Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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Schluß<br />
Bei <strong>der</strong> Lektüre <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. entsteht eine <strong>Vie</strong>lzahl an Impressionen über Deutschland,<br />
die die Zeitschrift latent o<strong>der</strong> manifest an ihre Leser weitergibt. Sie lassen sich zu<br />
einer Sammlung von Eindrücken über das deutsche Nachbarland zusammenstellen.<br />
<strong>Die</strong> Deutschlandeindrücke <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. bilden sozusagen den emotionalen Hintergrund<br />
für die sachthematische Auseinan<strong>der</strong>setzung, die im Hauptteil <strong>der</strong> Arbeit vorgestellt<br />
wurde. <strong>Die</strong> Impressionen vom deutschen Nachbarn dienen <strong>der</strong> Zeitschrift<br />
auch dazu, das eigene Land, Frankreich, darin zu spiegeln und mit ihm zu vergleichen.<br />
<strong>Die</strong> Einbettung <strong>der</strong> beiden Nachbarn in ihre wechselseitige Gefühlslage wird an<br />
dieser Stelle aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. vorgenommen. Zum Abschluß erlaubt dann <strong>der</strong><br />
Rückblick auf die im Hauptteil erarbeiteten Ergebnisse eine wertende Zusammenfassung<br />
des facettenreichen Deutschlandbildes <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. zwischen <strong>1928</strong> und <strong>1940</strong>.<br />
<strong>Die</strong> Deutschlandeindrücke <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> intellectuelle und die beiden Nachbarn<br />
im Vergleich<br />
Steht vor 1933 die Suche nach moralischen und geistigen Gemeinsamkeiten im Wesen<br />
<strong>der</strong> beiden Völker im Vor<strong>der</strong>grund, so wird nach 1933 das Trennende nicht nur<br />
betont, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> deutsche Charakter als Auslöser für Wirtschaftskrise, Nationalismus<br />
und Bedrohung herausgestellt.<br />
Der Leser erfährt zu Beginn <strong>der</strong> 30er Jahre, daß Deutschland und Frankreich, geographisch<br />
benachbart und im Volkscharakter ähnlich, sich durch eine gemeinsame<br />
abendländische Weltsicht nahestehen, die von Universalismus, Realismus und Symbolismus<br />
geprägt wurde. 1 Dem Ziel <strong>der</strong> bei<strong>der</strong>seitigen Annäherung, „die beson<strong>der</strong>e<br />
Denkungsart des an<strong>der</strong>en zu durchdringen“ 2 , verleiht <strong>Vie</strong> int. einen solidaritätsför<strong>der</strong>nden<br />
Charakter. In dieser Zeit des aufkommenden Kommunismus und Nationalsozialismus,<br />
in <strong>der</strong> die „intellektuell Unzurechnungsfähigen“ eine Annäherung zwischen<br />
Deutschland und Frankreich verhin<strong>der</strong>n wollen, könnte dieses mit „Klarsicht<br />
und Unparteilichkeit“ zu verfolgende Ziel <strong>der</strong> „Grundstein des neuen Europa“ sein. 3<br />
Der Gedanke <strong>der</strong> vorurteilsfreien und möglichst emotionslosen Annäherung erscheint<br />
in <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung an die Leser, sie mögen ihre Vorurteile und Besorgnisse ablegen,<br />
um einen von innen heraus kommenden Blick auf Deutschland werfen zu können.<br />
Autoren wie Rezensenten versuchen, die „ungenaue Meinung“ 4 <strong>der</strong> Franzosen<br />
über die Deutschen geradezurücken. Als gemeinsamen Nenner bei<strong>der</strong> Nationen stellen<br />
sie eine Krise <strong>der</strong> bürgerlichen Kultur fest. Damit meinen sie den Zusammen-<br />
1 <strong>Vie</strong> int., Juli - Sept. 1931, S. 270, 271<br />
2 a.a.O., S. 270<br />
3 a.a.O., S. 272<br />
4 a.a.O., Jan. - März 1932, S. 135<br />
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