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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Hintergrundinformationen, die er jetzt liefert, und die Einbettung in den politischen<br />

Zusammenhang. Dann spart er nicht mit Rückschlüssen auf den deutschen<br />

Volkscharakter.<br />

Dillard nennt also zum ersten Mal werden die Reparationslasten als Auslöser <strong>der</strong><br />

Krise. Deutschland sei gezwungen gewesen, seine Wirtschaft anzukurbeln, Handel zu<br />

treiben und um jeden Preis Geld einzunehmen, um sich <strong>der</strong> finanziellen Bürde zu<br />

entledigen. <strong>Vie</strong>le hätten mit wahrer Begeisterung die Inflation ausgenutzt. Das sei<br />

eine typisch deutsche Nachkriegshaltung. 1 In dem Maße, wie das Vertrauen in das<br />

Papiergeld schwand, habe <strong>der</strong> Deutsche seine Liebe zu den materiellen Werten entdeckt.<br />

Sein Radio stehe ihm näher als die Geldscheine bei <strong>der</strong> Reichsbank. Geld zu<br />

besitzen sei unpopulär geworden; man gebe es aus. 2<br />

Dillard erklärt, daß <strong>der</strong> Abzug <strong>der</strong> amerikanischen Kredite ab Oktober 1929 eine<br />

Neuverschuldung <strong>der</strong> Industrie im Inneren zur Folge gehabt habe. Es habe eine immer<br />

enger werdende Abhängigkeit von den Banken begonnen 3 , die schließlich bis zur<br />

Verstaatlichung ehemals privater Unternehmen führte. <strong>Vie</strong> int. spricht von:<br />

... intervention du Reich dans les finances privées ...;<br />

La prise de possession par lui de l’édifice bancaire, véritable coup d’Etat ...<br />

mettait l’industrie allemande dans une dépendance encore plus étroite du gouvernement<br />

...;<br />

und weiter:<br />

La socialisation d’Etat (pour ne pas dire socialisme) s’affirme de plus en plus:<br />

la mainmise directe du Reich sur l’économie allemande. 4<br />

Dillard glaubt zu wissen, daß die Deutschen sich lieber in diese Abhängigkeit begeben<br />

als durch die Min<strong>der</strong>ung des Wirtschaftspotentials ihr Prestige zu verlieren und<br />

womöglich eine Nation zweiten Ranges zu werden. 5 Obwohl Dillard diesen Zusammenhang<br />

in <strong>der</strong> katholischen, bürgerlichen <strong>Vie</strong> int. kaum auszusprechen wagt, befürchtet<br />

er doch ein langsames Abgleiten dieser „étatisation croissante“ in den Kommunismus.<br />

Kritik daran bringt er nur behutsam an. Kampfgeist und Initiative gingen<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft verloren. <strong>Die</strong>se Eigenschaften seien <strong>der</strong> Mentalität <strong>der</strong> deutschen Unternehmer<br />

sowieso fremd. <strong>Die</strong> Freude am Risiko sei dem Hilferuf an den Staat gewichen.<br />

6<br />

Auch die Politik <strong>der</strong> Konzerne verstärke die Tendenz, persönliche Verantwortung<br />

abzugeben. Ihnen sei die Einführung <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung gerade recht gewesen,<br />

verringere sie doch ihr Risiko, für die Arbeitnehmer alleine gerade stehen zu<br />

müssen. 7<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 10.4.1933, S. 85<br />

2 a.a.O., S. 87<br />

3 a.a.O., S. 90<br />

4 a.a.O., S. 92<br />

5 a.a.O., S. 93-94<br />

6 a.a.O., S. 95-97<br />

7 a.a.O., S. 96<br />

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