Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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einen Mißerfolg <strong>der</strong> Politiker, die es versäumt hätten, sich rechtzeitig um eine Bereinigung<br />
<strong>der</strong> deutsch-französischen Beziehungen zu kümmern im Rahmen einer Neuorganisation<br />
Europas und des Völkerbundes 1 , aber zu Unrecht glaube er, Frankreich<br />
brauche sich selbst vor einem im Osten erweiterten Deutschland nicht zu fürchten,<br />
weil es ja noch seine eigenen reichen Kolonien hätte 2 , denn ein kräftiger Körper nütze<br />
nichts, wenn <strong>der</strong> Kopf nicht geschützt ist. 3<br />
Über Georges Duhamel, damals Präsident <strong>der</strong> Alliance française, schreibt Simon<br />
anerkennen<strong>der</strong>. Er stuft ihn als Pazifisten ein, zu dem er sich nach den Schrecken des<br />
Ersten Weltkrieges, wo er als Militärarzt tätig war, entwickelt habe. 4 Dennoch bewerte<br />
er München als Desaster. 5 Simon selbst spricht von einer „Kapitulation“. 6<br />
Trotz <strong>der</strong> tiefen Freundschaft, so Simon weiter, die ihn mit dem deutschen Volk verbinde,<br />
sei sich Duhamel bewußt „que l’Allemagne national-socialiste ne songe pas à<br />
la paix, et même ne veut pas la paix“. 7 Als zukunftsgläubiger Intellektueller, wie ihn<br />
Simon charakterisiert, erwarte Duhamel, daß „die politische Barbarei und Gewalt<br />
sich eines Tages selbst zerstört“. 8 Duhamel stufe die nationalsozialistische Herrschaft<br />
als ungesichert ein. Deutschland vergleiche er mit einem „Koloss auf tönernen Füßen“.<br />
9<br />
<strong>Die</strong>se abwartende Haltung, bis „<strong>der</strong> Koloss sich auf den Franzosen zerbricht“,<br />
möchte Simon aber nicht mit Duhamel teilen. Er ruft vielmehr zu einer „Sammlung<br />
<strong>der</strong> Kräfte“ auf 10 , was auch immer er unter diesem vagen Appell verstehen mag.<br />
Sicher ist bisher, daß Simon bei aller Friedensliebe, die er in einem katholischchristlichen<br />
Blatt zeigen muß, ein vehementer „Anti-munichois“ ist, <strong>der</strong> das Münchner<br />
Abkommen als Schande für die Franzosen betrachtet, als feiges Zurückweichen<br />
vor einem vermeintlich stärkeren Feind, dem, wenn auch nicht durch Kriegsdrohung,<br />
so aber doch mit entschiedenem Auftreten begegnet werden muß.<br />
Als Ausgangspunkt für seine Meinungsäußerung nimmt er bekannte zeitgenössische<br />
Schriftsteller und kommentiert <strong>der</strong>en Reaktion auf das Münchner Abkommen und die<br />
wachsenden politischen Spannungen. Simon ist nicht so pazifistisch, wie es die klerikalen<br />
Statuten <strong>der</strong> Zeitschrift wünschen. Er möchte <strong>der</strong> deutschen Aggression mit<br />
Stärke antworten.<br />
Auch mit Montherlant geht Simon hart ins Gericht. Seine Dichtung propagiere ein<br />
Pseudo-Heldentum, das <strong>der</strong> Mystik Hitlers näherstehe als <strong>der</strong> humanistischen Kul-<br />
1 <strong>Vie</strong> int., 25.3.1939, S. 341<br />
2 a.a.O., S. 342<br />
3 a.a.O.<br />
4 Lagarde/Michard, a.a.O., S. 422<br />
5 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 343<br />
6 a.a.O., S. 342<br />
7 <strong>Vie</strong> int., 25.3.1939, S. 341<br />
8 a.a.O., S. 344<br />
9 a.a.O.<br />
10 <strong>Vie</strong> int., 25.3.1939, S. 344<br />
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