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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Krieg sei einzigartig, und er akzeptiere konsequent die totalitäre Idee des Nationalsozialismus.<br />

<strong>Die</strong> Kunst Ernst Jüngers habe Kraft und unbestreitbare Größe. 1 <strong>Die</strong> Einstellung<br />

von <strong>Vie</strong> int. zu Ernst Jünger ist wichtig für die Beurteilung des Deutschlandbildes.<br />

Lei<strong>der</strong> erfährt <strong>der</strong> Leser nichts über Jüngers weltanschauliche Denkweise, die<br />

als Produkt seiner Epoche gelten kann. Aber erst dieser Hintergrund verdeutlicht die<br />

Haltung <strong>der</strong> Zeitschrift zum literarischen Deutschland:<br />

Ideologisch gesehen steht Jünger <strong>der</strong> Konservativen Revolution nahe. 2 Wie bereits<br />

vermerkt, ist sie eine geistige Erneuerungsbewegung, die aus <strong>der</strong> Opposition zur liberalen<br />

demokratischen Welt des neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>ts entstand. 3 Ab 1918 geht es<br />

ihr nunmehr um die „Ersetzung <strong>der</strong> Weimarer Republik durch eine auf ewigen<br />

Werten beruhende Volksgemeinschaft“. 4 Sie ist antidemokratisch und bevorzugt<br />

einen autoritären Volksstaat. 5 <strong>Die</strong>se Gesinnung teilt Jünger mit Literaten wie z.B.<br />

Thomas Mann, Staatstheoretikern wie z.B. Moeller van den Bruck und Politikern wie<br />

Brüning, Schleicher und von Papen. Sie trug mit dazu bei, <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Herrschaft den Weg zu ebnen. 6<br />

Es kann festgehalten werden, daß <strong>Vie</strong> int. dem elitären Totalitarismus Jüngers uneingeschränkt<br />

zustimmt. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite steht jedoch, wie gezeigt, die Kritik an<br />

diesem Machtapparat, <strong>der</strong> zahllose Autoren, die auch in Frankreich bekannt waren, in<br />

die Emigration zwang.<br />

<strong>Die</strong> Ausführungen lassen die Schlußfolgerung zu, daß die Zeitschrift in ihrer Meinung<br />

zum literarischen Deutschland <strong>der</strong> 30er Jahre deutlich zweigeteilt ist. <strong>Die</strong>se<br />

Ambivalenz kann auf zwei Ursachen zurückgeführt werden: <strong>Die</strong> eine ist die prätendiert<br />

offene und wahrheitsliebende Geisteshaltung, <strong>der</strong> sich die Zeitschrift verschrieben<br />

hat. 7 Sie erlaubt kritische Stellungnahmen und Hinweise auf die einschränkenden<br />

Folgen von Schreib- und Berufsverbot für die deutsche Literatur. Mit ihr ist eine<br />

Ablehnung des politischen Systems in Deutschland verbunden. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>e Ursache<br />

könnte mit einer Aufspaltung <strong>der</strong> Leserschaft in ein liberal-progressives und ein konservatives<br />

Lager zusammenhängen, wie es Alain Fleury für die Leser <strong>der</strong> katholischen<br />

Tageszeitung „La Croix“ festgestellt hat. 8 So würde <strong>Vie</strong> int. den konservativen<br />

Lesern eine Identifikation mit <strong>der</strong> national-heldischen Gesinnungsliteratur ermöglichen.<br />

Daß die Anpassung an die mutmaßliche Lesermeinung aber bei <strong>Vie</strong> int. nicht unbedingt<br />

Leitbild ihrer literaturbezogenen Themenwahl ist, beweist die Nichtberücksichtigung<br />

<strong>der</strong> rein völkischen Blut-und-Boden-Literatur. Der Grund dafür liegt dar-<br />

1 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 130, 133, 134, 140<br />

2 Bullivant: Aufbruch <strong>der</strong> Nation, in: <strong>der</strong>s. (Hrsg.), a.a.O., S. 28-49<br />

3 a.a.O., S. 29<br />

4 a.a.O., S. 32<br />

5 a.a.O.<br />

6 a.a.O., S. 40. Vondung, Klaus: Der literarische Nationalsozialismus, in: Denkler/Prümm (Hrsg.),<br />

a.a.O., S. 60<br />

7 Vorwort zu ersten Ausgabe im Oktober <strong>1928</strong>: „A nos lecteurs“.<br />

8 Höhne, Roland: Alain Fleury, „La Croix“ et l’Allemagne 1930-<strong>1940</strong>. Préface de René Rémond,<br />

Editions du Cerf, Paris 1986, in: Francia 1989, Bd. 16, S. 248<br />

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