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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Seine Ausführungen machen deutlich, mit welcher Intensität sich nunmehr ein Netz<br />

von Bündnissen zwischen den europäischen Län<strong>der</strong>n entwickelt und verdichtet. 1 Für<br />

ihn ist klar, daß „die große Nervenschlacht weitergeht“ 2 und daß Hitler keine Ruhe<br />

geben wird.<br />

Zwischen Mai und August 1939 erscheinen keine Artikel mehr, die die deutsche Außenpolitik<br />

zum Thema haben. Das ist umso erstaunlicher, als die Kriegsvorbereitungen<br />

in diesen Monaten auf Hochtouren laufen.<br />

Im August 1939 greift <strong>der</strong> Leitartikler Christianus mit dreimonatiger Verzögerung<br />

einen Ausspruch auf 3 , den <strong>der</strong> Sozialist Marcel Déat schon am 4. Mai 1939 getan<br />

hatte. 4 <strong>Die</strong>sen Ausspruch nimmt er zum Anlaß, nochmals klar und deutlich zu sagen,<br />

welche Haltung Hitler gegenüber eingenommen werden müßte.<br />

<strong>Die</strong>ser Leitartikel ist <strong>der</strong> wichtigste Artikel überhaupt, denn er sagt unverbrämt, daß<br />

Feigheit einem Christen schlecht zu Gesicht stehe und daß ein wahrer Christ nicht<br />

vergessen dürfe, daß auch energischer Wi<strong>der</strong>stand eine Tugend sei; beson<strong>der</strong>s wenn<br />

er dem deutschen Aggressor entgegengesetzt werde. Christianus macht hier den<br />

Schritt vom Pazifismus zum Willen nach bewaffneter Verteidigung. Allerdings bittet<br />

er den Papst sozusagen um Verzeihung. 5 Er weiß nämlich, bzw. die <strong>Vie</strong> int. weiß,<br />

daß sie sich jetzt vom Papst abgrenzt, wenn sie den Krieg, auch wenn er <strong>der</strong> Verteidigung<br />

Frankreichs gilt, akzeptiert. Der Papst setzt auf Dialog, Versöhnung und Abrüstung.<br />

Nur glaubt <strong>Vie</strong> int., daß man sich durch Verhandlungen vor den Deutschen<br />

nicht mehr schützen kann. Eine sehr mutige Position für eine Zeitschrift, die eigentlich<br />

dem Papst gehorcht.<br />

Christianus sieht die Rolle Danzigs für Frankreich und den europäischen Frieden<br />

mehrdeutig. „Mourir pour Dantzig“ 6 sei tatsächlich dumm, weil Danzig kein ausreichendes<br />

Kriegsmotiv sei; an<strong>der</strong>erseits sei es ein Verrat, Danzig aufzugeben. Hitler<br />

müsse klar gemacht werden, daß England und Frankreich bereit seien, auf einen<br />

Überfall mit Krieg zu antworten.<br />

In <strong>der</strong>selben Augustausgabe rekapituliert und kommentiert André Sidobre die Ereignisse,<br />

die zum deutsch-polnischen Konflikt geführt haben. 7 Damit schließt er die<br />

Lücke, die es in <strong>der</strong> Berichterstattung zur Außenpolitik zwischen Mai und August<br />

1939 gegeben hatte.<br />

1 dazu gehört z.B. auch ein englisch-türkisches Bündnis, dem Rußland zustimmt, was Sidobre als<br />

Beitrag zum sich neu entwickelnden kollektiven Sicherheitssystem wertet; a.a.O., S. 77<br />

2 a.a.O., S. 80<br />

3 <strong>Die</strong> <strong>Vie</strong> int. erscheint in diesem Monat einmal als Sammelausgabe; ohne Tagesdatum; S. 162-164<br />

4 Déat schrieb in <strong>der</strong> Zeitschrift „L’Oeuvre“, es lohne sich nicht, für Danzig zu sterben. <strong>Die</strong>se Äußerung<br />

wird als defätistisch empfunden und paßt jetzt nicht mehr in das Bild <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>gefundenen nationalen<br />

Einheit, weshalb sie auch keine Billigung findet; vgl. Bloch, a.a.O., S. 505. Diskutiert wird<br />

sie dennoch, wie man an diesem <strong>Vie</strong> int.-Artikel sieht.<br />

5 <strong>Vie</strong> int., August 1939, S. 164<br />

6 a.a.O., S. 162<br />

7 a.a.O., S. 207-225<br />

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