Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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Geist <strong>der</strong> Entspannung schwächer wird. In <strong>der</strong> Atmosphäre <strong>der</strong> sich auf Deutschland<br />
verheerend auswirkenden Weltwirtschaftskrise tritt Hitler auf den Plan und schürt<br />
den Groll gegen die Reparationen und das „Diktat“ von Versailles.<br />
So stellt sich die Situation dar, und so ist <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> deutsch-französischen Beziehungen,<br />
als die <strong>Vie</strong> intellectuelle konzipiert wird und im Oktober <strong>1928</strong> erstmals herauskommt.<br />
Das politische Klima von 1930 ist nicht mehr das von 1926, aber die<br />
Franzosen sind weit davon entfernt, sich Sorgen hinsichtlich Deutschlands zu machen.<br />
Nachdem die Entwicklung <strong>der</strong> französisch-deutschen Beziehungen in den 20er Jahren<br />
in ihrer politischen und wirtschaftlichen Dimension relativ ausführlich dargestellt<br />
wurde, soll das Verhältnis <strong>der</strong> beiden Län<strong>der</strong> in den 30er Jahren hier nur knapp umrissen<br />
werden. Denn dieses wird anhand <strong>der</strong> Berichterstattung <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. aufgegriffen<br />
und im zeitgenössischen Kontext erklärt.<br />
<strong>Die</strong> Beziehung <strong>der</strong> beiden Län<strong>der</strong> in den 30er Jahren ist vom Willen Hitlers gekennzeichnet,<br />
das System von Versailles zu zerstören und Frankreich militärisch zu unterwerfen.<br />
Von Partnerschaft o<strong>der</strong> Nachbarschaft kann keine Rede mehr sein. Es ist<br />
<strong>der</strong> Heuchelei Hitlers zu verdanken, daß Frankreich daran aber noch lange glaubt.<br />
Hitler betont nämlich jahrelang seine freundlichen Gefühle, obwohl er längst an einen<br />
Krieg gegen Frankreich denkt. Mitte 1931 bringt zunächst das Hoover-<br />
Moratorium eine Suspendierung <strong>der</strong> Reparationszahlungen, weil das Reich bankrott<br />
ist. Ein Schlag für Frankreich. Nach <strong>der</strong> Konferenz von Lausanne im Juni 1932 bezahlt<br />
das Reich noch nicht einmal mehr die vereinbarte Abschlagssumme. Frankreich<br />
muß sich nun endgültig betrogen fühlen, denn es hat in den zurückliegenden dreizehn<br />
Jahren nur einen Bruchteil <strong>der</strong> festgesetzten deutschen Reparationszahlungen erhalten.<br />
In den ersten Jahren des Hitler-Regimes ist Frankreich von pazifistischen Gefühlen<br />
getragen und kann sich Deutschland als Aggressor gar nicht vorstellen. Auch das<br />
deutsche Volk wünscht den Frieden. Auf Hitlers Machtergreifung reagieren die Franzosen<br />
verwirrt. Sie verlieren wie<strong>der</strong>um einen Trumpf, weil Deutschland entgegen <strong>der</strong><br />
Abmachung wie<strong>der</strong> aufrüstet und auch Frankreich so zur Aufrüstung zwingt. Frankreich<br />
ist in die Defensive gedrängt, und so bleibt es bis zum Kriegsbeginn. Seine Außenpolitik<br />
wirkt zusammenhanglos und schwankend, was auch mit den politischen,<br />
sozialen und wirtschaftlichen Krisen im Inneren zu tun hat. Hingegen erscheint die<br />
deutsche Politik stringent und kompromißlos.<br />
Frankreich empfindet am Ende <strong>der</strong> 30er Jahre tiefe Furcht vor Deutschlands Macht.<br />
Erst nach dem Münchner Abkommen nimmt es eine feste Haltung ein; darin folgt es<br />
England, das als erstes seine Politik <strong>der</strong> Kompromisse verläßt. Das noch nicht von<br />
Deutschland dominierte Europa zeigt sich nunmehr einig zum bewaffneten Wi<strong>der</strong>stand<br />
gegen die For<strong>der</strong>ungen Hitlers.<br />
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