschaftes vor. Gemessen von der Position<br />
des mitlaufenden Auffanggerätes am Sicherungsseil beträgt der maximale Abstand zur rückseitigen<br />
Auffangöse des Auffanggurtes 1 m. <strong>Die</strong>ses Maß ergibt sich aus der nach Norm [38]<br />
festgelegten maximalen Länge des Verbindungsmittels zwischen mitlaufendem Auffanggerät<br />
<strong>und</strong> Auffanggurt.<br />
Ergänzend legt EN 353-2<br />
die maximale Fallstrecke auf<br />
L a ≤ 3 m fest. Dabei gilt<br />
2 x Länge<br />
des Verbindungsmittels<br />
+ Rutschstrecke des<br />
Auffanggerätes (max. 1 m)<br />
+ Aufreißstrecke des<br />
Falldämpfers<br />
= max. 3 m<br />
L a 3,00 m<br />
(max. Fallstrecke)<br />
Anschlageinrichtung<br />
Falldämpfer<br />
Falldämpfer (aufgerissen)<br />
bewegliche Führung<br />
Auffanggurt<br />
Verbindungsmittel<br />
Standplatz<br />
mitlaufendes Auffanggerät<br />
3,00 m<br />
Abb. 21: Prinzipdarstellung der<br />
Fallstrecken bei einem Sturz in<br />
ein Auffangsystem mit mitlaufendem<br />
Auffanggerät einschließlich<br />
beweglicher Führung<br />
Aufprallfläche<br />
1,00 m<br />
Sicherheitsabstand<br />
37
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Im ungünstigsten Fall stürzt der Beschäftigte also 3 m nach unten <strong>–</strong> seine Füße erreichen also<br />
ein Niveau 3 m unterhalb ihrer ursprünglichen Standfläche. Mit der Vorgabe eines Sicherheitsabstandes<br />
von 1 m muss ein Arbeitsplatz mindestens 4 m oberhalb einer Aufprallfläche<br />
oder -stelle liegen, wenn das hier beschriebene Auffangsystem sicher vor Absturzgefahren<br />
schützen soll.<br />
<strong>Die</strong>se Grenzbetrachtungen fallen beim Einsatz eines Höhensicherungsgerätes deutlich günstiger<br />
aus. Bei korrekter Verwendung des Höhensicherungsgerätes oberhalb des Beschäftigten<br />
liegen durch das ein- <strong>und</strong> ausziehbare Verbindungsmittel keine Gefährdungen durch<br />
„Schlaffseilbildung“ vor.<br />
Mit der normativen Vorgabe [39] einer maximal zulässigen Auffangstrecke von 2 m stürzt eine<br />
Person somit 2 m nach unten <strong>–</strong> ihre Füße erreichen also ein Niveau von 2 m unterhalb ihrer<br />
ursprünglichen Standfläche. Mit dem zu berücksichtigenden Sicherheitsabstand von 1 m<br />
muss der Aufenthaltort am Mast mindestens 3 m oberhalb einer Aufprallfläche oder -stelle<br />
liegen, wenn ein Auffangsystem mit Höhensicherungsgerät sicher vor Absturzgefahren schützen<br />
soll.<br />
Anschlageinrichtung<br />
Höhensicherungsgerät<br />
ein- u. ausziehbares<br />
Verbindungsmittel<br />
Auffanggurt<br />
2,00 m<br />
(max. zulässige<br />
Auffangstrecke)<br />
Standplatz<br />
Abb. 22: Prinzipdarstellung der<br />
Fallstrecken bei einem Sturz in<br />
ein Auffangsystem mit Höhensicherungsgerät<br />
Aufprallfläche<br />
2,00 m<br />
3,00 m<br />
1,00 m Sicherheitsabstand<br />
38
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Auffangsysteme mit mitlaufendem Auffanggerät einschließlich fester Führung<br />
wurden bereits teilweise in diesem Beitrag unter dem Aspekt der technischen Einrichtungen<br />
zum Schutz gegen Absturz vorgestellt. Das Konzept des Auffangsystems, das ein möglichst<br />
kurzes Verbindungsmittel zwischen Auffanggurt <strong>und</strong> mitlaufendem Auffanggerät vorsieht, ermöglicht<br />
eine extrem kurze Auffangstrecke von max. 1 m. Unter Berücksichtigung des bei allen<br />
Auffangsystemen eingerechneten Sicherheitsabstandes von 1 m zur möglichen Aufprallfläche,<br />
sorgt das zuletzt vorgestellte Auffangsystem bereits bei Standhöhen von 2 m für einen<br />
zuverlässigen Schutz gegen Absturz.<br />
Endsicherung<br />
feste Führung<br />
(hier: Steigschutzschiene)<br />
Auffanggurt<br />
mitlaufendes Auffanggerät<br />
Steigschutzöse<br />
Endsicherung<br />
u. Einführstelle<br />
Aufprallfläche<br />
1,00 m max. zulässige Auffangstrecke<br />
1,00 m Sicherheitsabstand<br />
Abb. 23: Prinzipdarstellung<br />
der<br />
Fallstrecken bei<br />
einem Sturz in ein<br />
mitlaufendes Auffanggerät<br />
einschließlich<br />
fester<br />
Führung<br />
<strong>Die</strong> beschriebenen Anforderungen gelten gleichermaßen für feste Führungen in Form von<br />
Schienensystemen <strong>und</strong> für Drahtseilsysteme. Während Auffanggeräte an Drahtseilsystemen<br />
im Absturzfall stets kraftschlüssig an der gespannten Seilführung blockieren, wird dies an<br />
Schienensystemen, abhängig von der Bauart, formschlüssig oder auch kraftschlüssig erreicht.<br />
39
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Eine gängige Bauform eines Schienensystems für formschlüssige Blockiervorgänge stellt das<br />
nachfolgende Bildbeispiel vor. Deutlich sind die in regelmäßigen Abständen eingebrachten<br />
Aussparungen zu erkennen, in die der Auffangriegel des mitlaufenden Auffanggerätes eingreift.<br />
Der federbelastete Auffangriegel muss für einen ungestörten Lauf des Auffanggerätes in der<br />
Schiene vom Benutzer über eine Zugkraft auf das Verbindungsmittel entriegelt werden. Im<br />
Sinne eines größtmöglichen Komforts für den Benutzer ist daher eine richtige Auswahl <strong>und</strong><br />
Einstellung des Auffanggurtes auf den Beschäftigten wesentlich.<br />
Abb. 24: Beispiel einer zweiholmigen Steigleiter<br />
mit integrierter Steigschutzschiene für formschlüssig<br />
wirkende Auffanggeräte. Das mitlaufende<br />
Auffanggerät kann über eine schwenkbare<br />
Weiche in die Führung eingebracht werden.<br />
Abb. 25: Beispiel einer einholmigen Steigleiter<br />
mit integriertem kraftschlüssig wirkenden Auffanggerät.<br />
Über eine Weiche ist die vertikale<br />
Steigschutzschiene mit einer horizontal angeordneten<br />
verb<strong>und</strong>en. <strong>Die</strong> Sicherung komplexer<br />
Zugangswege ist möglich.<br />
Kraftschlüssig wirkende Auffanggeräte erzeugen die erforderliche Blockierung im Absturzfall<br />
durch auf das Schienensystem eingebrachte Klemmkräfte. Auch für ihren reibungslosen Lauf<br />
auf der Schiene muss der Klemmmechanismus durch Zugkräfte vom Beschäftigten freigegeben<br />
werden. <strong>Die</strong> Anforderungen an einen passenden Auffanggurt ergeben sich im gleichen<br />
Umfang wie für formschlüssig wirkende Auffanggeräte.<br />
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Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Komponenten von Auffangsystemen<br />
Im Folgenden stellt der Beitrag die wesentlichen Bestandteile der verschiedenen Auffangsysteme<br />
vor. Eine Reihe beispielhafter Abbildungen gibt einen Überblick der aktuellen, auch für<br />
den Einsatz an Freileitungen geeigneten PSAgA.<br />
Auffanggurte<br />
Auffanggurte [40] sind das zentrale Element <strong>und</strong> die unmittelbar auf den Körper der Beschäftigten<br />
einwirkende PSAgA des kompletten Auffangsystems. Für den Einsatz an Freileitungen<br />
existiert eine Reihe von Anforderungen, deren Berücksichtigung die sichere <strong>und</strong> dabei komfortable<br />
Nutzung von Auffanggurten gewährleistet.<br />
Gemäß <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> sind Auffanggurte auszuwählen <strong>und</strong> einzusetzen, die den unterschiedlichen<br />
Anwendungsbedingungen beim Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf sowie Retten von Freileitungen<br />
gerecht werden. <strong>Die</strong>s ist z. B. gewährleistet, wenn die Auffanggurte folgende Ausstattungsmerkmale<br />
aufweisen:<br />
• eine hintere <strong>und</strong> ggf. vordere Auffangöse<br />
• ggf. eine Steigschutzöse<br />
• zwei seitliche Halteösen<br />
• eine Rückstütze <strong>und</strong><br />
• Befestigungsmöglichkeiten für Werkzeuge etc.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich empfiehlt sich die Ausstattung mit zwei Auffangösen. In Abhängigkeit der<br />
durchzuführenden Arbeit kann die Sicherung entweder an der brust- oder auch rückenseitigen<br />
Auffangöse von Vorteil sein. <strong>Die</strong> richtige Auswahl der Auffangöse vermeidet Behinderungen<br />
im Greifbereich des Beschäftigten durch das Verbindungsmittel.<br />
<strong>Die</strong> Ausstattung des Gurtes mit einer Steigschutzöse erleichtert das Besteigen von Masten<br />
unter Verwendung mitlaufender Auffanggeräte an festen Führungen. Einzelne Auffanggurte<br />
sind auch für den Einsatz an festen Führungen unter Verwendung der vorderen Auffangöse<br />
vorgesehen. In jedem Fall sind die Hinweise zur bestimmungsgemäßen Benutzung seitens<br />
des Herstellers zu berücksichtigen.<br />
41
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 26: Beispiel für einen Auffanggurt mit rück- <strong>und</strong> brustseitiger Anschlagöse. Darüber hinaus weist<br />
der Gurt zwei seitliche Halteösen sowie eine Steigschutzöse auf. Der Bauchgurt verfügt über eine ausgeprägte<br />
Rückenstütze.<br />
Rückenstützen sind insbesondere für die Durchführung von Arbeiten auf Freileitungen unabdingbar.<br />
Häufig benötigen die Beschäftigten beide Hände für anstehende Montagearbeiten <strong>–</strong><br />
die Positionierung erfolgt dann am Arbeitsplatz über das Halteseil (siehe auch Abb. 30). In<br />
dieser Situation ist eine gute Unterstützung durch die Rückenstütze des Auffanggurtes gefragt.<br />
Spätestens in der Arbeitssituation wird deutlich, ob der Gurt richtig ausgewählt <strong>und</strong> individuell<br />
angelegt wurde. Als Richtwert kann dienen: Passen unter die einzelnen Gurte jeweils nur<br />
die Finger einer Hand, ist der Auffanggurt straff genug angelegt. Natürlich besteht die Versuchung<br />
des einzelnen Benutzers, den Gurt so bequem wie möglich anzulegen. Besteht die<br />
Bequemlichkeit jedoch in der Lockerheit der Gurte, können die Konsequenzen im Fall eines<br />
Absturzes erheblich sein. Erhöhte Belastungen im Bereich der Beingurte sind „vorprogrammiert“,<br />
ungünstige Bewegungsabläufe mit z. T. erhöhten Beschleunigungswerten im Nacken-<br />
42
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 27: Beispiel einer weiteren Bauform eines Auffanggurtes. Zahlreiche Gurtbänder gestatten vielfältige<br />
Anpassungsmöglichkeiten.<br />
wirbelbereich können auftreten. Im Extremfall ist ein Hinausstürzen der abgestürzten Person<br />
aus dem Gurt denkbar. In jedem Fall verschlechtert sich die Hängeposition der abgestürzten<br />
Person.<br />
Zahlreiche Hersteller bieten eine Vielzahl von Auffanggurten, auch mit Blick auf die Verwendung<br />
für das Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf Freileitungen an. Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es nicht<br />
den einen idealen Gurt. Auch das optische Erscheinungsbild mag im Einzelfall über die Eignung<br />
für den einzelnen Benutzer hinwegtäuschen.<br />
Somit ist es durchaus mit einem gewissen Aufwand für die an Freileitungen tätigen Unternehmen<br />
verb<strong>und</strong>en, die für die speziellen Bedürfnisse erforderlichen Auffanggurte auszuwählen.<br />
Auch wenn die individuellen Wünsche jedes einzelnen Beschäftigten natürlich nicht berücksichtigt<br />
werden können, ist es jedoch ratsam, die Erfahrungen <strong>und</strong> Bedürfnisse der Mit-<br />
43
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
arbeiter bei der Gurtauswahl nicht außer Acht zu lassen. Folgende Aspekte bei der Gurtauswahl<br />
<strong>und</strong> -beschaffung haben sich bewährt:<br />
• Erstellung eines Anforderungsprofils an die Gurte für den Hersteller oder Händler<br />
• Anforderung von „Probegurten“<br />
• Einbindung der Beschäftigten in die Auswahl<br />
• Durchführung von Hängeversuchen mit den Beschäftigten<br />
• Ggf. Beschaffung von zwei oder drei unterschiedlichen Auffanggurt-Modellen<br />
Abb. 29: Beispiel einer Hängesituation an der rückenseitigen<br />
Auffangöse des Auffanggurtes. <strong>Die</strong><br />
Hängeposition erschwert die Befestigung einer<br />
Hängeschlaufe am Verbindungsmittel.<br />
Abb. 28: Beispiel für eine Ausstattung eines Auffanggurtes<br />
mit „System-Klick-Verschlüssen“. <strong>Die</strong><br />
Verschlüsse ermöglichen eine optimale Voreinstellung<br />
der einzelnen Gurtlängen <strong>und</strong> fördern das<br />
schnelle <strong>und</strong> fachgerechte Anlegen des Gurtes.<br />
Auffanggurte sind der zentrale Bestandteil der persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz.<br />
Werden sie als tatsächlich persönliche Ausrüstung durch den einzelnen Beschäftigten<br />
wahrgenommen, ist die Basis für eine fachgerechte <strong>und</strong> sorgfältige Benutzung durch den<br />
44
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Mitarbeiter gelegt. <strong>Die</strong>se positive Einstellung wirkt sich automatisch auf alle zum Einsatz<br />
kommenden PSAgA-Komponenten aus.<br />
Generell gilt: Abgestürzte Personen fühlen sich in Hängeposition an der brustseitigen Auffangöse<br />
wohler. Der Blick des Abgestürzten richtet sich Vertrauen fördernd auf das Auffangsystem,<br />
der unmittelbare Blick in die Tiefe ist vermieden.<br />
Gleichzeitig wird die aktive Unterstützung des Abgestürzten im Rahmen einer Rettung erleichtert.<br />
Während der Hängephase kann der Beschäftigte das Verbindungsmittel erreichen<br />
<strong>und</strong> z. B. eine Hängeschlaufe zu seiner Entlastung befestigen.<br />
Ein Großteil der am Markt angebotenen Auffanggurte verfügt auch über Halteösen, die bei<br />
korrekt angelegten Gurten seitlich in der Höhe des Beckens des Benutzers angeordnet sind.<br />
Halteösen kommen an Freileitungen stets zur zweisträngigen Positionierung des Beschäftigten<br />
im Arbeitsbereich zum Einsatz. Hierbei wird das Halteseil von einer Öse um einen Haltepunkt,<br />
der ein beliebiges tragfähiges Mastbauteil sein kann, geschlungen <strong>und</strong> mit der zweiten<br />
Halteöse verb<strong>und</strong>en. Durch diese Fixierung ist es den Beschäftigten auf Masten möglich,<br />
mit beiden Händen ihrer Montagetätigkeit nachzukommen.<br />
Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen:<br />
Eine zweisträngige Positionierung<br />
am Arbeitsplatz stellt keine Sicherung<br />
gegen Absturz da!<br />
Auffanggurte dürfen in Haltefunktion nur dann benutzt werden, wenn der Mitarbeiter gleichzeitig<br />
in der Auffangfunktion gesichert ist. Hierzu muss die Auffangöse des Gurtes mit einem<br />
Anschlagpunkt am Mast verb<strong>und</strong>en sein. Eine Sicherung auf Zugangswegen von Freileitungen<br />
ist also durch den alleinigen Einsatz von Auffanggurten in der Haltefunktion nicht möglich.<br />
Abstürze in Auffanggurte, bei denen vermeintlich zum Schutz gegen Absturz das Verbindungsmittel<br />
mit einer Halteöse verb<strong>und</strong>en wird, können zu schwerwiegenden Verletzungen<br />
der Wirbelsäule führen. Insbesondere die durch den Fangstoß eingeleiteten Rotationsbewegungen<br />
des Körpers können schwerste Verletzungen im Halswirbelsäulenbereich, ggf. mit Todesfolge<br />
hervorrufen.<br />
45
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Auffanggurte sollten ebenfalls über Befestigungsmöglichkeiten<br />
für Werkzeugtaschen<br />
verfügen, die den Transport der Handwerkzeuge<br />
<strong>und</strong> von Kleinteilen deutlich erleichtern.<br />
Selbstverständlich ist der Transport<br />
größerer <strong>und</strong> schwererer Bauteile nicht zulässig<br />
<strong>–</strong> dies gilt ebenfalls für Bauteile, die<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer Größe Gefährdungen durch<br />
Windeinwirkungen hervorrufen können.<br />
Abb. 30: Positionierung an einem Mastbauteil einer<br />
Freileitung. Das zweisträngige Anschlagen ersetzt<br />
keine Sicherung gegen Absturz. Im rechten<br />
Bildrand verläuft die Absturzsicherung mit Verbindungsmittel<br />
<strong>und</strong> Falldämpfer zur hinteren Auffangöse<br />
des Auffanggurtes.<br />
<strong>Die</strong> nachfolgend vorgestellten Halteseile kommen in direktem Zusammenwirken mit der Rückenstütze<br />
zum Einsatz <strong>und</strong> ermöglichen das Positionieren am Arbeitsplatz.<br />
Abb. 31: Beispiel eines Halteseils mit Längenverstellung.<br />
Das speziell ausgeführte Verbindungsmittel<br />
ist für die Dauerbefestigung des Seils an der<br />
einen, der Karabinerhaken zum Einklicken an der<br />
anderen Halteöse des Auffanggurtes vorgesehen.<br />
Abb. 32: Beispiel für ein Halteseil aus Stahldraht<br />
mit Längenverstellung<br />
46
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Halteseile unterliegen in Abhängigkeit ihrer Gebrauchshäufigkeit einem nennenswerten Verschleiß<br />
<strong>–</strong> das Scheuern entlang der zum Teil sehr rauen Gittermastprofile führt zu einer Abnutzung<br />
der Seiloberfläche. Es ist daher mit einem häufigeren Austausch von Halteseilen zu<br />
rechnen. <strong>Die</strong> Seile sind ausschließlich mit sogenannten Seilkürzern zu verwenden, die eine<br />
exakte Positionierung am Arbeitsplatz durch die Längenverstellung des Seils ermöglichen.<br />
Gebräuchliche Halteseile bestehen aus gedrehten Chemiefaserseilen oder aus Kernmantelseilen.<br />
In der Vergangenheit mussten vereinzelt Unfälle beklagt werden, bei denen Beschäftigte<br />
bei der Durchführung von Schweiß- oder Trennschleifarbeiten ihre Halteseile durchtrennten<br />
<strong>und</strong> in Folge abstürzten. Hätte zu diesem Zeitpunkt eine korrekte Sicherung gegen<br />
Absturz über die Auffangöse des Auffanggurtes bestanden, hätten die Unfälle vermieden<br />
werden können.<br />
Um dennoch einer Gefährdung durch ein Zertrennen der Halteseile entgegenzuwirken, kann<br />
z. B. auf Ausführungen aus Stahldraht zurückgegriffen werden.<br />
Der Beschäftigte wählt in Abhängigkeit ob er Rechts- oder Linkshänder ist, eine Halteöse seines<br />
Auffanggurtes als „Dauerbefestigung“ für sein Halteseil aus. An dieser Halteöse darf es<br />
zu keinem unbeabsichtigten Lösen des Halteseils kommen <strong>–</strong> der Einsatz von dreifach verriegelten<br />
Karabinern als Verbindungselement erscheint an dieser Stelle empfehlenswert. Das<br />
Verbindungselement an der anderen Seite des Halteseils muss hingegen ein häufiges Ein<strong>und</strong><br />
Ausklinken, i. d. R. unter Verwendung eines Handschuhs, an der zweiten Halteöse des<br />
Auffanggurtes ermöglichen. Für diese Aufgabe empfehlen sich zweifach gesicherte Karabiner.<br />
Verbindungsmittel<br />
Verbindungsmittel [41] verbinden den Auffanggurt mit einem Anschlagpunkt oder mit einer<br />
beweglichen Führung. Sie dürfen aus einem Chemiefaserseil, Drahtseil, einem Gurtband<br />
oder einer Kette bestehen. Zu den gängigen Verbindungsmitteln [42] zählen:<br />
• Gedrehte Seile mit 12 mm Durchmesser<br />
• Kernmantelseile mit 11 <strong>–</strong> 14 mm Durchmesser <strong>und</strong><br />
• Gurtbänder mit einer Breite von 27 mm.<br />
47
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Verbindungsmittel müssen geeignete Endverbindungen aufweisen <strong>und</strong> dürfen einschließlich<br />
des Falldämpfers <strong>und</strong> der Endverbindungen, z. B. Verbindungselemente oder Schlaufen,<br />
nicht länger als 2 m sein. Selbstverständlich gelten diese Anforderungen auch für längenverstellbare<br />
Verbindungsmittel.<br />
Aus textilem Werkstoff bestehende Verbindungsmittel oder deren Einzelteile müssen für eine<br />
statische Belastbarkeit von ≥ 22 kN ausgelegt sein. <strong>Die</strong>s gilt auch für textile Endverbindungen.<br />
Eine statische Belastbarkeit von ≥ 15 kN wird für vollständig aus metallischen Werkstoffen<br />
bestehende Verbindungsmittel im Normenwerk eingefordert. Verbindungsmittel dürfen<br />
nicht geknotet werden, da dies zu einer erheblichen Verringerung der Tragfähigkeit führt.<br />
Ist mit Blick auf die Einsatzbedingungen bei Arbeiten an<br />
Freileitungen von einer größeren Verschmutzung <strong>und</strong> höheren<br />
Belastung durch UV-Strahlung auszugehen, empfiehlt<br />
sich der Einsatz von Verbindungsmitteln aus geflochtenen<br />
Seilen (Kernmantelseilen). Der Mantel von<br />
Kernmantelseilen übernimmt dabei einen wesentlichen<br />
Schutz des überwiegend tragenden Kerns des Seils.<br />
Abb. 33: Beispiel eines Verbindungsmittels mit integriertem<br />
Falldämpfer. <strong>Die</strong> Gesamtlänge darf 2 m einschließlich der Baulänge<br />
der Karabinerhaken nicht überschreiten. Der große Rohrhaken<br />
gestattet ein Einhängen in zahlreiche Metallprofile.<br />
Mit Blick auf die zulässige Gesamtlänge von Verbindungsmitteln mit ≤ 2 m wäre bei der Wahl<br />
eines Anschlagpunktes auf Fußhöhe auch an Freileitungen ein Übersteigen des Anschlagpunktes<br />
denkbar. Im ungünstigsten Fall ist daher ein Absturz über eine Höhe von 4 m (2 x Verbindungsmittellänge)<br />
möglich.<br />
Generell ist zu berücksichtigen, dass Verbindungsmittel herstellerseitig auf diese maximale<br />
Fallhöhe ausgelegt sind <strong>und</strong> im Rahmen des Inverkehrbringens durch eine Baumusterprüfung<br />
die Eignung für die besagte Fallhöhe nachzuweisen ist. Bei größeren Fallhöhen kann<br />
daher die zuverlässige Funktion der PSA nicht mehr unterstellt werden. Daher sind Verlängerungen<br />
des Verbindungsmittels jeder Art generell unzulässig <strong>und</strong> können zu einer tödlichen<br />
Gefahr der vermeintlich gesicherten Person führen. <strong>Die</strong>s gilt auch für Verbindungsmittel mit<br />
energieabsorbierenden Eigenschaften.<br />
48
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 34: Beispiel für ein Verbindungsmittel mit<br />
energieabsorbierenden Eigenschaften<br />
Einzelne Verbindungsmittel ermöglichen keine gesicherten Besteigevorgänge an Freileitungen.<br />
Sie können ausschließlich zur Sicherung gegen Absturz an einzelnen Arbeitsplätzen auf<br />
Masten zum Einsatz kommen oder dienen der Sicherung während eines Wechsels zwischen<br />
vertikalen <strong>und</strong> horizontalen Sicherungssystemen z. B. beim Übersteigen vom Mastschaft in<br />
die Traverse. Da es sich bei dem bereits beschriebenen Einsatz von Halteseilen nicht um Absturzsicherungen<br />
handelt, ist auch ein Besteigen von Masten unter wechselndem Einsatz<br />
des Halteseils <strong>und</strong> eines Verbindungsmittels als Absturzsicherung generell nicht erlaubt.<br />
Abb. 35: Beispiel eines zweisträngigen Verbindungsmittels<br />
(Y-Bauform) mit integriertem Falldämpfer<br />
Zweisträngige Verbindungsmittel („Y-Seile“) müssen ebenfalls den zuvor beschriebenen Anforderungen<br />
genügen. Sie gestatten die wechselseitige Sicherung über jeweils einen Rohrhaken<br />
<strong>und</strong> können daher auch zum Besteigen von Freileitungen zum Einsatz kommen. <strong>Die</strong> Hersteller<br />
bieten Produkte mit zwei getrennten oder einem einzelnen Falldämpfer an. Selbstverständlich<br />
kann die beschriebene Verwendung zum Besteigen von Masten auch durch den<br />
gleichzeitigen Einsatz zweier einzelner Verbindungsmittel erreicht werden.<br />
49
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> in einem noch folgenden Abschnitt vorzustellende Y-Methode zum Besteigen von Freileitungen<br />
erfordert natürlich eine Vielzahl von Einhänge- <strong>und</strong> Öffnungsvorgängen der Karabiner.<br />
<strong>Die</strong> Methode ist somit nur bedingt für das Besteigen höherer Freileitungsmaste geeignet. Da<br />
bei der Benutzung des Y-Seils Anschlagpunkte an den Konstruktionselementen der Maste zu<br />
wählen sind, kommen in der Regel Rohrhaken zum Einsatz, die ein Einhängen der Absturzsicherung<br />
auch in größere Metallprofile gestatten.<br />
Durch ein wiederholtes Ein- <strong>und</strong> Aushängen<br />
an Mastbauteilen können Behinderungen<br />
durch ein Verdrehen des Verbindungsmittels<br />
entstehen. Hier empfiehlt sich der Einsatz eines<br />
ausgleichenden Wirbelglieds am Karabiner,<br />
der in die Auffangöse des Gurtes eingehängt<br />
wird.<br />
Abb. 36: Beispiel für den Einsatz eines fest integrierten<br />
Wirbelglieds in einem Verbindungsmittel<br />
Mitlaufende Auffanggeräte einschließlich beweglicher Führung<br />
Mitlaufende Auffanggeräte [43] bilden mit<br />
der vom Hersteller mitgelieferten beweglichen<br />
Führung als Chemiefaser- oder Drahtseil<br />
stets eine verwendungsfertige Einheit.<br />
Ausschließlich die vom Hersteller vorgesehene<br />
Kombination der beiden Komponenten<br />
wurde einer erfolgreichen Baumusterprüfung<br />
unterzogen <strong>und</strong> hat damit ihre Eignung<br />
für eine ausreichende Schutzwirkung gegen<br />
Absturz nachgewiesen.<br />
Im Umkehrschluss bedeutet dies für die Praxis,<br />
dass ein Auffanggerät für Kernmantelseile<br />
von 12 mm Durchmesser nicht mit beliebigen<br />
Seilen dieses Durchmessers kombiniert<br />
Abb. 37: Beispiel eines fest mit der beweglichen<br />
Führung verb<strong>und</strong>enen mitlaufenden Auffanggerätes<br />
50
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
werden darf, auch nicht mit beliebigen Seilen desselben Herstellers. Ebenfalls dürfen nur die<br />
vom Hersteller vorgesehenen Verbindungsmittel als Zwischenverbindung zwischen dem Auffanggurt<br />
<strong>und</strong> dem Auffanggerät zum Einsatz kommen.<br />
Gleiches gilt für den Einsatz von Falldämpfern in einem Auffangsystem aus einem mitlaufenden<br />
Auffanggerät einschließlich beweglicher Führung. <strong>Die</strong> Falldämpfung des Auffangsystems<br />
kann herstellerspezifisch sehr unterschiedlich realisiert sein, z. B.:<br />
• <strong>Die</strong> bewegliche Führung ist anschlagpunktseitig mit einem Falldämpfer ausgeführt.<br />
• Ein Falldämpfer ist in das Verbindungsmittel zwischen mitlaufendem Auffanggerät <strong>und</strong> Auffanggurt<br />
integriert.<br />
• Das Auffanggerät dämpft die Fallenergie durch Rutschen auf der beweglichen Führung.<br />
Es ist daher zwingend erforderlich, mitlaufende<br />
Auffanggeräte einschließlich beweglicher<br />
Führung ausschließlich in der vom jeweiligen<br />
Hersteller vorgesehen Konstellation<br />
einzusetzen. Jeder Austausch der Bestandteile<br />
durch nicht baugleiche Produkte oder<br />
Veränderungen im Zusammenspiel der Komponenten<br />
können zu einer erheblichen Leistungsminderung,<br />
insbesondere zu veränderten<br />
Dämpfungseigenschaften des Auffangsystems<br />
führen.<br />
Abb. 38: Einsatzbeispiel für ein Auffangsystem<br />
mit mitlaufendem Auffanggerät an beweglicher<br />
Führung beim Besteigen eines Gittermastes<br />
<strong>Die</strong> Länge des Verbindungsmittels zwischen mitlaufendem Auffanggerät <strong>und</strong> der Auffangöse<br />
des Auffanggurtes darf höchstens 1 m betragen. Dabei versteht sich die Länge des Verbindungsmittels<br />
inklusive der Länge eines möglichen Falldämpfers <strong>und</strong> der Verbindungsmittel<br />
(Karabiner). Abb. 38 verdeutlicht, dass sich aus der Verbindungsmittellänge von ≤ 1 m lediglich<br />
eine Fallstrecke von 2 m ergibt, sofern das Sicherungsseil vertikal beim Besteigen von<br />
Freileitungsmasten zum Einsatz kommt.<br />
51
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> maximale Fallstrecke von ≤ 3 m muss bei aufreißenden Falldämpfern <strong>und</strong> auf dem Seil<br />
rutschenden Auffanggeräten stets eingehalten werden (siehe auch Abb. 21).<br />
Bewegliche Führungen sind am freien Ende mit einer Seilendsicherung versehen, die ein<br />
Trennen des Auffanggerätes von der Führung verhindert, <strong>und</strong> häufig als gesicherter Knoten<br />
ausgeführt ist.<br />
Mitlaufende Auffanggeräte stehen auch als zu öffnende Konstruktionen zur Verfügung, die<br />
ein Aufsetzen <strong>und</strong> Lösen an beliebiger Stelle der beweglichen Führung gestatten. Da die<br />
Sicherungsfunktion der Auffanggeräte nur in einer Laufrichtung sichergestellt ist, muss das<br />
Auffanggerät entsprechend aufgesetzt werden.<br />
Um Verwechselungen möglichst auszuschließen,<br />
fordert die Norm eine Kennzeichnung<br />
des Auffanggerätes mit einem Pfeil in<br />
Richtung des Anschlagpunktes.<br />
Abb. 39: Produktbeispiel für ein mitlaufendes<br />
Auffanggerät an beweglicher Führung. Das Auffanggerät<br />
ist öffenbar ausgeführt <strong>und</strong> gestattet<br />
ein Lösen von der beweglichen Führung an beliebiger<br />
Stelle, z. B. beim Übersteigen vom Mastschaft<br />
in die Traverse.<br />
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die bewegliche Führung, also das Sicherungsseil noch<br />
nicht ausgezogen <strong>und</strong> die Richtung des Seils zum Anschlagpunkt nicht eindeutig feststeht.<br />
<strong>Die</strong>s ist z. B. bei Arbeiten auf Dachflächen möglich, bei denen längere Sicherungsseile auf<br />
einem Haufen liegen. Das Aufsetzen des mitlaufenden Auffanggerätes erfordert hier besondere<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Werden bewegliche Führungen horizontal eingesetzt, besteht immer die Gefahr einer unzulässigen<br />
Verlängerung des eigentlichen Verbindungsmittels. Daher ist vor jeder horizontalen<br />
Verwendung mit dem PSA-Hersteller abzuklären, ob eine entsprechende Verwendung zulässig<br />
<strong>und</strong> in welchem Rahmen möglich ist.<br />
52
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 40 stellt eine klassische Situation in einer Traverse eines Gittermastes vor. In beiden<br />
dargestellten Fällen sind die Beschäftigten durch die unzulässige Verlängerung des Verbindungsmittels<br />
nicht ausreichend gegen Absturz geschützt. Es ist daher davon abzuraten, Traversen<br />
unter Benutzung eines mitlaufenden Auffanggerätes an beweglicher Führung ohne<br />
die zusätzliche Schaffung von Zwischenanschlagpunkten, z. B. über Bandschlaufen, zu begehen.<br />
Das Auffangsystem ist wiederum geeignet, das Mastsystem vertikal zu verlassen, z. B.<br />
im Rahmen von Instandsetzungsarbeiten an Isolatoren.<br />
Abb. 40: <strong>Die</strong> Gefahr<br />
eines Absturzes in den<br />
freien Raum mit einer<br />
nicht zulässigen Fallhöhe<br />
besteht immer,<br />
wenn bewegliche Führungen<br />
horizontal <strong>–</strong><br />
hier auf einer Gittermasttraverse<br />
<strong>–</strong> zum<br />
Einsatz kommen.<br />
Falldämpfer<br />
<strong>Die</strong> im Falle eines Absturzes durch die PSAgA ausgelösten Fangstoßkräfte sind ohne zusätzliche<br />
Dämpfungsmaßnahmen für den menschlichen Körper nicht verträglich. Im Rahmen der<br />
europäischen Normung wurde einvernehmlich geregelt, dass die Fangstoßkräfte einen Wert<br />
von 6 kN nicht überschreiten dürfen. <strong>Die</strong> Verwendung von Falldämpfern (falldämpfenden<br />
Bauteilen), die eine Überschreitung dieser maximalen Fangstoßkraft sicher ausschließen,<br />
ist daher in jedem Auffangsystem eine zwingende Verpflichtung.<br />
Kommt eine PSAgA ohne Falldämpfer zum Einsatz, nehmen die Fangstoßkräfte bei einem<br />
„Minimalabsturz von 1 m“ bereits Werte deutlich oberhalb 6 kN an. Mit zunehmender Fallhöhe<br />
steigen auch die Fangstoßkräfte entsprechend deutlich an.<br />
53
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Durch die Stoßbelastung kommt es zwangsläufig zu einer Längenänderung der Falldämpfer.<br />
DIN EN 355 gibt für das Prüfverfahren vor, dass die Auffangstrecke kleiner als die doppelte<br />
Länge von Falldämpfer einschließlich des Verbindungsmittels zuzüglich 1,75 m betragen<br />
muss.<br />
Falldämpfer [44] stellen nach der zugehörigen europäischen Norm ein Einzelteil oder einen<br />
Bestandteil eines Auffangsystems dar. Nachfolgende konstruktive Lösungen für Falldämpfer<br />
haben u. a. Einzug in die betriebliche Verwendungspraxis gef<strong>und</strong>en:<br />
Abb. 41: Beispiel für einen Bandfalldämpfer<br />
Falldämpfer als Einzelteile finden die häufigste Verwendung. Dabei liegt der Bandfalldämpfer<br />
eindeutig an erster Stelle der Käufer- <strong>und</strong> Anwendergunst. Bandfalldämpfer bestehen in der<br />
Regel aus miteinander verwebten Lagen einzelner Gurtbänder, die im Absturzfall aufreißen<br />
<strong>und</strong> die kinetische Sturzenergie umwandeln. Das Gurtpaket ist i.d.R. von einer Kunststoffoder<br />
Gewebehülle umgeben, die keine falldämpfende Funktion besitzt.<br />
Als fatal kann sich jede Reparatur einer „offensichtlich ja nur oberflächlich beschädigten“<br />
Schutzhülle durch Klebebänder erweisen. Zum einen ist nicht sichergestellt, ob der Falldämpfer<br />
ggf. eine Vorschädigung besitzt, zum anderen wird das Aufreißverhalten des Dämpfers<br />
in jedem Fall negativ beeinflusst.<br />
Sämtliche beschädigte Falldämpfer sind daher umgehend zur Beurteilung einem Sachk<strong>und</strong>igen<br />
für PSAgA vorzulegen, bzw. unverzüglich durch <strong>neue</strong> Produkte auszuwechseln.<br />
Bandfalldämpfer als integraler Bestandteil in einem Verbindungsmittel finden ebenfalls<br />
häufig Verwendung. Hierbei kann auf die Verbindung des Falldämpfers mit dem Verbindungsmittel<br />
durch einen Karabinerhaken verzichtet werden. <strong>Die</strong>s spart Gewicht <strong>–</strong> gleichzeitig ist<br />
das fertig konfektionierte Verbindungsmittel mit Falldämpfer i. d. R. max. 2 m lang.<br />
54
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 42: Der teilweise aufgerissene Bandfalldämpfer<br />
ohne Schutzhülle verdeutlicht die Dämpfungswirkung<br />
der aufreißenden miteinander verwebten<br />
Gurtlagen.<br />
Abb. 43: Produktbeispiele von elastisch ausgeführten<br />
Verbindungsmitteln mit integrierten<br />
Bandfalldämpfern<br />
In den vergangenen Jahren sind vermehrt elastisch ausgeführte Verbindungsmittel mit integrierten<br />
Bandfalldämpfern auf den Markt gekommen. Derartige Konstruktionen halten das<br />
Verbindungsmittel zum Anschlagpunkt hin gestrafft <strong>und</strong> übernehmen im Absturzfall eine Teildämpfung<br />
des Fangstoßes <strong>–</strong> es versteht sich von selbst, dass diese Produkte keinesfalls<br />
durch ihre Verwender umgestaltet oder eigenständig repariert werden dürfen.<br />
Abb. 44: Reibungsfalldämpfer mit geöffnetem Gehäuse.<br />
Der nach einer Sturzbelastung nach unten<br />
gezogene Keil lässt durch die Aussparung im Gehäuse<br />
die Belastung des Falldämpfers erkennen.<br />
55
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
In Reibungsfalldämpfern rutscht im Absturzfall das Verbindungsmittel umgelenkt durch ein<br />
metallisches Gehäuse mit einem „Klemmkeil“ <strong>–</strong> es kommt zum Umwandlung der Sturzenergie<br />
in Reibungswärme. <strong>Die</strong> Abbildungen 44 <strong>und</strong> 45 verdeutlichen die Funktionsweise. Durch<br />
die robuste Bauform der Falldämpfer werden Beschädigungen durch eine Anschlagen an<br />
oder Rutschen entlang von Mastbauteilen weitgehend vermieden. Gleichzeitig sind Reibungsfalldämpfer<br />
in der Regel schwerer als Bandfalldämpfer.<br />
Abb. 45: Alternative Bauform eines Reibungsfalldämpfers<br />
Für Reibungsfalldämpfer gilt gleichermaßen wie für Bandfalldämpfer: Sie sind stets im Auffangsystem<br />
so anzubringen, dass ihre Befestigung nicht zu einer Minderung ihrer Dämpfungsleistung<br />
führt oder die Dämpfungswirkung komplett ausschaltet. <strong>Die</strong>s ist insbesondere<br />
möglich, wenn mit Karabinern ausgeführte Falldämpfer unmittelbar zur Schaffung eines Anschlagpunktes<br />
benutzt werden. In derartigen Fällen sind z. B. Gurtbänder zur Umschlingung<br />
eines Mastbauteiles zu verwenden, in die der Karabiner mit angegliedertem Falldämpfer eingehängt<br />
werden kann.<br />
Auch Auffanggurte mit integrierten Falldämpfern<br />
gehören z. T. zum Angebot verschiedener<br />
PSAgA-Hersteller. Mit dem Anlegen<br />
dieser Auffanggurte ist automatisch die<br />
Verwendung der falldämpfenden Elemente<br />
sichergestellt, sofern der Benutzer die<br />
PSAgA sachgerecht einsetzt. Wie bei allen<br />
anderen PSA-Produkten mit integrierten<br />
Komponenten besteht auch hier im Fall einer<br />
Beschädigung des Falldämpfers die Notwendigkeit,<br />
das Gesamtprodukt auszusondern.<br />
Eine Reparatur ist ggf. nur durch den Hersteller<br />
möglich.<br />
Abb. 46: Beispiel eines Auffanggurtes mit integrierten<br />
Falldämpfern<br />
56
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> falldämpfende Funktion eines Auffangsystems kann auch durch die Wirkungsweise eines<br />
mitlaufenden Auffanggerätes realisiert sein. Hierbei rutscht das Auffanggerät im Absturzfall<br />
eine kurze Strecke über die bewegliche Führung <strong>und</strong> reduziert die Fallenergie. Hier sind die<br />
Herstellerangaben genauestens zu berücksichtigen.<br />
In Abhängigkeit der Länge einer beweglichen Führung, insbesondere bei der Verwendung<br />
von Kernmantelseilen, kann diese die falldämpfende Funktion übernehmen. Auch hier sind<br />
die Herstellerangaben genauestens zu berücksichtigen.<br />
Verbindungselemente<br />
Bei den Verbindungselementen [45] handelt es sich um öffenbare Konstruktionselemente,<br />
die in Auffangsystemen zur Verbindung der einzelnen Bestandteile <strong>und</strong> zur Verbindung des<br />
Systems mit einem Anschlagpunkt dienen. <strong>Die</strong> derzeit am Markt erhältlichen unterschiedlichen<br />
Konstruktionsformen, die abgesehen von Schraubverschluss-Verbindungselementen<br />
selbstschließende Verschlüsse aufweisen müssen, lassen sich nach DIN EN 362 in vier Verbindungselement-Klassen<br />
einteilen:<br />
Mehrzweck-Verbindungselemente (Klasse<br />
M), auch als Karabiner bezeichnet, sind Elemente,<br />
die sich sowohl zur Verbindung von<br />
PSA-Einzelteilen, als auch zum Einhängen in<br />
einen Anschlagpunkt eignen. Klasse M-Karabiner<br />
stehen in einer großen Produktvielfalt<br />
zur Verfügung.<br />
Abb. 47: Produktbeispiel für einen Karabinerhaken<br />
(Verbindungselement-Klasse M)<br />
Abschluss-Verbindungselemente (Klasse T) sind für eine feste Verbindung mit einem Verbindungsmittel<br />
vorgesehen. Sie werden i. d. R. bereits herstellerseitig über ihre geschlossene<br />
Öse mit einem Sicherungsseil oder einen Falldämpfer verb<strong>und</strong>en.<br />
57
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 48: Produktbeispiel für ein Abschluss-Verbindungselement<br />
(Klasse T)<br />
Sowohl Mehrzweck- als auch Abschluss Verbindungselemente sind in unterschiedlichen<br />
Ausführungen zum Schutz gegen ein unbeabsichtigtes Öffnen erhältlich. Dabei sind mindestens<br />
zwei, voneinander unabhängige Betätigungen zum Öffnen des Karabiners erforderlich.<br />
Vor der Klappbewegung des Verschlusses ist z. B. eine federbelastete Sicherungshülse zurückzuziehen.<br />
Einzelne Karabinermodelle verfügen über schraubbare Sicherungshülsen. Bei<br />
derartigen Produkten besteht gr<strong>und</strong>sätzlich die Gefahr, dass sie im ungesicherten Zustand<br />
verbleiben, da die zusätzliche Schraubsicherung vollständig vom Verhalten der Benutzer abhängt.<br />
Zwischenzeitlich wurde eine weitere Entwicklung von Karabinern vorgestellt, die über eine<br />
zweifache Sicherung gegen ein unbeabsichtigtes Öffnen verfügen. Derartige, auch als Trilock-<br />
Karabiner (Beispiel siehe Abb. 47) bezeichnete Verbindungselemente erfordern z. B. ein Zurückziehen<br />
<strong>und</strong> ein anschließendes Drehen der Sicherungshülse, bevor der Karabinerverschluss<br />
aufgeklappt werden kann. Trilock-Karabiner sind ungeachtet ihres hohen Sicherheitsniveaus<br />
i.d.R. nur mit zwei Händen zu bedienen. Hierdurch eignen sie sich insbesondere<br />
für alle Verbindungen, die nur selten zu lösen sind, also z. B. zur Befestigung des Verbindungsmittels<br />
an der vorderen oder hinteren Auffangöse eines Auffanggurtes.<br />
Verankerungs-Verbindungselemente (Klasse A) werden häufig fest mit einem Sicherungsseil<br />
verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sind dafür konstruiert, mit einer besonderen Verankerung verb<strong>und</strong>en zu werden.<br />
Häufig handelt es sich bei den Verankerungen um Konstruktions- <strong>und</strong> Bauteile, z. B. um<br />
unterschiedliche Profile von Freileitungs- oder Antennenmasten. <strong>Die</strong> Verbindungselemente<br />
werden z. T. auch als sogenannte „Klapphaken“ ausgeführt <strong>und</strong> gestatten unter Verwendung<br />
einer Stange ein Einhängen in Bauteile weit oberhalb des Standortes der zu sichernden Personen.<br />
58
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 49: Produktbeispiele für Verbindungselemente<br />
der Klasse A, die zur Schaffung eines Anschlagpunktes<br />
unmittelbar in Mastbauteile eingehängt<br />
werden können.<br />
Abb. 50: Produktbeispiel für ein Schraubverschluss-Verbindungselement<br />
der Klasse Q<br />
Schraubverschluss-Verbindungselemente (Klasse Q) sind Elemente, die mittels einer Überwurfmutter<br />
verschlossen werden. Durch das vollständige Zuschrauben wird die Mutter zu<br />
einem Last tragenden Teil des Verbindungselements. <strong>Die</strong>se Verbindungselemente sind nicht<br />
für ein wiederkehrendes Öffnen <strong>und</strong> Schließen vorgesehen. Ihr Einbau in ein Auffangsystem<br />
sollte den Herstellern vorbehalten bleiben.<br />
Bereits die hier vorgestellten Verbindungselemente machen deutlich: Abhängig vom jeweiligen<br />
Verwendungszweck steht eine Vielzahl von Produkten für unterschiedliche „Verbindungsaufgaben“<br />
zur Verfügung. Zur Kombination einzelner PSAgA-Komponenten miteinander<br />
eignet sich fast immer ein Karabinerhaken <strong>–</strong> dieser ist in Abhängigkeit der von ihm zu erwartenden<br />
Verschlusssicherheit auszuwählen. Mit zunehmender Anzahl der Verschlusssperren<br />
steigt zwar die Sicherheit des Karabiners gegen ein unbeabsichtigtes Öffnen, im Extremfall<br />
lässt die erforderliche praxisgerechte Handhabbarkeit des Karabiners z. B. dreifach gesicherte<br />
Produkte gar nicht zu.<br />
Selbst moderne <strong>und</strong> mit aufwendigen Verschlusssperren ausgestattete Karabinerhaken<br />
bedürfen einer regelmäßigen Kontrolle <strong>und</strong> falls erforderlich einer notwendigen Wartung.<br />
Abb. 51 verdeutlicht, dass verschmutzte Produkte eine Gefahr darstellen, da sie nicht richtig<br />
schließen <strong>und</strong> spätestens an dieser Stelle die Sicherheit „auf der Strecke bleibt“.<br />
59
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 51: Produktbeispiel für ein Schraubverschluss-Verbindungselement<br />
der Klasse Q<br />
Höhensicherungsgeräte<br />
Bedingt durch die begrenzte Länge der Verbindungsmittel auf maximal 2 m ermöglichen die<br />
meisten bereits vorgestellten Auffangsysteme nur eine begrenzte Beweglichkeit ihrer Benutzer.<br />
Das mehr „Bewegungsspielräume“ anbietende System aus mitlaufendem Auffanggerät<br />
<strong>und</strong> beweglicher Führung erfordert zumindest eine kontinuierliche Anpassung des Systems<br />
auf die jeweilige Position seines Benutzers. Eine quasi „selbsttätige“ Bewegung des mitlaufenden<br />
Auffanggerätes kann in der Regel nur bei vertikal gespannten beweglichen Führungen<br />
(Sicherungsseilen) erzielt werden. <strong>Die</strong> seit vielen Jahren im Einsatz befindlichen Höhensicherungsgeräte<br />
[46] weisen die gewünschten „Bewegungsspielräume“ für ihre Benutzer auf,<br />
stellen aber insbesondere durch ihr Gewicht auch kein Allheilmittel gegen alle Absturzgefährdungen<br />
dar.<br />
Höhensicherungsgeräte sind nach europäischer Norm als Auffanggeräte mit einer selbsttätigen<br />
Blockierfunktion <strong>und</strong> einer automatischen Spann- <strong>und</strong> Einziehvorrichtung für das Verbindungsmittel<br />
definiert. Dabei darf die falldämpfende Funktion in dem Gerät selber eingebaut<br />
sein oder das einziehbare Verbindungsmittel verfügt über eine integrierte Falldämpfung. Das<br />
einziehbare Verbindungsmittel kann aus einem Chemiefaserseil, einem Drahtseil oder aus<br />
einem Gurtband bestehen.<br />
Der federkraftbetätigte Wickelmechanismus gestattet es, die für die Durchführung der jeweiligen<br />
Arbeiten erforderliche Verbindungsmittellänge aus dem Höhensicherungsgerät herauszuziehen.<br />
Das Seil oder Band passt sich in seiner Länge automatisch den Bewegungsvorgän-<br />
60
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
gen des Benutzers an. Selbstverständlich sind die nutzbaren<br />
Seil- <strong>und</strong> Bandlängen durch die Baugröße der<br />
Höhensicherungsgeräte begrenzt. Übliche Verbindungsmittellängen<br />
liegen bei 10 bis 30 m.<br />
Wird das Seil mit hoher Geschwindigkeit, dies ist bei einem<br />
Absturz der Fall, aus dem Gerät gezogen, blockiert<br />
der Wickelmechanismus formschlüssig durch eine Fliehkraftbremse.<br />
<strong>Die</strong>ser Funktionsmechanismus erklärt das<br />
generelle Verwendungsverbot von Höhensicherungsgeräten<br />
bei der Begehung von oder Arbeiten in der Nähe<br />
von Stoffen, bei denen die Gefahr des Versinkens besteht.<br />
Höhensicherungsgeräte sind daher für die Sicherung<br />
von Personen bei Arbeiten in Silos gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
nicht zulässig.<br />
Abb. 52: Blick auf ein Höhensicherungsgerät<br />
mit teilweise aufgetrenntem Gehäuse<br />
<strong>Die</strong> Vielzahl der derzeit angebotenen Geräte ist herstellerseitig für eine möglichst vertikal<br />
über dem Nutzer gelegene Positionierung ausgelegt. Immer wieder ist jedoch die nahezu horizontale<br />
Verwendung von Höhensicherungsgeräten zu beobachten. In jüngerer Vergangenheit<br />
wurden einzelne Produkte von den Herstellern auch für derartige Einsätze konzipiert <strong>und</strong><br />
die Eignung der Geräte auch im Rahmen von Baumusterprüfungen nachgewiesen. Allen Anwendern<br />
von Höhensicherungsgeräten wird daher eine Beratung durch die Hersteller sowie<br />
die Beachtung der Bedienungsanleitungen dringend empfohlen.<br />
Mit Blick auf die Gehäusegrößen der Höhensicherungsgeräte sind verständlicherweise der<br />
Dimensionierung der Seile <strong>und</strong> Bänder Grenzen gesetzt. In der Vergangenheit waren wiederholt<br />
Unfälle zu beklagen, bei denen Beschäftigte über Kanten verschiedener Baukörper abstürzten<br />
<strong>und</strong> die PSAgA aufgr<strong>und</strong> durchtrennter Seile oder Gurte von Höhensicherungsgeräten<br />
versagten. <strong>Die</strong> auf das Verbindungsmittel einwirkenden Kräfte können zum einen durch<br />
die Umlenkung an der Absturzkante <strong>und</strong> zum anderen durch die Scharfkantigkeit des Baukörpers<br />
zu einer Durchtrennung des Seils oder des Gurtbandes führen <strong>–</strong> i.d.R. mit tödlichen<br />
Absturzfolgen. Auch hier gilt: Besteht die Gefahr eines Absturzes über eine Kante, dürfen<br />
ausschließlich Höhensicherungsgeräte eingesetzt werden, die für eine derartige Verwendung<br />
durch den Hersteller ausdrücklich freigegeben sind.<br />
61
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> Funktion des Höhensicherungsgerätes muss eine maximale Fangstoßkraft von 6 kN sicherstellen.<br />
<strong>Die</strong> maximale Bremskraft muss vom Gerät auch bei vollständig ausgezogenem<br />
Verbindungsmittel sicher aufgenommen werden.<br />
Wiederkehrende Prüfungen von Höhensicherungsgeräten können i.d.R. nur von den Herstellern<br />
vollständig durchgeführt werden, da neben einer äußeren Begutachtung auch die Bewertung<br />
des inneren Zustandes des Gerätes erforderlich ist.<br />
Hilfsmittel zur Schaffung von Anschlagpunkten<br />
Freileitungsmaste verfügen in der Regel über keine bauseitig vorgesehenen Anschlagpunkte<br />
für PSAgA. Hierzu zählen natürlich nicht Maste mit Steigschutzeinrichtungen <strong>und</strong> mit Steigbolzen<br />
mit Sicherungseinrichtung. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass übliche Steigbolzen<br />
nicht als Anschlagpunkte für PSAgA geeignet <strong>und</strong> lediglich für die Gewichtsbelastung<br />
durch eine steigende Person ausgelegt sind.<br />
Abb. 53: Beispiel einer<br />
Seil- <strong>und</strong> einer Bandschlaufe.<br />
<strong>Die</strong> Seilschlaufe<br />
wurde in Schlingenform<br />
um ein L-Profil gelegt.<br />
<strong>Die</strong> Bandschlaufe ist mit<br />
einem Karabiner fest verb<strong>und</strong>en.<br />
Abb. 54: Blick auf zwei<br />
unterschiedliche Bandschlaufen<br />
an einem Gittermast<br />
62
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Werden Freileitungsmaste allein mit einer PSAgA als Sicherung bestiegen, muss auf einzelne<br />
Konstruktionselemente der Maste zurückgegriffen werden, um Anschlagspunkte zu schaffen.<br />
Neben den bereits vorgestellten Verankerungs-Verbindungselementen, z. B. Rohrhaken, hat<br />
sich der Einsatz von Seil- <strong>und</strong> Bandschlaufen zur Schaffung der Anschlagpunkte an Mastbauteilen<br />
bewährt. <strong>Die</strong> Mastbauteile müssen in der Lage sein, die bei Verwendung auftretenden<br />
Lasten aufnehmen zu können.<br />
Im Rahmen der Beschaffung von Seil- <strong>und</strong> Bandschlaufen ist es empfehlenswert, den Hersteller<br />
über die Verwendung, z. B. an Gittermasten zu informieren. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist zwischen<br />
Schlaufen mit <strong>und</strong> ohne integriertem Karabinerhaken zu unterscheiden (siehe Abb. 53).<br />
Kommt die Schlaufe in Schlingenform zum Einsatz, verändert sich die zulässige Belastung <strong>–</strong><br />
mit Blick auf den Verwendungszweck sind an dieser Stelle die Hinweise in der Gebrauchsanleitung<br />
des Herstellers zu beachten.<br />
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass beliebige Schlaufen durch das Gewicht abgestürzter<br />
Personen <strong>und</strong> die Scherwirkung in Gittermastprofilen unzulässig hoch belastet werden<br />
können. In Folge kann ein Aufreißen des Schlaufenmaterials nicht vollständig ausgeschlossen<br />
<strong>und</strong> somit ein ausreichender Schutz gegen Absturz nicht sichergestellt werden.<br />
Einzelne Hersteller haben sich daher der Entwicklung „schersicherer“ Schlaufen gewidmet,<br />
die zwischenzeitlich auch im Handel zur Verfügung stehen.<br />
Methoden zum PSAgA-Einsatz beim Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten auf Freileitungen<br />
Nach der Einführung in die Funktionsweisen der unterschiedlichen Auffangsysteme <strong>und</strong> der<br />
Vorstellung wesentlicher PSAgA-Komponenten gibt dieser Beitrag einen Überblick der aktuellen<br />
Methoden zum Besteigen von Freileitungen unter Verwendung von PSAgA:<br />
• „Y-Seil“-Methode<br />
• Kletterstangen-Methode<br />
• Schlaufen-Methode<br />
• Benutzung von Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung<br />
• Einsatz von mitlaufenden Auffanggeräten an festen Führungen<br />
63
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
„Y-Seil“-Methode<br />
Das Y-Seil wurde bereits im Abschnitt „Verbindungsmittel“<br />
vorgestellt. Es handelt sich<br />
um ein zweistrangig ausgeführtes Verbindungsmittel,<br />
das die wechselseitige Einrichtung<br />
eines Anschlagpunktes an Gittermasten<br />
gestattet. Dabei ist einerseits eine maximale<br />
Länge der Einzelseile von ≤ 2m aus den Anforderungen<br />
für Verbindungsmittel vorgegeben,<br />
andererseits ergibt sich eine sinnvolle<br />
Länge der Seile aus der natürlich beschränkten<br />
Reichweite der Arme des Benutzers.<br />
Y-Seile können auch durch den Einsatz<br />
zweier Verbindungsmittel realisiert werden.<br />
Abb. 55: Beispiel für ein aus zwei Verbindungsmitteln<br />
zusammengestelltes Y-Seil<br />
Der Benutzer strebt ein kontinuierlich nach<br />
oben oder unten gerichtetes Klettern im<br />
Mast an <strong>und</strong> wird daher die Rohrhaken des<br />
Y-Seils nur so weit auseinander positionieren,<br />
wie seine Armlänge ein zügiges <strong>und</strong><br />
möglichst ermüdungsfreies Versetzen ermöglicht.<br />
<strong>Die</strong> Methode lässt durch die begrenzte Seillänge<br />
keine besorgniserregende Schlaffseilbildung<br />
zu. Während des Besteigevorgangs<br />
sollten sich möglichst lange beide Rohrhaken<br />
in eingehängter Position befinden <strong>und</strong><br />
lediglich im Rahmen des Umhängens der jeweils<br />
untere Haken gelöst werden.<br />
Abb. 56: Besteigung eines Gittermastes unter<br />
Anwendung der Y-Seil-Methode<br />
64
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Natürlich bedingt das Besteigen eines höheren Freileitungsmastes eine Vielzahl von Versatzvorgängen<br />
des Y-Seils, so dass mit steigender Masthöhe von einer zunehmenden Ermüdung<br />
der steigenden Person auszugehen ist. In diesem Zusammenhang kann eine Fehlbedienung,<br />
die zu einem ungesicherten Zustand führt, nicht mit abschließender Sicherheit ausgeschlossen<br />
werden.<br />
Bei Masten der 380 kV-Ebene können die Ausfachungen im unteren Bereich der Mastkonstruktion<br />
so groß ausfallen, dass die Abstände der Profilknotenpunkte den Einsatz der Y-Seil-<br />
Methode nicht gestatten <strong>und</strong> der ergänzende Einsatz einer weiteren Sicherungsmethode erforderlich<br />
ist.<br />
<strong>Die</strong> Y-Seil-Methode zeichnet sich durch ihre nahezu universelle Einsetzbarkeit an unterschiedlichsten<br />
Masten aus. Selbstverständlich eignet sich die Y-Seil-Methode auch zum gesicherten<br />
Begehen von Masttraversen.<br />
Kletterstangen-Methode<br />
<strong>Die</strong> Kletterstangenmethode basiert auf der Überlegung, über einen mit einer Stange verb<strong>und</strong>enen<br />
Rohrhaken Anschlagpunkte in den Konstruktionsteilen von Gittermasten zu schaffen.<br />
Hierbei haben sich groß dimensionierte Rohrhaken bewährt, die in eine Vielzahl der Fachwerksprofile<br />
von Gittermasten eingehängt werden können.<br />
Nach der Schaffung des ersten Anschlagpunktes steigt der Beschäftigte an einer beweglichen<br />
Führung, die mit dem Rohrhaken verb<strong>und</strong>en ist, nach oben. Sobald der Mitarbeiter die<br />
Position des Rohrhakens erreicht hat, führt er eine Zwischensicherung gegen Absturz durch,<br />
löst den Haken <strong>und</strong> versetzt diesen zum nächst höheren Anschlagpunkt. Bevor die Zwischensicherung<br />
gegen Absturz eingerichtet ist, positioniert sich der Mitarbeiter über seinen Auffanggurt<br />
in der Halteposition, um die Kletterstange mit beiden Händen zu bewegen.<br />
Natürlich ist die Handhabung der Kletterstange mit erheblichen Kraft- <strong>und</strong> Konzentrationsaufwand<br />
verb<strong>und</strong>en, der mit zunehmender Länge der Kletterstange <strong>und</strong> dem Gewicht des Hakens<br />
überproportional ansteigt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> empfiehlt sich die Kletterstangenmethode<br />
nur für die Besteigung von Masten mit geringer Bauhöhe wie z. B. im Bereich von<br />
Niederspannungsfreileitungen oder von Fahrleitungen.<br />
65
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 57: Besteigung eines Gittermastes unter<br />
Benutzung einer Kletterstange<br />
Abb. 58: Einsatz einer Kletterstange zur Schaffung<br />
eines Anschlagpunktes an einem Mittelspannungsmast<br />
Für die Kletterstange mit aufgesetztem Haken gelten u. a. folgen Anforderungen:<br />
• <strong>Die</strong> Geometrie des Hakens ist auf eine einfache Umschließung von Mastprofilen auszulegen.<br />
In Bild 58 wird eine Lösung als Klapphaken vorgestellt.<br />
• Der Haken muss über eine selbsttätige Schließsicherung verfügen.<br />
• <strong>Die</strong> Schließsicherung muss fernbedienbar, also vom unteren Ende der Kletterstange zu betätigen<br />
sein.<br />
• Der Haken sollte auch beim Aushängen möglichst einfach zu handhaben sein.<br />
• Das Sicherungsseil (bewegliche Führung) ist mit dem Rohrhaken zu verbinden. <strong>Die</strong> Kletterstange<br />
übernimmt keine Funktion mit Blick auf die Aufnahme von Fangstoßkräften im Falle<br />
eines Absturzes.<br />
• Eine hohe Biegesteifigkeit der Kletterstange erleichtert den Einhängeprozess. Ggf. kann eine<br />
längenverstellbare Ausführung der Stange sinnvoll sein.<br />
66
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> Kletterstangen-Methode eignet sich<br />
auch zur Sicherung gegen Absturz bei der<br />
Begehung von geneigten Dachflächen im<br />
Rahmen der Durchführung von Bau- <strong>und</strong><br />
Montagearbeiten an Dachständern [47].<br />
Abb 59. gibt einen kurzen Überblick zur Sicherungssituation<br />
auf der Dachfläche. Ein<br />
vorhandener Dachständer kann als Anschlagpunkt<br />
zum Einsatz kommen, sofern<br />
seine ausreichende Belastbarkeit nachgewiesen<br />
ist.<br />
Abb. 59: Einsatz einer Kletterstange zur gesicherten<br />
Begehung einer geneigten Dachfläche<br />
Mit Erreichen der Dachfläche über eine Anlegeleiter stellt der Beschäftigte über eine Sicherungsstange<br />
die Verbindung zwischen seinem Auffanggurt <strong>und</strong> dem Dachständer als Anschlagpunkt<br />
her. <strong>Die</strong> kontinuierliche Sicherung beim Besteigen der Dachfläche erfolgt wie<br />
im Mastbeispiel über ein mitlaufendes Auffanggerät, das mit der beweglichen Führung an<br />
der Sicherungsstange verb<strong>und</strong>en wird. Das Bildbeispiel zeigt die unmittelbare Verbindung<br />
der beweglichen Führung (des Sicherungsseils) mit dem Klapphaken.<br />
Schlaufen-Methode<br />
<strong>Die</strong> Überlegungen zur Erprobung <strong>und</strong> Einführung der Schlaufen-Methode zum gesicherten<br />
Besteigen von Freileitungsmasten entstammen dem Verfahren zum gesicherten Vorstieg aus<br />
dem Bergsportbereich. Entwickelt wurde die Methode in den frühen 90iger Jahren im Rahmen<br />
der damaligen Erarbeitung der <strong>BG</strong>R 148.<br />
Da die Vielzahl aller Freileitungsmaste keine baulichen Einrichtungen zum Schutz gegen<br />
Absturz aufwiesen, wurde nach einer Methode gesucht, die ein Besteigen der Maste mit<br />
67
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Abb. 60 a: Gesamtsituation des Besteigens eines<br />
Gittermastes unter Anwendung der Schlaufen-<br />
Methode<br />
Abb. 60 b: Sicherungsseilverlauf am Mastfuß<br />
Abb. 60 c: Zwischensicherung am Eckstiel<br />
Abb. 60 d: Blick auf drei Zwischensicherungen<br />
höchstmöglicher Flexibilität hinsichtlich des<br />
Zugangsweges ermöglichte. Gleichzeitig<br />
sollte sich der zeitliche Aufwand, eine Sicherung<br />
einzurichten, in Grenzen halten. Nach<br />
ersten konzeptionellen Versuchen <strong>und</strong> nachfolgenden<br />
zahlreichen Erprobungen steht<br />
heute eine ausgereifte Schlaufen-Methode<br />
zur Verfügung, deren PSAgA-Komponenten<br />
<strong>und</strong> Ablaufschritte nachfolgend vorgestellt<br />
werden:<br />
68
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
1) Der erste Mitarbeiter, es wird auch von der erstaufsteigenden Person gesprochen, hängt in<br />
seinen Auffanggurt eine größere Zahl von Bandschlaufen <strong>und</strong> Karabinern für die spätere<br />
Verwendung am Gittermast ein. <strong>Die</strong> Bandschlaufen dienen dazu, Anschlagpunkte entlang<br />
des Zugangsweges zu schaffen. In Abhängigkeit der Masthöhe kann es durchaus möglich<br />
sein, 30 oder mehr der Bandschlaufen zu transportieren. <strong>Die</strong> Vielzahl der Schlaufen stellt<br />
ggf. eine Behinderung des Mitarbeiters dar, so dass bei höheren Masten per Transportseil<br />
Schlaufen nach oben gezogen werden können.<br />
2) Der Auffanggurt des Erstaufsteigenden wird brust- oder rückenseitig mit einem Sicherungsseil<br />
verb<strong>und</strong>en, das aus einem Seilbeutel oder einer Seiltrommel am Mastfuß herausgezogen<br />
wird (siehe Abb. 60a <strong>und</strong> 60b). Das Seil muss eine Mindestlänge aufweisen, die der<br />
doppelten Länge des vorgesehenen Zugangsweges zusätzlich eines Sicherheitsvorrats entspricht.<br />
3) Der Erstaufsteigende klettert in die Gittermastkonstruktion <strong>und</strong> schafft einen Anschlagpunkt<br />
durch eine Bandschlaufe <strong>und</strong> einen Karabiner (siehe Abb. 60c). Er hängt das Sicherungsseil<br />
in den Karabinerhaken ein. Das Sicherungsseil läuft nun aus dem Seilbeutel<br />
durch ein Sicherungsgerät (Seilbremse), durch einen ersten Umlenkkarabiner am Eckstiel<br />
des Aufstieges zum neu geschaffenen Anschlagpunkt. <strong>Die</strong>ses Konzept ist in Abb. 60b zu<br />
erkennen.<br />
4) Im Verlauf des weiteren Aufstiegs schafft der Erstbesteigende eine Reihe weiterer Anschlagpunkte<br />
(siehe Abb. 60.d) durch Bandschlaufen <strong>und</strong> Karabiner. Mit zunehmenden<br />
Schlaufenabständen wächst das Risiko eines möglichen Teilabsturzes für den Erstbesteigenden.<br />
Verliert er kurz vor der Installation einer weiteren Schlaufe den Halt am Mast,<br />
stürzt er über die doppelte Seillänge ab, die sich aus dem Abstand zwischen seinem letzten<br />
Sicherungspunkt <strong>und</strong> seinem aktuellen Standpunkt ergibt. Zur Senkung des Teilabsturzrisikos<br />
ist es daher unumgänglich, die Abstände der Zwischensicherungen möglichst<br />
gering zu halten. Gleichzeitig wächst hierdurch die Anzahl der zu verwendenden Schlaufen,<br />
aber gleichzeitig verringert sich dadurch die Anwenderfre<strong>und</strong>lichkeit der gesamten Methode.<br />
Aus der Erfahrung der letzen Jahre kann als sinnvoller Abstand zwischen den Schlaufen<br />
ein Wert von ca. 1 bis 1,5 m empfohlen werden.<br />
5) Erreicht der Erstbesteigende den höchsten zu begehenden Punkt in der Mastkonstruktion,<br />
hängt er sein Sicherungsseil in die zuletzt geschaffene Sicherungsschlaufe ein. Zuvor hat<br />
er sich selbstverständlich mit einem Verbindungsmittel zusätzlich gegen Absturz gesichert.<br />
Das frei nach untern hängende Sicherungsseil steht nun als klassische bewegliche Füh-<br />
69
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
rung zur Sicherung weiterer Personen unter<br />
Zuhilfenahme von mitlaufenden Auffanggeräten<br />
zur Verfügung.<br />
6) <strong>Die</strong> zweitaufsteigende Person kann bereits<br />
zu Beginn ihres Aufstiegs auf die bewegliche<br />
Führung zur Sicherung gegen Absturz<br />
zurückgreifen. Der Mitarbeiter wird<br />
im Verlauf seines Aufsteigens die zuvor<br />
geschaffenen Zwischensicherungen aus<br />
Bandschlaufe <strong>und</strong> Karabiner erreichen<br />
<strong>und</strong> das Sicherungsseil aus den Karabinern<br />
aushaken. <strong>Die</strong> Bandschlaufen verbleiben<br />
einschließlich der Karabiner am<br />
Mast. Das mitlaufende Auffanggerät kann<br />
daher alle Zwischensicherungen überfahren<br />
<strong>und</strong> kommt als klassische Sicherung<br />
für den gesamten Aufstieg zum Einsatz.<br />
7) <strong>Die</strong> nun völlig freihängende bewegliche<br />
Führung kann von allen weiteren Personen<br />
einer Montagegruppe zur Sicherung beliebiger<br />
Auf- <strong>und</strong> Abstiege genutzt werden.<br />
Selbstverständlich kann die bewegliche<br />
Führung nicht gleichzeitig von beliebig<br />
vielen Personen benutz werden. Hier sind<br />
die Hinweise in der Bedienungsanleitung<br />
des PSA-Herstellers zwingend zu beachten.<br />
Abb. 60 e: Befestigung des Sicherungsseils an<br />
der obersten Position am Mast<br />
Abb. 60 f: Nach der Erstbesteigung mit der<br />
Schlaufenmethode steht das Sicherungsseil als<br />
klassische bewegliche Führung für alle Mitarbeiter<br />
zur Verfügung.<br />
70
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
8) Nach Abschluss aller Arbeiten der Montagegruppe steigen zunächst alle, außer zwei Mitarbeitern<br />
den Mast unter Nutzung der beweglichen Führung hinab. Der vorletzte Absteigende<br />
hängt die bewegliche Führung nacheinander in alle Karabiner der Schlaufensicherungen<br />
ein. Der Letztabsteigende kann nun den Mast unter Anwendung der gleichen Sicherungsmethode<br />
wie beim Aufstieg „verlassen“. Dabei demontiert er gleichzeitig alle PSAgA der<br />
Schlaufen-Methode vom Mast.<br />
<strong>Die</strong> an dieser Stelle vom Gr<strong>und</strong>satz vorgestellte Schlaufen-Methode beinhaltet zahlreiche<br />
Facetten, die in Abhängigkeit des jeweiligen PSAgA-Produkts <strong>und</strong> der Gegebenheiten an<br />
verschiedenen Gittermasten unterschiedlich ausfallen <strong>und</strong> daher an dieser Stelle nicht abschließend<br />
beschrieben werden können. Es sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen,<br />
dass alle für die Schlaufen-Methode zum Einsatz kommenden PSAgA als Auffangsystem zu<br />
verstehen sind <strong>und</strong> in ihrer Gesamtheit vom Hersteller einer prüfenden Stelle erfolgreich vorzustellen<br />
sind.<br />
Benutzung von Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung<br />
Das Konzept der Schlaufen-Methode zum gesicherten Besteigen von Freileitungsmasten<br />
kommt beim Einsatz von Steigbolzen mit Sicherheitseinrichtung in einer Art vorgefertigten<br />
baulichen System an Gittermasten zur Verwendung. Anstelle der bei jedem Besteigevorgang<br />
aufwändig zu installierenden Schlaufen bieten die speziellen Steigbolzen fest installierte<br />
Zwischensicherungspunkte.<br />
Der Ablauf für die erstbesteigende Person entspricht der, bereits bei der Schlaufen-Methode<br />
beschriebenen Vorgehensweise. Erreicht der Erstbesteigende seine maximale Steighöhe<br />
kann eine zweite Person den Mast unter Rückgriff auf das Sicherungsseil in seiner Funktion<br />
als bewegliche Führung besteigen.<br />
<strong>Die</strong> wesentlichen baulichen Merkmale sowie Hinweise zur Installation von Sicherheitssteigbolzen<br />
wurden bereits in diesem Beitrag vorgestellt.<br />
Auch an dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass das Gesamtsystem aus Sicherungsseil<br />
<strong>und</strong> Seilsicherungsgerät als spezielles Auffangsystem zur Verwendung an Sicherheitssteigbolzen<br />
zu verstehen ist. In diesem Sinne sollten ausschließlich Systeme zum Einsatz<br />
kommen, die vom Hersteller für den besagten Verwendungszweck ausdrücklich ausgewiesen<br />
sind.<br />
71
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Sowohl für die Schlaufen-Methode als auch<br />
für die Benutzung von Sicherheitssteigbolzen<br />
ist derzeit zwingend eine zweite Person<br />
zur Bedienung des Seilsicherungsgerätes erforderlich.<br />
Dabei obliegt es der zweiten Person,<br />
den Besteige- <strong>und</strong> Absteigevorgang unter<br />
Nutzung des Sicherungssystems systematisch<br />
zu „überwachen“.<br />
Aktuelle Projekte widmen sich derzeit der<br />
Entwicklung selbsttätig wirkender „Überwachungsgeräte“,<br />
die einen ungehinderten<br />
Durchlauf des Sicherungsseils vom Seilvorrat<br />
in das Mastsystem gestatten <strong>und</strong> bei einem<br />
Absturz der steigenden Person automatisch<br />
das Seil blockieren. Mit der Verfügbarkeit<br />
derartiger Überwachungsgeräte am<br />
Markt dürfte die Attraktivität der Schlaufen-<br />
Methode sowie des Sicherheitssteigbolzens<br />
nochmals erheblich zunehmen.<br />
Abb. 61: Detailansicht bei der Nutzung von Steigbolzen<br />
mit Sicherheitseinrichtung beim Besteigen<br />
eines Gittermastes<br />
Bevor dieser einführende Beitrag zur <strong>neue</strong>n <strong>BG</strong>-Information „Schutz gegen Absturz beim Bau<br />
<strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen“ (<strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong>) zum Abschluss kommt, soll der Anhang der <strong>BG</strong>-Information<br />
vorgestellt werden. <strong>Die</strong> Vielzahl der Sicherungskonzepte gegen Absturz an Freileitungen<br />
basieren auf unterschiedlichen Auffangsystemen <strong>und</strong> den in ihnen zum Einsatz kommenden<br />
PSAgA. In Abhängigkeit des jeweiligen Freileitungsmastes, der anstehenden Arbeiten<br />
<strong>und</strong> der Zahl der eingesetzten Personen können unterschiedliche Auffangsysteme <strong>und</strong> Sicherungskonzepte<br />
mehr oder weniger geeignet sein.<br />
Der Anhang der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> greift diesen Gr<strong>und</strong>gedanken auf <strong>und</strong> soll die jeweiligen für die<br />
Arbeiten verantwortlichen Unternehmen motivieren, sich mit den unterschiedlichen Sicherungssystemen<br />
kritisch auseinander zu setzen, um das für die konkrete Arbeit am besten<br />
geeignete System auszuwählen.<br />
72
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Dabei versteht sich der Anhang der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> nicht als normativer Bestandteil des Regelwerkes.<br />
Er unterbreitet vielmehr einen Vorschlag für eine Beurteilungssystematik, die im Einzelfall<br />
auch in abgeänderter Weise zur Anwendung kommen <strong>und</strong> damit auch abweichende Ergebnisse<br />
generieren kann. (siehe Anhang der <strong><strong>BG</strong>I</strong>/GUV-I <strong>5148</strong>)<br />
Beispiel einer Systematik zur Auswahl von Sicherungsmethoden<br />
<strong>Die</strong> vorgestellte Systematik zur Auswahl von Sicherungsmethoden greift auf wesentliche Betrachtungen<br />
der Sicherheitswissenschaften, insbesondere zur Risikobeurteilung zurück. Das<br />
Risiko versteht sich in diesem Fall als Maß der Gefährdung durch Absturz. Mit der Risikobeurteilung<br />
einzelner Auffangsysteme <strong>und</strong> Sicherungskonzepte für das Besteigen von <strong>und</strong> Arbeiten<br />
auf Freileitungen stehen dem Unternehmer quantifizierte Ergebnisse zur Verfügung, die<br />
eine unmittelbare Wertung jedes einzelnen Konzepts ermöglicht <strong>und</strong> damit einen Vergleich<br />
der unterschiedlichen Verfahren sicher stellt.<br />
Bewertung einer ausgewählten<br />
Sicherungsmethode<br />
Ermittlung der<br />
Risikokennzahl<br />
RKZ = G x A<br />
RZG: Risikokennzahl<br />
G: Grad der Verletzungsschwere/<br />
Grad der Handlungsfähigkeit<br />
Bewertung der Risikokennzahl<br />
A: Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
des Unfalls<br />
≤ 19<br />
20 <strong>–</strong> 29<br />
≥ 30<br />
<br />
RKZ <br />
<br />
keine weiteren Maßnahmen notwendig<br />
langfristige Maßnahmen empfohlen<br />
kurz- bis mittelfristige Maßnahmen empfohlen<br />
Abb. 62: <strong>Die</strong> Systematik bietet eine Hilfestellung zur Auswahl von Sicherungsmethoden<br />
unter Berücksichtigung der Masthöhe, der körperlichen Belastung der Versicherten sowie<br />
der zu erwartenden Verletzungsschwere <strong>und</strong> Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzes.<br />
73
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Das Absturzrisiko findet im Anhang der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> seine Beschreibung als Risikokennzahl [48],<br />
die als Produkt aus dem Grad der zu erwartenden Verletzungsschwere <strong>und</strong> der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
eines Absturzunfalls zu ermitteln ist. <strong>Die</strong> Verletzungsschwere impliziert gleichsam<br />
ein Maß einer zu erwartenden Handlungsfähigkeit der abgestürzten Person unmittelbar<br />
nach dem Absturz.<br />
Der Grad der Verletzungsschwere/ Handlungsfähigkeit (G) ist entsprechend der zu erwartenden<br />
Absturzhöhe, der baulichen Gestaltung des Zugangsweges <strong>und</strong> der ausgewählten PSAgA<br />
einzustufen.<br />
Selbstverständlich sind Grad der Verletzungsschwere (G) <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Handlungsfähigkeit<br />
nach einem zu erwartenden Absturz in eine PSAgA an einem Freileitungsmast<br />
nicht exakt vorher zu bestimmen. <strong>Die</strong> im Anhang der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> vorgestellte Tabelle möglicher<br />
Verletzungsschweren (siehe hier Abb. 63) ist sehr differenziert ausgeführt. In der Praxis ist<br />
die Verwendung einer Verletzungsschwere-Staffelung mit weniger Stufen durchaus denkbar,<br />
z. B. wäre eine zweistufige Staffelung in den Gruppen leichte, mittlere <strong>und</strong> schwere Verletzungsschweren,<br />
also eine insgesamt sechsstufige Staffelung durchaus anwendbar.<br />
Abb. 63: Grad der Verletzungsschwere/Handlungsfähigkeit (G) gemäß der Systematik zur Auswahl von<br />
Sicherungsmethoden<br />
74
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Eine nähere Betrachtung der Tabelle verdeutlicht, das eine differenzierte Vorhersage der zu<br />
erwartenden Ausfalltage durch eine Arbeitsunfähigkeit (AU) mit mehr oder weniger als drei<br />
Tagen Schwierigkeiten bereiten wird.<br />
Interessant erweist sich die Betrachtung der möglichen Auswirkungen zu erwartender Verletzungsschweren<br />
hinsichtlich der damit verb<strong>und</strong>enen Einschränkungen der Handlungsfähigkeit<br />
der in die PSAgA gestürzten Person. Handlungsunfähig ist, wer auf Gr<strong>und</strong> seiner Verletzung<br />
oder seiner Position nach dem Absturz nicht mehr in der Lage ist, Maßnahmen zu seiner<br />
Rettung einzuleiten. Im Sinne der Leitlinie „Risikobeurteilung von Arbeiten mit Absturzgefahr<br />
…“ [49] begründet sich mit der Annahme einer Verletzungsschwere, die zur Handlungsunfähigkeit<br />
führt, eine gefährliche Arbeit im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift „Gr<strong>und</strong>sätze<br />
der Prävention“ [50].<br />
Wesentlich ist: <strong>Die</strong> Betrachtungen der vorgestellten Systematik unterstellen, dass die Beschäftigten<br />
die jeweils zur Bewertung anstehenden Sicherungsmethoden tatsächlich verwenden<br />
<strong>und</strong> daher ein Absturzunfall bis zum Mastfuß generell auszuschließen ist.<br />
Abb. 64: Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzunfalls (A) gemäß der Systematik<br />
zur Auswahl von Sicherungsmethoden<br />
75
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
Damit muss der Unternehmer in Abhängigkeit der gewählten Sicherungsmethode einen Teilabsturz<br />
in die PSAgA mit unterschiedlichen Sturzhöhen <strong>und</strong> einem Aufprall des Beschäftigten<br />
auf Mastbauteile infolge des Sturzes unterstellen. <strong>Die</strong> generelle Annahme einer Verletzungsschwere<br />
„Tod“ bei vollständigen Abstürzen ist somit nicht zwingend.<br />
<strong>Die</strong> Eintrittswahrscheinlichkeit (A) eines Sturzes in die PSAgA beschreibt die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass der Beschäftigte beim Besteigen von Freileitungen von Mastbauteilen abrutscht,<br />
sich nicht mehr festhalten kann <strong>und</strong> infolge in die PSAgA stürzt. <strong>Die</strong> Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
(A) kann z. B. von folgenden Faktoren abhängen:<br />
• körperliche Belastungen durch Arbeitsverfahren <strong>und</strong> den Einsatz von PSAgA<br />
• Belastungen durch unterschiedliche Steig- <strong>und</strong> Masthöhen<br />
• Betriebsorganisation (z.B. Unterweisungen, Kontrollen)<br />
• aktuelle körperliche Verfassung (akute Erkrankungen, Müdigkeit, Alkoholkonsum)<br />
• psychische Belastungen (z. B. Zeitdruck)<br />
• Erfahrungen der Mitarbeiter/Auftragnehmer (z. B. seltene Tätigkeiten, Fehleinschätzung<br />
der Absturzgefahren durch Routine)<br />
• Witterungseinflüsse (z.B. Wind, Regen, Eis, Schnee, Nebel).<br />
Es sei der Hinweis gestattet, dass nicht alle auf Masten beschäftigte Mitarbeiter „Profisportler“<br />
sind. Auch wenn ihre körperliche Eignung durch ärztliche Untersuchungen attestiert ist,<br />
darf die perfekte Funktion des menschlichen Körpers am Mast nicht generell unterstellt werden.<br />
Der „Faktor Mensch“ spielt somit eine zentrale Rolle bei der Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
eines Absturzes in die PSAgA.<br />
Nach der Festlegung der zu erwartenden Verletzungsschwere (G) <strong>und</strong> der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
des Absturzunfalls (A) ergibt sich die Risikokennzahl (RKZ). Mit steigender Risikokennzahl<br />
ergibt sich zwingend die Notwendigkeit zur Auswahl einer anderen Sicherungsmethode<br />
(mit geringerer Risikokennzahl), bzw. im Extremfall die Nachrüstung eines Freileitungsmastes<br />
mit einem baulichen System zum Schutz gegen Absturz.<br />
≤ 19<br />
20 <strong>–</strong> 29<br />
≥ 30<br />
<br />
RKZ <br />
<br />
keine weiteren Maßnahmen notwendig<br />
langfristige Maßnahmen empfohlen<br />
kurz- bis mittelfristige Maßnahmen empfohlen<br />
Abb. 65: <strong>Die</strong> Risikokennzahl RKZ löst jeweils ab dem Wert 20, bzw. 30 Maßnahmen<br />
zur Optimierung der Sicherungsmaßnahme um Besteigen von Freileitungen aus.<br />
76
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> bereits vorgestellte Leitlinie „Risikobeurteilung von Arbeiten mit Absturzgefahr …“ empfiehlt<br />
dabei die folgende, in Abb. 65 vorgestellte Staffelung.<br />
Bei RKZ-Werten ≤ 19 ist die ausgewählte Sicherungsmaßnahme als geeignet einzustufen <strong>–</strong> ergänzende<br />
Maßnahmen sind nicht erforderlich. Ab RKZ-Werten von 20 empfiehlt der Anhang<br />
zur <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> die Planung <strong>und</strong> Realisierung zusätzlicher Maßnahmen. <strong>Die</strong> Risikobeurteilung<br />
hat zuvor offenbart, dass entweder die mögliche Verletzungsschwere oder die Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
auf Dauer nicht akzeptabel genug erscheinen. Maßnahmen sind, wenn auch<br />
nicht unmittelbar erforderlich.<br />
Ab RKZ-Werten von 30 ist die Notwendigkeit zur Umsetzung ergänzender Maßnahmen deutlich<br />
höher. <strong>Die</strong>s bedeutet im Einzelfall:<br />
• <strong>Die</strong> geplanten Arbeiten <strong>und</strong> damit das Besteigen der Freileitung können unter Anwendung<br />
des vorgesehenen Sicherungsverfahrens nicht durchgeführt werden.<br />
• Für den geplanten einzelnen Arbeitsauftrag kann das vorgesehene Sicherungsverfahren<br />
noch einmal, aber mit ergänzenden Ersatzschutzmaßnahmen zum Einsatz kommen.<br />
• Für zukünftige Arbeiten ist ein anderes, besser geeignetes Sicherungsverfahren auszuwählen.<br />
Der Anhang der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> stellt verschiedene Beispiele zur Anwendung der Beurteilungssystematik<br />
für unterschiedliche Sicherungsmethoden vor, die an dieser Stelle nicht erneut wiedergegeben<br />
werden sollen. Allen Unternehmen wird dringend empfohlen, bei der Anwendung<br />
der vorgestellten oder einer unternehmensspezifischen Systematik die Betrachtungen zur<br />
Verletzungsschwere <strong>und</strong> zur Eintrittswahrscheinlichkeit nicht ergebnisorientiert zu führen.<br />
Ausschließlich realistische Einschätzungen führen zu einer realitätsnahen Risikokennzahl,<br />
die im hoffentlich nicht eintretenden Absturzfall auch glaubhaft darstellbar ist.<br />
<strong>Die</strong> in diesem Beitrag kommentierte Systematik zur Beurteilung von Sicherungsmethoden<br />
zum Schutz gegen Absturz an Freileitungen weist bei ihrer Anwendung unterschiedliche Risikokennzahlen<br />
der Methoden in Abhängigkeit der Masthöhen aus. Eine bei geringen Steigehöhen<br />
gut geeignete Sicherungsmethode muss keinesfalls für hohe Maste gleichsam geeignet<br />
sein. Mit zunehmender Masthöhe steigt bei den meisten Sicherungsmethoden die Anzahl<br />
der vorzunehmenden Sicherungshandlungen der Beschäftigten <strong>–</strong> ggf. wächst die Anzahl<br />
<strong>und</strong> damit das Gewicht der mitzuführenden PSAgA-Komponenten.<br />
77
Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen<br />
<strong>Die</strong> auch in der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> dargestellt Zusammenfassung verdeutlicht nochmals, dass die unterschiedlichen<br />
Sicherungsmethoden nicht gleichrangig einsetzbar <strong>und</strong> z. T. bei höheren<br />
Freileitungsmasten als standardisierte Lösungen ungeeignet sind.<br />
Selbstverständlich sind die Darstellungen in der Zusammenfassung als spezielles Ergebnis<br />
der in der <strong><strong>BG</strong>I</strong> <strong>5148</strong> vorgestellten Systematik zu verstehen. Individuelle Abweichungen sind<br />
daher in Abhängigkeit der unternehmensspezifischen Systematik <strong>und</strong> der konkreten Einschätzungen<br />
zur Bildung der Risikokennzahl durchaus möglich.<br />
Abb. 66: <strong>Die</strong> bekannten Sicherungsmethoden eignen sich nur zum Teil für beliebige Masthöhen.<br />
Zunehmende Masthöhen führen zu einer steigenden körperlichen Belastung <strong>und</strong> wirken sich auf<br />
die Handlungssicherheit der Beschäftigten bei der Bedienung der PSAgA aus.<br />
78
Literaturverzeichnis<br />
[1] Siehe § 4 Abs. 3 UVV „Arbeiten an Masten, Freileitungen <strong>und</strong> Oberleitungsanlagen“<br />
(<strong>BG</strong>V D32) vom 1. Oktober 1990 in der Fassung vom 1. Januar 1997<br />
[2] Siehe § 12 Abs. 4 UVV „Bauarbeiten“ (<strong>BG</strong>V C22) vom 1. April 1977 in der Fassung vom 1.<br />
Januar 1997<br />
[3] PSAgA wird in diesem Beitrag als Abkürzung für persönliche Schutzausrüstungen gegen<br />
Absturz verwandt.<br />
[4] Siehe <strong>BG</strong>-Regel „Schutz gegen Absturz beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Freileitungen“ (<strong>BG</strong>R<br />
148) von Juli 1998 in der Fassung von 2000<br />
[5] Lux, Reinhard; Schutz gegen Absturz in „<strong>Die</strong> Brücke“ 3/2011; Hrsg.: <strong>BG</strong> <strong>ETEM</strong>, Köln<br />
[6] Siehe z. B. auch <strong>BG</strong>-Information „Schutz gegen Absturz bei Arbeiten an elektrischen<br />
Betriebsmitteln auf Dächern“ (<strong><strong>BG</strong>I</strong> 8683)<br />
[7] Zum Begriff Freileitung siehe auch Norm „Freileitungen über AC 45kV“ (VDE 0210-1)<br />
[8] Zu Gefährdungsbeurteilungen siehe u. a. . §§ 5, 6 Gesetz über die Durchführung von<br />
Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />
der Beschäftigten bei der Arbeit (ArbSchG <strong>–</strong> Arbeitsschutzgesetz) sowie<br />
§ 3 UVV „Gr<strong>und</strong>sätze der Prävention“ (<strong>BG</strong>V A1)<br />
[9] <strong>Die</strong> Verpflichtung zur Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung entfällt<br />
für Unternehmen mit zehn oder weniger Beschäftigten: siehe § 6 Abs. 1 ArbSchG.<br />
[10] Siehe auch § 4 Arbeitsschutzgesetz<br />
[11] Folgende Seminare stehen zur Verfügung: „Schutz gegen Absturz an Freileitungen <strong>und</strong><br />
Antennenanlagen“ (BS 10); „Sachk<strong>und</strong>e für persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz“<br />
(BS 13) <strong>und</strong> „Sicheres Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln auf Dächern“ (ET<br />
28) <strong>–</strong> weitere Informationen sind abzurufen unter: www.bgetem.de/seminare/startseite_seminare.html<br />
79
Literaturverzeichnis<br />
[12] Zu ärztlichen Untersuchungen siehe z. B. berufsgenossenschaftlicher Gr<strong>und</strong>satz G 41<br />
„Arbeiten mit Absturzgefahr“<br />
[13] Zum Arbeitsverantwortlichen siehe auch Abs. 3.2.1 VDE-Bestimmung „Betrieb von elektrischen<br />
Anlagen“ (DIN VDE 0105-100)<br />
[14] Zur Beschäftigung von Jugendlichen mit gefährlichen Arbeiten siehe auch § 22 Gesetz<br />
zum Schutz der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitschutzgesetz <strong>–</strong> JArbSchG)<br />
[15] Zum Einsatz von Hubarbeitsbühnen siehe auch <strong>BG</strong>-Information „Sicherer Umgang mit<br />
fahrbaren Hubarbeitsbühnen“ (<strong><strong>BG</strong>I</strong> 720) sowie <strong>BG</strong>-Information „Schutz gegen Absturz<br />
bei Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln auf Dächern“ (<strong><strong>BG</strong>I</strong> 8683)<br />
[16] Siehe DGUV Gr<strong>und</strong>satz „Ausbildung <strong>und</strong> Beauftragung der Bediener von Hubarbeitsbühnen“<br />
(DGUV-Gr<strong>und</strong>satz 966).<br />
Als PDF unter: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/g-966.pdf<br />
[17] Zum Einsatz von Gerüsten siehe auch <strong>BG</strong>-Information „Handlungsanleitung für den<br />
Umgang mit Arbeits- <strong>und</strong> Schutzgerüsten“ (<strong><strong>BG</strong>I</strong> 663)<br />
[18] Umfangreiche Regelungen sind z. B. in der <strong>BG</strong>-Regel „Hochziehbare Personenaufnahmemittel“<br />
(<strong>BG</strong>R 159) enthalten.<br />
[19] siehe auch Norm EN 353-1 „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz <strong>–</strong> Teil 1: Steigschutzeinrichtungen<br />
einschließlich fester Führung“<br />
[20] Zu Steigleitern siehe auch Norm „Ortsfeste Steigleitern an baulichen Anlagen <strong>–</strong> Teil 1:<br />
Steigleitern mit Seitenholmen …“ (DIN 18799-1) <strong>und</strong> Norm „Ortsfeste Steigleitern an<br />
baulichen Anlagen <strong>–</strong> Teil 2: Steigleitern mit Mittelholm …“ (DIN 18799-2).<br />
[21] Bei den erforderlichen Schutzabständen sind mindestens die Werte entsprechend Tabelle<br />
3 <strong>BG</strong>V A3 <strong>und</strong> VDE 0105-100 Tabelle 102 zu berücksichtigen.<br />
80
Literaturverzeichnis<br />
[22] Drahtseilführungen haben die Anforderungen an Drahtseile gemäß Abs. 4.2.3 der Norm<br />
„Verbindungsmittel“ (EN 354) zu erfüllen.<br />
[23] Siehe auch Norm „Gezogener Draht für Drahtseile aus unlegiertem Stahl für allgemeine<br />
Zwecke“ (ISO 2232)<br />
[24] Siehe Beschluss der Kommission vom 19.03.2010 im Amtsblatt der Europäischen<br />
Union (L75/27) vom 23.03.2010<br />
[25] Siehe Beschluss der Kommission vom 19.03.2010 im Amtsblatt der Europäischen<br />
Union (L75/27) vom 23.03.2010<br />
[26] Siehe Richtlinie 89/686/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung der<br />
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen sowie<br />
Achte Verordnung zum Geräte- <strong>und</strong> Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über das<br />
Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen)<br />
[27] Weitergehende Informationen finden Sie unter:<br />
http://www.dguv.de/psa/de/psa_nachrichten/2011/h01/steigschutz/index.jsp<br />
[28] Zu detaillierten Anforderungen siehe auch <strong>BG</strong>-Regel „Einsatz von Steigbolzen <strong>und</strong><br />
Steigbolzengängen“ (<strong>BG</strong>R 140)<br />
[29] Siehe Norm DIN EN 50341-3-4 „Freileitungen über 45 kV <strong>–</strong> Teil 3: Nationale Normative<br />
Festlegungen“ (VDE 0210-3), Januar 2011<br />
[30] Seilsicherungssysteme handelt es sich um die, in diesem Beitrag vorgestellten Drahtseilführungen<br />
[31] Profilschienensysteme können z. B. Steigschutzschienen sein.<br />
[32] Verordnung über Sicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz bei der Benutzung persönlicher<br />
Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA-Benutzungsverordnung <strong>–</strong> PSA-BV)<br />
81
Literaturverzeichnis<br />
[33] Siehe auch <strong>BG</strong>-Regel „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“<br />
(<strong>BG</strong>R/GUV-R 198)<br />
[34] Siehe „Präventionsleitlinie „Durchführung von Sachk<strong>und</strong>igenprüfungen an Anschlageinrichtungen“<br />
des Sachgebietes „PSA gegen Absturz/Rettungsausrüstungen“ im<br />
Fachausschuss Persönliche Schutzausrüstungen bei der DGUV;<br />
www.dguv.de/fb-psa/de/regelwerk/leitlinien/praevleit_sachk<strong>und</strong>.pdf<br />
[35] Siehe Norm „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz <strong>–</strong> Falldämpfer“ (DIN EN 355)<br />
[36] Zur Begrenzung der Verbindungsmittellänge siehe u. a. Norm „Persönliche Schutzausrüstung<br />
gegen Absturz <strong>–</strong> Verbindungsmittel“ (DIN EN 354)<br />
[37] Siehe auch Norm „PSA gegen Absturz <strong>–</strong> Falldämpfer“ (DIN EN 355)<br />
[38] Siehe Norm „Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz <strong>–</strong> Mitlaufende Auffanggeräte<br />
einschließlich beweglicher Führung“ (DIN EN 353-2)<br />
[39] Siehe Norm „Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz <strong>–</strong> Höhensicherungsgeräte“<br />
(DIN EN 360)<br />
[40] Siehe u. a. Norm DIN EN 361 „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz <strong>–</strong> Auffanggurte“<br />
[41] Siehe auch EN 354 „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz <strong>–</strong> Verbindungsmittel“<br />
[42] Zu Verbindungsmitteln siehe auch Abs. 5.3.3 der <strong>BG</strong>-Regel „Benutzung von persönlichen<br />
Schutzausrüstungen gegen Absturz“ (<strong>BG</strong>R 198).<br />
[43] Siehe auch EN 353-2 „Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz <strong>–</strong> Mitlaufende<br />
Auffanggeräte einschließlich beweglicher Führung“<br />
[44] Zu Anforderungen an Falldämpfer siehe auch DIN EN 355 „PSA gegen Absturz <strong>–</strong> Falldämpfer“<br />
82
Literaturverzeichnis<br />
[45] Zu Anforderungen an Verbindungselemente siehe auch DIN EN 362 „PSA gegen Absturz<br />
<strong>–</strong> Verbindungselemente“<br />
[46] Zu Anforderungen an Höhensicherungsgeräte siehe auch DIN EN 360 „PSA gegen Absturz<br />
<strong>–</strong> Höhensicherungsgeräte“<br />
[47] Zum Einsatz von Kletter-/Sicherungsstangen siehe u. a. auch die <strong>BG</strong>-Information<br />
„Schutz gegen Absturz bei Arbeiten an elektrischen Anlagen auf Dächern (<strong><strong>BG</strong>I</strong> 8683)<br />
[48] <strong>Die</strong> Ermittlung der Risikokennzahlen erfolgt in Anlehnung an die Leitlinie „Risikobeurteilung<br />
von Arbeiten mit Absturzgefahr bei Verwendung von PSAgA bzw. PSA zum Retten<br />
aus Höhen <strong>und</strong> Tiefen“ des Fachausschusses „Persönliche Schutzausrüstungen“.<br />
<strong>Die</strong> Leitlinie dient ihrerseits der Erläuterung der <strong>BG</strong>-Information „Persönliche Schutzausrüstungen“<br />
(<strong><strong>BG</strong>I</strong> 515).<br />
[49] Siehe Fußnote 48<br />
[50] Siehe § 8 <strong>BG</strong>V A1<br />
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