Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
eginnen, in die Stadt zu ziehen. Mo<strong>der</strong>ne Maschinen und <strong>der</strong> Einsatz chemischer<br />
Erzeugnisse machen ihre Arbeitskraft teilweise überflüssig. 1<br />
Sehr beunruhigt zeigt sich die Zeitschrift über die verbreitete Arbeitslosigkeit bei den<br />
Jugendlichen in Deutschland. Sie erhielten oft eine sehr gute Ausbildung und könnten<br />
dann von den Unternehmen doch nicht übernommen werden. Ihre verzweifelte<br />
Lage, so befürchtet <strong>Vie</strong> int., wird sie in die Arme <strong>der</strong> extremen Parteien treiben. 2<br />
<strong>Die</strong> Gründe für die Arbeitslosigkeit liegen laut <strong>Vie</strong> int. zum einen in <strong>der</strong> weltweiten<br />
Krise, zum an<strong>der</strong>en in Deutschland selbst.<br />
Zur hausgemachten Krise trage die Überbevölkerung bei. Ganz im Sinne des Volkohne-Raum-Dogmas<br />
glaubt <strong>Vie</strong> int.:<br />
La population allemande étouffe dans un territoire trop petit. 3<br />
Mit 134 Einwohner/km 2 sei die Bevölkerungsdichte fast doppelt so hoch wie in<br />
Frankreich. 4<br />
Daß Deutschland nach Versailles nur noch auf 470 000 km 2 begrenzt ist 5 , komme<br />
vom Verlust <strong>der</strong> Kolonien und <strong>der</strong> europäischen Gebiete. 6 Auch die Fortschritte in<br />
<strong>der</strong> sozialen und medizinischen Versorgung tragen nach Beobachtungen <strong>der</strong> Zeitschrift<br />
zur Überbevölkerung bei, weil die Sterblichkeitsrate sinke. <strong>Die</strong>se Probleme<br />
seien komplex und fatal. Sie könnten von Deutschland nicht gelöst werden. 7<br />
Wie schon Rabeau in <strong>der</strong> vorhergegangenen Nummer, stellt auch Victor Dillard,<br />
französischer Journalist in Berlin, in seinem Beitrag vom 10. Oktober 1932 fest, daß<br />
die Kommunen mehr für öffentliche Bauvorhaben ausgeben, als sie Steuern vom<br />
Reich bekämen. Sie hätten keine Finanzautonomie und seien von den staatlichen<br />
Zuteilungen abhängig:<br />
D’où un manque total d’élasticité budgétaire. 8<br />
Auch Rabeau erläutert kenntnisreich den Zusammenhang zwischen gezielten Investitionen<br />
in Bauvorhaben, zur Ankurbelung <strong>der</strong> Binnennachfrage und zur Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen. Davon abgesehen mache das Bevölkerungswachstum und die<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Vorstädte Wohnungsbauten erfor<strong>der</strong>lich. Der Autor wirbt um Verständnis<br />
für den deutschen Nachbarn:<br />
1 Vgl. dazu Bloch, a.a.O., S. 369<br />
2 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 474-475<br />
3 <strong>Vie</strong> int., 10.12.1932, S. 251<br />
4 1998: Deutschland: 229 Ew./km 2 ; Frankreich: 107 Ew./km 2 , Fischer Weltalmanach 1998, S. 165, 278<br />
5 1998: Deutschland: 357022 km 2 ; z.Vgl. Frankreich: 543965 km 2 , Fischer Weltalmanach, a.a.O.<br />
6 <strong>Vie</strong> int., 10.10.1932, S. 252<br />
7 a.a.O., S. 252-253<br />
8 a.a.O., S. 254-255<br />
127